Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Meistererzählungen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am01.02.20131. Auflage
Zum 200. Geburtstag von Friedrich Hebbel am 18. März 2013 Eine junge Magd, die durch die Übergriffe ihres Dienstherrn so sehr in die Enge getrieben wird, dass sie das Dorf in Brand steckt, ein Mann, der vor lauter Angst zum Helden wird, oder eine Bauernfamilie, die sich durch eine absurde Verkettung von Umständen in wenigen Stunden zugrunde richtet: Prägnant und spannend schildert Hebbel alltägliche Charaktere und tragische Situationen von ungeheurer Zeitlosigkeit. • Modern und zeitlos: Eine Originalausgabe mit den schönsten Erzählungen des großen Tragikers • Hervorragend für Studium und Schule geeignet • Mit Nachwort, Zeittafel und Literaturhinweisen von der Hebbel-Forscherin Monika Ritzer Mit den Erzählungen: Anna · Barbier Zitterlein. Novelle - Pauls merkwürdigste Nacht - Schnock. Ein niederländisches Gemälde - Der Schneidermeister Nepomuk Schlägel auf Freudenjagd - Herr Haidvogel und seine Familie - Ein Abend in Straßburg. Aus einer Reisebeschreibung - Eine Nacht im Jägerhause - Ein Traum - Die einsamen Kinder. Märchen - Matteo - Die Kuh  

Christian Friedrich Hebbel wurde am 18. März 1813 in Wesselbeuren, Dithmarschen geboren. Durch ein Stipendium des dänischen Königs Christian VIII. konnte der Sohn eines Tagelöhners durch Europa reisen und sich schließlich in Wien niederlassen, wo er durch die Heirat mit der Schauspielerin Christine Enghaus finanziell abgesichert war. Von seinen viel gespielten Dramen, u.a. >Agnes BernauerGyges und sein RingDie NibelungenMaria Magdalene< das berühmteste. Auch seine Gedichte und Tagebücher finden heute viel Beachtung. Hebbel starb am 13. Dezember 1863 in Wien.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextZum 200. Geburtstag von Friedrich Hebbel am 18. März 2013 Eine junge Magd, die durch die Übergriffe ihres Dienstherrn so sehr in die Enge getrieben wird, dass sie das Dorf in Brand steckt, ein Mann, der vor lauter Angst zum Helden wird, oder eine Bauernfamilie, die sich durch eine absurde Verkettung von Umständen in wenigen Stunden zugrunde richtet: Prägnant und spannend schildert Hebbel alltägliche Charaktere und tragische Situationen von ungeheurer Zeitlosigkeit. &bull; Modern und zeitlos: Eine Originalausgabe mit den schönsten Erzählungen des großen Tragikers &bull; Hervorragend für Studium und Schule geeignet &bull; Mit Nachwort, Zeittafel und Literaturhinweisen von der Hebbel-Forscherin Monika Ritzer Mit den Erzählungen: Anna · Barbier Zitterlein. Novelle - Pauls merkwürdigste Nacht - Schnock. Ein niederländisches Gemälde - Der Schneidermeister Nepomuk Schlägel auf Freudenjagd - Herr Haidvogel und seine Familie - Ein Abend in Straßburg. Aus einer Reisebeschreibung - Eine Nacht im Jägerhause - Ein Traum - Die einsamen Kinder. Märchen - Matteo - Die Kuh  

Christian Friedrich Hebbel wurde am 18. März 1813 in Wesselbeuren, Dithmarschen geboren. Durch ein Stipendium des dänischen Königs Christian VIII. konnte der Sohn eines Tagelöhners durch Europa reisen und sich schließlich in Wien niederlassen, wo er durch die Heirat mit der Schauspielerin Christine Enghaus finanziell abgesichert war. Von seinen viel gespielten Dramen, u.a. >Agnes BernauerGyges und sein RingDie NibelungenMaria Magdalene< das berühmteste. Auch seine Gedichte und Tagebücher finden heute viel Beachtung. Hebbel starb am 13. Dezember 1863 in Wien.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423416450
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum01.02.2013
Auflage1. Auflage
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1238385
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
BARBIER ZITTERLEIN

Novelle
1

Es war Abend, und der Barbier Zitterlein saß an seinem Tisch. Eine helle Lampe brannte auf demselben und beleuchtete das Gesicht des langen, dünnen Mannes, der sich um das Abendbrot, welches seine Tochter Agathe auftrug, wenig bekümmerte. Die Tochter setzte sich an den Tisch und klimperte, um den Vater aus seinen Gedanken zu wecken, mit den zinnernen Löffeln; endlich sagte sie leise:

»Vater, wollt Ihr nicht essen?«

»Ja wohl«, antwortete Zitterlein und rückte näher zum Tisch.

»Eine Biersuppe? ach, du liebes, treues Kind!«

Beide fingen an zu essen. Zitterlein fiel in sein vorheriges Stillschweigen zurück und aß nur wenig; Agathe sah ihn zuweilen mitleidig an, bald legte auch sie den Löffel nieder und begann, den Tisch abzuräumen.

»Bist du schon satt, Agathe?« fragte der Vater und heftete einen glühenden Blick auf sie.

»Ihr wißt, ich esse zur Nacht nicht viel«, antwortete Agathe, »aber Ihr, Vater, Ihr solltet die schöne, kräftige Suppe nicht so verschmäht haben, denn Ihr eßt sie gern, und sie tut Euch wohl!«

»Du hast recht, mein Kind, und ich sollte es umso weniger getan haben, als dies der letzte Abend ist, wo wir so recht innig beisammen sind!«

»Der letzte Abend?« fragte Agathe und sah ihren Vater erstaunt an.

»Freilich, der letzte«, - antwortete dieser - »du weißt, morgen hole ich den Gesellen, und dann ist das vorbei!«

»Mein Gott, Vater, ich versteh Euch nicht. Ich meine, der Gesell soll die Stütze Eures Alters werden; Ihr sollt Ruhe haben, und ein junger Mann, wie der Gesell, kann in die einförmige Stille unsers Hauses recht gut passen: Ihr werdet nicht so oft sitzen und grübeln, und ich -«

»Du wirst weniger Langeweile haben, nicht wahr?« - unterbrach Zitterlein sie heftig - »das ist recht, mein Kind, quäle du mich auch!«

»Vater, was meint Ihr?« - antwortete Agathe ihm sanft, indem sie sich vor ihn hinstellte - »Ihr wißt, daß ich Euch liebe, und daß ich, wenn Ihr so tiefsinnig zu grübeln sitzt, nicht Langeweile, sondern nur das tiefste Mitleid, ja Grausen, empfinde.«

Zitterlein ergriff ihre Hand und drückte sie an die Brust. Dann sagte er:

»Vergib mir, liebe Tochter, ich weiß das ja alles, es kann ja nicht anders sein, denn du bist das einzige Gut, was mir ist, was von Tage zu Tage inniger mit mir verwächst. Aber eben darum - sieh, liebes Kind, ich bin nicht, wie ein Baum, der in der Erde wurzelt und sich von Luft und Sonne ernährt; er braucht sich um seinesgleichen nicht zu bekümmern, aber ich bin ein Mensch, ich muß mit Menschen leben, ich liebe sie sogar, weil sie unglücklich sind. Doch, sie sind mir in der tiefsten Seele verhaßt, wenn sie mir nähertreten, ich mögte sie ermorden, wenn sie in mein Haus kommen. Ich will nur dich, nur dich; warum kommen sie denn? haben sie nicht auch Weib und Kind? Gehe ich zu ihren Weibern, ihren Kindern? Und nun muß ich mir selbst den Gesellen holen; ich muß, denn ich bin alt, und der Vogt glaubt, meinen zitternden Händen das Egelsetzen und Aderlassen nicht mehr anvertrauen zu dürfen. Der wird nun mit kalter Teufelsfaust in meine heiligsten Gefühle hineingreifen, er wird mir überall störend und zerstörend in den Weg treten, er wird mit uns in einem Hause schlafen, an einem Tische mit uns essen, und ich kann es nun einmal nicht dulden!«

»Lieber Vater« - sagte Agathe - »Ihr seid krank! Und doch« - fügte sie leise mit herzzerschneidender Wehmut hinzu - »doch ist er nicht anders, wie immer.«

»Nein, Tochter, ich bin nicht krank, ich sehe bloß voraus, wie alles kommen wird. Ach, ich fürchte mich vor meinem Gesellen! Gibt es nicht Gesichter, die mich anstarren, wie Larven der Hölle, Augen, deren feindlicher, vernichtender Strahl mich tötet? Hast du nie ein Lächeln gesehen, welches dir jede Freude, jede Lebenslust zusammenschnürte, wie eine Schlange?«
2

Am andern Morgen war Zitterlein früh aufgestanden und hatte sich nach der nahgelegenen Stadt - er wohnte in dem Kirchdorf Müntzen - aufgemacht, um sich dort auf der Herberge der Bader nach einem Gesellen umzutun. Auf seine Frage, ob etwa ein Gesell angekommen sei, antwortete der Herbergsvater: dies wäre allerdings der Fall; es sei am gestrigen Abend ein stiller, netter Bursch zugereist gekommen, und er zweifle nicht, daß er mit Vergnügen in Arbeit treten werde; der Winter sei nahe und dann tue das Wandern nicht wohl. Es dauerte auch nicht lange, so kam der junge Gesell von der Polizei, woselbst er seine Papiere hatte in Ordnung bringen lassen, zurück; er war von ansehnlicher Statur, hatte blondes Haar, blaue Augen und viele Freundlichkeit im Benehmen.

»Es ist Arbeit für Euch in Müntzen« - rief ihm der Herbergsvater entgegen - »das Dorf liegt eine halbe Stunde von hier.«

»Das ist mir sehr lieb«, antwortete der Gesell und trat auf Zitterlein zu, auf den der Herbergsvater ihn verwies.

»Ich gebe aber nur zwanzig Groschen Wochenlohn«, sagte Zitterlein, ohne ihn anzusehen.

»Das ist wenig« - antwortete der Gesell - »ich bin vierundzwanzig gewohnt. Aber, ich nehme Euer Anerbieten an. Seht hier meine Kundschaft und meine Arbeitszeugnisse.«

»Steckt sie nur ein« - entgegnete Zitterlein - »das ist mir einerlei. Nennt mir Euren Namen, laßt Euch einen Schnaps geben und kommt mit mir!«

»Mein Name ist Leonhard Ziegler; Schnaps trink ich nicht.«

»Wein ist doch für einen Barbiergesellen, der wöchentlich nur zwanzig Groschen verdient, zu kostbar!« sagte Zitterlein mit einem höhnischen Lächeln, indem er selbst den Schnaps austrank, den er sich hatte einschenken lassen.

Zitterlein und Leonhard machten sich bald auf den Weg; sie gingen schweigend nebeneinander her, denn Leonhard mogte sprechen, was er wollte, er erhielt immer eine kurze, oft bittre Antwort und verlor so am Ende die Lust, ein Gespräch fortzuspinnen, was so sichtlich vermieden wurde. Als sie nahe vor Müntzen waren, fing es an zu regnen. »Wir werden noch naß!« sagte Leonhard.

»Daran muß ein reisender Gesell gewöhnt sein!« entgegnete Zitterlein und ging langsamer, wie bisher. Leonhard wußte nicht, was er aus ihm machen sollte; er hatte zuweilen ein scharfes Wort auf der Zunge, aber er hielt es zurück, wenn er in das blasse, schmale Gesicht des Mannes sah, der alle seine Freundlichkeiten so schnöde abwies. »Vielleicht ist er krank!« dachte er, »und jedenfalls kannst du nach einer Woche deinen Bündel wieder schnüren, wenn es dir nicht bei ihm gefällt!« Sie kamen zu Zitterleins Hause und traten hinein. Agathe trat ihnen aus der Küche, wo sie mit Zubereitung des Mittagsessens beschäftigt war, entgegen; sie sagte herzlich: »Guten Tag, lieber Vater!« aber dieser schob sie, nachdem sie den Gesellen kaum gegrüßt hatte, fast unsanft in die Küche zurück und rief ihr zu: »Bekümmere du dich nicht um uns!« Dann zeigte er Leonhard die für ihn bestimmte Kammer und sein Bett, gab ihm den Schlüssel zu einem dort aufgestellten Schrank und bat ihn, sich einzurichten, worauf er zu seiner Tochter in die Küche ging.
3

Agathe hatte das Essen aufgetragen und fragte Zitterlein, ob sie den Gesellen rufen solle. Zitterlein antwortete ihr nicht, sondern stand schnell auf, um dieses selbst zu tun. Stumm kam er mit Leonhard zurück, setzte sich mit ihm zu seiner Tochter an den Tisch und nötigte ihn einsilbig, zuzulangen. Während des Essens wurde fast kein Wort gesprochen, obgleich dies ängstliche Schweigen Agathen fast ebensosehr drückte, wie Leonhard; der letztere entfernte sich bald. Kaum hatte er das Zimmer verlassen, als Zitterlein seine Tochter fragte: »Warum wurdest du rot, als der Gesell in das Zimmer trat?«

»Gott, Vater«, - antwortete sie - »das bin ich selbst gar nicht gewahr geworden, und wenn es wäre, so ist es ja wohl etwas so Unerhörtes nicht, vor einem Menschen zu erröten, den man nie gesehen hat.«

»Ganz recht, liebe Tochter«, - sagte Zitterlein beruhigt - »einen andern Grund kann das ja auch nicht haben; aber du weißt, mir liegt das Nächste immer am fernsten. Jetzt will ich mir die Papiere des Gesellen geben lassen, ich muß sie zum Vogt tragen. In einer Stunde bin ich wieder hier.«

Er nahm aus einem Kasten einige Rasiermesser hervor und ging damit zu Leonhard in die Kammer.

»Ich muß Euch bei dem Vogt melden«, - sagte er zu diesem - »und bitte Euch jetzt um die Papiere. Mittlerweile seid Ihr wohl so gut, diese Messer für den morgenden Gebrauch ein wenig zu wetzen.«

Leonhard gab ihm die Papiere, und er ging.

Leonhard wollte beginnen, die Messer zu wetzen; da merkte er, daß Zitterlein vergessen hatte, ihm einen Wetzstein zu geben. Er ging daher in das Wohnzimmer, woselbst er Agathen vorfand.

»Entschuldigt, wenn ich Euch störe. Ich soll diese Messer wetzen, und Euer Vater hat mir keinen Wetzstein gegeben!«

»Ach«, - antwortete Agathe - »mein Vater ist zuweilen etwas zerstreut; kehrt Euch nicht daran, er ist sonst gut!«

Diese im Ton der herzlichsten Bitte vorgebrachten Worte rührten Leonhard tief; er schaute das Mädchen, welches den seltsamen Vater so einfach und doch so eindringlich zu verteidigen wußte, näher an. Da klingelte die Haustür, und Zitterlein, der einen für den Vogt aus der Stadt mitgebrachten Brief vergessen hatte, trat ins Zimmer, um diesen zu holen. Sein Auge flammte von heftigem Zorn, als er Leonhard bei seiner Tochter erblickte.

»Ihr seid wohl ein Meister im...
mehr

Autor

Christian Friedrich Hebbel wurde am 18. März 1813 in Wesselbeuren, Dithmarschen geboren. Durch ein Stipendium des dänischen Königs Christian VIII. konnte der Sohn eines Tagelöhners durch Europa reisen und sich schließlich in Wien niederlassen, wo er durch die Heirat mit der Schauspielerin Christine Enghaus finanziell abgesichert war. Von seinen viel gespielten Dramen, u.a. >Agnes BernauerGyges und sein RingDie NibelungenMaria Magdalene