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Schneller als der Tod

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
304 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am15.06.20101. Auflage
Pietro ist clever und smart und war Killer für die New Yorker Mafia. Er stieg aus und glaubt sich sicher - er ist erstens im Zeugenschutzprogramm und zweitens Arzt in einem Krankenhaus. Bis einer der alten Feinde eingeliefert wird. Diagnose: Krebs im Endstadium. Wenn er stirbt, ist Pietro geliefert. Die nächsten acht Stunden im Tollhaus der Klinik werden zum atemlosen Wettkampf um sein Leben...»Schneller als der Tod« ist ein adrenalingeladener Thriller mit Dialogen, so scharf geschliffen wie ein Skalpell. Josh Bazell schreibt extrem cool und schockierend unterhaltsam - so zynisch und komisch, als hätte Tarantino bei Dr. House Regie geführt.

Josh Bazell studierte Literatur und ist ausgebildeter Arzt. Sein erster Roman ?Schneller als der Tod? wurde in mehr als dreißig Sprachen übersetzt und war in vielen Ländern Bestseller. Außerdem wurde er 2010 mit dem Deutschen Krimi-Preis ausgezeichnet. Josh Bazell lebt in Brooklyn und Barcelona.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextPietro ist clever und smart und war Killer für die New Yorker Mafia. Er stieg aus und glaubt sich sicher - er ist erstens im Zeugenschutzprogramm und zweitens Arzt in einem Krankenhaus. Bis einer der alten Feinde eingeliefert wird. Diagnose: Krebs im Endstadium. Wenn er stirbt, ist Pietro geliefert. Die nächsten acht Stunden im Tollhaus der Klinik werden zum atemlosen Wettkampf um sein Leben...»Schneller als der Tod« ist ein adrenalingeladener Thriller mit Dialogen, so scharf geschliffen wie ein Skalpell. Josh Bazell schreibt extrem cool und schockierend unterhaltsam - so zynisch und komisch, als hätte Tarantino bei Dr. House Regie geführt.

Josh Bazell studierte Literatur und ist ausgebildeter Arzt. Sein erster Roman ?Schneller als der Tod? wurde in mehr als dreißig Sprachen übersetzt und war in vielen Ländern Bestseller. Außerdem wurde er 2010 mit dem Deutschen Krimi-Preis ausgezeichnet. Josh Bazell lebt in Brooklyn und Barcelona.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783104006475
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2010
Erscheinungsdatum15.06.2010
Auflage1. Auflage
Seiten304 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1122 Kbytes
Artikel-Nr.1437046
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1


Ich bin also auf dem Weg zur Arbeit und bleibe stehen, um einer Taube zuzuschauen, die im Schnee mit einer Ratte kämpft, und irgend so ein Dödel will mich ausrauben! Mit Knarre natürlich. Er kommt von hinten und drückt sie mir in die Schädelbasis. Sie ist kalt und fühlt sich sogar gut an, nach Akupressur. »Ganz ruhig, Doc«, sagt er.

Womit das wenigstens erklärt ist. Nicht mal früh um fünf bin ich der Typ, den man überfällt. Ich sehe aus wie das Osterinsel-Standbild eines Hafenarbeiters. Aber der Dödel sieht die blaue OP-Hose unter meinem Mantel und die atmungsaktiven grünen Plastikclogs und vermutet Drogen und Geld bei mir. Und denkt wohl, ich habe einen Eid geschworen, ihm nicht die dödelige Hucke dafür vollzuhauen, dass er mich ausrauben will.

Ich hab gerade mal genug Drogen und Geld, um den Tag zu überstehen. Und wenn ich mich richtig entsinne, hab ich mir nur geschworen, nicht den ersten Stein zu werfen. Ich glaube, über den Punkt sind wir hinaus.

»Okay«, sage ich und nehme die Hände hoch.

Die Ratte und die Taube hauen ab. Feiglinge.

Ich drehe mich um. Das bringt die Knarre von meinem Schädel weg, und meine erhobene Rechte ist über dem Arm des Dödels. Ich umfasse seinen Ellbogen und reiße ihn hoch, sodass die Bänder krachen wie Sektkorken.

Schnuppern wir einen Augenblick an der Rose namens Ellbogen.

Elle und Speiche, die beiden Unterarmknochen, funktionieren unabhängig voneinander und können Rotationsbewegungen ausführen. Schaut der Handteller nach oben, liegen Elle und Speiche nebeneinander; wendet man ihn nach unten, kreuzen sie sich zu einem »X«.[1] Dazu ist eine komplizierte Verankerung am Ellbogen notwendig, wo die einzelnen Knochenenden von sich auf- und abwickelnden Bändern umschlossen sind, die an die Umwicklung eines Tennisschlägers erinnern. Es ist eine Schande, diese Bänder zu zerreißen.

Aber im Moment haben der Dödel und ich ein schlimmeres Problem. Während meine rechte Hand ihm den Ellbogen kaputtgemacht hat, ist meine linke nämlich neben meinem rechten Ohr in Position gegangen und hält messerspitz auf seine Kehle zu.

Trifft sie, wird sie die empfindlichen Knorpelspangen zerstören, die die Wand der Luftröhre versteifen. Wenn er dann das nächste Mal einatmet, verschließt sich die Luftröhre wie ein After, und ihm bleiben vielleicht noch sechs Minuten, bis ihn der Schnitter holt. Selbst wenn ich bei dem Versuch, ihm einen Luftröhrenschnitt zu machen, meinen Propulsatilkuli ruiniere.

Also bettle und flehe ich und lotse die Flugbahn meiner Hand nach oben. Über sein Kinn hinaus und über seinen Mund - das wäre eklig gewesen -, so dass sie auf seine Nase zielt.

Die gibt nach wie nasser Lehm. Nasser Lehm mit Zweigen drin. Der Dödel knallt bewusstlos auf den Gehsteig.

Ich vergewissere mich, dass ich ruhig bin - ich bin´s, ich bin nur verärgert -, bevor ich mich neben ihn knie. Planung und Übersicht sind in diesem Fach und wahrscheinlich bei allem, was man tut, sehr viel wichtiger als Tempo.

Nicht, dass die vorliegende Situation viel Planung oder Übersicht erfordert hätte. Ich drehe den Dödel auf die Seite, damit er nicht erstickt, und lege ihm den nicht gebrochenen Arm unter den Kopf, damit sein Gesicht vor dem eisigen Pflaster geschützt ist. Dann prüfe ich, ob er noch atmet. Er blubbert direkt vor Lebensfreude. Auch der Puls an seinen Hand- und Fußgelenken ist kräftig genug.

Also frage ich in Gedanken wie immer in solchen Situationen den Meister - Professor Marmoset -, ob ich jetzt gehen kann. Und wie immer in solchen Situationen höre ich Professor Marmoset nein sagen und hinzufügen: Was würdest du tun, wenn er dein Bruder wäre?

Ich seufze. Ich habe keinen Bruder. Aber ich weiß, worauf er hinauswill.

Ich setze das Knie auf den kaputten Ellbogen des Typs, ziehe die Knochen so weit auseinander, wie die Sehnen es aushalten dürften, und lasse sie langsam in die Lage des geringsten Widerstands zurückgleiten. Dabei ächzt der Dödel vor Schmerzen im Schlaf, aber egal: In der Notaufnahme würden sie das Gleiche mit ihm machen, nur wäre er dann wach.

Ich klopfe ihn nach einem Handy ab. Schön wär´s, und mein eigenes benutze ich natürlich nicht. Würde mein Bruder wollen, dass ich Scherereien mit den Bullen bekomme, wenn ich einen hätte?

Stattdessen hebe ich den Dödel hoch und lege ihn mir über die Schulter. Er ist leicht und stinkt wie ein uringetränktes Handtuch.

Und bevor ich aufstehe, hebe ich noch seine Waffe auf.

Die Kanone ist ein echtes Scheißding. Zwei gepresste Blechteile - nicht mal Griffschalen - und eine etwas schief sitzende Trommel. Sie sieht aus, als hätte sie als Startpistole in einem Stadion das Licht der Welt erblickt. Eine Sekunde lang bin ich froh, dass es 350 Millionen Faustfeuerwaffen in den USA gibt. Dann sehe ich die glänzenden Messingköpfe der Patronen und werde daran erinnert, wie leicht es ist, jemanden umzubringen.

Ich sollte sie wegschmeißen. Den Lauf abknicken und sie in einen Gully werfen.

Stattdessen stecke ich sie in die hintere Tasche meiner OP-Hose.

Alte Gewohnheiten wird man so schnell nicht los.

 

Im Aufzug nach oben zur Internistischen Abteilung steht eine kleine blonde Arzneimittelvertreterin im schwarzen Partykleid, mit einem Trolley. Sie hat eine flache Brust, und die Wölbung ihres Rückens lässt den Po hervortreten, so dass sie wie eine schlanke, sexy Kidneybohne daherkommt. Sie ist sechsundzwanzig nach etwas zu ausgiebigem Sonnenbaden[2], und ihre Nase sieht aus, als wäre sie schönoperiert, ist sie aber nicht. Sommersprossen, ohne Scheiß. Ihre Zähne sind das Sauberste im ganzen Krankenhaus.

»Hi«, sagt sie, als ob sie aus Oklahoma kommt. »Kenne ich Sie?«

»Noch nicht«, sage ich. Und denke: Weil du neu in dem Job bist, sonst müsstest du um diese Zeit nicht ran.

»Sind Sie ein Krankenwärter?«, fragt sie.

»Ich bin Assistenzarzt im ersten Jahr, Innere Medizin.«

Assistenzärzte im ersten Jahr, frisch von der Uni, sind normalerweise rund sechs Jahre jünger als ich. Was ein Krankenwärter ist, weiß ich nicht. Es hört sich an wie jemand, der in der Heilanstalt arbeitet, falls es noch Heilanstalten gibt.

»Wow«, sagt die Arzneimittelvertreterin. »Für einen Arzt sehen Sie süß aus.«

Wenn sie mit »süß« brutal und dümmlich meint, wie nach meiner Erfahrung die meisten Frauen, dann hat sie recht. Mein OP-Hemd sitzt so knapp, dass man die Tattoos auf meinen Schultern sieht.

Schlangenstab auf der linken, Davidstern auf der rechten.[3]

»Sind Sie aus Oklahoma?«, frage ich sie.

»Allerdings.«

»Sind Sie zweiundzwanzig?«

»Schön wär´s. Vierundzwanzig.«

»Sie haben ein paar Jahre abgezogen.«

»Ja, aber mein Gott, das ist eine öde Geschichte.«

»Es macht auch nichts. Wie heißen Sie?«

»Staaaaacey«, sagt sie und kommt, die Arme hinterm Rücken, einen Schritt näher.

An dieser Stelle sollte ich erwähnen, dass chronischer Schlafentzug dem Alkoholrausch nachweislich so ähnlich ist, dass man sich in Krankenhäusern oft wie auf einer Marathon-Weihnachtsbetriebsfeier vorkommt. Nur hat der Schmock, der auf der Weihnachtsfeier neben einem steht, selten vor, einem die Bauchspeicheldrüse mit dem sogenannten Hotknife zu bearbeiten.

Außerdem sollte ich klarstellen, dass Pharmavertreterinnen, von denen in den Staaten eine auf sieben Ärzte kommt, fürs Flirten bezahlt werden. Oder dafür, dass sie tatsächlich mit einem schlafen - ich bin noch nicht ganz dahintergekommen.

»Bei welcher Firma sind Sie?«, frage ich.

»Martin-Whiting Aldomed«, sagt sie.

»Haben Sie Moxfan?«

Moxfan ist das Medikament, das Bomberpiloten bekommen, die von Michigan zum Bombenabwerfen in den Irak und wieder zurückfliegen sollen, ohne anzuhalten. Man kann es schlucken oder als Treibstoff benutzen.

»Allerdings. Aber was krieg ich dafür?«

»Was möchten Sie denn?«, sage ich.

Sie steht direkt vor mir. »Was ich möchte? Wenn ich darüber erst nachdenke, fange ich an zu heulen. Wollen Sie mich etwa weinen sehen?«

»Arbeiten wäre schlimmer.«

Sie gibt mir einen neckischen Klaps und beugt sich über den Reißverschluss ihres Trolleys. Wenn sie Unterwäsche trägt, muss die von einer mir unbekannten Machart sein. »Jedenfalls«, sagt sie, »fallen mir da nur Sachen wie Karriere ein. Oder dass ich nicht mit zwei Frauen zusammenwohnen möchte. Oder keine Eltern haben möchte, die meinen, ich hätte in Oklahoma bleiben sollen. Da können Sie ja wohl nichts für mich tun.«

Sie richtet sich auf und hat eine Musterpackung Moxfan und ein Paar Dermagels in der Hand, die 18-Dollar-Gummihandschuhe von Martin-Whiting Aldomed. »Fürs Erste reicht´s mir, wenn ich Ihnen unsere neuen Handschuhe vorführen darf.«

»Die kenne ich«, sage ich.

»Und haben Sie schon mal durch so einen Handschuh geküsst?«

»Nein.«

»Ich auch nicht. Ich bin ganz verrückt darauf.«

Mit der Hüfte drückt sie den Stopp-Schalter. »Ups«, sagt sie.

Sie nimmt den Stulpen eines Handschuhs zwischen die Zähne, um ihn aufzureißen, und ich lache. Kennen Sie das Gefühl, nicht genau zu wissen, ob man Sie anbaggert und ob Sie ein echtes menschliches Wesen vor sich...
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