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Im Tal des wilden Eukalyptus

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
368 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am14.09.2012Auflage
Das Glück scheint vollkommen: Moira und ihr Geliebter Duncan bekommen ein Kind! Ihr Leben in einer einfachen Hütte ist hart, aber sie sind glücklich. Bis Duncan fliehen muss, weil britische Soldaten ihn verfolgen. Da nutzt Moiras offizieller Ehemann die Gelegenheit und nimmt ihr den lang ersehnten Sohn. Moira ist am Boden zerstört. Doch sie nimmt den Kampf um ihr Kind auf und schreckt auch vor den lauernden Gefahren im Busch nicht zurück . . .

Inez Corbi, geboren 1968, studierte Germanistik und Anglistik in Frankfurt/Main. Nach Erfolgen bei verschiedenen Kurzgeschichten-Wettbewerben widmet sie sich inzwischen vollständig dem Schreiben.
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Produkt

KlappentextDas Glück scheint vollkommen: Moira und ihr Geliebter Duncan bekommen ein Kind! Ihr Leben in einer einfachen Hütte ist hart, aber sie sind glücklich. Bis Duncan fliehen muss, weil britische Soldaten ihn verfolgen. Da nutzt Moiras offizieller Ehemann die Gelegenheit und nimmt ihr den lang ersehnten Sohn. Moira ist am Boden zerstört. Doch sie nimmt den Kampf um ihr Kind auf und schreckt auch vor den lauernden Gefahren im Busch nicht zurück . . .

Inez Corbi, geboren 1968, studierte Germanistik und Anglistik in Frankfurt/Main. Nach Erfolgen bei verschiedenen Kurzgeschichten-Wettbewerben widmet sie sich inzwischen vollständig dem Schreiben.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843702546
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum14.09.2012
AuflageAuflage
Seiten368 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1673 Kbytes
Artikel-Nr.1200776
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1.

Grob zerteilte Karotten und Lauchstücke lagen auf dem Küchentisch, daneben die Blätter eines halben Kohlkopfs und drei kleine Zwiebeln. Mit etwas Glück würde das Gemüse eine essbare Suppe ergeben, und dazu hätten sie dann noch die Reste des gestern gebackenen Brots.

Moira schob die Ärmel ihrer Bluse hoch und strich sich eine Strähne ihrer schwarzen Haare zurück, die ihr ins Gesicht gefallen war. Sie sehnte sich nach etwas Abwechslung in dem eintönigen Speiseplan, der jetzt, im Winter, meist nur Kohl und ähnliches Gemüse umfasste. Wie lange hatten sie schon kein Fleisch mehr gegessen? Aber wenn das der Preis für ein Zusammenleben mit Duncan war, wollte sie ihn gerne zahlen.

Sie wuchtete den schweren Topf aus dem Regal und stellte ihn auf den Tisch. Sollte sie alles zugleich aufsetzen? Kurz entschlossen gab sie das gesamte Gemüse in den Topf, eine Kelle Wasser folgte. Sie griff nach dem Fässchen mit dem Salz. Wie viel Würze brauchte dieses Gericht? Moira tat sich noch immer schwer mit solchen Dingen. Schließlich warf sie eine großzügige Prise der weißen Körner hinein, hängte den Topf über das Feuer und schob ein weiteres Holzscheit in die Flammen.

Auch wenn der Winter in Neuholland weniger streng war als in ihrer alten irischen Heimat, war sie froh über die Wärme, die die einfache Feuerstelle ausstrahlte. Für eine Weile stand sie dort und sah zu, wie die Hitze im Gemüse aufstieg und die Suppe langsam zu köcheln begann. Dann griff sie nach ihrem wollenen Schultertuch, öffnete die Tür und ging hinüber zu der kleinen Vorratshütte, die Duncan erst in der vergangenen Woche errichtet hatte. Auf dem umzäunten Stück Erde daneben fingen ihre drei Hühner aufgeregt an zu gackern, als Moira das Gatter aufsperrte.

Auf der Wäscheleine, die sie auf der Wiese von Baum zu Baum gespannt hatte, flatterten Hemden und Strümpfe, die sie heute Morgen gewaschen hatte. An solchen Tagen wünschte sich Moira jemanden, der ihr diese anstrengende Arbeit abnehmen könnte. Jemanden wie Ann, die für solche Dinge zuständig gewesen war, als Moira noch in Toongabbie gelebt hatte. Sie hatte nicht gewusst, wie viel Anstrengung es bedeutete, auch nur die wenigen Kleidungsstücke zu waschen, die sie besaßen und die zum Teil schon arg verschlissen waren. Für Moira war es nicht länger wichtig, ihre Garderobe danach auszuwählen, ob sie ihren hellen Teint und ihre blauen Augen am besten zur Geltung brachte. Wichtiger war inzwischen, dass die Kleidung so lange wie möglich hielt. Ihre feingliedrigen, ehemals gepflegten Hände waren mittlerweile rau und rissig, und oft genug hatte sie Schmutz unter den Fingernägeln. Ihre Mutter wäre sicher entsetzt, könnte sie sehen, wie ihre Tochter hier lebte. Und doch hätte Moira dieses Leben um nichts in der Welt wieder hergegeben.

Sie ließ den Blick über das Stück Land schweifen. Dreißig Morgen, die Duncan gehörten, seit er kein Sträfling mehr war. Eine leicht hügelige Fläche von dreihundert mal vierhundert Schritten, größtenteils bewachsen mit Gras und Büschen, im Süden begrenzt von einem schmalen Bach. In den vier Monaten, die seitdem vergangen waren, hatten sie Bäume gefällt, Wurzeln entfernt, Sträucher herausgerissen und Erde umgegraben. Wenn der Winter vorüber war, würden sie ihre erste Saat ausbringen können. Hinter ihrer Hütte, wo Duncan demnächst eine Scheune für das Getreide bauen wollte, stapelten sich grobgeschnittene Bretter.

Moira öffnete den Hühnerverschlag, griff hinein und tastete im Stroh herum. Nur ein Ei. Nicht gerade viel, aber besser als nichts. Duncan würde sicher wieder darauf bestehen, dass sie es bekam.

Sie schloss den Verschlag - und fuhr zusammen, als sich ein dunkler Schatten neben dem Schuppen erhob. Vor Schreck ließ sie fast das Ei fallen.

»Ningali!«

Das Mädchen stand vor ihr, mit leuchtenden Augen in seinem lachenden, karamellbraunen Gesicht, bekleidet nur mit einem alten Hemd, um das es einen Leinengürtel geschlungen hatte und das ihm bis zu den Oberschenkeln reichte. Die lockigen, goldgesträhnten Haare nahmen sich seltsam fremd über der dunklen Haut aus.

Es war ungewohnt, Ningali ohne ihren Dingo zu sehen, der sie sonst immer begleitet hatte. Vor einigen Wochen war er von einem Soldaten erschossen worden. »Willst du mit hineinkommen?«

Ningali schüttelte lächelnd den Kopf. Duncans zwölfjährige Halbschwester ließ sich nur selten zum Sprechen bewegen; anfangs hatte Moira sogar geglaubt, das Mädchen sei stumm. Inzwischen jedoch hatte Ningali so viele englische Worte aufgeschnappt, dass sie einem Gespräch gut folgen konnte und hier und da auch selbst etwas sagte.

Dampf und der Geruch nach Kohl erfüllten die Hütte, als Moira die Tür öffnete. Sie wedelte die Schwaden fort. Das brodelnde Gemisch im Topf hatte inzwischen eine un­ansehnliche Färbung angenommen, der größte Teil des ­Wassers war verdampft. Moira goss weiteres Wasser nach und rührte.

»Mo-Ra!« Ningalis Stimme, so selten gehört, drang in die Hütte. »Komm!«

Mit dem Kochlöffel in der Hand eilte Moira hinaus. Von dort, wo der kleine Fluss ihr Grundstück von dem des Nachbarn trennte, näherte sich ein Reiter. Besorgt drehte sie sich zu Ningali.

»Schnell, du musst verschwinden! Niemand darf dich hier sehen!«

Es tat Moira weh, das Mädchen verjagen zu müssen, aber es geschah zu seinem eigenen Schutz. Da es in letzter Zeit wiederholt zu Überfällen von Eingeborenen auf weiße Siedler gekommen war, hatte der Gouverneur verfügt, dass jeder Eingeborene, der sich Parramatta näherte, erschossen werden dürfe. Ningalis Dingo war diesem Wahnsinn bereits zum Opfer gefallen.

Aber Ningali dachte nicht daran, zu verschwinden. Gelassen steckte sie sich eine getrocknete Beere in den Mund und kaute.

»Ningali, bitte!«

Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Dan-Kin«, sagte es dann mit breitem Grinsen und wies auf den Reiter.

Ningali hatte recht: Es war tatsächlich Duncan, der da näher kam. Moiras Herz tat einen Satz vor Freude.

Duncan hatte seit frühester Kindheit mit Pferden zu tun gehabt. Aber noch nie hatte sie ihn reiten gesehen. Er saß auf dem Pferd, als sei er mit ihm verwachsen. Moira konnte ihre Blicke nicht von seiner hochgewachsenen, schlanken Gestalt lassen. Und von dem Pferd - einer kräftigen, braun-weiß gescheckten Stute, wie sie erkannte, als er es vor ihr zum Stehen brachte.

»Du bringst ein Pferd mit?«, jubelte sie. »Woher?«

Duncan sprang ab. Seine dunkelbraunen Haare waren vom Ritt zerzaust, seine grünen Augen leuchteten. »Von Dr. Wentworth. Hallo, Ningali.«

»Er hat dir ein Pferd geschenkt?«

»Nicht geschenkt, das hätte ich nicht angenommen! Es ist als Bezahlung gedacht, für meine Arbeit der letzten Wochen.« Er strich der Stute über die Mähne. »Sie heißt Artemis und ist ein wenig störrisch ... Ich habe mir schon überlegt, ob ich sie umnennen sollte. In Moira ...« Geschickt wich er dem Kochlöffel aus, den Moira nach ihm warf.

Ohne sich darum zu kümmern, dass seine Schwester feixend danebenstand, wollte er Moira an sich ziehen. Normalerweise genoss sie diese viel zu seltenen Momente, wenn er auch in der Öffentlichkeit zeigte, dass sie zusammengehörten. Aber jetzt wand sie sich aus seinen Armen und griff nach dem Zügel. Statt eines Sattels lagen eine zusammengefaltete Decke und ein Schaffell auf dem breiten Pferderücken, und es gab auch keine Steigbügel.

Duncan hielt ihren Arm fest. »Denk nicht einmal dar­an!«

»Nur ein kurzes Stück! Ich habe so lange nicht mehr auf einem Pferd gesessen ...« So lange hatte sie nicht mehr den Wind in ihren Haaren spüren können und das Gefühl des Tieres unter sich. Das Reiten hatte sie am meisten vermisst, seit sie Irland hatte verlassen müssen, mehr noch als ihre Familie.

Duncan ließ ihren Arm nicht los. »Moira, ich weiß, wie sehr du es dir wünschst, aber ich halte das für keine gute Idee.«

»Du verbietest mir zu reiten?«

»Ich würde dir nie etwas verbieten. Aber wir dürfen nichts riskieren. Nur bis das Kind da ist.«

»Andere Frauen in Umständen reiten auch!«

»Andere Frauen in Umständen haben auch nicht erst letztes Jahr ein Kind verloren!«

Damals, als Moiras Ehemann Dr. McIntyre ihre Liebschaft entdeckt hatte und sie beide überstürzt in die Wildnis geflohen waren. Die darauf folgenden tagelangen Entbehrungen sowie Hunger und Kälte hatten bei Moira eine Fehlgeburt ausgelöst und sie an den Rand des Todes gebracht. Nur Duncans Entschluss, sie zurück nach Toongabbie, zurück zu ihrem Ehemann zu bringen, hatte ihr das Leben gerettet.

Duncan ließ sie los. »Ich werde einen Karren bauen, dann kannst du damit nach Parramatta oder bis nach Sydney fahren. Das Pferd kann man auch davorspannen.«

Moira blieb neben Artemis stehen, schmiegte sich an den muskulösen Pferdehals und streichelte die kurze Mähne. Für einen Moment war sie versucht, sich trotz Duncans Bedenken auf die Stute zu schwingen und einfach loszureiten. Aber dann nickte sie. Er hatte ja recht.

Wenig später saßen sie zu zweit an dem Tisch in ihrer Hütte - Ningali hatte nicht bleiben wollen. Moira teilte die Suppe aus. Duncan rührte in dem heißen Gemisch, fischte ein zerkochtes Kohlblatt heraus, blies darauf und probierte.

»Und?«, fragte sie gespannt.

»Ganz ordentlich. Du machst dich.«
...
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