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History of Murder

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
464 Seiten
Deutsch
Suhrkamp Verlag AGerschienen am08.08.2016Deutsche Erstausgabe
1969. Helen Tozer hat ihren Job bei der Polizei aufgegeben und kehrt gemeinsam mit dem schwer verletzten Detective Sergeant Cathal Breen auf die Farm ihrer Familie in Südengland zurück. Ein Ort mit einer furchtbaren Vorgeschichte: Fünf Jahre zuvor wurde Alexandra Tozer, Helens Schwester, hier ermordet. Breen, dem ursprünglich Nichtstun und Erholung verordnet wurden, verbeißt sich in den ungelösten Fall, und er entdeckt schnell, dass die Tozers nie die ganze Wahrheit über Alexandras Tod erfahren haben ...
William Shaws packender Krimi führt uns ins England der 60er Jahre. Eigentlich sucht das Ermittlerduo Helen Tozer und Cathal Breen Ruhe auf dem Land, doch als Breen einen alten Mordfall wieder aufrollt, stört er damit den Täter von damals auf. Der schreckt vor nichts zurück, und schon bald ist Helen spurlos verschwunden ...



William Shaw wurde in Newton Abbot, Devon, geboren und wuchs in Nigeria auf. Über zwanzig Jahre lang schrieb er für diverse Zeitungen und Magazine wie den Observer und die New York Times über Pop- und Subkultur. Er lebt heute in Brighton.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR14,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

Klappentext1969. Helen Tozer hat ihren Job bei der Polizei aufgegeben und kehrt gemeinsam mit dem schwer verletzten Detective Sergeant Cathal Breen auf die Farm ihrer Familie in Südengland zurück. Ein Ort mit einer furchtbaren Vorgeschichte: Fünf Jahre zuvor wurde Alexandra Tozer, Helens Schwester, hier ermordet. Breen, dem ursprünglich Nichtstun und Erholung verordnet wurden, verbeißt sich in den ungelösten Fall, und er entdeckt schnell, dass die Tozers nie die ganze Wahrheit über Alexandras Tod erfahren haben ...
William Shaws packender Krimi führt uns ins England der 60er Jahre. Eigentlich sucht das Ermittlerduo Helen Tozer und Cathal Breen Ruhe auf dem Land, doch als Breen einen alten Mordfall wieder aufrollt, stört er damit den Täter von damals auf. Der schreckt vor nichts zurück, und schon bald ist Helen spurlos verschwunden ...



William Shaw wurde in Newton Abbot, Devon, geboren und wuchs in Nigeria auf. Über zwanzig Jahre lang schrieb er für diverse Zeitungen und Magazine wie den Observer und die New York Times über Pop- und Subkultur. Er lebt heute in Brighton.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783518745120
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum08.08.2016
AuflageDeutsche Erstausgabe
Reihen-Nr.3
Seiten464 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1943542
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe




Eins




»Paddy. Wach auf. Du hast geschrien.«

Die Stimme einer Frau, ganz nah an seinem Ohr.

Cathal Breen schlug die Augen auf, sah aber im Dunkeln nichts. Was wollte die Frau in seiner Wohnung? Wie war sie hereingekommen? Hatte er jemanden mit nach Hause gebracht? War er betrunken gewesen? Schwer genug fühlte sich sein Kopf ja an. Aber nein. Getrunken hatte er nicht.

»Hat er wieder schlecht geträumt?« Eine weitere Frauenstimme im Dunkeln. Zwei Frauen?

Breen beugte sich vor, um die Nachttischlampe anzuknipsen, und stieß mit den Fingerspitzen an die Wand. Seit wann war da eine Wand neben seinem Bett?

Die schmerzenden Finger machten ihm bewusst, dass er sich gar nicht in seinem eigenen Bett befand. Er war nicht zu Hause in London.

Allmählich fiel es ihm wieder ein. Er hatte von der Schießerei geträumt, schon wieder. Eigentlich sollte er sich hier von seinen Verletzungen erholen. Seiner schmerzenden Schulter; von der Schusswunde. Wo war er?

Er drehte sich um, hätte fast die Nachttischlampe umgeworfen, als er nach dem Schalter tastete.

Licht. Er blinzelte.

Sie standen an seinem Bett, während er Mühe hatte, wach zu werden: Helen Tozer und die andere, die sich Hibou nannte. Er war krankgeschrieben und in Devon auf dem Hof der Tozers.

»Alles in Ordnung?«

»Haben wir dich geweckt?«

»Du hast schlecht geträumt.«

Noch immer atmete er schwer. Helen setzte sich neben ihn aufs Bett und legte ihm ihre kalte Hand auf die Stirn. Allmählich entspannte sich Breen.

Hibou blieb am Fußende des Bettes stehen. »Wovon hast du geträumt?«, fragte sie.

»Ich weiß es nicht mehr«, behauptete er.

»Psst«, schimpfte Helen mit Hibou. »Jetzt nicht.«

Endlich wusste er, wo er war. Im Zimmer des toten Mädchens.

»Du sagst doch immer, ich explodiere noch, wenn ich über schlimme Sachen nicht rede«, sagte Hibou. »Nach allem, was ihm passiert ist, sollte er unbedingt drüber reden.«

In seinem Traum war wieder auf ihn geschossen worden; nur dieses Mal war er es gewesen, der vom Dach des Hochhauses stürzte, nicht Cox. Ein Blick auf die Armbanduhr. Zehn vor fünf. Die beiden Mädchen mussten sowieso bald arbeiten.

Entfernt hörte er Helens Mutter unten den Ofen anheizen. Schon bald würde sie mit einem ersten Becher Tee nach oben kommen.

Er setzte sich auf, endlich wach. Draußen hinter der Gardine war die Nacht tiefschwarz. Der Winter wollte nicht weichen.

Helen strich ihm über die Stirn. »Armer Paddy. Du brauchst noch ein bisschen, bis du dich erholt hast. Nicht nur von der Schusswunde, oder?«

Ihre Hand auf seiner Haut zu spüren war ein beruhigendes Gefühl. Eine fast mütterliche Geste. Fast.

»Wäre trotzdem besser, wenn er drüber reden würde«, sagte Hibou. »Ich meine, beinahe wäre er gestorben. So was macht einen doch verrückt, oder?«

Hibou wurde diese Woche siebzehn, sah aber älter aus. Das lag nicht nur an dem geliehenen Flanellnachthemd, sondern auch an den sichtbaren Rundungen ihres Körpers darunter. Erneut schloss er die Augen. Zwei Frauen bei ihm im Schlafzimmer; er sollte sich freuen, aber es gelang ihm nicht. Er hatte jedes Gespür für sich selbst verloren. Voller Angst wachte er auf, fühlte sich gar nicht mehr wie ein Polizist. Etwas war ihm abhanden gekommen.

Und eigentlich sollte er auch gar nicht mehr hier sein. Er hatte hier nichts zu suchen. Das Zimmer war nicht seins, sondern das des toten Mädchens. Tozers Schwester.

Wahrscheinlich wäre es wirklich besser, wenn er darüber reden würde, dachte er.

 

 

Niemand redete über das tote Mädchen, in dessen Zimmer er schlief. Cathal Breen konnte das verstehen. Manches bleibt besser verborgen.

Seit einer Woche war er jetzt schon auf dem Hof der Tozers. Aber obwohl das Mädchen nie erwähnt wurde, verging kein Tag, an dem sie nicht irgendwie gegenwärtig gewesen wäre. In den Gesprächspausen. Dem unsteten Blick ihrer Mutter und dem Schweigen am Esstisch. Das Foto auf der Kommode unten, auf dem sie alle neben dem Auto standen: einem Morris Oxford. Mrs Tozer in der Mitte, Mr Tozer, die Arme um Alexandra gelegt, die fröhlich in die Kamera strahlte. Helen ein bisschen abseits, die Stirn gerunzelt. Alexandra: die Schöne, schon als Teenager weiblich und feminin. Helen: die schwierige, schlaksige und ungelenke. Der Abstand zwischen ihnen, auch als Alex noch lebte.

Die Zeit verging hier sehr langsam. Jede Stunde wog schwer wie Blei. Breen machte das wahnsinnig. Ungefähr um acht stieg er aus dem Bett, zog sich langsam an, schlich durchs Haus.

»Sind Sie schon auf, mein Lieber? Wie schön.«

Zeitung lesen. Es mal mit einem Buch von Len Deighton versuchen. Das Kreuzworträtsel war unlösbar.

»Wo gehen Sie hin, mein Lieber?«, rief Mrs Tozer aus der Küche.

Er war Londoner. Polizeisergeant. An einem Ort wie diesem hatte er nichts anderes zu tun, als zu schlafen und sich von Mrs Tozer mästen zu lassen. Nachts träumte er schlecht.

»Ich geh nur spazieren«, rief er, gereizt, weil sie mitbekommen hatte, dass er raus wollte. Er hatte gehofft, sich davonschleichen zu können, ohne dass es jemand merkte.â

»Packen Sie sich warm ein und seien Sie vorsichtig. Es bläst ein kalter Wind.«

Die ersten Tage hatte er im Bett verbracht, gespürt, wie ihn das Bauernhaus fest umschloss. Die dicken Wände und die tickenden Uhren machten ihn stumpf. Von Mrs Tozers Essen wurde er blass. Er musste raus.

Auf dem Weg durch den Flur zur Haustür war er sich bewusst, dass ihn ein zweites, in der Dunkelheit kaum wahrnehmbares Augenpaar beobachtete. Mr Tozer, Helens Vater, hockte bei zugezogenen Vorhängen im Wohnzimmer und rauchte eine Zigarette nach der anderen. Er war nicht mehr er selbst, hieß es. Breen hatte versucht, ein bisschen mit ihm zu plaudern, aber ohne Erfolg. Anscheinend hatte er nur ein einziges Thema gekannt, nämlich Kühe, aber in letzter Zeit auch daran das Interesse verloren. Und wäre es wirklich besser, der alte Tozer würde darüber sprechen?

Es war ein Morgen ohne Licht. Draußen blickte Breen nach rechts, runter zur schwarzen Meeresmündung, dann nach links, den Hang hinauf. Als er sich in Bewegung setzte, ging er aber geradeaus, überquerte den zerfurchten Zufahrtsweg und lief aufs freie Feld. Das Gras war braun, abgestorben und voller Disteln. Er ging am Rand entlang bis zu dem Gehölz auf der anderen Seite, weil er glaubte, weniger leicht entdeckt zu werden, wenn er sich dicht an der Hecke bewegte.

Der Boden war glitschig und uneben. Er musste vorsichtig sein. Gestern hatte er zum ersten Mal das Bett verlassen und die Wunde in seiner Schulter war längst nicht verheilt, unter dem Mantel steckte sein Arm noch in einer Schlinge.

Er sah auf seine Halbschuhe hinunter, er hätte geeigneteres Schuhwerk anziehen sollen. Mit den Ledersohlen rutschte er auf dem nassen Gras und fürchtete außerdem, in Kuhfladen zu treten.

Das Dickicht war im Winter weniger undurchdringlich als im Sommer, doch nach über vier Jahren waren die Ranken, die die Polizei weggeschnitten hatte, wieder nachgewachsen.

Breen spähte in die dunkle Senke, konnte aber nichts erkennen. Das Unterholz war zu dicht, es war noch nicht hell genug. Mit dem Zeigefinger und dem Daumen seines gesunden Arms fasste er einen dornigen Zweig und zog ihn beiseite, allerdings entglitt er ihm, peitschte durch die Luft und verhakte sich in seinem Dufflecoat. Als er ihn wieder losmachen wollte, bohrte sich ein Dorn in seinen Daumen. Breen zuckte zusammen und starrte den Blutstropfen an, dann steckte er den Daumen in den Mund und leckte ihn ab.

Jetzt spähte er ein bisschen tiefer in die Dunkelheit hinein, versuchte zu erraten, wo die Leiche gelegen hatte. Es roch nach modrigem Matsch und stehendem Wasser. Er kam sich blöd vor, nicht richtig ausgerüstet für solche Unternehmungen, sein verletzter Arm unter dem Mantel behinderte ihn, fast wäre er wieder gegangen. Im Haus war es warm. Mrs Tozer backte Scones.

Vom Feld oben hörte er ein Rufen. Breen duckte sich. Er wollte nicht gesehen werden, am allerwenigsten hier.

»Ruhig, ruhig.« Eine Frauenstimme, ziemlich weit entfernt. »Stell dich dahinter.«

Breen atmete aus. Das Rufen hatte nicht ihm gegolten. Man hatte ihn nicht entdeckt. Er richtete sich wieder auf. Helen rief Hibou irgendwo auf der anderen Seite des Hügels Anweisungen zu. Im Winter waren die Tage auf dem Bauernhof kurz. In nur wenigen Stunden musste viel getan werden. Helen Tozer arbeitete hart. Und auch Hibou fasste kräftig mit an. Ihre Wangen waren ganz rosig geworden. Anscheinend gefiel es ihr hier sehr gut.

Breen beugte sich erneut vor, spähte in die Dunkelheit, durch das Gestrüpp und an einem alten rostigen Bettgestell vorbei. Natürlich hatten die Kollegen aus der Gegend alles gründlich abgesucht. Es gab hier nichts zu finden. Sinnlos, überhaupt herzukommen. Trotzdem trat er ein bisschen Geröll beiseite, um sich weiter ins Gehölz zu schieben.

Vorsichtig. Du bist hier, um wieder gesund zu werden.

Ein Trampelpfad war erkennbar, der weiter nach unten führte. Er fasste neuen Mut und hielt sich an einem toten Ast fest. Nur mal kurz gucken, mehr nicht. Wieder beugte er sich vor.

Dann rutschte er mit dem linken Fuß auf dem glitschigen roten Matsch aus.

Ein lautes Knacken. Der Ast gab nach. Er verdrehte sich, als seine Füße unter ihm wegglitten und er seitlich auf den kalten Boden knallte. Aufgeschreckte Krähen stoben in die Luft.

Schmerz, Schmerz, Schmerz; seine linke Schulter schrie. Ein greller, allumfassender Schmerz.

Er krümmte sich, kniff die Augen zusammen und...

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William Shaw wurde in Newton Abbot, Devon, geboren und wuchs in Nigeria auf. Über zwanzig Jahre lang schrieb er für diverse Zeitungen und Magazine wie den Observer und die New York Times über Pop- und Subkultur. Er lebt heute in Brighton.