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Gejagt

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
416 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am21.09.2015
Für welches Geheimnis würden Sie töten?
Nach dem Tod ihres Vaters nimmt sich Hedda Hellberg eine Auszeit - und taucht nicht wieder auf. Als Henning Juuls Exfrau Nora von dem Verschwinden ihrer ehemaligen Schulfreundin erfährt, kann sie nicht glauben, dass diese freiwillig ihre Familie verlassen hat. Schnell findet sie heraus, dass Hedda in einen schwedischen Mordfall verwickelt ist. Als Nora bei ihren Nachforschungen stecken bleibt, wendet sie sich an Henning - und bald befindet sich das Expaar auf gefährlichem Terrain. Denn irgendjemand ist bereit zu töten, um eines der dunkelsten Geheimnisse der europäischen Geschichte zu bewahren ...

Thomas Enger, Jahrgang 1973, studierte Publizistik, Sport und Geschichte und arbeitete in einer Online-Redaktion. Nebenbei war er an verschiedenen Musical-Produktionen beteiligt. Sein Thrillerdebüt »Sterblich« war im deutschsprachigen Raum wie auch international ein sensationeller Erfolg, gefolgt von vier weiteren Fällen des Ermittlers Henning Juul. Aktuell schreibt er zusammen mit Bestsellerautor Jørn Lier Horst die SPIEGEL-Bestsellerreihe über Alexander Blix und Emma Ramm. Er lebt zusammen mit seiner Frau und zwei Kindern in Oslo.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR11,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextFür welches Geheimnis würden Sie töten?
Nach dem Tod ihres Vaters nimmt sich Hedda Hellberg eine Auszeit - und taucht nicht wieder auf. Als Henning Juuls Exfrau Nora von dem Verschwinden ihrer ehemaligen Schulfreundin erfährt, kann sie nicht glauben, dass diese freiwillig ihre Familie verlassen hat. Schnell findet sie heraus, dass Hedda in einen schwedischen Mordfall verwickelt ist. Als Nora bei ihren Nachforschungen stecken bleibt, wendet sie sich an Henning - und bald befindet sich das Expaar auf gefährlichem Terrain. Denn irgendjemand ist bereit zu töten, um eines der dunkelsten Geheimnisse der europäischen Geschichte zu bewahren ...

Thomas Enger, Jahrgang 1973, studierte Publizistik, Sport und Geschichte und arbeitete in einer Online-Redaktion. Nebenbei war er an verschiedenen Musical-Produktionen beteiligt. Sein Thrillerdebüt »Sterblich« war im deutschsprachigen Raum wie auch international ein sensationeller Erfolg, gefolgt von vier weiteren Fällen des Ermittlers Henning Juul. Aktuell schreibt er zusammen mit Bestsellerautor Jørn Lier Horst die SPIEGEL-Bestsellerreihe über Alexander Blix und Emma Ramm. Er lebt zusammen mit seiner Frau und zwei Kindern in Oslo.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641158088
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum21.09.2015
Reihen-Nr.4
Seiten416 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2524 Kbytes
Artikel-Nr.1704561
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1

Wo ist er? Wo ist er?

Nora Klemetsen war wütend auf sich selbst. Sie hatte für so einen Mist keine Zeit. Es war gleich Viertel vor acht. Der Bus würde nicht auf sie warten.

Sie wühlte in ihrer Tasche und stellte sicher, dass Handy, Schlüssel, Kreditkarten, all die Dinge, von denen sie abhängig war, an ihrem angestammten Platz waren. Dass sie es aber auch nie lernte, ihre Sachen schon am Vorabend zusammenzupacken!

Nora ging in die Küche, stellte die Tasche auf den Tisch und beugte sich darüber. Der Schal fiel nach vorn und nahm ihr die Sicht. Zornig wickelte sie ihn sich wieder um den Hals und entdeckte dabei die Reste einer Eierschale und einen Stift unter dem Tisch. Brotkrümel und Flusen der schwarzen Wollsocken, die sie zu Hause immer trug.

Sie legte Jacke und Schal wieder ab - für die dicken Sachen war es viel zu warm - und suchte im Wohnzimmer weiter. Vielleicht hatte er auf ihrem Schoß gelegen, als sie ferngesehen hatte, nachdem Iver gegangen war? Oder hatte sie ihn irgendwo abgelegt, als sie ins Bad gegangen war, um zu duschen und sich die Zähne zu putzen?

Sie hob die Sofakissen an und warf einen Blick unter die blau geblümte Decke, die auf der Fernbedienung lag. Dann kniete sie sich hin und sah unter das viel zu teure Sofa, ehe ihr Blick zum Ecktisch wanderte, auf dem die Lampe und das Radio standen. Aber auch dort war er nicht.

Konnte er irgendwie unter die Fernsehkommode gerollt sein?

Nora krabbelte auf allen vieren weiter. Das harte Parkett drückte schonungslos gegen ihre ohnehin schon schmerzenden Knie, doch sie fand nur Staubflocken und Krümel, die sie daran erinnerten, wie lange es schon her war, dass sie zuletzt einen ordentlichen Großputz gemacht hatte.

Nora stand so schnell auf, dass ihr schwindlig wurde. Sie hatte noch nichts Anständiges gegessen - aß immer erst bei der Arbeit ihre drei trockenen Knäckebrote.

Sie versuchte zu rekonstruieren, was sie am vergangenen Tag gemacht hatte. Sie hatte im Bett Zeitung gelesen, vor dem Fernseher gebruncht, einen Spaziergang am Fluss gemacht und mit Iver gegessen. Danach hatte sie versucht, so wenig wie möglich nachzudenken.

Er war gestern auch schon weg gewesen.

Nora ging wieder zum Küchentisch und kippte resolut die Handtasche aus, sodass sich Kleingeld, Quittungen, verstaubte Pastillen und ein einzelner Handschuh, den sie seit dem Frühjahr vermisste, auf der Tischplatte verteilten. Und unter dem löchrigen Fäustling rollte tatsächlich der Ball hervor.

Sie legte ihre Finger darum und setzte sich für einen Moment hin. Dann schüttelte sie ihn leicht und drehte ihn im Kreis, sodass der Flitter im Innern herumzuwirbeln begann.

Als sie ihn wieder still hielt, sah sie das Herz und den Pfeil und die Abdrücke seiner Zähne - als hätte Jonas versucht, den Ball zu zerbeißen. Nur gut, dass er keine Ahnung gehabt hatte, was das für ihn bedeutet hätte. Wasser und Flitter überall: auf den Lippen, dem Pullover, dem Fußboden.

Eigentlich war es gar kein Ball, sondern eine Kugel aus hartem Plastik, aber für Jonas war es immer ein Ball gewesen. Sein Ball.

Es gelang ihr nicht, die Erinnerung festzuhalten. Sie stand auf, legte den Ball in die Tasche zurück, zog sich Jacke und Schal wieder an und trat vor den Spiegel im Flur. Sie zupfte ein paar Haare von ihrem Ärmel, strich sich die Frisur zurecht und die Jacke glatt und hängte sich die Tasche über die Schulter.

Jetzt konnte der Tag beginnen.

Draußen war es Herbst.

Nora mochte es, wenn es so grau und ungemütlich war, dass man sich mit einer Decke aufs Sofa verkrümeln und einfach alles in sich hineinstopfen durfte, was man in die Finger bekam. In diesem Punkt war sie genau wie Henning. Wenn jemand Ausreden fand, um nicht nach draußen gehen zu müssen, dann er - außer, er musste zur Arbeit. Es kam bestimmt irgendein guter Film oder eine Serie im Fernsehen, oder der Kamin musste angeheizt werden, wenn er nicht gerade mitten in einem spannenden Buch steckte oder die Zeitungen der letzten Woche noch nicht gelesen hatte.

Es gab wirklich einiges an Henning, was sie mochte. Seinen Humor ebenso wie seine pointierten Kommentare. Aber es war nicht nur darauf angekommen, was er getan oder gesagt hatte oder was er für ein Mensch gewesen war. Mindestens ebenso wichtig war, was sie in seinen Augen gesehen hatte. Trotz ihrer kurzen Haare und Sommersprossen und ihrem Niesen, mit dem sie jeden regelrecht in Schockstarre versetzen konnte, hatte sein Blick die immer gleiche Liebe und Wärme ausgestrahlt, wenn er sie betrachtet hatte. Sogar wenn sie im angetrunkenen Zustand zu hicksen begann und aussah wie eine Kröte. Sein Blick hatte sich nicht einmal geändert, wenn sie laut schimpfend Türen knallte, weil er wieder einmal die Sofakissen nicht zurückgelegt oder die Wäsche nicht von der Leine genommen hatte. Als hätte er ihr immer wieder sagen wollen: Es ist alles in Ordnung, so wie es ist. Ich will dich, wie du bist.

Nora war in ihrer Jugend alle zwei Jahre umgezogen, weil ihr Vater beim Militär angestellt gewesen war. Sie war kaum irgendwo zur Ruhe gekommen. Hatte nirgends dauerhaft Freunde gefunden. Und diese Sehnsucht hatte sie bis weit ins Erwachsenenalter hinein begleitet. Aber nicht einmal wenn sie denn endlich jemanden gefunden hatte, war sie sonderlich gut darin gewesen, Freundschaften zu pflegen. Nur selten war sie es, die sich meldete oder sich mit jemandem verabredete.

Henning hatte all das in sich vereint, was sie sich je gewünscht hatte. Heim, Geliebter, Freund, mit dem sie ihr Leben teilen wollte. Jemand, zu dem sie grundehrlich sein konnte, ohne die Konsequenzen fürchten zu müssen. Es war perfekt gewesen - solange sie zu zweit gewesen waren.

Dann war Jonas gekommen.

Anfangs hatte der kleine Junge ihre Gefühle noch verstärkt. Sie waren eine Familie gewesen, wie sie im Buche stand. Sie hatte es geliebt, nach Hause zu kommen, ihn zu stillen und ihn größer werden zu sehen. Aber Henning war nun mal kein moderner Mann. Er hatte den Kleinen nur gewickelt, wenn es unbedingt nötig gewesen war, und er hatte auch nicht recht begriffen, was wichtig für ein Kind oder eine Familie war. Gerade im ersten Jahr war er fast vollständig in seine Arbeit abgetaucht, hatte nachts in einem anderen Zimmer geschlafen, weil er tagsüber hatte fit sein müssen, und hatte die Wochenenden zum Entspannen, Lesen, für die Nachrichten gebraucht. Und um seine Quellen zu pflegen. Nora hatte ihn in dieser Zeit richtiggehend zwingen müssen, mit Jonas mal für eine Stunde rauszugehen, damit auch sie endlich ein Auge zumachen konnte.

Ihre Liebe und Freundschaft waren verblasst, sie waren morgens im Bad wie Fremde aneinander vorbeigegangen und hatten fast nur noch via SMS kommuniziert. Aber auch dabei war es nur mehr um praktische, alltägliche Dinge gegangen. Der Rahmen, den sie sich für ihr Leben gewünscht hatte, löste sich nach und nach auf, und das Gefühl der Wurzellosigkeit nistete sich wieder ein. Wenn sie einmal versuchte, ihre Bedürfnisse in Worte zu fassen, gelobte er betroffen Besserung, aber es verging selten mehr als eine knappe Woche, bis alles wieder so war wie zuvor.

Die Trennung war letztlich ein Hilferuf. Jedenfalls hoffte sie, dass Henning es so interpretierte, aber er war einfach nur traurig und betroffen und argwöhnte sogar, sie hätte einen anderen. Nachdem sie ausgezogen war, sah sie ihn ab und zu mit einer Zigarette in der Hand auf dem Parkplatz vor ihrem neuen Haus auf und ab laufen und zu ihrem Fenster hinaufspähen.

Das Sorgerecht für Jonas teilten sie sich - bis zu jenem Tag, über den keiner von ihnen reden konnte oder wollte. Der Tag, der alles für immer veränderte. Sie wussten beide, dass Jonas heute noch am Leben wäre, wenn sie einen Weg gefunden hätten zusammenzubleiben. Von diesem Moment an konnten sie einander nicht mehr in die Augen sehen. Die Scheidung war die einzige vernünftige Lösung, dabei zementierte sie ihre Trauer und war gleichzeitig eine Niederlage, die sie bis heute nicht vollends akzeptieren konnte.

Trotzdem ging das Leben irgendwie weiter, und schließlich lief ihr Iver über den Weg, in einem Moment, als sie Aufmunterung brauchte, etwas, was sie auf andere Gedanken als Jonas und Henning brachte. Iver hatte dieses Talent. Er stand früh am Sonntagmorgen bei ihr auf der Matte, um sie in einen Jachthafen zu entführen und mit einem gemieteten Boot auf eine Insel zu fahren. Oder um mit ihr bowlen zu gehen, obwohl sie dafür nichts übrig zu haben glaubte. An anderen Tagen las er ihr abends etwas vor, manchmal nackt, wenn nichts Spannendes im Fernsehen kam.

Irgendwie war mit Iver fast alles anders. Und ja, er hatte sie gern, sehr sogar - dessen war sie sich sicher. Nur fehlte diese Glut in seinen Augen. Vielleicht war es ungerecht, Iver mit Henning zu vergleichen oder Henning mit Iver, aber ließ sich das denn vermeiden, wenn man sich die Frage stellte, ob man in seinem Leben die richtigen Entscheidungen getroffen hatte? Diese Frage hatte nach dem Streit, den sie am Vorabend mit Iver gehabt hatte, neues Gewicht bekommen.

Wobei Streit womöglich nicht ganz der richtige Ausdruck war. Schließlich setzte ein Streit voraus, dass zwei Menschen nicht der gleichen Meinung waren und dies auch deutlich machten. Iver hingegen hatte einfach gar nichts gesagt. Nur vor sich hin gebrummelt, bis er wieder zu sich nach Hause gefahren war, ohne sie in den Arm zu nehmen, ihr einen Kuss zu geben oder sonst irgendwie zum Ausdruck zu bringen, was er über das dachte, was sie ihm zuvor eröffnet hatte.

Es war so typisch für ihn, sich einfach wegzuducken, sobald es ernst wurde. Er mochte es am liebsten...

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Thomas Enger, Jahrgang 1973, studierte Publizistik, Sport und Geschichte und arbeitete in einer Online-Redaktion. Nebenbei war er an verschiedenen Musical-Produktionen beteiligt. Sein Thrillerdebüt »Sterblich« war im deutschsprachigen Raum wie auch international ein sensationeller Erfolg, gefolgt von vier weiteren Fällen des Ermittlers Henning Juul. Aktuell schreibt er zusammen mit Bestsellerautor Jørn Lier Horst die SPIEGEL-Bestsellerreihe über Alexander Blix und Emma Ramm. Er lebt zusammen mit seiner Frau und zwei Kindern in Oslo.