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Die Buchmagier: Angriff der Verschlinger

Roman
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KGerschienen am01.07.2014
DER ZAUBER, DER EINER GESCHICHTE INNEWOHNT, IST NICHT ZU BRECHEN ...

Die Magie der Bücher gibt es wirklich - ebenso wie Buchmagier. Sie haben die Fähigkeit, in Romane hineinzugreifen und Gegenstände aus den Geschichten in unsere Welt zu holen.

Der Buchmagier Isaac gehört zu den Pförtnern, jener Organisation, die seit Jahrhunderten die Menschheit vor übernatürlichen Gefahren beschützt. Als einige mysteriöse Morde geschehen, entdeckt er, dass gefährliche Wesen - die so genannten Verschlinger - dahinterstecken. Doch noch schlimmer: Als nächstes haben sie es auf Isaacs Lebensgefährtin, die Dryade Lena, abgesehen! Und Lenas Magie kann in den falschen Händen zu einem gefährlichen Werkzeug werden ...

'Rasante Action und viel Humor ... Hines gibt dem Leser alles, was er braucht!' - PUBLISHERS WEEKLY
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Produkt

KlappentextDER ZAUBER, DER EINER GESCHICHTE INNEWOHNT, IST NICHT ZU BRECHEN ...

Die Magie der Bücher gibt es wirklich - ebenso wie Buchmagier. Sie haben die Fähigkeit, in Romane hineinzugreifen und Gegenstände aus den Geschichten in unsere Welt zu holen.

Der Buchmagier Isaac gehört zu den Pförtnern, jener Organisation, die seit Jahrhunderten die Menschheit vor übernatürlichen Gefahren beschützt. Als einige mysteriöse Morde geschehen, entdeckt er, dass gefährliche Wesen - die so genannten Verschlinger - dahinterstecken. Doch noch schlimmer: Als nächstes haben sie es auf Isaacs Lebensgefährtin, die Dryade Lena, abgesehen! Und Lenas Magie kann in den falschen Händen zu einem gefährlichen Werkzeug werden ...

'Rasante Action und viel Humor ... Hines gibt dem Leser alles, was er braucht!' - PUBLISHERS WEEKLY
Details
Weitere ISBN/GTIN9783838754093
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum01.07.2014
Seiten336 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1376
Artikel-Nr.2189285
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Kapitel 2

Ich trat in den zu weißen Schnee und die toten Blätter hinaus, die unter meinen nackten Füßen knirschten. Ich bedeckte mein Gesicht mit den Händen. Die Sonne war zu groß. Sie brannte mir in den Augen, sodass ich mich am liebsten in meinen Baum zurückgezogen hätte.

Die Oberfläche war tot. Ich brauchte einen Unterschlupf. Wie war ich hierhergekommen? Wo war die nächste Eishöhle?

Ich lehnte mich an den Baum und ließ die tröstliche raue Rinde über meine nackte Haut scheuern. Ich krümmte die Zehen in die gefrorene Erde, hielt mich an den Wurzeln fest und griff instinktiv nach der Wärme meiner Hainschwestern.

Ich spürte nichts. Es gab viele Bäume - mehr als ich mir je vorgestellt hatte -, aber es waren leere Hüllen. Wie konnten sie die Kälte überleben, ohne dass ihre Dryaden ihnen Stärke gaben?

Ich war noch nie zuvor allein gewesen. Nicht so. Ich war nie verloren gewesen.

Tränen wärmten meine Wangen. Wie lange hatte ich geschlafen?

In diesem Moment zitterte ich, nicht vor Kälte, sondern vor Angst. Ich erinnerte mich an den Neptun. Ich erinnerte mich an meine Schwestern. Ich erinnerte mich an die Kämpfe in der Arena, die Erregung des Zweikampfs, wenn mein Holzschwert gegen den Speer meines Gegners prallte. Ich erinnerte mich an die Freuden des Schlafgemachs.

Ich erinnerte mich an all diese Dinge, aber ich konnte mich nicht daran erinnern, dort zu sein. Es war, als wären meine Erinnerungen weggerissen und durch die Träume von jemand anderem ersetzt worden.

Dieser Ort hier, wo immer ich auch sein mochte, fühlte sich zu real an, zu hell, zu groß. Zu viele Empfindungen. Zu viele Gedanken. Ich grub die Finger in die Haut meiner Oberschenkel und verdrehte sie, wollte mich auf den Schmerz konzentrieren und diese Empfindung benutzen, um die übrigen zu verdrängen. Ich sank zu Boden, wiegte mich hin und her und verlor mich in der Bewegung.

Ich hätte zur Eiche zurückkehren können. Ich hätte schlafen und geborgen sein können. Den langen Tod wählen, wie man es der allerersten Dryade nachsagte, als ihr Geliebter ermordet wurde. Ihr Baum hatte jahrhundertelang weitergelebt, bewacht vom Hain ihrer Kinder.

Wenn ich ihrem Beispiel folgte, wäre ich nicht von meinen Schwestern, sondern von geistlosen Bäumen umgeben, die nur halb lebendig waren.

Nach einer Weile begann das Sonnenlicht zu verblassen. Ich blinzelte und schaute mich um. Jedes Blatt, jeder Stock erschien überdeutlich. Ich hob eine halb vergrabene Eichel vom Boden auf und drehte sie in der Hand und staunte über die Einzelheiten. Die winzigen Schuppen der Kappe, die blasse Trennlinie von Kappe und Samen, der harte, vorstehende Teil am Boden, der die Eichel wie eine Miniaturbrust aus Holz aussehen ließ.

Aus dem Gleichgewicht geraten, rappelte ich mich hoch. Diese Welt war falsch. Nichts war, wie es sein sollte. Ich brauchte meine Schwestern. Ich brauchte meine Geliebten. Ich brauchte …

Ich schlug den Kopf gegen den Baum, um die Spirale meiner Gedanken zu durchbrechen.

Es gab Bäume hier. Gab es auch Menschen? Die Tränen strömten ungehindert, als ich von meinem Baum wegtrat, von dem Einen, was sich sicher anfühlte.

Wenn ich hierbliebe, würde ich sterben. Ich würde für immer schlafen. Ich würde mich verlieren.

Ich hob einen am Boden liegenden Ast auf und drückte ihn an meine Brust. Ich konnte fühlen, wie er auf das Leben in mir reagierte. Fadenartige Wurzeln krochen aus dem abgebrochenen Ast und wanden sich um meine Finger. Glänzende Knospen stießen aus dem anderen Ende. Ich wiegte den Ast in den Armen, während ich von meinem Baum wegwankte.
*

Die Grashalme raunten, als Lena kam und sich hinter mich stellte. Sie sagte nichts, legte mir nur die Hand auf die Schulter.

Ich musste mich auf die bevorstehende Arbeit konzentrieren. Ich durchwühlte meine Büchertasche, bis ich ein Hand-Infrarot-Thermometer fand. Ich schaltete es ein und richtete es auf Klecks. Es zeigte 42,8 Grad Celsius an, was nur etwa ein Grad höher als normal für ihn war.

Bei Menschen fiel die Körperkerntemperatur um ungefähr ein viertel Grad pro Stunde. Bei einem Wendigo ging die Berechnung in die andere Richtung. Eine normale Körpertemperatur von minus 5,6 Grad Celsius vorausgesetzt, sollten wir imstande sein, ein grobes Zeitfenster für den Todeszeitpunkt zu ermitteln. Allerdings hatte ich keine Ahnung, wie Verletzungen und Blutverlust das Ganze beeinflussen mochten.

Lykanthropos anthropophagos war gut angepasst an das Leben auf der Oberen Halbinsel. Wendigoblut wirkte als eine Art magisches Superkühlmittel; selbst das Mark war kalt wie Eis. Das Fell ließ die Luftfeuchtigkeit buchstäblich gefrieren und bildete so eine schützende Schicht aus Frost und Eis.

Genau wie Werwölfe wurden Wendigos als Menschen geboren. Sobald sich jedoch die Transformation durchsetzte, verblieben sie bis zum Tod in ihrer monströsen Form. Die Ojibwe-Legenden, die ich studiert hatte, beschrieben sie als gefräßige, kannibalistische Geister. In einer Erzählung ließ die bloße Gegenwart eines Wendigos einen Fluss gefrieren und Bäume vor Kälte bersten.

Ein einzelnes Mädchen war ausgezogen, um gegen den Wendigo zu kämpfen, wobei sie ein Paar entrindete Sumachstöcke benutzte. Bis ich Lena kennengelernt hatte, hatte ich das immer für eine armselige Waffenwahl gehalten. Doch das Mädchen besiegte den Wendigo, indem es ihm den Schädel zertrümmerte. Die Dorfbewohner hackten das Eis weg und legten schließlich die Leiche eines Mannes frei.

»Bist du bereit?«, fragte Lena.

Ich atmete tief durch und nickte. »Alles in Ordnung.«

»Ich weiß.«

Wir gingen zum Zaun zurück. Lena ließ sich von Nidhi die Kamera geben und steckte sie ein, dann ergriff sie die obere Zaunstange mit beiden Händen. Die Muskeln in ihren Armen spannten sich, als sie den Zaun nach unten bog. Mit einer Hand an der Stange stieg sie hinüber und studierte den steilen Abfall. Er war zwar nicht völlig lotrecht, aber außer für eine Gämse war diese Böschung unzugänglich. Moos hing an dem dunkelbraunen Felsen, aus dem Wurzeln ragten wie die gewundenen Körper von Seeschlangen.

Lena warf Nidhi und mir eine Kusshand zu, machte zwei Schritte und verschwand.

»Verdammt, Lena!« Ich drückte mich dichter an den Zaun und entdeckte sie, wie sie mit einer Hand an einem Büschel Baumwurzeln hing, ungefähr einen Meter links von der Fichte, die die Leiche festhielt. Sie zog sich seitwärts und begann, die Fichte zu ersteigen. Ihre Finger sanken in den Baumstamm und ließen sie so mühelos wie eine Spinne klettern.

»Früher war sie vorsichtiger.« Nidhis unausgesprochener Tadel war lauter als die tatsächlichen Worte: Das hat sie von dir!

»Wo bliebe denn da der Spaß?«, fragte ich automatisch. Ich lehnte mich hinaus und richtete das Thermometer auf die Überreste des Wendigos. Kalte Luft strich an meinen Armen vorbei nach oben und verursachte mir eine Gänsehaut. Die Körpertemperatur der Leiche lag bei minus drei Komma drei Grad Celsius. Das hieß, der Tod war vor ungefähr acht Stunden eingetreten. Eine Kernmessung wäre genauer gewesen, aber Wendigos erhielten im gesamten Körper eine ziemlich einheitliche Temperatur aufrecht.

Um unser Opfer gab es keinen Eismantel. Er war wohl nach dem Tod zur Menschengestalt zurückgekehrt, aber bis das Fleisch auftaute, würde es noch eine Zeit lang dauern.

Licht blitzte auf, als Lena Fotos machte. »Könnte ein Einschussloch sein, was er da in der Stirn hat.« Sie kletterte höher und machte noch ein paar Bilder aus dem neuen Winkel, dann rief sie: »Schickt mir die Plane!«

Jeff und Helen ließen eine blaue Abdeckplane herunter, durch deren Ecken Nylonseile gezogen waren. Während sie gemeinsam versuchten, die Leiche zu bergen, wandte ich mich ab, um nachzudenken. Normales Eis zerbrach, wenn es von einer Kugel getroffen wurde, aber das Eis, das den Körper eines Wendigo überzog, war dank des Fells, mit dem es durchsetzt war, nicht nur hart, sondern besaß auch eine gewisse Flexibilität. Eine richtig hochkalibrige Kugel mochte es vielleicht durchdringen, aber in den meisten Fällen würde der Versuch, einen Wendigo zu erschießen, ihn nur stocksauer machen.

»Gib auf den Zaun acht!«, sagte Jeff, als er und Helen die Seile Hand über Hand hochzogen.

»Gib auf dich selbst acht, Chihuahuahirn!«, fuhr Helen ihn an.

Die Kälte hatte den Verwesungsgeruch kaum zur Entfaltung kommen lassen, ebenso wie sie die meisten Fliegen ferngehalten hatte. Ich wartete, bis sie die Plane zurückgezogen hatten, dann ging ich hinüber, um Nidhi zu helfen, die Leiche zu untersuchen. Wortlos reichte sie mir ein Paar Latexhandschuhe.

Im Tod ähnelte der Wendigo einem blassen, hageren Mann mit schrumpeliger, blaustichiger Haut und schütterem weißen Haar. Die Gliedmaßen waren steif und noch in der gekrümmten Stellung, in der er gestorben war. Der größte Teil der Haut war weggeschnitten worden; flache Einschnitte verunzierten den Rest. Die Mehrzahl der Verletzungen sah aus, als wären sie mit einem Messer oder vielleicht einem Schwert zugefügt worden.

Nidhi deutete auf ein dunkles Loch in der Stirn. »Da ist die Eintrittswunde.«

Sie war kleiner, als ich erwartet hatte. Weil jeder Muskel gefroren war, musste Nidhi die ganze Leiche herumdrehen, um den Hinterkopf untersuchen zu können. Es gab kein Austrittsloch.

Ich schluckte Galle herunter. »Sie haben ihn wie ein Tier geschlachtet und gehäutet!«

»Nein.«...
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