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Augustus - Die geheimen Tagebücher

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
365 Seiten
Deutsch
Bastei Lübbeerschienen am16.07.20151. Aufl. 2015
Die spannende Biographie des ersten römischen Kaisers - Augustus zieht Revue in seinen letzten 100 Tagen ...



Ein Orakel weissagt dem Göttlichen Kaiser Augustus dessen Tod in einhundert Tagen. Mit dieser Frist vor Augen beschließt der Beherrscher der Welt, eine Chronik seiner letzten Tage zu schreiben. Er greift zurück auf Erinnerungen an seine Kindheit, spricht über alles, was ihn je bewegt hat, zieht Bilanz. Das Orakel ist historisch verbürgt, das Tagebuch ist fiktiv - Philipp Vandenberg verwendet es als Grundlage für diese mitreißende Biografie des ersten römischen Kaisers.
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Produkt

KlappentextDie spannende Biographie des ersten römischen Kaisers - Augustus zieht Revue in seinen letzten 100 Tagen ...



Ein Orakel weissagt dem Göttlichen Kaiser Augustus dessen Tod in einhundert Tagen. Mit dieser Frist vor Augen beschließt der Beherrscher der Welt, eine Chronik seiner letzten Tage zu schreiben. Er greift zurück auf Erinnerungen an seine Kindheit, spricht über alles, was ihn je bewegt hat, zieht Bilanz. Das Orakel ist historisch verbürgt, das Tagebuch ist fiktiv - Philipp Vandenberg verwendet es als Grundlage für diese mitreißende Biografie des ersten römischen Kaisers.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783732512089
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum16.07.2015
Auflage1. Aufl. 2015
Seiten365 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2191083
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


 

Ich, Polybius, Freigelassener des Göttlichen Augustus und des Schreibens kundig, empfange nun seit sieben Tagen die Schriften des Göttlichen. Des Göttlichen? Dieser Caesar verliert jeden Tag ein Stück Göttlichkeit. Der Erhabene verwirkt seine Erhabenheit. Wie eine Schlange, die sich häutet, streift Augustus Ruhm und Anerkennung ab; aber wie die Häutung der Schlange immer eine neue, schönere Haut hervortreten lässt, so zeigt auch der Caesar tagtäglich eine neue, schönere Seite seines Lebens. Mag der Göttliche kleiner werden durch dieses Tagebuch, der Mensch wächst.

Der Göttliche ein Narcissus? Obwohl ich dem Caesar oft nahe bin, habe ich nichts von dieser Eigenart bemerkt. Richtig muss ich sagen, ich habe nie darauf geachtet, und es spricht nur für die ausgeprägte Beobachtungsgabe Ovids, dass er Augustus auf die Schliche kam. Was ist schlecht an dieser Eigenart? Was dem einen sein Nachruf, ist dem anderen sein Spiegel.

Ovid musste seine Keckheit teuer bezahlen. Sein Verbannungsort Tomis an der Nordküste des Pontus Euxinus ist fremdartig und fern für einen Römer wie das spanische Munda oder das gallische Uxellodunum. Ich glaube, er kommt um vor Heimweh. Und wenn Augustus meinte, das Verbot von Ovids Ars amatoria würde sein Buch vergessen machen, so täuscht er sich gründlich: Raubschreiber verlangen Wucherpreise für das Werk. Man muss ein Buch nur verbieten, dann ist ihm der Erfolg sicher.

Nach meiner heimlichen Lektüre des Tagebuchs ist mir zum ersten Mal klar geworden, wie sehr Staat und Politik sich der Künste bedienen, dass sie als Wegbereiter missbraucht werden für erstrebenswerte Vorhaben. Das lässt mich erschauern. Die Griechen behandelten jede Art Kunst wie eine Geliebte, die Römer gehen mit ihr um wie mit einem rechtmäßigen Eheweib.
XCIII

Nun weißt du, Livia, warum ich mich bisweilen schämte und das Gesicht vor dir verbarg in meinen Armen. Ich wollte nicht, dass man mich Narcissus nannte oder Selbstgenüger oder mich mit anderen Spottnamen bedachte. Keiner, auch du nicht, sollte von meiner Neigung wissen, die ich ein Leben lang bestrebt war über den Kokytus zu retten. Und vielleicht vernichte ich das Geschriebene vor meinem Ende, sodass es nur mir bleibt. Wozu aber, fragst du zu Recht, schreibe ich dann dies alles nieder? Warum malträtiere ich meinen gichtigen Zeigefinger, der kaum die Feder zu führen in der Lage ist, warum quäle ich mein Augenlicht, warum? Ich will es dir sagen.

Drei Zeiten sind bestimmend für das Leben des Menschen: Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft. Als Jüngling kennst du nur die Zukunft; fragst nur nach morgen, nach dem Lohn des Lernens. Trägst du die Toga dann, fährt man die Ernte gar in deine Scheuer und lacht Fortuna dir von allen Seiten, dann möchtest du die Zeit anhalten, doch die Gegenwart ist gnadenlos. Kaum da, ist sie verschwunden, schon Vergangenheit, und du fragst ratlos: Wann, Jupiter, werde ich jene drei Zeiten, die der Inhalt meines Lebens sind, auf einmal überschauen? Und Jupiter wird dir zur Antwort geben: bei deinem Ende. So blicke ich zurück, lasse - wie der blinde Sänger - Vergangenes vergangen sein und lebe, lebe ein zweites Mal. Geschriebene Worte können dein Leben nicht verlängern, nur vertiefen und behilflich sein zu scheiden wie Ulixes von Nausikaa, weniger verliebt als pflichtbewusst.
XCII

Soll ich mich wirklich ganz entblößen? Mich packen Zweifel. Soll ich die ganze Wahrheit meines Lebens niederschreiben? Soll ich tatsächlich mein Leben ausbreiten, mein Innerstes nach außen kehren? Soll ich? Soll ich nicht?
XCI

Ich tue es nicht, nein, bei allen Göttern nein. Will ich wirklich denn noch einmal leben? Noch einmal alle Wege gehen? Alles Leid erfahren? Alle Freude? Alle Dummheit? Alle Weisheit? - Weisheit? Leichter ist es, anderen mit Weisheit zu dienen als sich selbst.
XC

Schweige ich zu meinem Leben, so wird die Zeit kommen, in der andere mich besser kennen, als ich selbst mich kannte. Also sollte ich mein Leben niederschreiben, wie es mir begegnete und keinem anderen, damit nicht Aschehaufen zu Vulkanen werden, der Strom nicht zum Rinnsal versickert. Denn nicht jeder, der die Könige und Konsuln zählt ab urbe condita, ist ein Titus Livius. Im Übrigen habe ich Geschmack gefunden an der Schreiberei, seit ich so viele Dichter an meinen Brüsten säugte. Drei Monde ist die Zeit, die mir verbleibt, von heute an.
LXXXIX

Ich will von vorne beginnen, dort, wo der Mensch dem Eidolon begegnet, wie die Griechen sagen, dem Abbild blinder Verehrung. Wir Römer haben dieses Wort entlehnt, wie vieles, das uns mangelt, und meist suchen wir auch unsere Idole dort, woher das Wort kommt. Ich mache keine Ausnahme und würde lügen, behauptete ich, mein Göttlicher Vater Gaius Julius Caesar, den ich liebe, sei mir in jungen Jahren als Idol begegnet.

Vorbilder werden nicht geliebt, Vorbilder werden geachtet und bewundert, und so galt meine tiefe Bewunderung dem großen Makedonen Alexander. Ihm fühle ich mich mehr verwandt als Gaius, nicht vom Blute, doch von Seele und Charakter, und von den Umständen, die sein Leben leiteten. Noch heute schaudert mich bei dem Gedanken an mein fünftes Konsulat, als ich dem großen Vorbild gegenübertrat, dem Leichnam wohlgemerkt, einbalsamiert mit Spezereien nach Art der Ptolemäer, doch so, als habe nur der Schlaf ihn übermannt, den Müden von der Eroberung der Welt.

Ihm, und nur ihm, verdankt es das Volk der Alexandriner, dass ich es schonte nach dem Sieg von Actium, dass ich die Stadt nicht schleifte, wie sie es verdiente, dass ich den hohen Palast, der Antonius und Kleopatra Unterschlupf gewährte gegen mich, nicht niederriss am Ufer des Meeres. Ich tat es nicht. Hätte die Rache auch Gerechtigkeit bedeutet, ich zeigte wahren Edelmut, des großen Alexanders wegen, der diese Stadt gegründet hatte am Westrand der Nilmündung, unvermittelt, aber mit Bestimmtheit, als er seinen Mantel in den Sand warf, den rechteckigen Umriss nachzeichnete mit dem Schwert und Straßen und Gebäude markierte - neun andere Städte trugen bereits seinen Namen. Im Grabmal, das ihn barg in rotem Marmor, ließ ich die schwere Platte lüften und trat dem Vorbild gegenüber wie einer Statue des Lysipp, voll Ehrfurcht und Ergriffenheit. Gerade dreiunddreißig Jahre zählte ich, genau das Alter, in dem Alexander starb.

Den Anblick werde ich nie vergessen. Der Große zeigte bartlos eine Art von Lächeln, der ich nie im Leben begegnet bin, ein Lächeln der Zufriedenheit, des Wissens seiner Taten, des Stolzes und des Selbstbewusstseins, ja der Selbstgefälligkeit und Überlegenheit. So lächelt sterbend nur ein Mann, der einen festgezurrten Knoten mit einem Schwert durchschlägt, statt Anfang und Ende des Strickes zu suchen, ein Mann, der zu Jupiter Ammon in die Wüste zieht, um sich Göttlichkeit und Weltherrschaft bestätigen zu lassen, ein Mann, der ernsthaft keinen Gegner kannte, wenn nicht sich selbst. Nichts wünschte damals ich mir sehnlicher, als so zu sterben wie der große Makedone - mit einem Lächeln. Von Angesicht zu Angesicht, so stand ich Stunden, und meine ungeduldigen Begleiter drängten, die übrigen toten Ptolemäer zu betrachten, die seit drei Jahrhunderten aufgebahrt lägen, in Mumien verwandelt. Einen König, herrschte ich die törichten Begleiter an, einen König wünschte ich zu sehen, nicht aber Leichen. Deshalb vermied ich auch, den Apis zu besuchen, weil es einem Römer zukommt, Götter zu verehren, nicht aber Rinder.

Also wies ich das stockdumme Volk nach draußen, und kein Geschwätz verwirrte meine Andacht. Rot prasselten die Fackeln, ich musterte den kleinen Körper. Wie ich war Alexander von niedriger Statur, was jenen recht gibt, die behaupten, dem Kleinen sei vor allem Großes vorbestimmt, weil alle Energie, die einem Menschen mitgegeben ist, auf weniger Körper sich verteile. Wie ich schrieb Alexander seiner Mutter heimlich Briefe. Sie hieß Olympias, war von der gleichen Leidenschaft wie Atia, und Jupiter Ammon soll auch ihr, so wird berichtet, in Gestalt einer Schlange beigewohnt haben. Wie ich verachtete der große Makedone Spiele mit kraftstrotzenden Athleten, zeigte mehr Neigung zur Philosophie, liebte, wie er sagte, Aristoteles wie seinen Vater, und die Tragödien des Aischylos, Euripides und Sophokles, und wenn er schlief, lag unter seinem Kissen stets die Ilias Homers einträchtig bei seinem Schwert. Und so wie ich Horaz in seinem Glück beneide, der Verse schmiedend Gut, Geld und Ruhm verachtete, so sah auch Alexander sein anderes Ich in einem Weisen. Er solle, sprach in Korinth der Kyniker Diogenes, dem Alexander einen Wunsch freistellte, ein wenig aus der Sonne gehen, sonst nichts. Hochmut und Größe gefielen dem Feldherrn gleichermaßen im hinteren Sinn des Philosophen, dass er die Worte sprach - und keiner versteht sie besser als ich. »Wäre ich nicht Alexander, so wäre ich Diogenes.« Luxus, sagte Alexander, und auch hierin sind wir eines Herzens, sei sklavischer als jeder Sklavendienst, königlich sei nur die angestrengte Tätigkeit. So tadelte er Männer, die sich der Üppigkeit ergaben und protzenhaften Luxus zelebrierten wie Hagnon aus Teos, der Silbernägel auf den Schuhsohlen trug, Leonnatos, der Sand aus Ägypten karrte für seine Leibesübungen, oder Phiotas, der Netze weben ließ von hundert Stadien für seine Jagden. Hier zeigte er sich duldsamer als ich, zwar tadelte er das ausschweifende Verhalten, doch ein Gesetz wie ich, das dem ein Ende machte, erließ der Makedone nicht.

So lehrte mich der Große Alexander Toleranz; er...

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