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Kurzer Prozess

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
188 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am15.06.20161. Auflage
Hundert und tausend Kleinigkeiten beschäftigen Inspektor Kerry Tag für Tag - eine zertrümmerte Schaufensterscheibe, Diebstahl, Selbstmord, eine Vermißtmeldung - ganz abgesehen von jenem neuen, hochinteressanten Fall, der ihn ohnehin völlig beansprucht. Woher sollte er da noch die Zeit nehmen, über einen längst abgeurteilten Verbrecher nachzudenken, auch wenn die große Frage offenblieb, wie dieser Mann, ein bislang untadeliger Polizist der Abteilung, über Nacht zum Schwerverbrecher werden konnte? (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Jeffrey Ashford ist eines der Pseudonyme, unter denen Roderic Jeffries, Sohn des berühmten Krimi-Autors Graham Montague Jeffries, Kriminalgeschichten veröffentlichte.
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Produkt

KlappentextHundert und tausend Kleinigkeiten beschäftigen Inspektor Kerry Tag für Tag - eine zertrümmerte Schaufensterscheibe, Diebstahl, Selbstmord, eine Vermißtmeldung - ganz abgesehen von jenem neuen, hochinteressanten Fall, der ihn ohnehin völlig beansprucht. Woher sollte er da noch die Zeit nehmen, über einen längst abgeurteilten Verbrecher nachzudenken, auch wenn die große Frage offenblieb, wie dieser Mann, ein bislang untadeliger Polizist der Abteilung, über Nacht zum Schwerverbrecher werden konnte? (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Jeffrey Ashford ist eines der Pseudonyme, unter denen Roderic Jeffries, Sohn des berühmten Krimi-Autors Graham Montague Jeffries, Kriminalgeschichten veröffentlichte.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105611654
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum15.06.2016
Auflage1. Auflage
Seiten188 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse901 Kbytes
Artikel-Nr.1955469
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

3

Inspektor Kerry rührte in seinem Kaffee, hob die Tasse an die Lippen und trank. Er hörte, wie die Uhr im Wohnzimmer neunmal schlug. Da er wußte, daß sie zehn Minuten vorging, zündete er sich eine Zigarette an.

Heather, seine Frau, musterte ihn über den Rand des Daily Express.

«Euer Mann hat also sieben Jahre bekommen, Don?»

«Ja. Er wollte es nicht anders, und der Richter ließ sich nicht lumpen. Ich habe keinen Grund, deswegen Tränen zu vergießen.» Kerry traf Anstalten, die Asche in der Untertasse abzustreifen, sah, daß seine Tochter ihn beobachtete, und zog den Aschenbecher heran.

«Kanntest du ihn, bevor dies geschah?» wollte Heather wissen.

«Ich bekam ihn auf drei Monate, als er zur Kriminalabteilung versetzt wurde. Das ist die übliche Prozedur. Er hatte nicht das Zeug zum Detektiv, sah es ein und war nicht böse, als er wieder in die Uniform schlüpfen mußte.»

«Welchen Eindruck hattest du von ihm?»

«Keinen schlechten.» Kerry erinnerte sich, daß Oldfield willig, angenehm im Umgang und ganz bestimmt furchtlos gewesen war. Was ihm gefehlt hatte, war Initiative, die Fähigkeit, unerwartete Situationen zu meistern. Oldfield hatte bei den Welsh Guards gedient und war an strenge Disziplin und absoluten Gehorsam gewöhnt. Höchstwahrscheinlich war es diese Einstellung, die ihn für den Kriminaldienst unfähig gemacht hatte; er brauchte immer jemand, der ihm befahl, was er zu tun hatte. Der Verlauf der Ereignisse hatte zu einem Paradoxon geführt. Der Mann, der jedem Befehl aufs I-Tüpfelchen gehorchte, setzte sich schließlich über alle Befehle hinweg.

«Muriel hat sich eine Geschirrwaschmaschine gekauft», sagte Heather, während sie die Anzeigen studierte, in Kerrys Gedanken.

«Wundert mich, daß sie das nicht längst getan hat.»

«Es muß Herbert verteufelt gut gehen.»

«Man kann kein Gauner von Bauunternehmer sein, ohne in dieser Zeit ein Vermögen zu verdienen.»

«Ist Bertie ein Gauner?» fragte Liz, die Tochter, aufgeregt.

Heather räusperte sich mit einem Blick auf ihren Mann. Kerry sah auf die Uhr und fand, daß es Zeit sei, sich auf den Weg zu machen. So entging er der Notwendigkeit, Herbert als leuchtendes Beispiel biederer Ehrsamkeit hinzustellen und seiner Tochter klarzumachen, daß Daddy keineswegs meinte, was Daddy sagte. Er drückte die Zigarette aus, verließ das Zimmer, nahm in der Diele Hut und Mantel vom Haken und trat aufatmend auf die Straße.

Für den Weg zur Dienststelle brauchte er genau neunzig Sekunden. Er erwiderte den Morgengruß des diensthabenden Polizisten, ging in das im oberen Stockwerk gelegene Büro und setzte sich an den Schreibtisch. Der Posteingang an diesem Morgen schien besonders reichlich. Er seufzte, öffnete die ersten Umschläge und sortierte die Eingänge in drei kleinen Stapeln, die er im Geist mit «Besonders eilig», «Eilig» und «Zum Teufel damit» beschriftete.

 

Kommissar Anchor stand auf und trat an den Spiegel, um den Sitz seiner Krawatte zu prüfen. Die Prüfung fiel zu seiner Zufriedenheit aus. Er lehnte sich an den Kamin und blickte auf die Straße hinab, wo der Fahrer eines Lastwagens und der Fahrer eines Morris sich um die Vorfahrt stritten. Es sah aus, als könnten sie sich nicht einig werden. Hm, dachte Anchor spöttisch, wenn es einen Zusammenstoß gegeben hätte, hätten sie es nicht weit zur Polizei gehabt.

Er überlegte, ob er die Heizung einschalten sollte, unterließ es aber. Obwohl er es nie zugegeben hätte, wohnte etwas von einem Spartaner in seiner Brust. Er hielt es für gut, wenn der Mensch ab und zu ein wenig litt; ein Übermaß an Genuß und Vergnügen verweichlichte Körper und Seele.

Jemand pochte an die Tür, gleich darauf betrat der Chefinspektor den Raum. «Guten Morgen, Sir.»

«Morgen, Nobby. Was tut sich?»

Clarke hob die Schultern. «Das Übliche», murmelte er mißmutig. Der Chefinspektor strafte die allgemein verbreitete Ansicht Lügen, wohlbeleibte Männer müßten glückliche Frohnaturen sein. Er redete sich ein, Magengeschwüre zu haben, war fest überzeugt, daß das Leben ihm ständig übel mitspielte, und gehörte seit Jahren einem Bestattungsverein an, was ihn der Besorgnis enthob, durch ein Armenbegräbnis zur letzten Ruhe gebettet zu werden.

«Schon irgendwas aus Fetley gehört?»

«In welcher Hinsicht, Sir?»

«Oldfield. Ich fresse einen Besen, wenn der stellvertretende Polizeichef nicht hier aufkreuzt, bevor die Woche um ist.»

«Rechnen Sie damit, daß Köpfe rollen werden?»

«Warum mußte es prompt zu einem Zeitpunkt passieren, als alles wie am Schnürchen lief?» Anchor nahm wieder am Schreibtisch Platz, griff in eine Schublade und brachte ein Päckchen Zigaretten zum Vorschein. «Wir waren eine Abteilung, wie sie besser nicht sein konnte, und dann muß dieser Oldfield uns derart in den Dreck ziehen.»

«Für die Zeitungen war das ein gefundenes Fressen.»

«Läßt sich denken.» Anchor nahm sich eine Zigarette und warf das Päckchen Clarke zu, der sich fröstelnd fragte, warum die Heizung nicht eingeschaltet war. «Auf dem Weg hierher rannte ich ausgerechnet einem von den zwanzig Gaunern in die Arme.»

Es hieß, daß die zwanzig Gauner, von denen Anchor sprach, die Stadt unter sich aufgeteilt hätten.

Clarke riß ein Zündholz an, hielt es dem Chef hin, zündete dann seine eigene Zigarette an. «Ich wette zehn zu eins, daß er Sie fragte, wofür er Steuern zahle, wenn ausgerechnet die Polizei die schwersten Verbrechen begehe, wie?»

«Hört sich an, als wären Sie dabeigewesen.» Anchor griff nach dem Brieföffner und wog ihn spielend in der Hand. «Der alte Bastard konnte gar nicht schnell genug aus seinem 2000-Pfund-Wagen kommen, um es mir unter die Nase zu reiben. Ich erzählte ihm, daß die Polizeigehälter ein Skandal seien, daß bald kein Mann mehr im Dienst sein würde, wenn die Gehälter nicht erhöht würden, daß ich nicht begriffe, daß es überhaupt noch ehrliche Polizisten gibt, und daß er nur freiwillig mehr Steuern zu zahlen brauchte, wenn er Wert darauf legte, daß eine verläßliche Polizei die anständigen Bürger schütze.» Der Brieföffner fiel scheppernd auf die Schreibtischplatte. «Sie hätten ihn sehen sollen! Bei der Andeutung höherer Steuern blieb ihm die Luft weg.»

Das Telefon klingelte. Anchor nahm den Hörer ab. «Kommissar ... Nein, ich habe noch nichts bekommen ... Vielleicht ist der Postbote zwischen Quartby und hier in Streik getreten? ... Gut, sorgen Sie dafür, daß es erledigt wird.» Er legte den Hörer auf.

Clarke fischte eine Tablette aus der Westentasche, wickelte sie aus und schob sie in den Mund.

«Ist heute nicht der Geldtransport für die neue Fabrik fällig?» fragte Anchor.

«Ja, Sir. Die Verkehrsabteilung gibt das Geleit. Alle Gefahrenpunkte sind gesichert.»

«Gut. Wie steht es mit dem Parkverbot in der Klymaw Road?»

«Unsere Leute sind mit Strafbescheiden unterwegs. Ich habe sie angewiesen, in Zukunft jeden Wagen, der in der verbotenen Zone parkt, abzuschleppen. Wir werden bald eine nette Ausstellung im Hof haben.»

«Ich werde mich heute irgendwann mit Mrs. Oldfield unterhalten müssen.»

«Ja, Sir.»

«Zuerst wollte ich Ihnen das überlassen, aber ich glaube, es ist besser, ich erledige es selbst.»

«Nicht gerade eine angenehme Aufgabe, Sir, wie?» fragte Clarke, ohne seine Genugtuung zu verbergen, daß Anchor ihm diesen Weg erspart hatte.

 

Kerry schob den Sessel zurück, stand auf und musterte seinen Schreibtisch. Er vermißte die gewohnte Ordnung und nahm sich vor, ihn später aufzuräumen. Er verließ den Raum, wandte sich nach links und betrat den Hauptraum der Kriminalabteilung.

Detektivkonstabler Beard saß an einem der Pulte, die als Schreibtische dienten, und war mit dem Abfassen einer Meldung beschäftigt. Beard war ein jüngerer Mann; er gehörte zu denen, die nur die Polizei der Nachkriegszeit kannten und die älteren Beamten nicht verstanden, die das Loblied früherer Zeiten sangen. Er liebte es, sich farbenfroh zu kleiden, übertrieb aber nicht, um nicht das Mißfallen seiner Vorgesetzten zu erregen. Nur seine Krawatten vermochten amerikanischen Einfluß nicht zu verleugnen.

Kerry zog ein Blatt Papier aus der Tasche und übergab es Beard. «Hier haben Sie die letzte Liste der gestohlenen Wagen. Klappern Sie die Garagen damit ab, und machen Sie den Besitzern klar, daß wir etwas regere Mitarbeit erwarten. Wenn bei ihnen ein Fahrzeug auftaucht, das auf der Liste steht, sollen sie es sofort melden und nicht erst nächstes Jahr.»

«Ich habe mich bemüht, ihnen das einzubleuen, Sir.»

«Offensichtlich nicht mit dem gewünschten Nachdruck.»

Beard zog es vor, zu schweigen. Es gab Dinge, über die man mit Kerry nicht streiten konnte. Kerry lebte in der Vorstellung, daß die Erde sich nach seinen Wünschen und Befehlen drehte; er konnte oder wollte nicht einsehen, daß seine Machtbefugnis außerhalb der Polizeibehörde nicht mehr galt.

«Wie geht es Brendon?»

«Nach allem, was ich hörte, ist er morgen wieder auf den Beinen.»

«Er soll nichts überstürzen. In einer Woche kuriert man keine Grippe aus. Wie weit sind Sie mit dem Hühnerdiebstahl?»

«Ich habe den Bericht gerade vor, Sir. Sharman sagt plötzlich, er sei nicht mehr sicher, wieviel Hühner er hatte. Die Tiere seines Schwagers sind ihm tatsächlich verkauft worden. Er ist so durcheinander, daß er nicht mehr bereit ist, noch etwas zu beschwören.»

«Ich hoffe, Sie haben ihm eine Standpauke gehalten, daß er uns überhaupt mit der Geschichte belästigte. Hier, nehmen Sie die Liste mit den Wagennummern, und sorgen Sie dafür, daß die sturen...
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