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Witwenverbrennung

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
281 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am04.02.20151. Auflage
In einer brennenden Villa im vornehmen Dahlem wird die Leiche von Sandra Roßwein entdeckt. Sie ist die Witwe des Inhabers einer deutsch-indischen Handelsfirma, der auf einer Indienreise ums Leben gekommen ist. Ihr Mann war vollkommen von der alten indischen Kultur besessen und legte in seinem Testament fest, seine Frau solle sich nach seinem Tode verbrennen lassen. Hat sie sich also tatsächlich selbst verbrannt oder hat jemand Roßweins letzten Willen vollstreckt?

Horst Bosetzky (-ky) wurde in Berlin geboren. Der emeritierte Professor für Soziologie veröffentlichte neben wissenschaftlichen Arbeiten zahlreiche, zum Teil verfilmte und preisgekrönte Kriminalromane. Er war zehn Jahre lang Sprecher des ?Syndikats? und Gründungsmitglied von ?Quo Vadis?. Besuchen Sie: www.horstbosetzky.de
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KlappentextIn einer brennenden Villa im vornehmen Dahlem wird die Leiche von Sandra Roßwein entdeckt. Sie ist die Witwe des Inhabers einer deutsch-indischen Handelsfirma, der auf einer Indienreise ums Leben gekommen ist. Ihr Mann war vollkommen von der alten indischen Kultur besessen und legte in seinem Testament fest, seine Frau solle sich nach seinem Tode verbrennen lassen. Hat sie sich also tatsächlich selbst verbrannt oder hat jemand Roßweins letzten Willen vollstreckt?

Horst Bosetzky (-ky) wurde in Berlin geboren. Der emeritierte Professor für Soziologie veröffentlichte neben wissenschaftlichen Arbeiten zahlreiche, zum Teil verfilmte und preisgekrönte Kriminalromane. Er war zehn Jahre lang Sprecher des ?Syndikats? und Gründungsmitglied von ?Quo Vadis?. Besuchen Sie: www.horstbosetzky.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839246061
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum04.02.2015
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.3
Seiten281 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2430474
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

ZWEI

Es waren Schulferien in Berlin, und Silvio schlief noch. So konnten Mannhardt und die Gefährtin seines Lebens frühstücken, ohne unter den Launen ihres pubertierenden Knaben leiden zu müssen. Die Kommunikation war auch ohne ihn schon nervig genug.

Heike hatte die halbe Nacht über an einem Artikel gesessen, in dem es um die Asylanten ging, die nach Berlin gekommen waren, um gegen die Residenzpflicht, die fehlende Arbeitserlaubnis und ihre zu primitiven Unterkünfte zu protestieren. Nun kampierten sie in Kreuzberg auf dem Oranienplatz und zogen immer mal wieder ins Regierungsviertel, um sich dort lautstark bemerkbar zu machen.

»Die Heime sind Lager, sagen sie, und Lager sind Gefängnisse. Ich stehe voll auf ihrer Seite«, bekannte Heike.

»Ich auch«, gab Mannhardt zu Protokoll. »Und unser Nachbar, der alte Knoll, meint sogar, dass man ihnen Zimmer im Adlon reservieren sollte.«

»Das ist menschenverachtend!«, erregte sich Heike. »Und ich möchte nicht, dass du so etwas kolportierst.«

»Nein, natürlich nicht. Meinst du denn, ich will mich mit dem ZK der Gutmenschen anlegen?«

»Mit dir kann man überhaupt nicht mehr diskutieren«, hielt sie ihm vor.

Sie waren daran, sich wieder einmal in die Haare zu geraten, als anhaltend geklingelt wurde.

Mannhardt fluchte. »Bestimmt wieder einer, der uns seine bescheuerten Werbeflyer in die Briefkästen stecken will.«

»Lass ihn bitte rein, das sind doch alles nur arme Teufel, die sich ein paar Euro dazuverdienen müssen.«

Mannhardt erhob sich, ging zur Gegensprechanlage und gab sich so unfreundlich, wie es eben ging. »Ja, bitte â¦? Was gibt es?«

»Zum Essen, im Fernsehen oder in der großen Politik? Das müssen Sie schon etwas präziser formulieren, Herr Kommissar. Wohl lange keine Vernehmung mehr durchgeführt, wie?«

»Mensch, Orlando!«

Sein Enkel kam wieder einmal zu Besuch. Als er oben angekommen war, umarmten sie sich.

»Der Herr Jurastudent, sieh da! Mal wieder ne Vorlesung geschwänzt?«

»Oppa, es sind noch Semesterferien.«

Das Klingeln hatte auch Silvio hochschrecken lassen. Er kam aus seinem Zimmer, wischte sich den Schlaf aus den Augen und staunte, den Enkel seines Vaters im Korridor stehen zu sehen.

»Das ist Orlando«, verriet ihm Mannhardt.

»Lando - or what?«, fragte Silvio.

»Very correctly. My name is Joe Lando not Or Lando. I m born in the year 1961 in Illinois and I ve made me a name as an actor, see Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart. The voyage home.«

Orlando begrüßte Heike, dann setzten sich alle, um das Frühstück gemeinsam fortzusetzen.

»Es wird und wird nicht wärmer«, klagte Orlando.

Mannhardt erinnerte sich an ein Gedicht von Emanuel Geibel, das er vor gefühlten 100 Jahren in der Schule hatte lernen müssen: »Hoffnung. - Und dräut der Winter noch so sehr / Mit trotzigen Gebärden, / Und streut er Eis und Schnee umher, / Es muss d o c h Frühling werden.«

Orlando klatschte Beifall. »Da sieht man mal, was die Schule zu deiner Zeit alles vermocht hat.«

»Und damals hat noch keiner den General Winter gekannt«, stellte Mannhardt fest.

»Welchen General Winter?«, wollte Heike wissen.

»Na, den Russen. Der war es doch, der die deutschen Soldaten 1942 in Russland gestoppt hat.«

»Papa hat wieder vergessen, seine Medikamente zu nehmen«, warf Silvio ein.

Orlando berichtete davon, dass er Montagabend einen Freund in Alt-Tempelhof besucht hatte, um mit ihm ein Referat zu Ende zu bringen. »Und kurz nach 23 Uhr haben wir dann im Dunkeln gesessen.«

Mannhardt freute sich. »Eine Stromsperre zum Gedenken an die Berliner Blockade - eine prima Idee.«

»Denkste! Eine Ratte hatte in einer Netzstation ein Kabel angefressen und dabei einen Kurzschluss ausgelöst. Die war am Verhungern gewesen und ist dabei getötet worden.«

Mannhardt sah Silvio an. »Also: Wenn der Kühlschrank mal leer ist und du es vor Hunger nicht mehr aushalten kannst, dann bitte in kein Kabel beißen - das Plastikzeug macht nicht satt.«

»Wie witzig!« Silvio griff sich sein iPhone, um der öden Konversation mit den Alten zu entrinnen.

»Dieses scheiß Ding zertrete ich noch mal!«, rief Mannhardt.

Er hatte gehofft, mit zunehmendem Lebensalter gelassener zu werden, doch das genaue Gegenteil war eingetreten: Über alles und jedes konnte er sich fürchterlich aufregen. Beispielsweise über das info-Radio des rrb, das Heike gerade eingeschaltet hatte.

»Inhaltlich haben sie ausgezeichnete Beiträge, Hut ab, aber dann entwerten sie alles wieder durch Werbeeinblendungen, die an Schwachsinn nicht mehr zu überbieten sind. Und das auch noch als öffentlich-rechtliche Anstalt!«

»Oppa!«, rief Orlando. »Piano!«

»Wieso?«, fragte Silvio. »Papa kann doch gar nicht Klavier spielen â¦«

»In der Musiksprache bedeutet piano leise. Das Gegenteil ist forte gleich laut.«

Heike runzelte die Stirn. »Und warum sagt man für Klavier auch Pianoforte?«

»Wahrscheinlich, weil es beides kann.«

Mannhardt stöhnte auf. »Das ist ja, als hätte ich Deutschlandradio Kultur eingeschaltet.«

»Solltest du öfter mal tun, Oppa«, fand Orlando.

»Wohin fahren wir denn übermorgen mit dem Auto?«, wollte Silvio wissen.

Mannhardt verstand die Frage nicht. »Wieso â¦?«

»Na, weil übermorgen doch Carfreitag ist.«

Heike verdrehte die Augen. »Der Karfreitag - mit K vorne - kommt vom Althochdeutschen kara gleich Klage, Kummer, Trauer. Weil Jesus an diesem Tag am Kreuz gestorben ist.«

Das Wort kara löste bei Mannhardt aber ganz andere Assoziationen aus. »Da muss ich immer an Karl May denken, Durch die Wüste und so weiter: Kara ben Nemsi â¦ Karl, Sohn der Deutschen.«

Silvio hatte noch kein einziges Karl-May-Buch gelesen und musste erst aufgeklärt werden.

Als das geschehen war, entbrannte eine heftige Diskussion darüber, ob man im Fall des Jungen nicht doch lieber zu seinem eigentlichen Taufnamen zurückkehren sollte, zu Silvester. Er hatte ihn erhalten, weil er zu Silvester gezeugt worden war, was aber Heike und Mannhardt nicht zugaben, sondern immer sagten, sie hätten ihn nach Papst Silvester I., einem Heiligen, genannt.

»Silvio geht wirklich nicht mehr«, sagte Mannhardt. »Alle denken doch da an Silvio Berlusconi, diesen unsäglichen italienischen Politclown.«

»Und damit nicht genug«, fügte Orlando hinzu. »Man muss nur genügend Fantasie besitzen â¦ War nicht Heike zur fraglichen Zeit als Journalistin in Italien und hat mit Berlusconi gesprochen â¦ Und wie man den kennt, da wird er doch sogleich â¦«

Heike zückte ihr Brötchenmesser. »Noch ein Wort, Orlando, und â¦!«

»Geil!«, rief Silvio. »Meine Mutter ersticht meinen Neffen! Da kommen wir endlich mal ins Fernsehen. ZDF-Drehscheibe, kurz nach zwölf.«

Mannhardt wechselte das Thema. »Wisst ihr, was wirklich grotesk ist: Da fahren doch elfmal am Tag leere S-Bahn-Züge zum stillgelegten Flughafen Berlin-Brandenburg, um den Tunnel zu entlüften. Das sind die sogenannten Entlüftungsfahrten.«

»So etwas brauchte die katholische Kirche auch«, fand Orlando.

Heike stand auf. »Jetzt wird s mir doch zu sehr Stammtisch.«

»Eher Kabarett«, fand Orlando.

»Egal. Ich muss los, einkaufen. Heute um 17.30 Uhr soll ich auch noch in der Stierstraße sein.«

»Sind da Stierkämpfe?«, wollte Silvio wissen.

»Nein, da verlegen sie Stolpersteine.«

»Das ist doch gemein!«, rief der Junge.

Alle drei Erwachsenen erklärten ihm die Sache, und Mannhardt schlug vor, dass sie doch alle hingehen sollten. Das wurde dann einstimmig beschlossen. Vorher aber war der Programmpunkt Deutsches Technikmuseum abzuhaken, das hatten Mannhardt und Orlando dem Jungen versprochen.

»Wir fahren mit der U-Bahn«, verkündete Mannhardt.

Silvio maulte. »Lieber mit dem Auto!«

»Denkste, Carfreitag ist erst morgen.«

Mannhardt wohnte seit Jahren in einem der postmodernen Gebäude, die zwischen 1985 und 1988 im Rahmen der IBA auf dem Gelände des ehemaligen Tegeler Industriehafens entstanden waren. Ein Hafenbecken, das wie ein überdimensioniertes Planschbecken für Kleinkinder aussah, gab es immer noch, und hier ließen er und sein Sohn gern ihre ferngesteuerten Modellboote zu Wasser. Am östlichen Ufer erhob sich die Humboldt-Bibliothek, die an eine alte Fabrikhalle erinnerte, aber auch ein Neubau war. Hier gab es jedes Jahr im Herbst die Reinickendorfer Kriminacht, die Mannhardt aber nur selten besuchte. Sicher, er schätzte das Genre, glorifizierte und mystifizierte es ja seinen Berufsstand über alle Maßen, doch er hatte in seinem Leben zu viel true crime erlebt, als dass er sich an literarischen Ausformungen noch sonderlich erfreut hätte.

Sie liefen zum Bahnhof Alt-Tegel, und Silvio gab im Verteilergeschoss einen Laut von sich, der an einen Affenkäfig denken ließ.

»Uuuu â¦! Weil es doch die U-Bahn ist.«

Es gab einen kleinen Disput über den Weg zum Museum in der Trebbiner Straße.

»Mit der U...

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