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Meistererzählungen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
340 Seiten
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am29.05.20171. Auflage
Aldous Huxley, einer der großen englischen Erzähler und Utopist der Moderne, schrieb viele Kurzgeschichten. Die in diesem Band enthaltenen Erzählungen zeigen Huxley auf der Höhe seiner Meisterschaft. Einfühlsam und mit großer Menschlichkeit werden vor allem Kinder und Halbwüchsige geschildert. Einmal mehr zeigt sich Huxley als hervorragender Chronist und exzellenter Erzähler. In seinen Erzählungen zeigt sich sein zeitloser Blick, der sich mit Eleganz, Witz und Grazie verbindet.

Aldous Leonard Huxley, geboren 1894 in Godalming/Surrey, in Eton erzogen, studierte nach einer schweren Augenkrankheit englische Literatur in Oxford und war ab 1919 zunächst als Journalist und Theaterkritiker tätig. 1921 begann er mit der Veröffentlichung seines ersten Romans »Die Gesellschaft auf dem Lande« seine literarische Laufbahn. Von 1938 an lebte er in Kalifornien. Huxley starb 1963 in Hollywood.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR18,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextAldous Huxley, einer der großen englischen Erzähler und Utopist der Moderne, schrieb viele Kurzgeschichten. Die in diesem Band enthaltenen Erzählungen zeigen Huxley auf der Höhe seiner Meisterschaft. Einfühlsam und mit großer Menschlichkeit werden vor allem Kinder und Halbwüchsige geschildert. Einmal mehr zeigt sich Huxley als hervorragender Chronist und exzellenter Erzähler. In seinen Erzählungen zeigt sich sein zeitloser Blick, der sich mit Eleganz, Witz und Grazie verbindet.

Aldous Leonard Huxley, geboren 1894 in Godalming/Surrey, in Eton erzogen, studierte nach einer schweren Augenkrankheit englische Literatur in Oxford und war ab 1919 zunächst als Journalist und Theaterkritiker tätig. 1921 begann er mit der Veröffentlichung seines ersten Romans »Die Gesellschaft auf dem Lande« seine literarische Laufbahn. Von 1938 an lebte er in Kalifornien. Huxley starb 1963 in Hollywood.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492977272
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum29.05.2017
Auflage1. Auflage
Seiten340 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1557 Kbytes
Artikel-Nr.2389520
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Eupompos adelte die Kunst durch die Zahl

»Ich habe eine Entdeckung gemacht«, empfing mich Emberlin, als ich sein Zimmer betrat.

»Was für eine Entdeckung?«

»Eine Entdeckung über Entdeckungen«, erwiderte er, und sein Gesicht strahlte vor unverhohlener Genugtuung. Das Gespräch war unverkennbar so gelaufen, wie er es gewünscht hatte. Er hatte sein Wortspiel angebracht und lächelte mir, indem er es verliebt wiederholte - »eine Entdeckung über Entdeckungen« - wohlwollend zu. Er genoss sichtlich meine verdutzte Miene, die ich, wie ich bekenne, ein wenig übertrieb, um ihm Freude zu machen. Denn Emberlin, in mancher Hinsicht das reinste Kind, bereitete es eine besondere Freude, wenn er seinen Freunden Rätsel aufgeben und ihre ratlosen Gesichter sehen konnte. Diese kleinen Triumphe, mit denen er den anderen seine »Überlegenheit« fühlen ließ, gewährten ihm das größte Vergnügen, und wann immer es anging, leistete ich dieser Schwäche Vorschub, denn es war der Mühe wert, bei Emberlin gut angeschrieben zu sein. Es war ein Privileg, seinen Tischgesprächen lauschen zu dürfen. Nicht nur, dass er selbst vorzüglich formulierte, er hatte überdies die Gabe, auch seinen Partner dazu anzuregen. Er wirkte wie ein leichter Wein, der gerade nur bis zum Grad der Meredithschen Beschwipstheit berauschte. Man fand sich in seiner Gesellschaft sogleich in eine Sphäre geistiger Beweglichkeit und Angeregtheit versetzt. Man spürte plötzlich, dass ein Wunder geschehen war und man sich nicht länger in einer Welt fader Beliebigkeit und Unordnung, sondern irgendwo oberhalb des Durcheinanders in der Welt der Ideen befand, in einem Universum von gläserner Vollkommenheit, wo alles gestaltet war und in Einklang und Symmetrie miteinander stand. Und die Macht, gottähnlich diese neue und wirkliche Welt zu erschaffen, diese Macht besaß Emberlin. Er erschuf sie aus Worten, ein kristallenes Paradies, in das keine auf dem Bauch gehende und Erde essende Schlange je einbrechen würde, um seine Harmonien zu stören. Seitdem ich Emberlin kannte, hatte ich die Magie und alle Formen ihrer Liturgie immer mehr zu schätzen gelernt. Wenn Emberlin allein mit Worten für mich eine neue Welt erschaffen konnte und bewirkte, dass mein Geist die Herrschaft der alten Welt völlig von sich abzuschütteln vermochte, warum sollte dann nicht auch er oder ich oder irgendwer sonst, der die richtigen Formeln gefunden hat, imstande sein, in der Welt der Dinge Wunder etwas vulgärerer Art zu verrichten? Und wirklich, wenn ich Emberlin mit einem professionellen Feld-, Wald- und Wiesenzauberer verglich, dann sah ich in Emberlin den größeren Zauberer. Aber reden wir nicht mehr davon. Es bringt mich von meinem Thema ab, nämlich einer Beschreibung des Mannes, der mir gerade so vertrauensvoll mitgeteilt hatte, er habe eine Entdeckung über Entdeckungen gemacht.

Übrigens war Emberlin im besten Sinne des Wortes ein Gelehrter. Für uns, die wir ihn kannten, war seine Wohnung eine Oase stiller Zurückgezogenheit mitten in der Wüste von London. Er verbreitete eine Ausstrahlung, in der sich die fantasievolle Spekulation des Studenten mit der eher abgeklärten Wunderlichkeit eines unglaublich weisen alten Dons verband. Er war ungemein belesen, aber auf eine durchaus unenzyklopädische Art - eine Quelle belangloser Information, wie seine Feinde von ihm sagten. Er schrieb einiges, vermied aber, wie Mallarmé, es zu veröffentlichen, weil er darin so etwas wie einen Akt des Exhibitionismus sah. Einst jedoch, in der Torheit der Jugend, vor zehn oder zwölf Jahren, hatte er einen Band Verse herausgegeben. Danach verwandte er viel Zeit und Fleiß darauf, die Exemplare dieses Buches zu sammeln und zu verbrennen. Es können nur noch sehr wenige davon existieren. Mein Freund Cope hatte kürzlich das Glück, auf ein Exemplar zu stoßen - ein kleiner blauer Band, den er mir mit großer Heimlichkeit zeigte. Ich begreife nicht, warum Emberlin alle Spuren seines Buches vernichten will. Es steht nichts darin, dessen er sich zu schämen hätte. Einige dieser Verse sind sogar, in ihrer jugendlich-ekstatischen Form, wirklich gut. Aber natürlich sind sie in einem Stil geschrieben, der von dem seiner heutigen Gedichte recht verschieden ist. Vielleicht stimmt ihn das so unversöhnlich gegen sie. Was er heute schreibt und nur im engsten Kreis als Manuskript zirkulieren lässt, ist ein seltsames Zeug. Ich gestehe, mir ist sein früheres Werk lieber; ich mag nicht die strenge, gemeißelte Form dieser Verse - der einzigen aus seinen späteren Arbeiten, an die ich mich erinnere. Es ist ein Sonett auf die Porzellanfigur einer Frau, die man in Knossos ausgegraben hat:

Her eyes of bright unwinking gaze
All imperturbable do not
Even make pretences to regard
The jutting absence of her stays
Where many a Syrian gallipot
Excites desire with spilth of nard.
The bistred rims above the fard
Of cheeks as red as bergamot
Attest that no shamefaced delays
Will clog fulfilment nor retard
Full payment of the Cyprian s praise
Down to the last remorseful jot.
Hail priestess of we know not what
Strange cult of Mycenean days! [1]

Unglücklicherweise kann ich mich nicht mehr an seine französischen Gedichte erinnern. Ich glaube nämlich, dass sein eigentümliches Talent sich leichter in der fremden Sprache als in seiner eigenen ausdrückte.

So ist also Emberlin. Das heißt, so war er, denn wie ich gerade zeigen will, ist er jetzt nicht mehr derselbe, der er war, als ich in sein Zimmer trat und er mir vertraulich mitteilte, er habe eine Entdeckung über Entdeckungen gemacht.

Ich wartete geduldig ab, bis er sein kleines Spiel der Mystifikation beendete, und als mir der Augenblick gekommen schien, forderte ich ihn auf zu erklären, was er meinte. Emberlin war dazu bereit.

»Nun, da sind zunächst die Fakten«, begann er, »eine langweilige, aber notwendige Einleitung. Als ich vor Jahren zum ersten Mal Ben Jonsons Entdeckungen las, erregte eine seltsame Bemerkung, die ich darin fand, meine Neugier: Eupompos adelte die Kunst durch die Zahl. Auch Ihnen muss dieser Satz aufgefallen sein, jeder muss ihn bemerkt haben, und ebenso muss jeder festgestellt haben, dass noch kein Herausgeber ein Wort zu diesem Thema zu sagen fand. Aber das ist typisch für Herausgeber - alles, was ohnehin klar ist, wird bis zum Überdruss erklärt und erörtert, aber die schwierigen Stellen, über die man gern etwas mehr erfahren möchte, werden mit dem Schweigen absoluter Ignoranz übergangen. Eupompos adelte die Kunst durch die Zahl  - dieser absurde Satz blieb mir im Gedächtnis haften. Es gab eine Zeit, in der er mich buchstäblich verfolgte. Ich sang ihn, wenn ich in der Badewanne saß, zu einer Art Choral vertont. Wenn ich mich recht erinnere, ging es so« - er begann zu singen: »Eupompos, Eu - pompos a - delte â¦« und so weiter durch alle Wiederholungen mit dem Steigen und Fallen einer parodierten Hymne.

»Ich singe Ihnen das vor«, erklärte er, nachdem er geendet hatte, »damit Sie sehen, wie viel Macht dieser furchtbare Satz über meine Fantasie gewonnen hatte. Acht Jahre hindurch hat mich seine Absurdität immer wieder verfolgt. Natürlich habe ich Eupompos in allen in Frage kommenden Lexiken nachgeschlagen. Er findet sich auch dort als ein alexandrinischer Maler, von irgendeinem belanglosen Autor in irgendeiner noch belangloseren Anekdote, die mir entfallen ist, verewigt; aber es hatte jedenfalls nichts mit der. Adelung der Kunst durch Zahlen zu tun. Längst hatte ich meine Suche als hoffnungslos aufgegeben. Eupompos blieb für mich eine schattenhafte, vom Geheimnis umgebene Gestalt, Urheber eines unsagbaren Greuels, der der Kunst, die er ausübte, irgendeinen vergessenen Dienst erwies. Seine Geschichte war offenbar in ein undurchdringliches Dunkel gehüllt. Und da entdecke ich gestern plötzlich alles über ihn, über seine Kunst und seine Zahlen. Eine Zufallsentdeckung - und nur wenige Dinge in meinem Leben haben mir mehr Vergnügen gemacht.

Wie gesagt, ich stieß gestern darauf, als ich einen Band Zuylerius in der Hand hatte. Natürlich nicht den Zuylerius, den jeder kennt«, fügte er rasch hinzu, »sonst hätte man ja schon vor Jahren das Geheimnis des Eupompos entdeckt.«

»Selbstverständlich nicht den bekannten Zuylerius«, wiederholte ich.

»So ist es«, sagte Emberlin, der den Spott nicht bemerkte, »nicht der übliche John Zuylerius junior, sondern der ältere Henricus Zuylerius, der - vielleicht zu Unrecht - sehr viel weniger berühmt ist als sein Sohn. Aber dies ist nicht der Augenblick, die Verdienste der beiden gegeneinander abzuwägen. Jedenfalls fand ich in einem Band mit kritischen Dialogen des älteren Zuylerius die Stelle, auf die sich Jonson in seiner Anmerkung...
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Autor

Aldous Leonard Huxley, geboren 1894 in Godalming/Surrey, in Eton erzogen, studierte nach einer schweren Augenkrankheit englische Literatur in Oxford und war ab 1919 zunächst als Journalist und Theaterkritiker tätig. 1921 begann er mit der Veröffentlichung seines ersten Romans »Die Gesellschaft auf dem Lande« seine literarische Laufbahn. Von 1938 an lebte er in Kalifornien. Huxley starb 1963 in Hollywood.