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Die gestohlene Karte & Eine Aprikose

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
77 Seiten
Deutsch
Bastei Lübbeerschienen am10.09.20151. Aufl. 2015
In 'Die gestohlene Karte' geht Commissario Montalbano dem rätselhaften Verschwinden einer Barfrau nach, während er in 'Eine Aprikose' ein Eifersuchtsdrama aufdeckt, in dem der Kern einer Aprikose eine besondere Rolle spielt.



Auch bei der Lösung seiner 'kleinen' Fälle zeigt sich Commissario Montalbanos unbestechlicher Blick für das noch so unwichtig erscheinende Detail - immer um die Wahrheit bemüht, mit viel Herz für die Nöte kleiner Sünder, einem gesegneten Appetit auf mediterrane Köstlichkeiten und stets auf der Suche nach Zeit für seine Verlobte Livia.



Die in diesem E-Book enthaltenen Kurzgeschichten stammen aus dem Erzählband 'Der ehrliche Dieb' von Andrea Camilleri.
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Produkt

KlappentextIn 'Die gestohlene Karte' geht Commissario Montalbano dem rätselhaften Verschwinden einer Barfrau nach, während er in 'Eine Aprikose' ein Eifersuchtsdrama aufdeckt, in dem der Kern einer Aprikose eine besondere Rolle spielt.



Auch bei der Lösung seiner 'kleinen' Fälle zeigt sich Commissario Montalbanos unbestechlicher Blick für das noch so unwichtig erscheinende Detail - immer um die Wahrheit bemüht, mit viel Herz für die Nöte kleiner Sünder, einem gesegneten Appetit auf mediterrane Köstlichkeiten und stets auf der Suche nach Zeit für seine Verlobte Livia.



Die in diesem E-Book enthaltenen Kurzgeschichten stammen aus dem Erzählband 'Der ehrliche Dieb' von Andrea Camilleri.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783732518166
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum10.09.2015
Auflage1. Aufl. 2015
Reihen-Nr.6
Seiten77 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2192074
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Eins

Zu spät, als er schon halb ausgezogen war und sich auf die Veranda gesetzt hatte, um seine letzte Zigarette zu rauchen, stellte Montalbano fest, dass er keinen Tropfen Whisky mehr im Haus hatte. Nicht dass er Lust gehabt hätte, sich zu besaufen. Er hätte sich mit einem Fingerbreit begnügt, aber das Gefühl, auf dem Trockenen zu sitzen, steigerte sein Verlangen nur noch mehr.

Er versuchte, sich am Riemen zu reißen, schließlich war er kein Alkoholiker. Aber ohne Whisky schmeckte seine Zigarette irgendwie fade. Nach einer Weile hielt er es nicht mehr aus.

Fluchend zog er sich irgendwelche Klamotten über, verließ das Haus, setzte sich ins Auto und fuhr zur Bar in der Nähe von Marinella. Allerdings hatte er vergessen, dass sie sonntags schon um neun Uhr abends schloss, und so musste er nach Vigàta hinein zum Café Castiglione fahren.

Direkt vor ihm betrat ein dicker Fünfzigjähriger das Café, der der Frau am Tresen zurief:

»Pamela, einen Caffè speciale!«

»Einen Speciale alla Sindona«, sagte jemand an einem Tisch.

»Oder alla Pisciotta, was dasselbe ist«, bemerkte ein anderer.

Alle außer dem Commissario und Pamela lachten.

Pamela, weil sie die Anspielung wahrscheinlich gar nicht verstanden hatte, und Montalbano, weil ihm die Sache gegen den Strich ging.

Dass man den Bankier Sindona im Gefängnis mit einem vergifteten Espresso ermordet hatte wie Jahrzehnte zuvor Gaspare Pisciotta, die rechte Hand des Banditen Salvatore Giuliano, war die Nachricht des Tages. Der italoamerikanische Bankier, der mit der Mafia ebenso im Bunde war wie mit der halben politischen Klasse Italiens, war damit für immer zum Schweigen gebracht.

Hätte er geredet und die Kungeleien zwischen Banken, Mafia und Politik enthüllt, wäre ein gewaltiges Erdbeben die Folge gewesen. Also hatte man zu einer nicht gerade legalen Maßnahme gegriffen, um das Staatsgeheimnis zu wahren. Auf Kosten der Wahrheit und der Gerechtigkeit.

»Was möchten Sie?«, fragte Pamela lustlos und träge, während sie den Tresen mit einem Lappen sauber wischte.

Die fünfundzwanzigjährige Mailänderin arbeitete seit sechs Monaten im Ausschank der Bar. Eine blasse, unscheinbare Blondine mit himmelblauen Augen, ausdruckslos wie die einer Puppe. Sie hatte ganz offenkundig nichts im Hirn, dafür aber einen üppigen Busen und ein ausladendes Gesäß.

Als der Commissario eine Flasche Whisky verlangte, klappte sie überrascht den Mund auf und sah ihn an, als hätte er von ihr verlangt, ihm die Sterne vom Himmel zu holen. Sie sah auf das Spirituosenregal in ihrem Rücken, dann zu ihm, dann wieder auf das Regal und sagte schließlich:

»Von diesem Whisky hier habe ich nur noch eine viertel Flasche. Fragen Sie besser an der Kasse.«

Der Kassierer schaute auf die Uhr und verzog das Gesicht.

»Commissario, wir schließen gleich. Es ist fast Mitternacht, und ich habe niemanden, den ich jetzt noch ins Lager schicken könnte. Tut mir leid.«

»Dann geben Sie mir die viertel Flasche.«

Die Berechnung des Preises gestaltete sich schwierig. Der Kassierer schlug vor, glasweise abzurechnen, der Commissario, den Preis der vollen Flasche durch vier zu teilen. Schließlich einigten sie sich, er zahlte und kehrte nach Marinella zurück, wo ihm die Lust auf Alkohol komplett vergangen war. Er stellte die Flasche auf den Tisch, rauchte noch eine Zigarette und sah dabei aufs Meer hinaus, dann ging er schlafen.

Im Büro herrschte totale Flaute. Er verbrachte den Vormittag damit, seine Unterschrift unter diverse Dokumente zu setzen, eine Aufgabe, mit der er beängstigend weit im Rückstand war. Um dreizehn Uhr ging er zu Calogero mittagessen, danach machte er einen langen Spaziergang die Mole entlang. Wenn das so weitergeht, dachte er, nehme ich besser ein paar Tage Urlaub und fahre zu Livia nach Boccadasse. Zurück im Kommissariat diskutierte er mit Augello und Fazio über Sindonas Tod. Italien würde seine unseligen Gewohnheiten wohl nie ablegen, egal welche Regierung an der Macht war.

Es war siebzehn Uhr, als das Telefon läutete. Catarella war dran.

»Dottori, da wäre, dass der Signori Valletta hier im Kommissariat ist, der mit Ihnen persönlich selber sprechen möchte.«

Er kannte keinen Valletta, aber bei Catarella konnte man sich mit den Namen nie ganz sicher sein.

»Bring ihn zu mir.« Er wandte sich an seine Kollegen. »Ihr könnt ruhig bleiben, wenn ihr wollt.«

Augello sagte, er habe etwas zu erledigen. Fazio blieb.

Natürlich hieß Valletta in Wirklichkeit Barletta. Totò Barletta. Er war der Betreiber des Café Castiglione.

»Ich bin beunruhigt und weiß nicht, was ich machen soll.«

»Und warum sind Sie beunruhigt?«

»Weil Pamela, meine Barfrau, die ab vierzehn Uhr Dienst hat, heute nicht gekommen ist.«

Dem Commissario erschien die Sache nicht weiter tragisch. Was sollte einer Frau schon passieren, die so unscheinbar war, dass man sie glatt übersah?

»Signor Barletta, das Mädchen ist volljährig, und ehrlich gesagt, finde ich nicht, dass drei Stunden Verspätung ...«

»Aber Sie wissen nicht, wie pünktlich und zuverlässig sie ist! Sie hat sich noch nie auch nur eine Minute verspätet! Andernfalls hätte sie angerufen. Nein, Commissario, ich muss davon ausgehen, dass da etwas nicht stimmt.«

»Haben Sie schon versucht, sie anzurufen?«

»Aber natürlich. Es hebt niemand ab.«

»Haben Sie jemanden zu ihr nach Hause geschickt?«

»Ich bin selber hingegangen! Ich habe geklingelt, ich habe gerufen, aber niemand hat mir aufgemacht.«

Das Mädchen war gesund und munter, davon hatte sich der Commissario am Abend zuvor selbst überzeugen können. Aber er stellte die Frage trotzdem.

»Leidet sie an irgendeiner Krankheit?«

»Sie ist kerngesund.«

»Hat sie eine Freundin?«

»Ich kenne keine.«

»Wissen Sie, ob sie einen festen Freund hat, einen ...«

»Einen festen Freund nicht, aber Männer hat sie wie Sand am Meer. Ledige, verheiratete, junge, alte ... Sie macht da keinen Unterschied, ihr sind alle recht.«

»Was heißt das genau?«

»Sie hat mindestens alle zwei Wochen einen Neuen. Im Durchschnitt einen pro Woche. Dabei geht es ihr nicht etwa ums Geld, es ist einfach ihre Art. Ich müsste mich in der halben Stadt nach ihr erkundigen. Und dem einen oder anderen, der eine Familie hat, könnte diese Frage ziemlich unangenehm sein. Verstehen Sie?«

Montalbano war völlig perplex.

Wie war das möglich? Diese blasse, unauffällige Blondine, die immer ein wenig schläfrig wirkte, sollte eine Männerfresserin sein? Er konnte es kaum glauben.

»Hatte sie einen Streit mit Ihnen?«

»Mit mir? Weshalb denn?«

»Sie sind doch ihr Arbeitgeber ...«

»Es gab nie irgendwelche Auseinandersetzungen.«

»Haben Sie eine Vermutung, warum sie nicht gekommen sein könnte?«

»Wenn ich einen Verdacht hätte, hätte ich es Ihnen sofort gesagt.«

Montalbano beschloss, das Gespräch an dieser Stelle abzubrechen.

»Hören Sie, es erscheint mir noch zu früh, mit einer Suchaktion zu beginnen. Machen wir´s so: Wenn sich das Mädchen bis Mitternacht nicht bei Ihnen meldet, kommen Sie morgen noch mal, dann sehen wir weiter.«

Barletta verabschiedete sich eher verwirrt als überzeugt.

»Du weißt nichts über dieses Mädchen?«, wandte sich der Commissario an Fazio.

»Nicht mehr als das, was Barletta gesagt hat.«

»Kannst du mir erklären, was die Männer an ihr finden?«

»Dottore, im Bett scheint sie wie eine Gummipuppe zu sein, nur dass sie lebendig ist. Sie weist keinen ab, wird ihrer Männer aber schnell überdrüssig. Und wenn sie zu einem sagt, es reicht ihr, dann reicht es ihr, da ist nichts zu wollen.«

»Stimmt es, dass sie es nicht für Geld macht?«

»Das muss man differenzierter sehen, Dottore. Sie nimmt kein Bargeld, das stimmt, und sie sagt, sie tut es nur zu ihrem Vergnügen. Aber Geschenke lehnt sie nicht ab, ganz im Gegenteil. Angeblich hat sie zwei Schließfächer in der Banca dell´Isola. Vigàta ist eine Goldgrube für sie.«

»Aber ihr Verhalten, dieses Ex und Hopp, hat das nie zum Streit zwischen ihren Liebhabern geführt?«

»Gelegentlich schon. Diejenigen, die nach Gebrauch abserviert wurden, waren bestimmt nicht begeistert. Aber es gab keine größeren Zwischenfälle, jedenfalls ist mir nichts dergleichen zu Ohren gekommen.«

»Und was könnte deiner Ansicht nach passiert sein?«

»Vielleicht ist sie für ein, zwei Tage mit jemandem ausgebüxt. Womöglich hat ihr einer den Kopf verdreht. Das passiert solchen Frauen manchmal.«

Als Montalbano kurz nach acht das Kommissariat betrat, teilte Catarella ihm mit, dass Signor Valletta schon seit einer halben Stunde auf ihn warte.

»Ist Fazio da?«

»Sissì, er ist hier vor Ort, wo er sich befindet.«

»Er soll zu mir kommen, und schick auch Barletta her.«

Sie betraten gleichzeitig sein Zimmer. Barletta machte ein sorgenvolles Gesicht. Er hatte ein paar Zettel in der Hand.

»Sie hat sich immer noch nicht gemeldet«, sagte er bekümmert.

»Wollen Sie eine Vermisstenanzeige aufgeben?«

»Auf jeden Fall. Die Unterlagen habe ich mitgebracht.«

»Welche Unterlagen?«

»Den Arbeitsvertrag, den ich mit ihr geschlossen habe, die Kopie von ihrem Ausweis ... Pamela heißt nicht Pamela, sondern Ernesta.«

»Dann gehen Sie jetzt mit...

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