Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Verrechnet

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
400 Seiten
Deutsch
Diogeneserschienen am28.01.20151. Auflage
Der Stiefvater schwer krank und seine Brauerei am Rande des Bankrotts: Alexander Kinloch, Maler und adliger Aussteiger, muß notgedrungen nach London. Erst erntet der Sonderling nur Spott, doch dann nimmt man ihn ernst ­ so sehr, daß er um sein Leben fürchten muß.

Dick Francis, geboren 1920, war viele Jahre Englands erfolgreichster Jockey, bis ein mysteriöser Sturz 1956 seine Karriere beendete. Fast 50 Jahre lang schrieb er Thriller, die das Pferderenn- und Wettmilieu als Hintergrund haben. Seine 42 Romane wurden alle Bestseller. Dick Francis starb 2010.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDer Stiefvater schwer krank und seine Brauerei am Rande des Bankrotts: Alexander Kinloch, Maler und adliger Aussteiger, muß notgedrungen nach London. Erst erntet der Sonderling nur Spott, doch dann nimmt man ihn ernst ­ so sehr, daß er um sein Leben fürchten muß.

Dick Francis, geboren 1920, war viele Jahre Englands erfolgreichster Jockey, bis ein mysteriöser Sturz 1956 seine Karriere beendete. Fast 50 Jahre lang schrieb er Thriller, die das Pferderenn- und Wettmilieu als Hintergrund haben. Seine 42 Romane wurden alle Bestseller. Dick Francis starb 2010.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783257606416
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum28.01.2015
Auflage1. Auflage
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1641 Kbytes
Artikel-Nr.1570522
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

[30] 2

Die Nacht konnte man vergessen.

Das Gesicht, das mir aus dem länglichen Spiegel entgegenblickte, als der Zug ratternd in Euston einfuhr, genügte den hohen Ansprüchen meiner Mutter zweifellos noch weniger als sonst. Das blaue Auge bläute sich unerbittlich, mein Kinn war stachlig, und einen Kamm hätte ich selbst auch nicht schlecht gefunden.

Mit Hilfe von Jeds Bargeld und der Bahnhofsdrogerie versuchte ich zu retten, was zu retten war, doch wie vorauszusehen, musterte Mama mich mit gespitzten Lippen, bevor sie mich an ihrer Wohnungstür kurz an sich drückte.

»Wirklich, Alexander«, sagte sie. »Hast du denn gar nichts ohne Farbspritzer zum Anziehen?«

»Wenig.«

»Du siehst mager aus. Du... na, komm erst mal rein.«

Ich folgte ihr in die blitzblanke Diele des architektonischen Juwels, das sie und Ivan am Park Crescent beim Regent's Park bewohnten.

Sie selbst sah wie immer hübsch, gepflegt, feminin und beherrscht aus, mit kurzem, schimmerndem braunem Haar und Wespentaille, und wie immer wollte ich ihr sagen, wie sehr ich sie liebte, und ließ es sein, weil sie solche Gefühlsäußerungen übertrieben fand.

[31] Ich war großgewachsen wie mein Vater, und er hatte mir von klein auf beigebracht, mich um seine zierliche, liebenswürdige Göttin zu kümmern, ihr zu dienen, für sie dazusein und es nicht als meine Pflicht, sondern als Vergnügen anzusehen. Ich erinnerte mich an sein herzhaftes Lachen und ihr stilles kleines Lächeln in meiner Kinderzeit, und er hatte lange genug gelebt, um sich mit ihr darüber zu wundern, daß der Junge, den sie auf die besten Schulen geschickt und auch in den alten Hochlandkünsten der Pirsch und des Fischfangs unterwiesen hatten, völlig aus der Art zu schlagen schien.

Mit sechzehn hatte ich eines Tages gesagt: »Pa... ich möchte nicht studieren.« (Ketzerei) »Ich möchte malen.«

»Ein schönes Hobby, Al«, hatte er stirnrunzelnd erwidert. Jahrelang hatte er mein Zeichentalent gelobt, ohne es je ernst zu nehmen. Er nahm es bis zu seinem Tod nicht ernst.

»Nur damit du Bescheid weißt, Pa.«

»Weiß ich, Al.«

Daß ich gern für mich allein war, hatte ihn nicht gestört. Einzelgänger sind in Großbritannien nicht so schlecht angesehen wie etwa in den USA, wo bereits im Vorschulalter jedem eingetrichtert wird, es sei besser, dazuzugehören, und wo Einzelgänger sein bedeutet, neben der Spur zu sein. Vielleicht war ich also neben der Spur, aber alles andere erschien mir verkehrt.

»Wie geht's Ivan?« fragte ich meine Mutter.

»Möchtest du Kaffee?« sagte sie.

»Kaffee, Rührei, Toast... alles.«

Ich folgte ihr hinunter in die Souterrain-Küche und [32] bereitete mir ein rundes Frühstück, nach dem es mir gleich besser ging.

»Ivan?« sagte ich.

Sie wandte den Blick ab, als wollte sie die Frage nicht hören, und sagte statt dessen: »Was ist mit deinem Auge passiert?«

»Ich bin gegen eine... na, ist doch egal. Erzähl mir von Ivan.«

»Ich, ehm...« Sie war auffallend unsicher. »Die Ärzte sagen, er müßte langsam seine gewohnte Tätigkeit wiederaufnehmen...«

»Aber?« sagte ich, als sie schwieg.

»Aber er tut es nicht.«

Nach einer Pause sagte ich: »Erzähl.«

Das war er dann für uns, der feine Punkt, wo sich das Verhältnis der Generationen umkehrt und das Kind zum Elternteil wird. Nur, daß es bei uns vielleicht früher als bei anderen Familien dazu kam, weil ich seit langem darin geübt war, für sie dazusein, eine Aufgabe, die nach ihrer Heirat mit Ivan zurückgestellt worden war, der ich mich jetzt aber verstärkt widmen mußte. Ich sagte: »James James Morrison Morrison Weatherby George Dupree...«

Sie lachte und ergänzte: »War erst drei, doch er vernachlässigte seine Mutter nie.«

Ich nickte. »James James sprach, zu seiner Mutter sprach James James: Vor finsteren Straßen hüte dich, oder geh wenigstens nicht ohne mich. «

»Oh, Alexander.« Ihre Stimme bebte vor lebenslanger Zurückhaltung, doch die aufgestauten Gefühle brachen nicht durch.

[33] »Nun erzähl mal«, sagte ich.

Schweigen. Dann sagte sie: »Er ist so deprimiert.«

»Ehm... klinisch deprimiert?«

»Da kenne ich mich nicht aus. Aber ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Er liegt die meiste Zeit im Bett. Zieht sich nicht an. Er ißt kaum was. Ich möchte, daß er wieder ins Krankenhaus geht, aber das will er auch nicht, da gefällt's ihm nicht, sagt er, und Dr. Robbiston weiß anscheinend auch kein Mittel.«

»Tja... hat er einen triftigen Grund, deprimiert zu sein? Ist sein Herz arg angegriffen?«

»Bypässe oder einen Schrittmacher braucht er nicht, haben sie gesagt. Sie haben lediglich seine Herzarterie mit einem Katheter erweitert. Und natürlich muß er Tabletten nehmen.«

»Hat er Angst, daß er stirbt?«

Meine Mutter runzelte die glatte Stirn. »Er sagt mir nur, ich soll mir keine Gedanken machen.«

»Soll ich, ehm... raufgehen und ihn begrüßen?«

Sie blickte auf die große Küchenuhr an der Wand über dem riesigen Herd. Fünf nach neun.

»Jetzt ist sein Pfleger bei ihm«, sagte sie. »Eigentlich braucht er keinen, aber er schickt ihn nicht weg. Der Pfleger - Wilfred heißt er, und er ist mir zu unterwürfig - schläft hier im Obergeschoß, in der alten Dachstube, und Ivan hat eine Sprechanlage installieren lassen, damit er ihn rufen kann, wenn er nachts Schmerzen in der Brust spürt.«

»Hat er oft nachts Schmerzen in der Brust?«

»Das weiß ich nicht«, sagte meine Mutter verblüfft. »Ich glaube nicht. Bei dem Herzanfall natürlich schon. Da ist er [34] früh um vier mit Schmerzen aufgewacht, aber er dachte, es sei nur starkes Sodbrennen.«

»Hat er dich geweckt?«

Sie schüttelte den Kopf. Sie und Ivan schliefen getrennt in nebeneinanderliegenden Zimmern. Nicht aus Mangel an Zuneigung; es war ihnen einfach lieber so.

Sie sagte: »Ich bin zu ihm, um guten Morgen zu sagen und ihm die Zeitung zu bringen wie immer, und er war naßgeschwitzt und preßte sich die Hand auf die Brust.«

»Du hättest mich gleich benachrichtigen sollen«, sagte ich. »Jed hätte mir Bescheid geben können. Dann wärst du nicht ganz auf dich gestellt gewesen.«

»Patsy kam...«

Patsy war Ivans Tochter. Falsche Augen. Sie war besessen von der Angst, Ivan könnte sein Vermögen und seine Brauerei nicht ihr selbst, sondern meiner Mutter vermachen. Ivans gegenteilige Versicherungen nützten wenig; und Patsys Gefühle für mich als den potentiellen Erben meiner Mutter hätten Schwefelsäure zum Gerinnen gebracht. Ich schenkte ihr immer ein freundliches Lächeln.

»Was hat Patsy gemacht?« fragte ich.

»Ivan war schon im Krankenhaus, als sie herkam. Sie hat telefoniert.« Meine Mutter legte eine Kunstpause ein.

»Mit wem?« fragte ich entgegenkommend.

Die dunklen Augen meiner Mutter glitzerten belustigt. »Mit Oliver Grantchester.«

Oliver Grantchester war Ivans Rechtsanwalt.

»War sie unverschämt?« fragte ich.

»Unverschämt direkt, mein Lieber.« Patsy redete alle Leute als ihre Lieben an. Vermutlich würde sie auch »Tut [35] mir leid, mein Lieber« sagen, wenn sie jemandem ein Stilett ins Herz stieß. »Sie hat Oliver erklärt«, schmunzelte meine Mutter, »falls Ivan auf die Idee komme, sein Testament zu ändern, werde sie es anfechten.«

»Und sie wollte, daß du das hörst.«

»Sonst hätte sie ihn ja von woanders anrufen können. Und im Krankenhaus war sie natürlich zuckersüß. Die liebende Tochter. Das liegt ihr.«

»Und sie hat dir gesagt, du brauchtest mich nicht extra aus Schottland kommen zu lassen, sie würde sich schon um alles kümmern.«

»O je, du weißt ja, wie sie auftritt...«

»Wie eine Flutwelle.«

Höflichkeit war oft ein Fluch, fand ich. Patsy mußte einmal auf den Kopf zu gesagt bekommen, sie solle aufhören, die Umwelt mit ihrer honigsüßen Tour zu tyrannisieren; aber beim geringsten Widerstand konnte sie so überzeugend das arme Seelchen spielen, daß man, statt Kritik zu üben, sie unversehens tröstete. Mit vierunddreißig hatte Patsy einen Mann, drei Kinder, zwei Hunde und ein Kindermädchen, die alles daransetzten, es ihr recht zu machen.

»Außerdem«, sagte meine Mutter, »gibt es irgendwelche ernsten Schwierigkeiten in der Brauerei, und ich glaube, der Cup bereitet ihm auch Sorgen.«

»Welcher Cup?«

»Der King-Alfred-Cup, was sonst?«

Ich runzelte die Stirn. »Meinst du das Rennen?« Der King-Alfred-Goldcup, gestiftet von Ivans Brauerei als Werbung für ihr King-Alfred-Goldbier, war ein jeweils im [36] Oktober abgehaltenes großes Hindernisrennen über zwei Meilen und längst fester Bestandteil des Rennjahres.

»Es kann das Rennen sein, es kann der Pokal sein«, sagte meine Mutter. »Ich weiß es nicht genau.«

Das stand noch so im Raum, als plötzlich zwei Damen mittleren Alters die eiserne Außentreppe zum Souterrain herabgepoltert kamen, wie selbstverständlich die Tür aufschlossen und zu uns hereinplatzten.

»Morgen, Lady Westering«, sagten sie. Ein Duo. Vielleicht Schwestern. Sie sahen erwartungsvoll von meiner Mutter zu mir, als hätten sie Anspruch nicht bloß auf eine Vorstellung, sondern eine Erklärung. Meine Mutter ließ sich allzuleicht einschüchtern.

Ich stand auf und sagte freundlich: »Ich bin Lady Westerings...
mehr

Autor

Dick Francis, geboren 1920, war viele Jahre Englands erfolgreichster Jockey, bis ein mysteriöser Sturz 1956 seine Karriere beendete. Fast 50 Jahre lang schrieb er Thriller, die das Pferderenn- und Wettmilieu als Hintergrund haben. Seine 42 Romane wurden alle Bestseller. Dick Francis starb 2010.