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Schwerelos

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
304 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am09.06.2014
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR9,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Inhalt/Kritik

Leseprobe



O

1

OLIVIA

Aus den Augenwinkeln sehe ich das Licht hinten im Dual flackern. Die Tür zu Cashs Büro öffnet und schließt sich wieder, als er den Club betritt. Er sieht auf, und sofort begegnen sich unsere Blicke. Seine Miene bleibt völlig neutral, so wie ich es wollte; was allerdings nicht heißt, dass sich meine Zehen in den Arbeitsschuhen nicht automatisch krümmen. Seine Augen funkeln, und mein Magen benimmt sich komisch. Dann sieht er weg, was gut ist. Andernfalls wäre es nicht Cash gewesen, der unsere Tarnung auffliegen lässt, sondern ich - indem ich meinen Posten hinter der Bar verlasse, geradewegs auf ihn zumarschiere und meine Lippen auf seine drücke, ehe ich ihn ins Bett zurückzerre.

Ich zwinge mich, den Blick abzuwenden und mich wieder auf meinen Job zu konzentrieren.

Verdammt!

»Ich mach das schon«, flötet Taryn und langt an mir vorbei nach einem schmutzigen Glas auf dem Tresen.

Lächelnd nicke ich ihr zu, auch wenn ich scharf überlege, was unter ihren Rastazöpfen vorgehen mag. Sie ist schon den ganzen Abend nett zu mir, und ich habe keinen Schimmer, wieso. Sonst ist sie nie nett. Offen feindselig, ja. Fies hinterhältig, ja. Aber nett? Oh nein! Noch heute Nachmittag hätte ich alles darauf verwettet, dass Taryn eher ihre Zahnbürste spitzfeilen und mich abstechen würde, als mich auch bloß anzusehen.

Und jetzt lächelt sie mir zu und übernimmt auf einmal meine Barseite mit?

Hm.

Ich bin kein von Natur aus misstrauischer Mensch, aber …

Okay, ich bin von Natur aus misstrauisch, und das aus gutem Grund. Das Leben unter Lügnern, Intriganten, egoistischen Kotzbrocken und insgesamt widerlichen Leuten hat mich nun mal geprägt. Doch ich arbeite dran.

Jedenfalls interessiert es mich brennend, was Taryn ausheckt. Und dass sich etwas hinter dieser tätowierten Fassade zusammenbraut, steht fest. Darauf würde ich meinen Hintern verwetten. Oder ihren. Je nachdem.

Ich kann fast sehen, wie es jenseits der mit Kajal bemalten blauen Augen arbeitet.

Leider bleibt mir nichts anderes übrig, als höllisch aufzupassen. Früher oder später verrät sie sich sowieso, und dann erfahre ich, was ihr im Kopf herumgeht. Bis dahin darf sie sich gerne bei mir einschleimen.

»Und?«, fragt sie beiläufig, als sie wieder zu mir kommt. »Irgendwas vor nach der Arbeit? Ich dachte, wir können vielleicht im Noir was trinken, uns ein bisschen besser kennenlernen.«

Echt, jetzt wird's lächerlich.

Ich sehe sie an und bemühe mich, nicht mit offenem Mund auf die Pointe zu warten, die zwangsläufig kommen muss.

Nur gibt es keine. Sie meint es ernst.

»Ist das dein Ernst?«

Sie lächelt nickend. »Klar ist das mein Ernst. Warum würde ich dich sonst fragen?«

»Ähm, weil du mich hasst«, rutscht es mir heraus.

Mist! So viel zu meinem Plan, gelassen abzuwarten, was sie vorhat.

»Ich hasse dich doch nicht! Wie kommst du darauf?«

Oh mein Gott, hält sie mich wirklich für so blöd?

Ich wende mich zu Taryn und verschränke die Arme vor der Brust. Eigentlich sollte ich nicht mal hier sein. Cash und ich sind erst seit wenigen Stunden aus Salt Springs zurück, und Gavin hatte meine Schicht jemand anderem zugeteilt, weil Cash nicht wusste, ob ich zurückkommen würde oder nicht. Trotzdem bin ich hier und springe für Marco ein, statt nackt in Cashs Armen zu liegen. Entsprechend ist meine Geduld nicht besonders strapazierfähig.

»Hör zu, ich weiß nicht, wem du hier was vormachen willst, aber falls ich es bin, lass es lieber. Ich glaube dir kein Wort, Taryn.«

Sie öffnet ihren roten Schmollmund, als wollte sie widersprechen, doch dann presst sie die Lippen zusammen. Die nette Unschuldsmiene weicht ihrem normalen Gesichtsausdruck, und sie seufzt.

»Na gut, ich gebe zu, dass ich ein bisschen eifersüchtig auf dich war, als du hier angefangen hast. Keine Ahnung, ob du das weißt oder nicht, aber Cash und ich hatten früher was miteinander. Bis vor Kurzem haben wir noch … Sachen gemeinsam gemacht. Ich dachte, dass du dich zwischen uns drängen willst. Mir ist allerdings klar, dass du das nicht tust. Außerdem weiß ich, dass er sich nicht für dich interessiert. Und er hat was mit einer anderen laufen, also ist es sowieso egal.«

Nun werde ich neugierig. »Warum sagst du das?«

»Was? Dass er eine andere hat? Weil ich ihn ein paarmal mit einer Blondine gesehen habe und er in letzter Zeit sehr abgelenkt ist. Das passt eigentlich nicht zu ihm. Er ist kein Typ, der sich auf ein Mädchen festlegt.«

»Ist er nicht?«

»Im Leben nicht! Ich habe das von Anfang an gewusst. Jede, die sich mit Cash einlässt und sich einbildet, sie könnte ihn ändern oder wäre die Einzige für ihn, ist richtig blond.«

»Blond? Wegen dem Mädchen, das er angeblich hat?«

Taryn zuckt mit den Schultern. »Auch, aber vor allem, weil Cash auf einen bestimmten Typ steht«, sagt sie, zieht ihre gepiercten Brauen hoch und greift sich ins Haar. »Auf Blondinen.«

Ich nicke lächelnd und strenge mich an, cool zu bleiben. Was ich natürlich nicht bin. Kein bisschen. Ich bin sogar so uncool, dass ich Taryn unbedingt in ihr hübsches Gesicht boxen will.

»Wie kommst du darauf, dass er sich nicht irgendwann für eine dieser … Blondinen entscheidet?«

Sie lacht spöttisch. »Nein, ich kenne Cash. Dem steckt das Unbezähmbare im Blut. Kerle wie er ändern sich nicht; das schafft keine. Sie sind eben so. Und das macht sie ja gerade so unwiderstehlich. Wollen wir nicht alle, was wir nicht kriegen können?«

Ich lächle, sage aber nichts. Nach einigen Sekunden schnappt sie sich meinen Lappen und wischt einen nassen Glasabdruck von der Bar. »Jedenfalls bin ich drüber weg. Und ich wollte dir nur sagen, dass ich das Kriegsbeil begraben habe.«

»Freut mich«, quieke ich an dem Kloß in meinem Hals vorbei.

Ich fange schon mal an aufzuräumen. Es ist nicht mal mehr eine Stunde, bis die letzte Runde ausgerufen wird. Wie ich es bis dahin aushalten will, ist mir schleierhaft. Das Beste ist, ich beschäftige mich. Nur leider kann keine Hyperaktivität die widersprüchlichen Stimmen in meinem Kopf zum Schweigen bringen.

Du hast gewusst, dass er ein Bad Boy ist. Deshalb wolltest du dich doch von ihm fernhalten, nichts mit ihm anfangen.

Mein Elend wird zu einer kalten, herzlosen Schlange tief in meinem Bauch. Dann jedoch spricht die Stimme der Vernunft - oder ist es die des Selbstbetrugs?

Wie kannst du nach allem, was in den letzten Wochen passiert ist, an seinen Gefühlen für dich zweifeln? Cash ist keiner, der so was vorspielt. Und was er gesagt hat, was ihr erlebt habt, ist nicht vorgespielt. Es ist real und intensiv. Taryn ist bloß eine psychotische Bitch, die keine Ahnung hat, wovon sie redet. Vielleicht ist ihr die ganze Tattootinte ins Hirn gestiegen.

Das mag ja alles stimmen, aber es ändert nichts an der Tatsache, dass mir schlecht wird. Und mir das Herz wehtut.

Ein Teil von mir - der vernünftige, logische, unbeteiligte, zu oft verletzte Teil - meldet sich und macht alles noch schlimmer.

Wie oft willst du noch auf dieselben Sprüche von denselben Typen reinfallen?

Nein, Cash ist anders. Das weiß ich. Tief im Innern. Ich ermahne mich, dass es unfair ist, jemand nach seinem Äußeren zu beurteilen, auch wenn mir das schwerfällt. Cash wirkt vielleicht wie ein klassischer Bad Boy, doch sein Wesen ist viel komplexer.

Während ich das Abtropfblech unter dem Zapfhahn putze, wandert mein Blick durch den schummrig beleuchteten Club, der sich schon sichtlich geleert hat. Ich suche nach Cash. Und, siehe da, als ich ihn entdecke, wirft eine vollbusige Blondine die Arme um seinen Hals und reibt sich sehr aufdringlich an ihm. Ich muss die Zähne zusammenbeißen, um nicht über die Bar zu springen, hinüberzumarschieren und ihr die Haare auszureißen.

Meine Wut verwandelt sich in akute Verzweiflung, als ich sehe, dass Cash sie anlächelt. Seine Lippen bewegen sich; er sagt etwas zu ihr, und mein Herz schlägt wie verrückt. Mir geht es ein klein wenig besser, als er ihre Arme von sich nimmt und einen Schritt zurücktritt. Allerdings reicht das bei Weitem nicht, um Taryns schreckliche Bemerkungen aus meinem Kopf zu vertreiben.

Scheiße!

Die nächsten anderthalb Stunden bleibt meine Stimmung auf dem Tiefpunkt. Da hilft nicht mal, dass Taryn neuerdings beschlossen hat, kein fieses Miststück mehr zu sein. Ich überlege bereits, ob es nicht gut wäre, mich nach der Arbeit in meine Wohnung zu verkrümeln.

Eine Stunde später spüle ich den Behälter für die Zitronenspalten an meinem Ende der Bar. Ich denke immer noch nach, was ich tun soll, und ziehe allmählich in Erwägung, dass ich manisch-depressiv sein könnte, es nur bisher keiner gemerkt hat. Ein Schnapsglas rutscht über die Bar auf mich zu. Als ich aufblicke, steht Taryn rechts von mir und hält grinsend ein zweites Glas in die Höhe.

»Schhh«, sagt sie augenzwinkernd. »Ich verrate nichts, wenn du nichts sagst. Ist sowieso gleich Schluss.« Sie zieht einen 10-Dollar-Schein aus ihrer Tasche und legt ihn auf den Tresen.

Wenigstens bezahlt sie.

Normalerweise würde ich dankend ablehnen, aber ein Shot, der meine Nerven beruhigt, ist vielleicht eine gute Idee. Ich trockne meine Hände in einem Geschirrtuch und greife nach dem kleinen...


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Autor

Michelle Leighton wurde in Ohio geboren und lebt heute im Süden der USA, wo sie den Sommer über am Meer verbringt und im Winter regelmäßig den Schnee vermisst. Leighton verfügt bereits seit ihrer frühen Kindheit über eine lebendige Fantasie und fand erst im Schreiben einen adäquaten Weg, ihren lebhaften Ideen Ausdruck zu verleihen. Sie hat unzählige Romane geschrieben. Derzeit arbeitet sie an weiteren Folgebänden, wobei ihr ständig neue Ideen, aufregende Inhalte und einmalige Figuren für neue Buchprojekte in den Sinn kommen. Lassen sie sich in die faszinierende Welt von Michelle Leighton entführen - eine Welt voller Überraschungen, ausdrucksstarken Charakteren und trickreichen Wendungen.