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Die Lichtung

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
368 Seiten
Deutsch
Ullstein Taschenbuchvlg.erschienen am10.10.2014Auflage
In den 80ern wurde dein bester Freund getötet - jetzt jagst du seinen Mörder. Sommer 1986: Eine Kölner Clique verbringt ein Party- Wochenende in einer Blockhütte im Bergischen Land. Zwei Tage lang Bier, Musik, Baggersee und Flirts. Am Ende sind zwei junge Menschen tot - das Mädchen vergewaltigt und erstochen, der Junge brutal erschlagen. Der Doppelmord wird nie aufgeklärt. Der Kölner Zeitungsredakteur Jan Römer soll Jahre später über den ungelösten Kriminalfall schreiben. Römer erinnert sich gut, denn das Wochenende im Wald war das Ende seiner Jugend - er gehörte selbst zu jener Clique. Gemeinsam mit seiner besten Freundin Mütze will er herausfinden, was damals wirklich geschah. Zu spät merkt er, in welche Gefahr er sich dadurch bringt... »Eines jener Bücher, wo man die Nacht durchliest, um zu wissen, wie es ausgeht. Und sich hinterher ein kleines bisschen cooler fühlt, weil man auch in den 80ern aufgewachsen ist.« Stefan Gerold/Neue Westfälische »Endlich nach langer Zeit wieder ein Buch, das süchtig macht. Genau die richtige Mischung aus Witz, guten Figuren und Spannung, die einen bis zur letzten Seite bannt.« Katja Mitic/Die Welt

Der 1970 geborene Linus Geschke arbeitet als freier Journalist für führende deutsche Magazine und Tageszeitungen, darunter Spiegel Online und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Für das Special-Interest-Magazin 'unterwasser' verfasst er Tauch- und Reisereportagen, für die der gebürtige Kölner bereits mit mehreren Journalistenpreisen ausgezeichnet wurde.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextIn den 80ern wurde dein bester Freund getötet - jetzt jagst du seinen Mörder. Sommer 1986: Eine Kölner Clique verbringt ein Party- Wochenende in einer Blockhütte im Bergischen Land. Zwei Tage lang Bier, Musik, Baggersee und Flirts. Am Ende sind zwei junge Menschen tot - das Mädchen vergewaltigt und erstochen, der Junge brutal erschlagen. Der Doppelmord wird nie aufgeklärt. Der Kölner Zeitungsredakteur Jan Römer soll Jahre später über den ungelösten Kriminalfall schreiben. Römer erinnert sich gut, denn das Wochenende im Wald war das Ende seiner Jugend - er gehörte selbst zu jener Clique. Gemeinsam mit seiner besten Freundin Mütze will er herausfinden, was damals wirklich geschah. Zu spät merkt er, in welche Gefahr er sich dadurch bringt... »Eines jener Bücher, wo man die Nacht durchliest, um zu wissen, wie es ausgeht. Und sich hinterher ein kleines bisschen cooler fühlt, weil man auch in den 80ern aufgewachsen ist.« Stefan Gerold/Neue Westfälische »Endlich nach langer Zeit wieder ein Buch, das süchtig macht. Genau die richtige Mischung aus Witz, guten Figuren und Spannung, die einen bis zur letzten Seite bannt.« Katja Mitic/Die Welt

Der 1970 geborene Linus Geschke arbeitet als freier Journalist für führende deutsche Magazine und Tageszeitungen, darunter Spiegel Online und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Für das Special-Interest-Magazin 'unterwasser' verfasst er Tauch- und Reisereportagen, für die der gebürtige Kölner bereits mit mehreren Journalistenpreisen ausgezeichnet wurde.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783843709767
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum10.10.2014
AuflageAuflage
Reihen-Nr.1
Seiten368 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3385 Kbytes
Artikel-Nr.1410141
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


AUGUST 1986

Alex Riewer und ich standen in einem Tempel aus Licht und Glück. Der abendliche Sommerwind streichelte unsere Haut, der Gesang aus 45 000 Kehlen unsere Seele. Der Fußballrasen unter uns sah dermaßen grün aus, dass man denken könnte, jemand hätte ihn an­gemalt. Im weiten Oval feierten die Fans, ein einziges rot-weißes Freudenmeer brandete durch das Müngers­dorfer Stadion. Ich schaute hoch zur Anzeigetafel. 1. FC Köln: 3, VfL Bochum: 0. Es war 1986, ein Freitagabend Anfang August, und es lief die 86. Spielminute.

Alex beugte sich hinüber zu den drei Jungs, die links von uns standen. Fränzchen, Thorsten und Helmut, den alle nur Heli nannten und den ich nie anders als kaugummikauend gesehen hatte. Die drei kamen wie wir aus der Kölner Innenstadt, wohnten in der Nähe des Neumarkts und gehörten einer Clique an, mit der wir lose befreundet waren.

Ich wendete mich ab und konzentrierte mich wieder auf das Geschehen auf dem Rasen. Von ihrem Gespräch bekam ich nur Wortfetzen mit. Es ging um die Pläne nach dem Spiel. »Bochumer klatschen«, hörte ich Fränz­chen sagen.

»Was geht jetzt?«, fragte Heli nach dem Schlusspfiff und schob sich ein neues Kaugummi in den Mund. »Seid ihr mit dabei oder nicht?«

Ich sah den fragenden Blick von Alex und schüttelte leicht den Kopf. Gerade so, dass er es mitbekam, die anderen jedoch nicht.

»Ansonsten echt gerne, sch... sch... scheiß Bochumer«, sagte Alex. Er stotterte immer, wenn er aufgeregt war. »Aber heute steht noch ´ne Party an und da sind voll die super Bräute am Start.«

»Klingt geil. Wo denn?«, fragte Heli interessiert.

»Ist leider privat in ´nem Partykeller.«

Alex zuckte bedauernd die Schultern. »Da könnt ihr nicht mit, sonst flippt der Alte von dem Kumpel aus, dem der Keller gehört. Der kann es nicht abhaben, wenn da Fremde mitkommen.«

»Scheißegal«, sagte Fränzchen und winkte ab. »Dann hauen wir die Bochumer eben alleine weg. Und euch viel Spaß mit den Schüssen. Steckt einen für uns mit rein, ja?«

»Ja, klar«, sagte Alex und grinste, dann gingen wir. Raus aus der Arena und den Fußweg entlang, der vom Stadion zur Haltestelle der Straßenbahn führte. Unter unseren Füßen knirschte der Kies, hinter uns schoben die Massen, noch immer Schlachtgesänge schmetternd, die alle von Treue und Liebe zum Verein erzählten.

Ich schaute meinen Kumpel an. Alex war fast einen Kopf kleiner als ich, hatte dunkelbraune Locken und ausgeprägte Grübchen, um die ich ihn unsagbar beneidete. Aus irgendeinem Grund waren die bei den Mädels der absolute Reißer - kaum eine, die Alex nicht niedlich fand.

Er hätte nie offen zugegeben, dass die angebliche Party nur ein Vorwand gewesen war, um sich ohne Gesichtsverlust vor der Schlägerei drücken zu können. Also fragte ich nicht nach. Ich kannte ihn und er kannte mich. So war das eben, wenn man mehr Zeit mitein­ander verbrachte als mit der eigenen Familie.

Das Spiel war schon eine gute Stunde vorbei, als Alex und ich an der Ulrichgasse wieder aus der Straßenbahn stiegen. Direkt neben der mittelalterlichen Ulrepforte bogen wir in den Kartäuserwall ab. Eine schmale Seitenstraße, die geradewegs auf die Severinstraße und den Chlodwigplatz führte und somit mitten hinein ins Herz der Kölner Südstadt.

Hinter einer Hofeinfahrt erreichten wir unser Revier. Den Ort, an dem wir uns jeden Tag trafen und den wir nur den Park nannten. Nie musste man sich groß verabreden, irgendwer war immer da. Aber der Park war viel mehr als nur ein praktischer Treffpunkt. Hier lernten wir, wie man sich streitet und wieder verträgt. Hier schlossen wir Bündnisse und brachen sie wieder. Hier prügelten und vertrugen wir uns. Und jeden Abend wurde ein Schlussstrich gezogen, bevor dann am nächsten Tag wieder neue Allianzen entstanden. Für uns war das nicht einfach nur ein halb verwildertes Gelände hinter einer Hofeinfahrt - es war unsere Schule des Lebens.

Wenn man in den Park hineinwollte, musste man zuerst durch eine Toreinfahrt laufen, an die sich dann ein Hof mit mehreren Garagen anschloss. In der hintersten Ecke, zwischen der letzten Garage und einer gut zwei Meter hohen Backsteinmauer, gab es einen schmalen Durchgang, der in den eigentlichen Park führte. Er war vielleicht so groß wie zwei nebeneinanderliegende Tennisplätze und bestand aus einer von dornigen Büschen und hoch aufragenden Bäumen umgebenen Wiese, in deren Mitte sich ein Sandkasten befand, neben dem zwei Klettergerüste standen. Dennoch haben wir hier nie Kinder gesehen, die im Sand buddelten oder auf Gerüsten herumtobten. Auch keine Erwachsenen, die Klatsch austauschend auf den Bänken saßen. Vermutlich hatte die Nachbarschaft irgendwann akzeptiert, dass dieser Ort der unsere war, und sich mit ihrem Nachwuchs in den nahe gelegenen Volksgarten zurückgezogen.

Als Alex und ich den Hof betraten, lag er bereits völlig im Dunkeln. Das gesamte Areal wirkte wie ausgestorben. Nur ein leichter Wind strich durch die Bäume und brachte die Blätter zum Rauschen. Wir wollten uns gerade wieder umdrehen, als wir Stimmen hörten, die aus der Richtung eines abseits liegenden Geländers kamen. Während wir langsam darauf zu schlenderten, schälten sich die Gesichter von Tanja Busch und Rolf Greuel aus der Dunkelheit.

»Hey, wie war´s beim FC?«, fragte Tanja, nachdem sie uns gesehen hatte.

Sie schaute mich mit einem schiefen Lächeln an, während Rolf das tat, was er meistens tat: schweigen. Mit seiner dicken Hornbrille und dem watschelnden Gang erinnerte er mich immer an einen halbblinden Pinguin. Er war weder sportlich noch geistig eine Leuchte, hatte bis zum Sommer des letzten Jahres sogar eine Sonderschule besuchen müssen. Irgendwie hatte sein Vater es dann geschafft, ihm eine Ausbildung als Maurer bei einer großen Baufirma zu verschaffen. Der Mann war seit 23 Jahren Mitglied bei den Roten Funken und musste über grandiose Beziehungen ver­fügen.

»Super, die sch... sch... scheiß Bochumer mit 3:0 abgefertigt«, antwortete Alex und stieß triumphierend die Faust nach oben. »Anschließend wollten wir denen noch auf die Fresse hauen, aber die sind ja alle w... w... weggerannt, das feige Pack.«

Tanjas Mundwinkel umspielte ein spöttischer Zug. Dann sah sie zu mir herüber, was mich augenblicklich nervös machte. Sie war so alt wie ich und der Grund, warum ich in letzter Zeit häufig feuchte Träume bekam. Tanja hatte, obwohl sie schlank war, bereits aus­geprägte Kurven und ein niedliches Gesicht mit ein paar Sommersprossen und einer hinreißenden kleinen Lücke zwischen den Schneidezähnen. Dazu dunkelblondes Haar mit einem zu langen Pony, der ihr immer ein wenig wirr ins Gesicht fiel.

Und sie war clever, verdammt clever. Ich war gerne in ihrer Nähe und liebte es, mit ihr über alles Mögliche zu diskutieren. Selbst wenn es nur darum ging, welche Band gerade am angesagtesten war. Weniger begeistert war ich davon, dass ich bei diesen Diskussionen meist den Kürzeren zog.

»Und du, Jan?«, fragte sie und schaute mir in die Augen. »Wolltest du auch andere Fans verprügeln?«

Mein Gott - wie ich solche Fangfragen hasste! Sagte ich ja, hielt sie mich für einen Schläger. Sagte ich nein, war ich ein Feigling. Also musste ganz schnell eine Alternative her. Eine Gegenfrage vielleicht.

»Glaubst du etwa, ich hätte Alex bei so was alleine gelassen?«

»Hätte der nicht!«, rief Rolf dazwischen und schaute Tanja erbost an, obwohl sie die Frage ja gar nicht gestellt hatte. »Oder, Jan?«

Ich kam erst gar nicht zu einer Antwort.

»Keine Ahnung«, sagte Tanja. »Beim Jan kann man ja nie wissen, was er macht ... oder eben auch nicht macht.«

Dann zog sie die Augenbrauen hoch und lächelte. Ihre Augen blitzten selbst in der Dunkelheit noch wie zwei blaue Edelsteine, die von hinten angestrahlt wurden. »Ist ja auch egal. Sagt mal lieber, was ihr heute noch vorhabt?«

»Ich mach gar nichts mehr«, hörte ich Rolf sagen. »Ich muss jetzt nach Hause. Morgen bin ich mit Papa bei den Roten Funken, und da singen die immer so ein Lied, das ich noch auswendig lernen muss.«

Ohne ein weiteres Wort watschelte er davon, der komische Karnevalsprinz. Rolf wohnte direkt am Park, und obwohl ihn niemand vermisste, wenn er mal nicht da war, gehörte er irgendwie dazu, wahrscheinlich, weil er schon immer da war. Ab und zu verarschten wir ihn, jedoch nie bösartig. Er duldete das, weil wir seine Freunde waren. Wahrscheinlich die einzigen, die er je gehabt hatte.

»Wollen wir ´ne Runde flippern gehen?«, fragte Alex.

Er wollte immer flippern. Jeden Tag. Und er war gut darin. In unserer Clique unschlagbar.

Ich nickte. Tanja sagte nichts.

»Prima«, freute sich Alex, der das wohl als Einverständniserklärung interpretierte. »Ich geh nur schnell neue Kippen kaufen und dann nix wie los.«

Ich blieb mit Tanja allein zurück. Eine Situation, die aufregend, aber gleichzeitig auch unangenehm war. Tanja schaute mich schweigend an, als würde sie auf ­irgendetwas warten, während ich mich zwang, nicht wegzuschauen. Mein Herz pochte, und ich hoffte, dass meine Ohren nicht Feuer fingen. Gleichzeitig überlegte ich, wie ich ihr näherkommen konnte, ohne mich der Gefahr einer Blamage auszusetzen.

Bevor meine Überlegungen zu einem Ziel führen konnten, sprang Tanja vom Geländer herunter. »Bis morgen, Doofmann!«, rief sie und verschwand winkend in der Dunkelheit.

Verblüfft über den schnellen Abgang schaute ich ihr nach. Dann ärgerte ich mich über meine Unsicherheit, über das Auslassen einer perfekten Gelegenheit. Anschließend ärgerte...

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