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Die Tänzerin von Paris

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
512 Seiten
Deutsch
Aufbau Verlage GmbHerschienen am14.07.20172. Auflage
Tanz war meine Antwort - auf alles, was das Leben mir abverlangte... Paris, 1928: Lucia ist jung, begabt und wird in der Bohème als Tänzerin gefeiert. Aber ihr Vater ist der große James Joyce, und so modern seine Werke auch sein mögen, so argwöhnisch beobachtet er das Streben seiner Tochter nach einem selbstbestimmten Leben. Dann begegnet Lucia dem Schriftsteller Samuel Beckett, der ihre große Liebe wird. Doch ihre Hoffnungen, sich aus dem Schatten des übermächtigen Vaters zu befreien und ihren eigenen Weg gehen zu können, drohen schon bald zu scheitern. Das tragische Schicksal einer jungen Frau auf der Suche nach Freiheit und Liebe - nach der wahren Geschichte von Lucia Joyce. »Das starke Portrait einer jungen Frau, die sich danach sehnt, als Künstlerin zu leben, und deren Lust am Leben einem entgegenleuchtet.« The Guardian.


Annabel Abbs studierte Englische Literatur und leitete eine große Marketing Consulting Agency, bevor sie zu schreiben begann. Ihre Kurzgeschichten wurden hochgelobt, und ihr Debütroman 'Die Tänzerin von Paris' wurde mehrfach ausgezeichnet. Mit ihrem Mann und ihren vier Kindern lebt Annabel Abbs in London und Sussex.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextTanz war meine Antwort - auf alles, was das Leben mir abverlangte... Paris, 1928: Lucia ist jung, begabt und wird in der Bohème als Tänzerin gefeiert. Aber ihr Vater ist der große James Joyce, und so modern seine Werke auch sein mögen, so argwöhnisch beobachtet er das Streben seiner Tochter nach einem selbstbestimmten Leben. Dann begegnet Lucia dem Schriftsteller Samuel Beckett, der ihre große Liebe wird. Doch ihre Hoffnungen, sich aus dem Schatten des übermächtigen Vaters zu befreien und ihren eigenen Weg gehen zu können, drohen schon bald zu scheitern. Das tragische Schicksal einer jungen Frau auf der Suche nach Freiheit und Liebe - nach der wahren Geschichte von Lucia Joyce. »Das starke Portrait einer jungen Frau, die sich danach sehnt, als Künstlerin zu leben, und deren Lust am Leben einem entgegenleuchtet.« The Guardian.


Annabel Abbs studierte Englische Literatur und leitete eine große Marketing Consulting Agency, bevor sie zu schreiben begann. Ihre Kurzgeschichten wurden hochgelobt, und ihr Debütroman 'Die Tänzerin von Paris' wurde mehrfach ausgezeichnet. Mit ihrem Mann und ihren vier Kindern lebt Annabel Abbs in London und Sussex.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783841213143
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum14.07.2017
Auflage2. Auflage
Reihen-Nr.3
Seiten512 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2609 Kbytes
Artikel-Nr.2137096
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Prolog

September 1934, Küsnacht, Zürich

Ich stehe an Deck und schaue auf die Säume aus weißem Schaum, die wir hinter uns herziehen. Zürich weicht am Horizont zurück, und ich warte darauf, dass vor mir Küsnacht erscheint. An den Ufern schütteln die Bäume ihre gekräuselten Blätter ab. Es liegt ein kaltes Schaudern in der Luft, und über den See treibt ein zarter Hauch von Zerfall.

Seit drei Wochen gehe ich zu ihm nach Küsnacht in sein quadratisches Haus mit den Fensterläden. Dreimal in der Woche komme ich mit dem Schiff her und sitze bei ihm. Und immer noch habe ich nicht geredet. Aber heute rührt sich etwas in mir, erwacht etwas, und mein Schweigen bedrückt mich.

Der See leuchtet in der Herbstsonne. Neben der Fähre drehen und wenden sich winzige Fische, ihre glitzernden Schuppen blitzen wie gefallene Sterne. Während ich sie beobachte, spüre ich etwas durch meine Fußsohlen hinaufziehen, meine Waden hinauf. Über das Rückgrat. Meine Hüften wiegen sich, meine Finger beginnen, einen Rhythmus auf die Reling zu tappen. Als wolle mein abgestumpfter Körper wieder etwas Schönes sein.

Heute werde ich reden. Ich werde seine lästigen Fragen beantworten. Und ich werde ihm sagen, dass ich wieder tanzen muss. Ja, ich muss wieder tanzen ...

*

Doktor Jung legt seine Fingerspitzen vor dem Mund aneinander, so dass sie seinen säuberlich gestutzten Schnurrbart berühren. »Sie haben ein Schlafzimmer mit Ihrem Vater geteilt, bis Sie achtzehn Jahre alt waren. Wie haben Sie sich umgezogen?« Seine Augen sind wie kleine Lichtkegel, die nie von meinem Gesicht weichen.

»Ich habe in den Kleidern geschlafen.« Ich rutsche unbehaglich hin und her, weiß, welche Fragen als Nächstes kommen werden. Und ich habe sie satt. Gründlich satt.

»Warum haben Sie sich nicht ausgezogen?« Seine Worte hängen in der Luft, während ich mir meinen Nerzmantel enger um die Rippen ziehe. Das übereifrige kleine Hausmädchen hat versucht, ihn mir an der Tür abzunehmen. Hat mir immer wieder gesagt, wie warm es im Zimmer des Doktors sei, dass sie selbst das Feuer angezündet habe.

»Ratten ziehen sich doch für die Nacht nicht um, oder?«

»Ratten?« Doktor Jung schiebt seinen Drehstuhl nach hinten und beginnt im Zimmer auf und ab zu gehen. »Ich freue mich, dass Sie sich endlich zum Reden entschlossen haben, aber Sie müssen sich genauer erklären, Miss Joyce.«

»Wir haben an Hunderten von Orten gelebt ... in Zimmern ... Wohnungen. Italien, Schweiz, Paris.« Schon jetzt merke ich, wie mein Mund steif wird, als hätte er genug von all dem Reden, genug von den endlosen Fragen des Doktors. Ich fahre mir rasch mit der Zunge über die Oberlippe, ermuntere mich weiterzumachen. »Wir sind an den Square de Robiac in Paris gezogen, als uns reiche Leute Geld gegeben haben - die Mäzene meines Vaters. Davor hat mein Bruder Giorgio uns als Wanderratten bezeichnet.«

»Und Ihr Vater nannte es Exil.« Doktor Jung beugt sich herunter, bringt sein Gesicht auf die gleiche Höhe wie meines. Und ich frage mich, ob er in meine leere, geplünderte Seele blicken kann, ob er sehen kann, wie sie mich ausgeraubt und verraten haben.

»Erzählen Sie mir von Ulysses . Ich gebe zu, ich bin beim Lesen eingeschlafen.« Er lässt sich vorsichtig wieder auf seinen Stuhl nieder, kritzelt etwas in sein Notizbuch, wendet den Blick wieder zu mir. »Verboten wegen Obszönität. Wie haben Sie sich gefühlt, dass Sie einen Pornographen zum Vater hatten?«

Draußen zieht eine Wolke über den Himmel und verdeckt die Sonne. » Ulysses  ...«, wiederhole ich, durchsuche mein mottenzerfressenes Hirn nach Erinnerungen und Hinweisen. Breiter blauer Buchrücken ... Goldene Buchstaben ... Mama, die es mir aus den Händen reißt. »Meine Mutter hat einmal gesehen, wie ich es in der Hand hielt, und hat es mir weggenommen. Sie sagte, mein Vater hätte eine schmutzige Phantasie, und ich könne es lesen, wenn ich verheiratet wäre. Verheiratet!« Ich lache leise und freudlos.

»Sie haben es also gelesen?«

»Natürlich. Es ist das großartigste Buch, das je geschrieben wurde.« Ich erzähle ihm nicht, dass auch ich die Geschichte langweilig fand, dass die seltsam fremden Figuren mir nichts sagten, dass ich nie bis zu den »schmutzigen Stellen« gekommen bin, von denen alle redeten. Stattdessen platze ich mit meiner Frage über Babbo heraus, jener Frage, die noch immer an mir nagt, nach all den Jahren: »Doktor, ist mein Vater wirklich ein perverser Irrer?«

Doktor Jung schaut mich durch seine Goldrandbrille an. Seine Augen weiten sich, während er geräuschvoll durch die Nase ausatmet. Es herrscht ein langes Schweigen, und währenddessen nickt er sanft mit dem Kopf, als erwarte er, dass ich rede. »Warum fragen Sie, Miss Joyce?«

Inzwischen habe ich mir den Nerzmantel so fest um meinen Körper geschlungen, dass sich mein Brustkorb verengt und mir der Atem stockt. »Ich habe das in einer Zeitung gelesen. Sie haben ihn einen perversen Irren genannt. Und sie haben Ulysses als das obszönste Buch bezeichnet, das je geschrieben wurde.« Beim Sprechen löst sich meine Stimme von meinem Körper und schwebt fort, als hätten die Worte, die Laute nichts mit mir zu tun.

»Was meinen Sie, wieso sich Ihr Vater ein Zimmermädchen zur Ehefrau gewählt hat?« Der Doktor lehnt sich über seinen Schreibtisch, schiebt sich die Brille auf die Stirn und macht sich wieder daran, mich eingehend zu mustern.

»Er mag intelligente Frauen nicht. Das hat er mal gesagt.« Ich sage ihm nicht, dass ich genau weiß, warum mein Vater ein Zimmermädchen gewählt hat. Es gibt einfach Dinge, über die man nicht reden kann. Nicht mit fetten Schweizern, die Taschenuhren tragen und die pro Stunde bezahlt werden wie ganz gewöhnliche Prostituierte. Mit überhaupt niemandem.

Doktor Jung nickt und kaut gedankenverloren an seinem Daumen herum, beobachtet mich immer noch, starrt mich an, sucht Zugang zu meiner Seele. Dann nimmt er seinen Füller zur Hand, und ich höre, wie die Feder kratzt, während er in sein Notizbuch kritzelt. Ich streichele über meinen Nerzmantel, so weich, so tröstlich. Wie ein zahmes Hündchen, das sich auf meinem Schoß zusammengerollt hat. Schon jetzt löst sich Mamas Gesicht vor mir auf, schwindet sie - ihre Augenbrauen wie Krähenfedern, ihre dünnen Lippen, ihre flaumigen Wangen mit dem Labyrinth geplatzter Äderchen. »Ich möchte nicht mehr über sie reden. Sie hat mir das alles angetan.« Ich tippe mir dreimal mit dem Zeigefinger an die Schläfe.

Er hört zu schreiben auf und runzelt so lange die Stirn, dass die Muskeln um seine Augen herum schon zucken. »Erzählen Sie mir von Ihrer Beziehung zu Ihrem Vater, ehe Sie sich das Schlafzimmer teilten.«

»Er hat ständig geschrieben. Er hat kaum mit mir geredet, bis Ulysses beendet war.« Ich schlage die Augen nieder, schaue auf meine neuen Schuhe aus dem weichsten italienischen Leder, spüre, wie sich meine Zehen darin verkrampfen. Es ist nicht nötig, mehr zu sagen. Noch nicht ...

»Sie mussten mit sehr vielen Menschen, wirklichen und fiktiven, um seine Zeit wetteifern.« Jetzt sind Doktor Jungs Augen wie kleine Windräder, die sich in meinen Kopf bohren.

»Ich denke schon.« Ich fahre mit den Fingern durch den Pelz, kämme die Haare und schiebe sie gegen den Strich, während ich an meine gierigen Geschwister denke. All diese Romangestalten, die durch Dublin wandern. Ja, gierige Geschwister waren sie, die mir Babbo wegnahmen. Ich erwidere den Blick des Doktors, entschlossen und selbstbewusst, wie ich hoffe, aber unter dem Mantel rinnt mir der Schweiß langsam zwischen den Brüsten hinab.

»Was hat es überhaupt für einen Zweck, dass ich hier bin?« Diese endlosen Fragen müssen aufhören. Uns läuft die Zeit davon. »Work in Progress« ist noch immer nicht beendet. Babbo braucht meine Hilfe, meine Inspiration. Was nütze ich ihm hier, eingesperrt in der Schweiz? Meine Füße beginnen hin und her zu trippeln, verzweifelte kleine Zuckungen wie keuchende Atemzüge.

»Sie sind hier auf Bitten Ihres Vaters, Miss Joyce. Und da Sie bis heute nicht geredet haben, ist einiges aufzuholen. Erzählen Sie mir von Giorgio.« Doktor Jung verschränkt die Finger, beobachtet mich, wartet.

Als er den Namen meines Bruders ausspricht, überkommt mich eine Welle der Liebe. Zehn Jahre lang waren Giorgio und ich unzertrennlich wie siamesische Zwillinge. Ich mustere meine Hände und erwarte dort noch die weißen Druckstellen seiner Finger zu sehen, wo er mich fest gepackt hatte. Um mich von den halbverhungerten Katzen wegzuzerren, die ich so liebend gern adoptiert hätte, um mich die steilen Straßen von Triest hinaufzuziehen, um zu verhindern, dass ich aus dem Omnibus fiel. Es ist natürlich nichts mehr zu sehen. Nur der glänzende Schatten einer Narbe an meinem Daumen. Aber nun rüttelt etwas anderes an den Rändern meiner Erinnerung. Ich halte inne, erwarte, dass es klare Konturen annimmt. Doch stattdessen verspüre ich einen dumpfen Schmerz, der langsam von meinem Nacken nach oben steigt. Ich reibe mir die Schläfen, während das Schweigen in meinen Ohren dröhnt und der Schmerz in meinem Gehirn aufblüht.

Der Doktor schaut auf die dicke goldene Taschenuhr, die er auf seinem Schreibtisch liegen hat. »Unsere Zeit ist vorbei, Miss Joyce. Aber ich möchte, dass Sie einen Bericht über Ihre Jahre am Square de Robiac schreiben. Können Sie das für mich tun?«

»Für Sie? Ich dachte, diese Gesprächskur wäre für mich?«

»Es ist für mich, damit ich...
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Autor

Annabel Abbs studierte Englische Literatur und leitete eine große Marketing Consulting Agency, bevor sie zu schreiben begann. Ihre Kurzgeschichten wurden hochgelobt, und ihr Debütroman "Die Tänzerin von Paris" wurde mehrfach ausgezeichnet. Mit ihrem Mann und ihren vier Kindern lebt Annabel Abbs in London und Sussex.