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Der grüne Skarabäus

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
368 Seiten
Deutsch
Bastei Lübbeerschienen am16.07.20151. Aufl. 2015
Ein Mann, besessen von einer Frau. Eine Frau, besessen von ihrer Vergangenheit. Ein Roman um das Rätsel der Wiedergeburt, vom Meister des archäologischen Thrillers.



Abu Simbel - ein magisches Wort und das kühnste Unternehmen der Archäologie. Um den Tempel Ramses II. vor der Flut des Assuan-Stausees zu retten, musste er abgetragen und an anderer Stelle neu errichtet werden. Dabei stießen die Ingenieure auf ein Unheil, das seit Jahrtausenden unter der Erde schlummerte. Denn der Fluch des Pharaos, in einen grünen Skarabäus eingeritzt, wirkt bis in die heutige Zeit.
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Produkt

KlappentextEin Mann, besessen von einer Frau. Eine Frau, besessen von ihrer Vergangenheit. Ein Roman um das Rätsel der Wiedergeburt, vom Meister des archäologischen Thrillers.



Abu Simbel - ein magisches Wort und das kühnste Unternehmen der Archäologie. Um den Tempel Ramses II. vor der Flut des Assuan-Stausees zu retten, musste er abgetragen und an anderer Stelle neu errichtet werden. Dabei stießen die Ingenieure auf ein Unheil, das seit Jahrtausenden unter der Erde schlummerte. Denn der Fluch des Pharaos, in einen grünen Skarabäus eingeritzt, wirkt bis in die heutige Zeit.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783732512218
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum16.07.2015
Auflage1. Aufl. 2015
Seiten368 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2191093
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2

Der gelbe Pritschenwagen, der mit heulendem Motor über die Valley Road in Richtung Camp-Hospital jagte, zog eine lange Staubwolke hinter sich her. Ein Ägypter im blauen Overall kniete auf der Ladefläche und hielt mit beiden Händen den leblosen Körper eines Arbeiters fest. An der Trafostation, wo die Straße einen Knick machte und nach Norden geradewegs auf das Hospital zuführte, begann der Fahrer wie wild zu hupen, um auf sich aufmerksam zu machen.

Zwei weiß gekleidete Pfleger kamen ihnen mit einer Trage entgegen, als der Fahrer und sein Begleiter vor der Klinik anhielten. »Stromschlag!«, rief der Begleiter aufgeregt, und der Fahrer fügte erklärend hinzu: »Ali hat die 10000-Volt-Leitung berührt. Allah steh ihm bei!«

Zu viert verfrachteten sie den leblosen Körper auf die Trage, und im Laufschritt brachten sie ihn in das Behandlungszimmer am Ende des linken Korridors. Eine elektrische Klingel in der Mitte des Ganges, die einen Notfall verkündete, machte Höllenlärm, und im Nu waren Dr. Heckmann, der Leiter des Hospitals, und Dr. Hella Hornstein, seine Assistentin, zur Stelle.

»Strom!«, rief einer der Pfleger den Ärzten von weitem zu, »Patient ohne Bewusstsein!«

»Freimachen!«, kommandierte Heckmann. Und an seine Assistentin gewandt: »EKG anschließen!« Mit dem Stethoskop horchte er den Oberkörper des Verunglückten ab. Er schüttelte den Kopf. Schließlich zog er das Augenlid des Mannes nach oben. »Ach du lieber Gott«, sagte er leise, »Linsentrübung, Blitzstar.«

Jetzt, da der Patient unbekleidet vor ihnen lag, sah man deutlich die unregelmäßigen dunklen Streifen auf seiner Haut, die vom rechten Arm zum rechten Fuß führten.

Die Ärztin hatte inzwischen das EKG-Geräte in Betrieb gesetzt. Die Zeiger beschrieben einen unregelmäßigen Zickzackkurs ohne größere Ausschläge. Sie sah Heckmann an: »Herzkammerflimmern.«

Der Arzt warf einen Blick auf den Papierstreifen: »Sauerstoff. Künstliche Beatmung.«

Einer der Krankenpfleger reichte eine Sauerstoffmaske. Die Ärztin stülpte sie dem Patienten über Mund und Nase. Heckmann presste seine übereinandergelegten Hände ruckartig auf den Brustkorb des Patienten.

Auf einmal hielt er inne. Er blickte auf den breiten Papierstreifen, der aus dem EKG-Gerät lief. Der Ausschlag der Zeiger war kaum noch zu erkennen. Heckmann verstärkte seine Anstrengungen und stemmte sich gegen die Brust des Mannes. Die EKG-Zeiger beschrieben noch einen letzten Ausschlag; dann blieben sie stehen und zeichneten nur noch einen geraden Strich.

»Exitus«, sagte Dr. Heckmann ohne erkennbare Regung. Die Ärztin nickte stumm und begann resigniert die Elektroden von dem leblosen Körper zu entfernen. Ihr ging der Tod des ägyptischen Arbeiters sichtlich nahe.

Heckmann bemerkte ihre Niedergeschlagenheit und meinte, während sie den langen Gang entlang zu dem Zimmer gingen, das ihnen als Aufenthaltsraum diente: »Glauben Sie mir, Kollegin, es ist besser so. So schwere Stromverletzungen schädigen meist das Rückenmark und bewirken spastische Lähmungen und Atrophien. Im schlimmsten Fall kommen periphere Nervenschädigungen und Bewusstseinsstörungen hinzu. Der Mann wäre für den Rest seines Lebens ein Krüppel gewesen oder ein Idiot - oder beides. Wollen Sie mir die Freude machen und heute Abend mit mir essen?«

Hella Hornstein zuckte zusammen. Die nassforsche Art, mit der Dr. Heckmann zur Tagesordnung überging, hatte etwas Aufgesetztes.

Heckmann war kein schlechter Arzt, aber er betrachtete seine Arbeit als einen Job - oder tat zumindest so. Manchmal hatte sie das Gefühl, dass sich dahinter nur persönliche Unsicherheit verbarg. Was ihn nicht hinderte, ihr bei jeder Gelegenheit nachzustellen, da er außerdem noch stolz war auf sein gutes Aussehen und sich für unwiderstehlich hielt.

»Kaffee?«, fragte die Ärztin mehr in der Hoffnung, ihn abzuwimmeln, aber er ergriff sofort die Gelegenheit: »Sehr aufmerksam, danke, gern! Aber Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet!«

Selber schuld, dachte Hella Hornstein. Jetzt hast du ihn am Hals.

Während sie den altmodischen elektrischen Kaffeetopf in Betrieb setzte, den sie aus Deutschland mitgebracht hatte - der braune ägyptische Kaffee und seine Zubereitung waren ein Kapitel für sich -, fühlte sie, wie Heckmann, der in einem grünen Ledersessel Platz genommen hatte, sie mit den Augen verschlang. Sie tat, als bemerkte sie es nicht, aber sie war sich dessen sehr wohl bewusst.

Die junge Ärztin war weit davon entfernt, einen Mann, der sie so ansah, zu verurteilen. Sie war eine stolze junge Frau, die sich schick kleidete - soweit das in der Wüste möglich war - und die es durchaus darauf anlegte zu gefallen. Ihre kurzen schwarzen Haare und die dunkle Tönung ihrer Haut, die auffallend großen, dunklen Augen und die hervortretenden, hohen Wangenknochen verliehen ihr Rasse, die sie mit einem stets blass geschminkten Mund zu unterstreichen wusste.

Hella war klein, zierlich und schlank und trug unverschämt kurze Röcke, die kaum ihre Knie bedeckten. Vermutlich sollten sie von einem unbedeutenden körperlichen Gebrechen ablenken, das ihr bei der Geburt widerfahren war, als ihr eine Hebamme das linke Fußgelenk brach. Seither zog sie den Fuß, stets leicht nach innen gewandt, etwas nach. Und hätte ihr der angesehene Stand ihres Arztberufes nicht einen gewissen Respekt verschafft, Hella Hornstein hätte es unter den über tausend einheimischen Arbeitern in Abu Simbel gewiss ertragen müssen, dass ihr die Männer hinterherpfiffen.

Was die internationale Crew betraf, so gab sich Dr. Hornstein betont abweisend, und sie gehörte zu den Frauen, die sich das sogar leisten konnten, ohne an Attraktivität zu verlieren. Im Gegenteil, die kühle Zurückhaltung, die von ihr ausging, wirkte eher herausfordernd, und es verging kaum ein Tag, an dem sie nicht von einem der Ingenieure oder Archäologen auf der Baustelle eingeladen wurde.

Meist lehnte sie jedoch ab. Nur selten sah man sie im Casino, und es wäre unvorstellbar gewesen, dass sie etwa einen über den Durst getrunken hätte - was bei den Männern ziemlich häufig vorkam.

Die Blicke in ihrem Rücken wurden ihr, während sie den Kaffee bereitete, allmählich unerträglich, und deshalb sagte sie, ohne sich umzudrehen: »Warum starren Sie mich so an, Dr. Heckmann?«

Heckmann schrak aus seinen lüsternen Gedanken auf; er fühlte sich ertappt wie ein kleiner Schuljunge. Doch er ließ sich nichts anmerken und antwortete mit süffisanter Stimme: »Entschuldigen Sie, Frau Kollegin, Sie sind ein anatomisches Wunder, Sie können nach hinten sehen!«

»Sehen nicht, aber fühlen«, entgegnete Dr. Hornstein, ohne sich dem Gesprächspartner zuzuwenden.

Der sah keinen anderen Ausweg, als die Flucht nach vorn anzutreten, und meinte: »Also gut, ich habe Sie angestarrt, wie Sie sich auszudrücken pflegten; aber soll ich mich dafür entschuldigen? Sie sind eine äußerst attraktive Frau, Frau Kollegin; ein Mann, der es versäumte, ein Auge auf Sie zu werfen, wäre kein Mann ...«

Hella fand die als Kompliment gedachte Äußerung ziemlich plump, aber sie entsprach genau seinem Niveau, das einem Mann in seiner Position in keiner Weise angemessen war. Männern wie Heckmann, diesen so genannten tollen Kerlen, begegnete Hella Hornstein eher mit Mitleid - eine Regung, die Männer am allerwenigsten ertragen.

Sie schätzte Männer, die darauf verzichteten, stark zu sein, eine ziemlich seltene Gattung. Und wenn sie ehrlich war, hatte sie bei Männern bisher immer nur an sich gedacht und ihren Egoismus ausgelebt, in mehr oder weniger abgewandelter Form. Und das war auch der Grund, warum sie trotz ihrer beinahe 27 Jahre noch keine feste Beziehung gehabt hatte.

Seit ihrem vierzehnten Lebensjahr träumte sie vom Idealbild eines Mannes, eines Mannes, den es überhaupt nicht gab, es sei denn in ihrer Fantasie. Heckmann jedenfalls war von diesem Idealbild weit entfernt; aber das wusste er nicht, und hätte er es gewusst, so hätte er es mit Sicherheit nicht geglaubt.

Natürlich hatte auch Heckmann seine Geschichte. Jeder in Abu Simbel hatte so seine Geschichte; denn freiwillig und ohne Grund verpflichtet sich kein normaler Mensch, für sechs Jahre in die Wüste zu gehen. Nein, nicht die obligatorische Weibergeschichte, die zwei Drittel aller Männer auf der Baustelle als Motiv angaben (das letzte Drittel nannte Geld als Motiv - oder beides), hatte Heckmann hierher geführt, sondern ein peinlicher Vorfall an einer westdeutschen Klinik.

Die Zeitungen hatten damals von einem ärztlichen Kunstfehler gesprochen, aber es war eher ein Versehen gewesen, und er hatte sich moralisch in keiner Weise schuldig gefühlt, und die Standesversicherung hatte der Betroffenen ein respektables Schmerzensgeld zukommen lassen, worauf die Frau ihre Anzeige zurückzog. Dennoch hatte der Fall - ein vergessener Tupfer im Bauch der Patientin - so viel Aufsehen erregt, dass es ihm ratsam erschienen war, seinen Dienst zu quittieren, um Gras über die Sache wachsen zu lassen.

Niemand in Abu Simbel wusste von dieser Geschichte, und niemand würde je davon erfahren. Befragt nach dem Grund seiner Entscheidung, das Camp-Hospital zu übernehmen, hatte Heckmann stets Abenteuerlust als Motiv genannt, und das klang durchaus glaubhaft.

Obwohl sie nur ein paar Meter entfernt von ihm herumhantierte, hatte sich zwischen George Heckmann und Hella Hornstein eine unsichtbare Kluft gebildet. Er wagte nicht, ihr seine Leidenschaft zu gestehen, und sie hielt es für angebracht, ihm...

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