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Bullenball

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
320 Seiten
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am11.04.2011Auflage
Große Aufregung in Münster: Im Vorfeld des beliebten Bullenballs, einer riesigen Landjugendparty, stirbt ein Sicherheitsmann, der sich nachts heimlich Zutritt zum Veranstaltungsort verschaffen wollte. Doch was hatte er dort vor? Und wie kam es zu seinem Tod? Hauptkommissar Hambrock stochert bei seinen Ermittlungen im Nebel. Bald darauf wird im Internet ein Amoklauf an einem Gymnasium in Nottuln angekündigt. Im Münsteraner Polizeipräsidium läuft die Arbeit auf Hochtouren. Als der Amoklauf ausbleibt, beschleicht Hambrock ein schlimmer Verdacht ...

Stefan Holtkötter, geboren 1973 in Münster, wuchs auf einem Bauernhof in Westfalen auf. Er studierte Sozialpädagogik, war einige Jahre als Sozialarbeiter beim Jugendamt und in der Erwachsenenbildung tätig und lebt heute, neben seiner Tätigkeit als Motivationstrainer und Berater für Arbeitslose, als freier Autor in Berlin. Holtkötter hat schon zahlreiche Kriminalromane veröffentlicht, unter anderem die erfolgreiche Krimiserie um den Münsteraner Ermittler Bernhard Hambrock und die atmosphärische und temporeiche Reihe um den Berliner Kommissar Michael Schöne.
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Produkt

KlappentextGroße Aufregung in Münster: Im Vorfeld des beliebten Bullenballs, einer riesigen Landjugendparty, stirbt ein Sicherheitsmann, der sich nachts heimlich Zutritt zum Veranstaltungsort verschaffen wollte. Doch was hatte er dort vor? Und wie kam es zu seinem Tod? Hauptkommissar Hambrock stochert bei seinen Ermittlungen im Nebel. Bald darauf wird im Internet ein Amoklauf an einem Gymnasium in Nottuln angekündigt. Im Münsteraner Polizeipräsidium läuft die Arbeit auf Hochtouren. Als der Amoklauf ausbleibt, beschleicht Hambrock ein schlimmer Verdacht ...

Stefan Holtkötter, geboren 1973 in Münster, wuchs auf einem Bauernhof in Westfalen auf. Er studierte Sozialpädagogik, war einige Jahre als Sozialarbeiter beim Jugendamt und in der Erwachsenenbildung tätig und lebt heute, neben seiner Tätigkeit als Motivationstrainer und Berater für Arbeitslose, als freier Autor in Berlin. Holtkötter hat schon zahlreiche Kriminalromane veröffentlicht, unter anderem die erfolgreiche Krimiserie um den Münsteraner Ermittler Bernhard Hambrock und die atmosphärische und temporeiche Reihe um den Berliner Kommissar Michael Schöne.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492952019
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2011
Erscheinungsdatum11.04.2011
AuflageAuflage
Reihen-Nr.4
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4240 Kbytes
Artikel-Nr.1009439
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Nachts, wenn ich wach liege, denke ich übers Sterben nach. Wie es sich wohl anfühlen wird. Ich hab keine Angst davor, im Gegenteil: Ich träume von einem richtig fetten Abgang. Mit einem riesigen Knall. Der absolute Kick. Mein Blut soll gegen die Wände spritzen und meine Hirnmasse in den Gardinen kleben. Wer mich findet, der braucht einen Seelsorger. Überall Blut und Hackfleisch. Sorry, aber mit Saugen und Wischen kommt man nicht weit. Unter Komplettsanierung geht da gar nichts.

Dann denke ich oft: Wenn ich das wirklich mal durchziehen sollte, vielleicht nehme ich ein paar von euch Arschlöchern mit? Ihr denkt, ich bin feige. Ein Hund, nach dem man treten kann. Da täuscht ihr euch gewaltig. In meiner Phantasie sehe ich schon eure blöden Gesichter, wenn ihr den Sprengstoff entdeckt, den ich unterm Mantel am Körper trage. Der dumme Ausdruck in euren Fressen. Allein dafür würde es sich schon lohnen: Um euch noch ein paar Sekunden zu beobachten, das Entsetzen, die Frage in euren Augen: »Wird es geschehen? Wird es nicht geschehen?« Bevor ich den Knopf drücke - und WUMM.

Ich hasse euch für alles, was ihr mir angetan habt. Ihr habt mich von allem ausgeschlossen, was Spaß macht. Dabei hab ich alles versucht, um so zu sein wie ihr, aber irgendwas war immer falsch. Ihr wolltet mich einfach nicht. Ihr seid grausam und böse. Ihr seid es gar nicht wert, dass ich mich mit euch befasse. Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, mich mit Respekt zu behandeln? Wie einen Erwachsenen? Wohl kaum, denn sonst hätte ich nicht eine solche unbändige Lust, euch die Köpfe wegzuballern.

Das Pfeifen des Regionalzugs drang durch die fortschreitende Dämmerung. Hinter den Fenstern zogen Industriehallen und schmutzige Backsteinhäuser vorüber. Regen fiel auf die Landschaft nieder. Eine von Autos verstopfte Ausfallstraße rückte ins Blickfeld, ein paar Büsche, herumliegender Müll und wieder ein Backsteingebäude.

Marie starrte regungslos hinaus. Ihr gingen zahllose Fragen durch den Kopf. Wie hatte das alles nur passieren können? An welcher Stelle hatte sie die Kontrolle verloren?

Die Abteile waren überfüllt, trotzdem herrschte im Zug gute Stimmung. Freitagabend: Die Leute waren auf dem Weg nach Münster, um sich mit Freunden zu treffen, ins Kino zu gehen oder einen draufzumachen. Überall lautes Gelächter und Gekicher. Marie verkroch sich in ihren Sitz. Wie war es möglich, dass andere so gut gelaunt und fröhlich waren? Wo doch ihre ganze Welt gerade eingestürzt war. Sie versuchte das laute Treiben um sich herum auszublenden, starrte weiterhin auf die vorbeiziehende Stadtlandschaft.

Wassertropfen rannen am Zugfenster hinunter. Sie gerieten ins Stocken, zitterten im Fahrtwind und glitten ganz plötzlich weiter. Marie legte einen Finger gegen die Scheibe. Die Tropfen sahen aus wie Tränen.

»Die weiß nicht mal, wer Lady Gaga ist! Ich mein, kann mir das mal jemand erklären?« Eine laute, durchdringende Mädchenstimme. »Wie kann man nur so hinterm Mond leben? Ist das ein Bauerntrampel!«

Im selben Abteil schräg gegenüber saßen ein paar gestylte Teenies in H&M-Kleidung. Sie kamen ihr vage bekannt vor.

»Habt ihr gehört, wie sie in Englisch versucht hat, die Songzeile vorzulesen?«, fuhr das Mädchen mit der lauten Stimme fort und leierte ohne Rhythmus und Satzmelodie: »Ei wont jur laaw änd ei wont jur rehwänsch. Die hat doch einen Knall, aber wirklich.«

»Ach komm, hör auf. Die tut dir doch nichts«, meinte eine der Freundinnen beschwichtigend.

»Natürlich tut die mir was! Mit ihrer bescheuerten Frisur und den Omaklamotten! Das muss ich mir jeden Tag angucken. Wenn du mich fragst, ist das Körperverletzung.« Das anhaltende Kichern ermunterte sie, sich weiter aufzuspielen. »Ich meine … mal im Ernst: Keiner zwingt die, so rumzulaufen. Das macht die nur, um uns zu quälen. Echt, ich hätte mal Lust, der einen Denkzettel zu verpassen.«

Plötzlich fiel Marie wieder ein, woher sie die Mädchen kannte. Sie waren Schülerinnen vom Anne-Frank-Gymnasium, daher kamen ihr die Gesichter bekannt vor. Sie hatten auf ihrer Abiturfeier ein Theaterstück aufgeführt. Drei Jahre war das her. Inzwischen mussten sie selbst dem Abiturjahrgang angehören. Marie studierte jetzt im sechsten Semester Zahnmedizin, so lange lag ihre Schulzeit noch nicht zurück.

Das Anne-Frank-Gymnasium. Jonas. Noch immer spürte sie den Schmerz. Wann war ihr die Sache aus den Händen geglitten? Warum hatte sie nichts bemerkt, als noch Zeit gewesen war?

Sie erinnerte sich an ihren ersten Schultag am Gymnasium. Das war noch ein großer Sieg gewesen. Da hatte sich das Schicksal auf ihre Seite geschlagen. In der Grundschule waren sie nämlich unzertrennlich gewesen, ein Dreiergespann: Jonas, Jule und Marie. Sie hatte gewusst, dass Jule heimlich in Jonas verliebt war, auch wenn sie nie darüber sprachen. Ob Jule wohl auch über Maries Gefühle Bescheid gewusst hatte? Bestimmt. Ein unausgesprochener Konkurrenzkampf zwischen zwei Freundinnen.

Aber dann hatte Jule keine Empfehlung fürs Gymnasium bekommen. Sie blieb in Brook und wechselte auf die Realschule, während Jonas und sie jeden Tag mit dem Bus nach Nottuln fuhren. Zwei Kinder aus Brook, die fremd waren in der neuen Schule. Da war der Weg frei für Marie. Vor ihr lagen acht Jahre, in denen sie Jonas davon überzeugen konnte, dass sie die Richtige für ihn war. Acht lange Jahre.

Damals hatte sie geglaubt, ihre Zukunft wäre bereits vorgezeichnet: Sie und Jonas würden ein Paar werden, zusammen Abitur machen, danach in Münster studieren, und irgendwann einmal würde Hochzeit gefeiert werden. Ein gemeinsames Leben in Brook, Kinder, ein Haus. Doch irgendwie hatte Marie vergessen, für diese Zukunft zu kämpfen. Sie hatte immer nur darauf gewartet, dass Jonas den ersten Schritt machte.

Und jetzt war es zu spät.

»Nein, ich hab eine bessere Idee! Wie wär's, wenn wir Buttersäure in ihren Schulranzen kippen?«

»Buttersäure?«

»Ja, klar. Die kann man im Internet kaufen. Das kriegt doch keiner mit, wenn wir das heimlich in der Pause machen. Das Gesicht möchte ich sehen, wenn die das bemerkt. Buttersäure ist super.«

»Hör auf. Den Gestank bekommt man nie wieder weg. Das finde ich fies.«

»Wieso denn? Vielleicht merkt sie das ja nicht mal. Die stinkt doch selber nach allem Möglichen. Vielleicht denkt sie: Mhm, das riecht aber gut in meinem Ranzen.«

Marie sah sich die Mädchen genauer an. Wie gemein sie waren. Lag das am Alter? War sie selbst damals genauso gewesen? Auch sie hatte mit ihren Freundinnen rumgealbert und über andere gelästert, aber so weit wäre sie nie gegangen. Oder doch?

Sie versuchte erneut, die lauten Stimmen zu ignorieren. Sie dachte an Jonas. An ihre gemeinsame Zeit auf dem Anne-Frank-Gymnasium. In der sechsten Klasse waren sie ein Paar gewesen, wenn auch nur für einige Wochen. Händchen halten auf dem Schulhof, einmal sogar ein Kuss. Es war so schön gewesen, einfach perfekt. Aber dann kündigte sich die Pubertät an, und Jonas interessierte sich auf einmal nicht mehr dafür, Händchen haltend über den Hof zu schlendern. Stattdessen verschwand er in den Pausen heimlich mit den anderen Jungen, um verbotene Zigaretten zu paffen und über Bundesligatabellen zu diskutieren. Da war keine Zeit mehr für sie. Aber das machte ihr nichts aus. Sie wusste ja, das würde vorbeigehen. Es war eine Phase, ganz normal bei Jungen in der Pubertät. Ihm würde noch früh genug klar werden, wie sehr er sie liebte, und dann würde er beginnen, um sie zu kämpfen. Sie musste nur abwarten.

Der Zug wurde langsamer. Die Leute begannen, nach ihren Jacken und Taschen zu kramen. Einige stellten sich bereits an den Ausgang und sahen ungeduldig hinaus. Auch die Mädchen vom Anne-Frank-Gymnasium zogen ihre Jacken an.

»Das mit der Buttersäure sollten wir uns noch mal überlegen. Ich mach mich schlau, was das kosten würde. Echt, ich finde die Idee einfach super!«

»Nein, das ist zu krass. Da finde ich meinen Vorschlag schon besser.«

»Ihre Unterhose aus der Umkleide zu klauen und allen die Bremsspur zu zeigen? Das ist doch genauso krass. Außerdem werde ich die nicht anfassen, so viel ist klar.«

»Das kann ich übernehmen!«, rief eine andere. »Und dann werf ich sie dir ins Gesicht!« Sie schleuderte dem anderen Mädchen einen Schal entgegen.

»Iiiih! Wie eklig! Du bist echt …« Der Rest ging im Gelächter unter.

»Was seid ihr nur für blöde Hühner!« Es war Marie einfach herausgerutscht. »Ihr seid nicht allein im Zug. Könnt ihr nicht etwas leiser sein?«

»Hört euch die an!«, rief eines der Mädchen und äffte Marie nach: »Könnt ihr nicht etwas leiser sein?«

»Ach, die würd ich gar nicht weiter beachten!«

»Genau. Spießerin.«

Marie drehte sich weg. Schon jetzt bereute sie, damit angefangen zu haben. Sie hatte doch gar keine Kraft, sich zu streiten.

Draußen zog die Halle Münsterland vorbei. Lang gestreckte Messehallen, Flachdachbauten, Mauern und Parkplätze. Das Gelände versank in der Dämmerung. Bald würden die Laternen aufflackern. Zwischen den Sträuchern am Parkplatzrand tauchte ein Mann auf, huschte geduckt auf einen Metallzaun zu und schwang sich mit einer einzigen fließenden Bewegung hinüber. Schon war er fort. Das alles ging so schnell, dass Marie sich im nächsten Moment fragte, ob überhaupt etwas gewesen war. Sie fixierte den Zaun und seine Umgebung, doch es war nichts mehr zu erkennen. Mietshäuser rückten ins Bild, das Messegelände verschwand. Kurz darauf hatte sie den Mann vergessen.

Sie dachte wieder an Jonas. Das Schlimmste war: Sie war selbst schuld an der ganzen Sache. Sie hatte...
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Autor

Stefan Holtkötter, geboren 1973 in Münster, wuchs auf einem Bauernhof in Westfalen auf. Er studierte Sozialpädagogik, war einige Jahre als Sozialarbeiter beim Jugendamt und in der Erwachsenenbildung tätig und lebt heute, neben seiner Tätigkeit als Motivationstrainer und Berater für Arbeitslose, als freier Autor in Berlin. Holtkötter hat schon zahlreiche Kriminalromane veröffentlicht, unter anderem die erfolgreiche Krimiserie um den Münsteraner Ermittler Bernhard Hambrock und die atmosphärische und temporeiche Reihe um den Berliner Kommissar Michael Schöne.