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Hungergeist

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
470 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am01.07.20152015
Vor dem Aquarium des Multimar in Tönning stirbt ein Fischer. Der Mann wurde mitten unter den vielen Besuchern erstochen. Die Husumer Kripo ermittelt und Stück für Stück offenbart sich das Geheimnis um die Crew des Fischkutters »Rungholt«, die eine brisante Fracht an Bord genommen hat. Jetzt ist nicht nur ein Killer hinter der Crew her, sondern auch das Misstrauen untereinander bringt alle an den Rand des Abgrunds.

Wimmer Wilkenloh, von der Nachkriegszeit, dem Wirtschaftswunder und dem Widerstand geprägt, ist von frühster Jugend an kreativ veranlagt. Nach einer längeren Reise durch den mittleren Osten bis nach Nepal und Indien studierte er an der Kunsthochschule in Hamburg. Neben der Malerei widmete er sich dort dem Film und arbeitete nach dem Studium als Autor beim NDR-Fernsehen. All diese Erfahrungen finden sich in seinen Kriminalromanen wieder, die auf der Halbinsel Eiderstedt angesiedelt sind. Das Wattenmeer, die sich stetig verändernde Landschaft, bildet den Hintergrund für den buddhistisch geprägten Hauptkommissar Jan Swensen.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR14,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextVor dem Aquarium des Multimar in Tönning stirbt ein Fischer. Der Mann wurde mitten unter den vielen Besuchern erstochen. Die Husumer Kripo ermittelt und Stück für Stück offenbart sich das Geheimnis um die Crew des Fischkutters »Rungholt«, die eine brisante Fracht an Bord genommen hat. Jetzt ist nicht nur ein Killer hinter der Crew her, sondern auch das Misstrauen untereinander bringt alle an den Rand des Abgrunds.

Wimmer Wilkenloh, von der Nachkriegszeit, dem Wirtschaftswunder und dem Widerstand geprägt, ist von frühster Jugend an kreativ veranlagt. Nach einer längeren Reise durch den mittleren Osten bis nach Nepal und Indien studierte er an der Kunsthochschule in Hamburg. Neben der Malerei widmete er sich dort dem Film und arbeitete nach dem Studium als Autor beim NDR-Fernsehen. All diese Erfahrungen finden sich in seinen Kriminalromanen wieder, die auf der Halbinsel Eiderstedt angesiedelt sind. Das Wattenmeer, die sich stetig verändernde Landschaft, bildet den Hintergrund für den buddhistisch geprägten Hauptkommissar Jan Swensen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839247648
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum01.07.2015
Auflage2015
Reihen-Nr.6
Seiten470 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2430784
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Eiderland

Wie das lautlose, gepanzerte Unterwasserfahrzeug von Kapitän Nemo zieht ein riesengroßer Stör in Augenhöhe an Swensens Kopf vorbei. Einen kurzen Augenblick starrt er gebannt auf die zerklüfteten Knochenplatten des Fischleibs, der nur einen Meter von ihm entfernt seine Kreise zieht. Der Kriminalist registriert die mächtige Panoramascheibe, die den kinogleichen Saal wie ein überdimensionales Schaufenster in die Nordsee ausfüllt, bemerkt noch, dass sie bis zur Decke hinaufreicht, als die Wirklichkeit über ihn hereinbricht. Von rechts flammt gerade eine der aufgestellten Tageslichtlampen der Spurensicherung auf, überstrahlt das verzauberte Licht aus dem Seewasseraquarium und taucht den bis eben unwirklich anmutenden Tatort in eine grelle Helle. Der Hauptkommissar schirmt die Augen mit seiner Hand ab. Er ist lustlos und gereizt. Seit Tagen hängt der Himmel in Nordfriesland den Menschen nur drei Meter über dem Kopf. Es ist tagaus und tagein trübe. Die Luft, dick und bleischwer, drückt aufs Gemüt und scheint den Blickwinkel für jede Aufmunterung einzuengen.

Swensen möchte in diesem Moment am liebsten auch Fisch sein und schwerelos durchs Aquarium schwimmen als hier vor der Scheibe an dem Ort eines Verbrechens zu stehen. Jede Bewegung fordert ihm Anstrengung ab. Er muss sich selbst zur Räson bringen, zwingt sich mit Widerwillen zur anstehenden Routine. Sein Blick schweift über die Vermummten in weißen Overalls und bleibt unwillkürlich an dem männlichen Opfer hängen, das rücklings auf dem Boden liegt. Das Fett seines massigen Körpers hat sich zu den Seiten verlagert. Die Jacke und das Hemd sind aufgeknöpft, die schwabbelige Brust liegt frei. In der Herzgegend ist eine kleine Wunde zu sehen, vermutlich von einem Einstich mit einem spitzen Gegenstand. Zwei Rettungssanitäter knien neben dem Mann, einer lässt gerade den Verschluss seiner roten Notfalltasche einklicken, während der andere aufsteht und sich an den Hauptkommissar wendet.

»Sie sind sicher einer von der Kriminalpolizei«, stellt er trocken fest, während er beiläufig Swensens Zivil mustert.

Der nickt.

»Der Mann ist tot. Bis eben haben wir alles versucht, konnten aber nichts mehr für ihn tun«, sagt er ohne Emotionen in der Stimme. »Sieht sehr nach Gewaltverbrechen aus. Deshalb haben wir umgehend die Polizei alarmiert.«

»Haben Sie den Mann so liegend vorgefunden?«

»Nein, er lag auf dem Bauch. Wir mussten ihn umdrehen, um ihn zu reanimieren. Dabei haben wir die Messerwunde entdeckt.«

»Und Sie konnten sofort erkennen, dass die Wunde von einem Messer stammt?«

»Was für eine Frage! Hab schon einige Messerwunden in meinem Leben gesehen. Das war eine auffällig dünne Klinge, könnte ein Filetiermesser gewesen sein, würde ich sagen. Das ist nur eine Vermutung, keine verwertbare Auskunft.«

»Das wird unsere Gerichtsmedizin schon herausbekommen. Haben Sie sonst noch irgendetwas bemerkt?«

»Nein! Als wir kamen, stand hier alles voller Neugieriger. Mussten uns förmlich einen Weg hindurchbahnen. Als dann eine Ihrer Kolleginnen eintraf, wurden die nach dort oben gescheucht«, sagt der Sanitäter und zeigt zur höher gelegenen Ebene hinauf. Swensens Blick folgt dem Finger, schweift über die leeren Reihen der Holzbänke in den oberen Rang. Dort entdeckt er einen breiten Durchbruch in der Wand, in der Hauptkommissarin Haman mit einem Zeugen ins Gespräch vertieft ist. Der Kriminalist realisiert, dass es ein zweiter Eingang ist. Er selbst war durch den, der sich auf ebener Erde befindet, in den Raum hereingekommen.

»Können wir jetzt gehen oder werden wir noch gebraucht?«, hört Swensen den Sanitäter in seinem Rücken fragen.

Er dreht den Kopf, sieht, wie mehrere große Seelachse hinter den Köpfen der beiden Rettungsmänner vorbeiziehen und sagt: »Nein, gehen Sie ruhig, wir brauchen Sie im Moment nicht mehr. Hinterlassen Sie aber bitte bei dem Beamten im Eingangsbereich Ihre Telefonnummer, falls sich von unserer Seite noch Fragen ergeben sollten.«

»Geht in Ordnung«, sagt der andere und stapft mit seinem Kollegen aus dem Raum. Obgleich der neue Mordfall dem Hauptkommissar bereits seine Handlungsweise diktiert, erregt einer der mächtigen Aquariumsinsassen seine Aufmerksamkeit. Ein Kabeljau schwimmt auf einem Fleck, klebt mit seinem Maul beinah an der Scheibe und öffnet und schließt ganz langsam seine Schlundknochen wie in Zeitlupe, als wolle er mit ihm sprechen.

Fische sind mitnichten stumm, sagt sich der Kriminalist und erinnert sich vage an einen Meeresbiologen im Seewasseraquarium in Kiel, der in einem Vortrag mit dem provozierenden Titel Sprechende Fische über die Kommunikation der Fische referiert hatte. Zu Swensens Verwunderung wurden dann Tonaufnahmen aus der Welt unter Wasser vorgeführt, in der Merkwürdiges zu hören war. Lautes Knarren von Fischen, die ihre Flossen rieben, die mit den Zähnen knirschten oder an gespannten Sehnen wie an einer Gitarrensaite zupften. Aus einem verrückten Impuls heraus versucht der Kriminalist aus den Kieferbewegungen des Kabeljaus Worte abzulesen.

»Waaass maaachsst duuu dennn hiierr?«

Das frage ich mich auch gerade, antwortet Swensen ihm lautlos, dreht dem gesprächigen Großmaul abrupt den Rücken zu und marschiert die Steigung zu Silvia Haman hinauf. Auf halber Höhe stolpert er über einen der weißverhüllten Spurensicherer, der sich auf den Knien kriechend über Generationen von Fingerabdrücken auf den Holzbänken hermacht.

»Ich sehe den Kollegen Hollmann gar nicht?«, spricht der Hauptkommissar die vermummte Gestalt an. Die dreht ihm den Rücken zu und reagiert nicht. Erst als er ihr mit dem Finger auf die Schulter tippt, schreckt sie herum, und verblüffte Augen schauen unter der Kapuze hervor.

»Ich sehe den Kollegen Hollmann gar nicht«, wiederholt Swensen mit lauter Stimme.

»Der ist nicht hier«, antwortet der Spurensicherer kurz angebunden und wendet sich wieder seiner Arbeit zu. »Ist im Urlaub, soweit ich weiß, irgendwo im Ostblock«, kann Swensen noch vernehmen und nimmt, irritiert über die Auskunft nachsinnend, gemächlich die zweite Hälfte bis zum oberen Rang. Hauptkommissarin Haman dreht den Kopf in seine Richtung, als er die letzte Stufe nimmt.

»Das ist Herr Reck, Jürgen Reck. Er hat den Rettungsdienst informiert«, teilt sie ihm ohne Begrüßung mit. »Und die haben uns gleich informiert, weil der schwer verletzte Mann offensichtlich einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist.«

»Weiß ich bereits, hab grad mit den Sanitätern gesprochen.«

»Herr Reck hat zufällig beobachtet, wie das Opfer dort unten in den Raum gekommen ist. Er hat sich auf die Bank gesetzt und ist dann vornüber zu Boden gestürzt.«

»Das heißt, er hat noch gelebt, als er hereingekommen ist?«, stellt Swensen fest.

»Ist er tot?«, fragt Haman.

Der Kriminalist nickt knapp. »Ein Messerstich, nach Meinung des Sanitäters. Es gibt eine deutliche Wunde in der Herzgegend.«

»Also ermitteln wir jetzt in einem Mord?«

Swensen zuckt mit den Achseln. Der Mann, der neben Haman steht, ist bei ihrem Dialog einen Schritt zurückgewichen.

»Sie haben hier oben gestanden, als der Mann hereingekommen ist?«, wendet sich der Hauptkommissar jetzt an den Zeugen. Als der zaghaft nickt, fragt er weiter: »Ist er allein gewesen oder ist ihm jemand gefolgt?«

»Nein, er ist allein gewesen; wirkte beeinträchtigt, also â¦ er bewegte sich irgendwie ruckartig, das war wenigstens mein Eindruck. Es war ziemlich dunkel hier im Raum, bevor die Lampen aufgebaut wurden, Licht kam ja nur aus dem Aquarium. Außerdem war schon alles vorbei, bis ich das so richtig wahrgenommen habe.«

»Waren noch andere Besucher im Raum?«

»Ja, schon.«

»Wie viele?«

»Einige«, sagt der Mann nachdenklich. »Aber wie viele weiß ich nicht genau, wirklich nicht. Die meisten haben sich gleich verdrückt, als der Mann am Boden lag.«

»Sieben Personen konnten wir noch abfangen, als wir eingetroffen sind«, informiert Haman. »Jacobsen und Mielke befragen sie gerade draußen.«

»Und Sie haben dann sofort den Rettungsdienst gerufen?«, wendet sich Swensen an den Zeugen, der jetzt kurzatmig und mit bleichem Gesicht vor ihm steht. »Geht es Ihnen gut, möchten Sie sich hinsetzen?«

Der Mann atmet mehrmals tief durch. »Es geht schon wieder, aber hinsetzen würde ich mich trotzdem gerne.«

»Natürlich«, beruhigt der Hauptkommissar und führt ihn zur nächsten Sitzbank. »Lassen Sie sich Zeit.«

»Um Gottes willen, der Mann ist wirklich tot?« Die Stimme des Zeugen klingt zittrig. »Ich war doch der Einzige, der zu ihm hin ist, der ihn angesprochen hat. Die anderen haben nur gegafft. Er hat aber nur gestöhnt. Und Blut war â¦ an den Fingern war Blut. Als die Sanitäter gekommen sind, hat er noch gestöhnt, da bin ich sicher. Ich bin dann wieder hier hoch, mehr konnte ich ja nicht tun.«

»Herr Reck hat sich gleich bei mir gemeldet, als ich eingetroffen bin«, ergänzt Silvia Haman. »Die Personalien sind schon aufgenommen.«

»Ich denke, wir brauchen Sie hier nicht mehr«, stellt der Hauptkommissar fest. »Sie müssen aber noch einmal in die Husumer Inspektion kommen, um das Protokoll zu unterschreiben. Erst mal vielen Dank für Ihre Mitarbeit, Herr Reck.«

Der Mann nickt, bleibt aber weiterhin wie angewurzelt sitzen.

»Können Sie aufstehen?«, fragt Swensen.

Der Mann nickt abermals.

»Dann dürfen Sie jetzt gehen!«, sagt Silvia Haman mit...

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Wimmer Wilkenloh, von der Nachkriegszeit, dem Wirtschaftswunder und dem Widerstand geprägt, ist von frühster Jugend an kreativ veranlagt. Nach einer längeren Reise durch den mittleren Osten bis nach Nepal und Indien studierte er an der Kunsthochschule in Hamburg. Neben der Malerei widmete er sich dort dem Film und arbeitete nach dem Studium als Autor beim NDR-Fernsehen. All diese Erfahrungen finden sich in seinen Kriminalromanen wieder, die auf der Halbinsel Eiderstedt angesiedelt sind. Das Wattenmeer, die sich stetig verändernde Landschaft, bildet den Hintergrund für den buddhistisch geprägten Hauptkommissar Jan Swensen.