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E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
735 Seiten
Deutsch
Bastei Lübbeerschienen am13.03.20141. Aufl. 2014
Auch in diesem Sammelband macht Theodor J. Reisdorf, der Meister des Friesenkrimis, die Nordsee einmal mehr zur Mordsee. Juist, Borkum und Baltrum sind die Schauplätze seiner drei Romane, in denen die Urlaubsatmosphäre jederzeit tödlich enden kann... Reif für die Insel? Dann vertrauen Sie sich Ihrem Reiseführer Theodor J. Reisdorf an. Er wird Sie auf eine mörderische Sightseeing-Tour entführen... Folgende Romane sind in diesem Band enthalten: Todestörn vor Juist - Tod vor Borkum - Das Dünengrab -mehr

Produkt

KlappentextAuch in diesem Sammelband macht Theodor J. Reisdorf, der Meister des Friesenkrimis, die Nordsee einmal mehr zur Mordsee. Juist, Borkum und Baltrum sind die Schauplätze seiner drei Romane, in denen die Urlaubsatmosphäre jederzeit tödlich enden kann... Reif für die Insel? Dann vertrauen Sie sich Ihrem Reiseführer Theodor J. Reisdorf an. Er wird Sie auf eine mörderische Sightseeing-Tour entführen... Folgende Romane sind in diesem Band enthalten: Todestörn vor Juist - Tod vor Borkum - Das Dünengrab -
Details
Weitere ISBN/GTIN9783838754482
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum13.03.2014
Auflage1. Aufl. 2014
Seiten735 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2189013
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Eine Oase des internationalen Tourismus hatte ihre Unschuld eingebüßt. Für den Fremdenverkehr in der Stadt war es von untergeordneter Bedeutung, ob Kurden oder Fundamentalisten die Bombe gezündet hatten. Die ausländischen Touristen in Cesme und in der Umgebung bemühten sich schlagartig verängstigt um ihre Abreise.

Das Hotel Hanedan glich einem aufgescheuchten Bienenschwarm. Vor den Telefonzellen standen die Gäste Schlange. Nur wenige Touristen behielten einen klaren Kopf. Nach dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit würde der nächste Anschlag in Cesme etwa in tausend Jahren stattfinden, schoss es Broichler durch den Kopf.

Er hatte sich bemüht, über Nebenstraßen das Hotel zu erreichen. Niemand hatte ihn angesprochen. Doch natürlich verrieten nicht nur seine blutige und verschmutzte Kleidung, sondern auch sein zerkratztes Gesicht und sein gehetzter Blick den Menschen, dass er mehr von dem schrecklichen Ereignis wusste als andere.

Im Hotel kursierten Gerüchte, Polizisten standen an der Rezeption. Hotelangestellte blickten mit bleichen Gesichtern auf Listen und warteten auf Rückmeldungen ihrer Gäste.

Broichler suchte so schnell wie möglich sein Zimmer auf, ohne auf Fragen einzugehen.

Er zog sich aus, steckte alles in eine Plastiktüte und ging unter die Dusche. Während das Wasser an seinem braun gebrannten Körper entlangfloss, weinte er.

Schagüll und ihr Verlobter waren nur zwei der sinnlosen Opfer.

Feriengäste mit Kindern hatten für den Urlaub gespart und nicht geahnt, dass sie eine Reise in den Tod buchten.

Broichler dachte an Schagülls Tante, die ihm vermutlich die Schuld am Tod ihrer Nichte zuweisen würde. Sie tat ihm leid.

Broichler verließ die Dusche, frottierte seinen Körper, zog frische Wäsche an, saubere Jeans und ein frisches T-Shirt. Er trat an die Minibar, nahm sich ein türkisches Bier. Dazu rauchte er Pfeife und bemühte sich, die schrecklichen Erlebnisse und seine Trauer um die Opfer zu verdrängen.

Im Hotel herrschte Chaos. Ohne Unterbrechung summte der Aufzug. Menschen hasteten durch die Korridore.

Broichler dankte Gott, dass er überlebt hatte, und betete mit Tränen in den Augen für die Seelen seiner Schülerin und ihres Verlobten.

Seine Knie waren angeschwollen, seine Fußgelenke schmerzten, und sein Gesicht brannte von den Schnitten kleinerer Glassplitter.

Lappalien, stellte er fest, holte das Sportgel aus seiner Reiseapotheke und rieb es auf die Schwellungen. Sein Gesicht behandelte und desinfizierte er mit medizinischem Alkohol und Jod.

Es war wie eine Ironie des Schicksals. Seine pädagogische Verantwortung hatte ihn bewogen, die Türkei aufzusuchen. Doch Schagüll und Ötzan würden noch leben, wenn er sie nicht in das Café Truva eingeladen hätte.

Broichler verbrachte die Nacht im Sessel. Er nickte hin und wieder ein, fuhr dann aus Albträumen hoch und blickte in das voll erleuchtete Zimmer.

Am frühen Morgen trank er das gekühlte Mineralwasser aus der Minibar, stand lange am Fenster und blickte auf die Bucht, schaute den Seevögeln nach, die wie auf Juist im frühen Sonnenlicht im Wind hingen, als wäre nichts geschehen. Über dem Hotel lag trügerische Ruhe.

Er packte seine Reisetasche, griff den Plastikbeutel mit der schmutzigen Kleidung in der Absicht, sie irgendwo loszuwerden. Dann verließ er das Zimmer, schloss die Tür und stieg über die Treppe nach unten. Die Rezeption war verwaist. Auf dem Tresen lagen Listen. Einem Hinweis entnahm er, dass verspätet eintreffende Gäste sich telefonisch unter der angegebenen Telefonnummer zurückmelden sollten.

Broichler klemmte einen Hunderter in das Kettchen des Zimmerschlüssels, schritt um den Tresen, fand dort einen Kugelschreiber und einen Block. Er schrieb seine Zimmernummer auf und legte den Schlüssel und das Blatt in sein Zimmerfach.

Dann trug er sein Gepäck zum Parkplatz und verstaute es im Wagen. Anschließend stieg er selbst ein, startete und fuhr durch die verlassenen Straßen von Cesme in Richtung Izmir.

Er fühlte sich ausgelaugt, dennoch nicht müde. Er beabsichtigte, seinen Wagen auf der Abfertigungsspur im Hafen vor dem kleinen Zollhäuschen abzustellen und bis zur Abfahrt der Samsun, die um siebzehn Uhr ablegte, ein bisschen durch die Stadt zu wandern.

Broichler bummelte ziellos durch Izmir und fieberte der Abfahrtszeit der Samsun entgegen. Er nahm eine Kleinigkeit zu sich, trank in einem Café einen Mokka und begab sich gegen sechzehn Uhr zu seinem Golf, den er auf dem Kai in der Abfahrtsstraße des Zolls geparkt hatte.

Im Wagen war es heiß. Die Sonne schien gnadenlos vom blauen Himmel, und der laue Seewind brachte nur wenig Kühlung.

Die ständige Angst, dass er sich vielleicht auf einer Fahndungsliste der türkischen Polizei befand, zerrte an seinen Nerven.

Broichler sammelte noch einmal all seine Kräfte, als er den Wagen dem Zollhäuschen entgegensteuerte. Bemüht, keine Hektik und Nervosität zu zeigen, reichte er dem Zollbeamten die Papiere.

Der Zollbeamte gab sie einem Kollegen, der sie überprüfte. Er wies Broichler an, die Motorhaube zu öffnen, und kontrollierte die Motor- und Chassisnummer.

»Bitte auch die Heckklappe«, sagte er.

Broichler stieg aus. Er schloss die Heckklappe auf.

Der Zollbeamte klopfte sein Gepäck nur oberflächlich ab.

Ein Polizeibeamter trat hinzu und zeigte auf die Plastiktüte, in die Broichler seine blutbeschmierte Jeans und die zerrissene Lederjacke gepackt hatte.

Broichler stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch.

»Das stinkt«, sagte der junge Polizist.

»Schmutzige Wäsche«, erklärte der Lehrer geistesgegenwärtig.

»Aha«, sagte der junge Beamte, lächelte und schritt davon.

Sein Kollege reichte Broichler die Papiere.

»Gute Fahrt«, sagte er.

Broichler stieg in den Wagen, fuhr zum Schiff und folgte den Weisungen der Verlademannschaft. Er war mit den Nerven am Ende, suchte sofort seine Kabine auf und fiel wenig später in einen tiefen Schlaf.

Am Samstag, dem achten Juli, legte die Samsun um acht Uhr in Ancona an. Über der Stadt lag der frühe rote Morgenhimmel. Die Luft roch trocken nach Meer, Pinien und Oleander. Broichler hatte es nicht über das Herz gebracht, seine verschmutzten, übel riechenden Kleidungsstücke ins Meer zu werfen. Er hatte den Plastikbeutel neben sich auf den Fahrersitz gelegt und ihn mit Broten, die er auf der Samsun in der Cafeteria gekauft hatte, bedeckt.

Wegen des sprunghaft angestiegenen Rauschgiftschmuggels aus der Türkei gingen die italienischen Zollbeamten akribisch zu Werke.

Broichler befürchtete erneut Schwierigkeiten, doch er bekam freie Fahrt, während das Fahrzeug vor ihm, in dem mehrere junge Leute saßen, gefilzt wurde.

Broichler fuhr mehrere Stunden, legte in Kufstein eine größere Pause ein, wechselte die Wäsche, nahm eine Mahlzeit ein und fuhr die Nacht durch.

Er erreichte Norddeich gegen Mittag und fuhr den Golf in die Frisia-Garage. Die Frisia II legte um Viertel vor zwei nach Juist ab.

Gegen fünfzehn Uhr betrat er seine Wohnung. Er war geschafft. Vollkommen fertig betrat er das Schlafzimmer, legte sich aufs Bett und schlief sofort ein. Erst gegen zwanzig Uhr wachte er auf. Er packte die Reisetasche aus, brachte die Jeans und Lederjacke in der Plastiktüte zum Müllcontainer. Danach bereitete er sich einen Tee zu, rauchte eine Pfeife und verließ anschließend seine Wohnung. Es war ein herrlicher Sommerabend.

Mit dem Gefühl, einer Katastrophe entkommen zu sein, schritt er über die Wilhelmstraße und atmete begierig die frische Luft ein. Er bog in den Kapitänsweg ein und betrat das Restaurant Sandbank. In der Nähe des Tresens nahm er an einem freien Tisch Platz und bestellte beim Ober ein Pils. Frau Gatema bediente den Tresen. Sie nickte ihm freundlich zu.

»Urlaub gemacht?«, fragte sie und spülte Gläser.

»Am Mittelmeer«, antwortete Broichler.

»Man sieht es«, sagte sie.

Der Ober servierte Broichler das Bier, und er trank.

Das Lokal galt als ein Treffpunkt prominenter Inselurlauber, und Broichler entdeckte unter den Gästen einen niedersächsischen Minister, der mit seiner Frau speiste.

Wieder stopfte er sich eine Pfeife. Das Bier schmeckte süffig, und er bestellte nach. Dabei dachte er an das, was hinter ihm lag.

Es war bereits sehr spät, als er den Kellner an den Tisch bat und bezahlte.

Er schritt an den Tresen, reichte Frau Gatema einen Zettel.

»Antje, ich benötige die Anschrift eines prominenten Gastes«, sagte er. »Er wohnt zeitweise hier auf der Insel und ist ein bekannter Komponist und Geiger.«

Die Wirtin lächelte.

»Er liebt keine Autogrammjäger«, erklärte sie, aber schrieb die Adresse auf den Zettel.

»Danke«, sagte Broichler und verließ das Lokal.

Am Himmel blinkten die Sterne.

Der Mond leuchtete schwach. Nur wenige Spaziergänger waren noch unterwegs.

Während die Internatsschüler den Rest ihrer Sommerferien genossen, Juist sich den Urlaubern im Glanz eines herrlichen Sommers darbot und voll ausgebucht war, bemühte sich Broichler, die schrecklichen Erlebnisse zu verarbeiten.

Wenige Tage nach seiner Heimkehr rief er Orbner an.

»Na endlich«, sagte der nur, als der Lehrer ihn begrüßt hatte.

»Ich bin wohlbehalten angekommen«, sagte Broichler.

»Ich habe mehrmals versucht, dich zu erreichen.«

Mittlerweile waren sie zum vertrauten Du übergegangen.

»Nach den Zeitungsartikeln und den Berichten im Fernsehen gab es kein deutsches Opfer in Cesme«, sagte Orbner. »Das hat mich ein wenig beruhigt.«

»Ich war auch in dem Café, aber ich habe überlebt....
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