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Seht mich an

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
288 Seiten
Deutsch
Eisele eBookserschienen am23.02.2023Auflage
'Ein tiefbewegender Roman.' FAZ Frances Hinton arbeitet in einer medizinischen Bibliothek und führt ein zurückgezogenes Leben. Ihre eintönige Existenz wird von neuem Glanz erfüllt, als sie ein extravagantes Paar kennenlernt, das sie in ihren illustren Freundeskreis aufnimmt.  Frances kann sich der Bewunderung des charmanten Nick und seiner umwerfenden Frau Alix nicht erwehren und schafft es mithilfe des glamourösen Paares, endlich aus ihrem Schattendasein herauszutreten.  Doch muss Frances bald erkennen, dass diese neue aufregende Welt nicht so glanzvoll ist, wie sie scheint... 'Ein zeitloser Klassiker!' Für Sie Autorin mit dem Booker Prize ausgezeichnet

ANITA BROOKNER, 1928 in London geboren, studierte Kunstgeschichte am King's College und absolvierte ein postgraduales Studium an der Universität von Paris. Brookner wurde Expertin für Französische Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts und übernahm 1967 als erste Frau die Slade-Professur der Schönen Künste in Cambridge. 1981 erschien ihr literarisches Debüt Ein Start ins Leben. Ihr Roman Hotel du Lac wurde 1984 mit dem Booker Prize ausgezeichnet. Obwohl Anita Brookner erst in ihren Fünfzigern literarisch zu schreiben begann, verfasste sie bis zu ihrem Tod 2016 in London insgesamt 24 Romane. Sie gilt als meisterhafte Stilistin. Im Eisele Verlag erschien zuletzt ihr Roman Ein tugendhafter Mann. Seht mich an ist Anita Brookners dritter Roman.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR17,99

Produkt

Klappentext'Ein tiefbewegender Roman.' FAZ Frances Hinton arbeitet in einer medizinischen Bibliothek und führt ein zurückgezogenes Leben. Ihre eintönige Existenz wird von neuem Glanz erfüllt, als sie ein extravagantes Paar kennenlernt, das sie in ihren illustren Freundeskreis aufnimmt.  Frances kann sich der Bewunderung des charmanten Nick und seiner umwerfenden Frau Alix nicht erwehren und schafft es mithilfe des glamourösen Paares, endlich aus ihrem Schattendasein herauszutreten.  Doch muss Frances bald erkennen, dass diese neue aufregende Welt nicht so glanzvoll ist, wie sie scheint... 'Ein zeitloser Klassiker!' Für Sie Autorin mit dem Booker Prize ausgezeichnet

ANITA BROOKNER, 1928 in London geboren, studierte Kunstgeschichte am King's College und absolvierte ein postgraduales Studium an der Universität von Paris. Brookner wurde Expertin für Französische Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts und übernahm 1967 als erste Frau die Slade-Professur der Schönen Künste in Cambridge. 1981 erschien ihr literarisches Debüt Ein Start ins Leben. Ihr Roman Hotel du Lac wurde 1984 mit dem Booker Prize ausgezeichnet. Obwohl Anita Brookner erst in ihren Fünfzigern literarisch zu schreiben begann, verfasste sie bis zu ihrem Tod 2016 in London insgesamt 24 Romane. Sie gilt als meisterhafte Stilistin. Im Eisele Verlag erschien zuletzt ihr Roman Ein tugendhafter Mann. Seht mich an ist Anita Brookners dritter Roman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783961611614
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum23.02.2023
AuflageAuflage
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1573 Kbytes
Artikel-Nr.9998681
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe



1 Sobald eine Geschichte bekannt geworden ist, kann sie nie wieder unbekannt werden. Allenfalls kann man sie vergessen. Doch solange sie in unserem Gedächtnis lebt, wird sie, die Zeit überwindend, auch unsere Zukunft bestimmen. Weiser ist unter allen Umständen das Vergessen, weiser ist es, sich in der Kunst des Vergessens zu üben. Sich erinnern heißt, dem Feind ins Angesicht zu sehen. In der Erinnerung liegt die Wahrheit.

Ich heiße Frances Hinton, und ich schätze es nicht, wenn man mich Fanny nennt. Ich arbeite in der Präsenzbibliothek eines medizinischen Forschungsinstituts, in dem die Probleme des menschlichen Verhaltens untersucht werden. Ich verwalte das Bildmaterial, ein Archiv, das, wie es heißt, seinesgleichen in der Welt nicht hat, mit seinen fotografischen Wiedergaben von Kunstwerken, aber auch von volkstümlichen Drucken, auf denen Ärzte und Patienten aus allen Jahrhunderten zu sehen sind. Es ist eine Enzyklopädie der Krankheit und des Todes, denn früher konnte man nur wenige Krankheiten heilen, und wohl deshalb übten sie eine so schaurige Faszination auf die Fantasie der Zeitgenossen aus. Unser spezielles Interesse gilt den Träumen und dem Wahnsinn, und natürlich liegt das Schwergewicht unserer Sammlung eher auf allem, was sich dem planen Verständnis oder der Diagnose entzieht. Es gibt menschliche Verhaltensweisen, die uns ein Rätsel geblieben sind, aber wenigstens haben wir sie ordentlich in unserer Bibliothek registriert.

Ich arbeite mit meiner Freundin Olivia zusammen. Wir schreiben an die Museen und Gemäldegalerien wegen der Fotografien. Sobald sie bei uns eintreffen, kleben wir sie auf Karteikarten und tippen alle sachdienlichen Informationen darüber auf einen Papierstreifen, der dann ebenfalls auf die Karteikarte geklebt wird. Es ist außerordentlich interessant, wenn auch auf eine etwas makabre Weise. So viele Irre, so viele Gefängnishospitäler, so viel Elend. Und dass es immer noch weitergeht, dass so vieles ungelöst geblieben ist. Aber das ist glücklicherweise nicht mein Problem, obschon es offenbar den meisten der Leute, für die ich arbeite, großes Kopfzerbrechen bereitet.

Nehmen wir zum Beispiel die Melancholie. Ich könnte beinahe eine Abhandlung über die Melancholie schreiben, und das allein dank den Blättern in meiner Kartei. Auf den alten Drucken findet man die Melancholie für gewöhnlich als Frau mit zerzausten Haaren dargestellt, verstört, umgeben von zerbrochenen Krügen, umgestürzten Fässern und zerrissenen Büchern. Sie ist vielleicht in einen unruhigen Schlaf versunken, eine schwergliedrige Gestalt, überwältigt von ihrer Unfähigkeit, die Welt zu verstehen; sie hat den Kompass und das Buch beiseite gelegt. Sie ist Furcht erregend, aber der Mensch, dem sie am meisten Furcht macht, ist sie selbst. Sie ist ihre eigene Krankheit. Dürer stellt sie uns geflügelt dar, in einem plumpen weiten Kleid, auf dem strähnigen Haar einen Kranz. Ihr Gesichtsausdruck ist grimmig und ihre Verwirrung groß; sie ist umgeben von den Symbolen für das Studium, die Pflicht und das Leiden: eine Glocke, ein Stundenglas, eine Waage, eine Weltkugel, ein Kompass, eine Leiter und Nägel. Manchmal wird diese Gestalt auch inmitten von wucherndem Unkraut gezeigt, über dem Haupt ein Spinnengewebe. Ein andermal schaut sie aus dem Fenster zum Vollmond hinauf, denn sie ist mondsüchtig. Ist aber ein Mann von Melancholie befallen, dann, weil er an einer romantischen Liebe leidet. Er stützt den Arm, der in wattiertem Atlas steckt, auf ein samtenes Kissen und blickt unter einem Hut mit wippender Feder hervor zum Himmel; oder er ergreift einen Dornenzweig oder eine Brennnessel und gibt uns damit zu verstehen, dass er nicht schlafen kann. Auf mich wirken diese Männer allerdings so, als würden sie ein bisschen posieren, ganz anders als die Frauen, bei denen die Melancholie nicht so malerisch in Erscheinung tritt. Die Frauen machen den Eindruck, als stünden sie im Bann eines Kummers, der zu groß ist, um ihn in Worte zu kleiden. Die Männer dagegen wirken, als hätten sie sich für die Gelegenheit herausgeputzt und legten Wert darauf, ihr Leid mit edler Duldermiene zu tragen. Was beweist, dass sich, mindestens in dieser Hinsicht, seit dem sechzehnten Jahrhundert nicht viel geändert hat.

Die Mittel zur Behandlung der Melancholie schließen die Musik ebenso wie die Geißel ein. Wie man glaubt, waren einige der großen religiösen Gestalten der Vergangenheit Melancholiker. El Greco suchte sich sogar die Modelle für seine Heiligen und Apostel in der Irrenanstalt von Toledo.

Gleich nach der Melancholie rangieren in unserer Kartei die Geisteskrankheiten; auch diese Abteilung wird von unseren Besuchern sehr in Anspruch genommen. Aber in diesem Bereich hat sich glücklicherweise eine ganze Menge geändert. Früher galten ja Verrückte als ungeheuer belustigend, und es gibt Unmengen von volkstümlichen Darstellungen - meistens englischer Herkunft, wie ich zu meinem Bedauern sagen muss - mit komischen Männern, die sich gegenseitig auf den Kopf hauen oder Grimassen schneiden. Natürlich kann es sich dabei auch um durchaus seriöses Material handeln, zumal es gar nicht so wenige Künstler gibt, die ein sehr weitgehendes Verständnis für diesen traurigen Zustand haben. Wie stark doch diese Irren sind! Auf alten Bildern sieht man sie nackt, wie sie sich in ihren Fesseln winden. Sie raufen sich die Haare, um ihr Gesicht damit zu verdecken. Ein mittelalterliches Sinnbild des Narren auf einer Tarockkarte zeigt eine gewaltige, in Felle gekleidete Gestalt mit einem Raben auf der Schulter, die Dudelsack spielt. Allein Géricault hat den Irren als ein Geschöpf mit eigener Würde gezeigt; freilich lebte er in dem großen Jahrhundert, in dem den Geisteskranken die Fesseln gelöst wurden und in einigen Fällen den Patienten erlaubt wurde, ihre eigene Kleidung zu tragen. Außerdem wird behauptet, dass Géricault selbst wahnsinnig war, wenigstens von Zeit zu Zeit, und das könnte zweifellos sein Gefühl von Artverwandtschaft zu diesem merkwürdigen Menschenschlag noch vertieft haben. Obsessionen und Wahnvorstellungen lassen bei Géricault die Augen der Irren rot und von Misstrauen entzündet sein - wenn sie nicht, mit einem Ausdruck vollkommener Unschuld, weit aufgerissen sind. Die einen halten sich für Kinder, andere für Generäle und wieder andere für Könige. Auf einem erschütternden Gemälde Goyas sehen wir in einem weiten, gewölbten, mit einem hohen Fenster ausgestatteten Raum einen wütenden Tumult nackter Gestalten, von denen einige in einer Schlägerei begriffen sind, während andere nur herumhocken oder auf dem Boden kriechen. Aber auch unter diesen kaum noch menschlichen Geschöpfen haben sich einige mit Papierkronen, Federn oder auch Amtsketten geschmückt. Goya zeigt uns auch eine Gestalt, die alles Menschliche hinter sich lässt, mit Tierkopf und riesigen Füßen und mit einem Körper, der von einem Hagel schwarzer Kohlestriche wie mit elektrischen Schlägen gezeichnet ist. Ich weiß sehr wenig über Goyas geistige Verfassung, nur so viel, dass sie kaum beneidenswert gewesen sein kann. Jedenfalls scheint er sein Leben lang am Rande seiner Leidensfähigkeit gestanden zu haben.

Wir verfügen außerdem über eine schier vollkommene Auswahl von Todesszenen, und hier ist des Grauens kein Ende. Auch der Tod kann eine Frau sein, von täuschender Schönheit, den Totenschädel in der Hand. Aber für gewöhnlich ist der Tod ein Gerippe, das man als männlich begreift. Der Tod kann die Mutter mit ihrem Kind bedrohen, er kann in das reich ausgestattete Haus des Handelsherren treten, kann plötzlich den Geizhals beim Zählen seines Goldes heimsuchen oder den Gelehrten in seinem Studium. Der Tod kann dem Bräutigam und dessen Braut auflauern; ja, er kann unter den Hochzeitsgästen sein. Der gekrönte Tod, den knöchernen Fuß auf eine Kugel gesetzt, hält einen Spiegel in der Hand, auf dem die Worte stehen: »Der Spiegel, der nicht schmeichelt.« Übrigens ist der Tod durchaus nicht friedlich, wie ich wohl weiß. Am Ende kommt die Versuchung in Gestalt von Ungeheuern und Teufeln, und rund um das Schmerzenslager ringen die Engel und kämpfen um die Seele des Sterbenden.

Am beliebtesten ist in unserer Bibliothek die den Träumen gewidmete Abteilung. Es gibt Träume, die von Frauen handeln, von Gott, von Wirbelwinden, Riesenvögeln, Hunden oder vom Ruhm. Die heilige Helena träumt vom Wahren Kreuz, das sie später finden sollte. Die berühmteste Traumdarstellung zeigt einen Mann, um den die Fledermäuse kreisen, während sein Kopf auf den verschränkten Armen ruht. All diese Träume müssen sehr quälend sein. Ich selbst träume nie, und ich glaube, das ist ein großes Glück. Auch bin ich so glücklich, mich einer ausgezeichneten Gesundheit zu erfreuen, und dieser Umstand, verbunden mit dem, dass mir alle Kenntnisse des Spezialisten fehlen, machen mir meine Arbeit erträglich. Wäre ich irgendwie belastet, glaube ich nicht, dass ich den ganzen Tag lang all dieses Zeug ansehen könnte. Glücklicherweise - sogar für jemanden, der so unverwundbar ist wie ich - gibt es auch Bilder von guten Ärzten, obwohl man zugeben muss, dass die meisten anscheinend nichts anderes taten als Zähne zu ziehen oder mit großen eisernen Instrumenten in offenen Wunden zu graben, falls sie nicht gerade eine Urinprobe musterten. Aber ich versuche, mir jenes Gemälde Goyas zu vergegenwärtigen (Sie sehen, wie sich dieser Name immer wieder aufdrängt), das der Künstler zum Zeichen seiner Freundschaft für seinen Arzt, Dr. Arrieta, gemalt hat. Für dieses Bild habe ich eine ganz besondere Vorliebe. Es zeigt den Maler im Schlafrock; er steht vor dem Beschauer als ein im höchsten Grade Leidender; die Struktur von Gesicht und Körper zerfällt unter dem Gewicht seiner...

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Autor

ANITA BROOKNER, 1928 in London geboren, studierte Kunstgeschichte am King's College undabsolvierte ein postgraduales Studium an der Universität von Paris. Brookner wurde Expertin fürfranzösische Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts und übernahm 1967 als erste Frau die Slade-Professur der Schönen Künste in Cambridge. 1981 erschien ihr literarisches Debüt Ein Start insLeben. Ihr Roman Hotel du Lac wurde 1984 mit dem Booker Prize ausgezeichnet. Obwohl AnitaBrookner erst in ihren Fünfzigern literarisch zu schreiben begann, verfasste sie bis zu ihrem Tod2016 in London insgesamt 24 Romane. Sie gilt als meisterhafte Stilistin. Seht mich an ist AnitaBrookners dritter Roman.