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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Arena Verlag GmbHerschienen am05.03.2014
Früher waren Coco und Nelly ein Herz und eine Seele. Doch seit Cocos Unfall dreht sich alles nur noch um die ältere Schwester. Da kommt Nelly die neue Aufmerksamkeit von Mädchenschwarm Tomke gerade recht. Voller Hoffnung schließt sie sich seiner Clique an und gerät dabei nach und nach in einen Strudel aus Mutproben, Erpressung und Gewalt, aus dem nur Coco sie befreien kann.

Brigitte Blobel wurde 1942 in Hamburg geboren. Ihre Kindheit verbrachte sie in Ahrensburg (Schleswig-Holstein). Nach dem Abitur studierte sie englische und französische Literatur, Theaterwissenschaften sowie Politik und Zeitungs-Wissenschaften. Sie arbeitete in Frankfurt als Redakteurin für Associated Press und hat zwei Kinder großgezogen. Brigitte Blobel lebte mit ihrem Ehemann auf Mallorca und in Hamburg. Neben ihrer Tätigkeit als freie Journalistin und Drehbuchautorin schrieb sie Bücher für Jugendliche und Erwachsene, die mehrfach ausgezeichnet wurden. Brigitte Blobel verstarb nach schwerer Krankheit im August 2024.
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Produkt

KlappentextFrüher waren Coco und Nelly ein Herz und eine Seele. Doch seit Cocos Unfall dreht sich alles nur noch um die ältere Schwester. Da kommt Nelly die neue Aufmerksamkeit von Mädchenschwarm Tomke gerade recht. Voller Hoffnung schließt sie sich seiner Clique an und gerät dabei nach und nach in einen Strudel aus Mutproben, Erpressung und Gewalt, aus dem nur Coco sie befreien kann.

Brigitte Blobel wurde 1942 in Hamburg geboren. Ihre Kindheit verbrachte sie in Ahrensburg (Schleswig-Holstein). Nach dem Abitur studierte sie englische und französische Literatur, Theaterwissenschaften sowie Politik und Zeitungs-Wissenschaften. Sie arbeitete in Frankfurt als Redakteurin für Associated Press und hat zwei Kinder großgezogen. Brigitte Blobel lebte mit ihrem Ehemann auf Mallorca und in Hamburg. Neben ihrer Tätigkeit als freie Journalistin und Drehbuchautorin schrieb sie Bücher für Jugendliche und Erwachsene, die mehrfach ausgezeichnet wurden. Brigitte Blobel verstarb nach schwerer Krankheit im August 2024.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783401803364
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum05.03.2014
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1387676
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1.

Das Opfer

Jetzt sitzt er tatsächlich schon wieder unten im Keller und heult. Weint seinem geklauten Fahrrad nach. Seit zwei Wochen geht das schon so. Fast jedes Mal, wenn Coco ihr Rad in den Keller trägt, hockt Rolli in der Ecke und schmollt. Unglaublich! Coco wäre jedenfalls früher nie auf die Idee gekommen, sich mit ihrer Trauer oder ihrem Schmerz in den muffigen Keller zu verziehen - zumal es da unten Mäuse gibt. Doch das, was andere ekelt, scheint den Nachbarsjungen nicht zu stören.

»Mensch, Rolli!«, ruft Coco, als sie das Fahrrad absetzt und die Kellertür aufdrückt. »Was ist denn nur los mit dir?«

Coco verharrt in der Bewegung und lauscht. Das Weinen klingt jetzt so nah, als brauchte sie nur die Hand auszustrecken, um Rolli zu trösten. Aber sie zögert. Soll sie sich wirklich den schönen Tag vermiesen lassen? Wo doch heute alles so entspannt und superschön war: eine Drei plus für die komplizierte Aufgabe, die sie in Algebra an der Tafel lösen musste, und dann ein langer Kuss von Tomke in der großen Pause. Nicht heimlich, sondern richtig so, dass alle es sehen konnten - genau wie vorhin am Fahrradständer. Bei dem Gedanken daran spürt Coco ein warmes Ziehen im Bauch. Ja, sie ist ganz schön verliebt. Eigentlich war sie in den letzten Wochen jeden Tag ein bisschen mehr verliebt, sodass es an diesem Freitagmorgen, als sie aufgewacht ist, kaum noch auszuhalten war, weil es richtig wehtat.

Es ist Ende August und die erste Schulwoche nach den Sommerferien liegt hinter ihr. Jetzt ist endlich Wochenende und über der Kellertreppe, jenseits des Wellblechdaches, lockt ein wunderbar warmer Spätsommertag. Ein Tag wie aus dem Bilderbuch, an dem man zwangsläufig gut drauf sein sollte. Ein Tag, der Lust auf Schwimmbad macht, auf Party. Auf Spaß und Knutschen. Und am Abend ist sie mit Tomke und der Clique verabredet. Tomke hat ihr zum Abschied noch ins Ohr gehaucht: »Ich freu mich auf heute Abend.«

Ich mich auch! Ich mich auch!, hat sie gedacht.

An so einem Tag darf in ihrer Gegenwart einfach niemand traurig sein!

»Hallo?«, ruft Coco erneut. »Rolli?«

Ob er sich auch heute einfach wieder aus dem Staub machen würde, wie die letzten Male? Dabei kennt sie ihn doch schon, seit er auf der Welt ist. Sie wohnen im selben Mietshaus: drei Stockwerke mit je zwei Parteien. Rolli und seine Eltern wohnen unten rechts, Coco lebt mit ihren Eltern und ihrer kleinen Schwester Nelly im ersten Stock links.

Das Weinen hat aufgehört. Coco lauscht in den dämmrigen Keller, aber sie hört weder ein heftiges Atmen noch davonhuschende Schuhsohlen. Sie hört einfach gar nichts.

Da nur die Notfunzel zum Aufgang ins Treppenhaus rötlich flimmert, tastet Coco nach dem Lichtschalter. Doch die Neonröhre scheint endgültig ihren Geist aufgegeben zu haben.

»Ich bin´s nur, Coco«, sagt sie vorsichtig. »Mensch, Rolli, jetzt mach mir keine Angst!«

Der Kellerflur ist vielleicht zehn Meter lang. Rechts und links neben der Tür zum Hof befindet sich jeweils eine Nische, in der man sein Rad abstellen kann. Sonst nichts als nackte Betonwände. Eigentlich alles so wie immer. Wenn nur diese plötzliche Stille nicht so irritierend wäre.

Coco lehnt ihr Fahrrad an die Wand und tastet sich langsam vorwärts. Sie versucht, mit ihren Flipflops nicht dieses klatschende Geräusch zu machen, das ihrer Mutter immer so auf die Nerven geht. Es ist totenstill und Coco kann nicht verhindern, dass sich die Härchen auf ihren nackten Unterarmen aufrichten.

Und plötzlich hört sie Rolli doch. Erst zieht er scharf die Luft ein, dann folgt ein explosionsartiges Niesen und schließlich ein leise gestöhntes »Oh, Mann!«.

»Rolli!«, ruft Coco. »Mensch, hast du mich erschreckt!«

Robert, genannt Rolli, kauert in der linken Nische, wo bis vor Kurzem immer sein Rex Bike stand. Das Geschenk zu seinem zehnten Geburtstag war sein ganzer Stolz. Aber als er das Rad vor zwei Wochen am Eingang vor dem Kiosk abgestellt hat, wo er seine tägliche Ration Gummibärchen kauft, wurde es ihm geklaut.

Coco kann in dem dämmrigen Licht nicht viel erkennen, doch sie sieht, dass Roberts Gesicht tränenüberströmt ist und sein weiches Kinn bebt. Verlegen fährt er sich mit dem Sweatshirtärmel über die Augen.

»Hau ab!«, faucht er, ohne zu ihr hochzusehen. Neben ihm liegt sein offener Schulrucksack, der eher wie ein überquellender Müllbeutel aussieht.

Coco kennt Robert gut: ein übergewichtiger Junge, der von allen nur Rolli genannt wird - Rolli wie Rollmops. Sie weiß, dass Robert schon zweimal eine Fastenkur gemacht hat, aber wenige Wochen später hatte er den verlorenen Speck bereits wieder auf den Hüften. Er stopft einfach alles, was er kriegen kann, in sich hinein. Seit diesem Jahr besucht er dieselbe Schule wie Coco: das Goethe-Gymnasium. Doch während Coco eigentlich in keinem Fach wirklich gut ist, ist Robert in seiner Klasse der Beste, obwohl er erst im Frühjahr von der Grundschule auf das Gymnasium gewechselt ist. Robert konnte eine Klasse überspringen und jetzt ist er in seiner Klasse der Jüngste - und leider auch der Dickste.

Coco hat Robert einmal in der Turnhalle gesehen: Da hing er am Reck wie ein nasser Sack. Er tat ihr so leid, weil alle anderen Schüler grinsten und über ihn herzogen, so laut, dass er es hören musste. Wenig später war ihr dann aufgefallen, dass Robert sich in den Pausen gar nicht mehr auf dem Schulhof blicken ließ, sondern sich in der Bibliothek versteckte. Und dann war am Ende der Sommerferien das mit dem Fahrrad passiert.

Coco kniet sich neben den Jungen, der sich wütend die Spuren seiner Verzweiflung aus dem Gesicht zu wischen versucht. »Mensch, du Armer«, sagt sie mitfühlend, »weinst du immer noch wegen deinem Fahrrad?«

Robert starrt sie an und zerrt wortlos den schweren Schulrucksack auf seinen Schoß. »Geh weg!«

Aber Coco bricht es das Herz, den Kleinen so unglücklich zu sehen. Sie will ihn umarmen, doch er schiebt sie widerwillig beiseite.

»Hörst du nicht? Du sollst abhauen!«

So schnell gibt Coco allerdings nicht auf. »Es geht also nicht um dein Fahrrad?«, bohrt sie nach.

Schweigen. Schmollen. Schniefen.

»Was hast du dann? Mir kannst du´s doch sagen.«

»Ich will aber nicht!«

»Tut dir was weh?«

»Nein!«

»Soll ich bei deinen Eltern klingeln?«

»Die arbeiten doch.«

»Ach ja. Willst du vielleicht mit zu uns hochkommen? Nelly hat eine neue Spielkonsole«, versucht sie, ihn zu locken.

Doch Robert schüttelt nur beharrlich den Kopf, den Blick starr auf den Boden gerichtet. Er schnieft und zieht den Schnodder hoch. Lässt die Schultern hängen. Ein rundes Häufchen Elend. Wenn Nelly früher so unglücklich war, hat Coco immer den Clown gegeben, um ihre Schwester aufzuheitern. Aber allmählich ist sie hier mit ihrem Latein am Ende.

»Es tut mir leid, dass du so traurig bist«, sagt sie schließlich, als sie sich wieder aufrichtet. »Dabei ist heute so ein schöner Tag.« Sie blickt sehnsüchtig den dunklen Kellergang entlang.

»Das ist ein Scheißtag!«, stößt Rolli hervor. »Jeder verdammte Tag, den ich zur Schule muss, ist ein Scheißtag.«

Plötzlich kommt Coco eine Idee. »Hast du eine Klassenarbeit verhauen?«, fragt sie mitfühlend.

Robert stößt ein verächtliches Schnauben aus. »Ich verhaue keine Arbeiten. Und jetzt lass mich endlich in Ruhe!«

Coco weiß, sie sollte aufstehen und gehen. Er will sich nicht helfen lassen, also ist ihm auch nicht zu helfen.

Aber sie mag Rolli. Deshalb nimmt sie einen letzten Anlauf, hockt sich neben ihn auf den kalten Betonboden und legt ihren Arm um seine Schultern. »Also, ich hör dir zu. Was ist passiert?«

»Nichts.«

»Du lügst doch.«

Robert versucht, sie wegzuschieben. »Na und? Lügen ist lange nicht so schlimm wie das, was du machst.«

Coco starrt ihn an. »Was? Ich?«

»Ja, du und die anderen! Die ganzen Wichser!«

»Wie bitte? Wie redest du denn? Welche anderen?« Coco spürt, wie ihr Mitleid mit Robert schmilzt wie Eis in der Sonne.

»Ihr seid doch alle Scheißtypen, ihr wollt die Kleinen doch nur abziehen und fertigmachen ... Und ihr findet das auch noch geil!«

»Hey, tickst du noch richtig? Von wem redest du eigentlich?«

»Ich hasse euch!«, stößt Rolli zitternd hervor.

Coco holt tief Luft. Okay, noch mal von vorn, denkt sie. Sie muss rauskriegen, wovon Rolli da spricht.

»Sag mal, hast du eben gesagt, dass du mich hasst? Rolli? Schau mich an!«

Rolli schaut nicht auf. Aber er schnieft und nickt. »Ja! Dich und die anderen.«

Fassungslos mustert Coco den Nachbarsjungen, als würde sie ihn gerade zum ersten Mal sehen. Dann nimmt sie einen neuen Anlauf. »Ich glaube, du bringst da was durcheinander. Meinst du, mir tut das nicht leid, was dir passiert ist? Ich finde es auch total ätzend, dass irgendwelche Idioten dein Rad geklaut haben.«

»Ach ja?«, sagt...
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Autor

Brigitte Blobel wurde 1942 in Hamburg geboren. Ihre Kindheit verbrachte sie in Ahrensburg (Schleswig-Holstein). Nach dem Abitur studierte sie englische und französische Literatur, Theaterwissenschaften sowie Politik und Zeitungs-Wissenschaften. Sie arbeitete in Frankfurt als Redakteurin für Associated Press und hat zwei Kinder großgezogen. Brigitte Blobel lebte mit ihrem Ehemann auf Mallorca und in Hamburg.Neben ihrer Tätigkeit als freie Journalistin und Drehbuchautorin schrieb sie Bücher für Jugendliche und Erwachsene, die mehrfach ausgezeichnet wurden.Brigitte Blobel verstarb nach schwerer Krankheit im August 2024.