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Rachebrüder

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
309 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am01.07.20152015
Annabelle Cüppers bittet den Ex-Polizisten Robert Kettner, von allen nur Steiger genannt, um Hilfe. Sie vermisst ihren Vater, der seit einer Woche spurlos verschwunden ist. Zunächst lehnt Steiger den Auftrag ab, doch als Manfred Cüppers tot aufgefunden wird und seine Tochter nicht an einen Suizid glaubt, schaltet sich Steiger ein. Dabei übertreffen die Ausmaße des Verbrechens sogar Steigers Vorstellungskraft.

Mike Steinhausen wurde 1969 in Essen geboren. Er ist Polizeibeamter und war mehrere Jahre als Zivilfahnder im Bereich der Drogenbekämpfung tätig. Sein Debüt als Autor gab er mit dem zeitgeschichtlichen Kriminalroman »Operation Villa Hügel«. »Rachebrüder« ist nun schon sein dritter Roman im Gmeiner-Verlag.
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Produkt

KlappentextAnnabelle Cüppers bittet den Ex-Polizisten Robert Kettner, von allen nur Steiger genannt, um Hilfe. Sie vermisst ihren Vater, der seit einer Woche spurlos verschwunden ist. Zunächst lehnt Steiger den Auftrag ab, doch als Manfred Cüppers tot aufgefunden wird und seine Tochter nicht an einen Suizid glaubt, schaltet sich Steiger ein. Dabei übertreffen die Ausmaße des Verbrechens sogar Steigers Vorstellungskraft.

Mike Steinhausen wurde 1969 in Essen geboren. Er ist Polizeibeamter und war mehrere Jahre als Zivilfahnder im Bereich der Drogenbekämpfung tätig. Sein Debüt als Autor gab er mit dem zeitgeschichtlichen Kriminalroman »Operation Villa Hügel«. »Rachebrüder« ist nun schon sein dritter Roman im Gmeiner-Verlag.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839247808
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum01.07.2015
Auflage2015
Reihen-Nr.2
Seiten309 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2430792
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 2

»Guten Morgen, Herr Welke.« Oberstaatsanwalt Christian Beising lief wie immer - gekleidet in einen schlechten, weil viel zu groß sitzenden Anzug - in seiner typisch gebeugten Haltung einige Schritte auf Welke zu, schüttelte dessen Hand und bat ihn mit einer Geste, einzutreten. Er schloss die Tür und setzte sich hinter seinen Schreibtisch. »Bitte«, sagte er und zeigte auf einen freien Stuhl.

Hermann Welke nahm Platz und legte die Ermittlungsakte auf die Arbeitsplatte.

Beising wischte einige Krümel von der glänzenden Oberfläche seines Schreibtisches und blickte einen flüchtigen Moment auf die in einem rötlichen Einband befindliche Akte.

»Das ging ja schnell«, sagte er.

Welke nickte und betrachtete seinen Gesprächspartner. Dessen eng stehende Augen, über denen ungewöhnlich dichte Brauen wucherten, gaben ihm einen listigen, vielleicht sogar verschlagenen Ausdruck. Die spitze Nase stach aus einem aknevernarbten Gesicht hervor und das schüttere Haar, welches an den Seiten zu lang war und ungepflegt abstand, rundete den unsympathischen Gesamteindruck ab. Dieser Eindruck täuschte und so mancher hatte in der Vergangenheit den fatalen Fehler begangen Beising zu unterschätzen.

Welke mochte den Staatsanwalt. Fachlich äußerst kompetent und von einer beeindruckenden Auffassungsgabe. Immer wieder kam es vor, dass er Akten zurücksandte, in seiner ihm eigenen, nicht einfachen Art Kritik übte und Nachbesserung forderte.

Eine Eigenschaft, die ihn gerade bei jüngeren Kollegen zum Tintenpisser abstempelte. Welke wusste, es handelte sich nicht um Gängeleien. Seine Einwände hatten stets Hand und Fuß. Sie sicherten das Strafverfahren. Es stand für Welke außer Frage: Sein penibles Hinterfragen hatte so manche Gerichtsverhandlung gerettet.

»Eine bedauerliche Geschichte«, erwiderte Welke.

»In der Tat. Für alle Beteiligten. Sie können sich sicher vorstellen, dass die Betroffenheit sehr groß ist. Ich habe so manches Gefecht mit ihm ausgestanden. Wie man sich täuschen kann â¦«

Der Hauptkommissar nickte. »Ich habe mit den behandelnden Ärzten gesprochen. Sein Zustand in unverändert. An eine Langzeitprognose wagt sich niemand heran.«

Beising lehnte sich zurück und legte die Beine übereinander. »Mir scheint, die Indizienkette ist auch ohne sein Geständnis erdrückend.«

Welke schlug den Aktendeckel auf. »In einer Form, die keinen Raum für Zweifel lässt.« Kurz blätterte er einige Seiten durch. »Tamara Schlickreiter, tatsächlich eine Edelprostituierte, starb nach Aussage des Obduktionsprotokolls anhand massiver Gewaltanwendung auf den Halsbereich mit Unterdrückung des Blutrückflusses. Deutliche Unterhautblutungen in Form einer zirkulären Strangulationsfurche am Hals. Die übrigen Verletzungen, voranging durch stumpfe Gewalt in Form von Faustschlägen, überspringe ich mal, da die Auflistung den Rahmen hier sprengen würde.«

Beising beugte sich nach vorn und legte die Ellenbogen auf der Tischplatte ab. »Was ist mit der Vergewaltigung? Meinen Sie, die Tötung war eine Vertuschungstat?«

»Das wissen wir nicht. Spermaspuren wurden in der Vagina gesichert, wobei nichts auf eine Vergewaltigung hinweist. Die extrahierte DNA ist mit der von Wehner identisch.«

»Also hat er â¦« Beising lehnte sich wieder zurück.

»Ja. Es hat definitiv Verkehr zwischen den beiden stattgefunden. Darüber hinaus haben wir auf einer Jacke von Wehner, die wir in seiner Wohnung sicherstellten, lange Haare mit intakter Wurzel gefunden. Sie stammen eindeutig von Schlickreiter.«

»Beising blickte kritisch. »Bis dahin steht nur fest, dass er sie kannte und mit ihr verkehrte. Im doppelten Sinne â¦«

»Stimmt. Eine Funkzellenauswertung der Telefonanschlüsse des Opfers und Wehners zeigt auf, dass beide am Tattag Kontakt hatten. Seine Nummer ist in ihrem Telefonbuch gespeichert. Und nicht nur das. Beide Geräte lockten sich zur gleichen Zeit in denselben Funkmast ein. Der Ortungswinkel ist identisch. Die Uhrzeit deckt sich in etwa mit dem errechneten Todeszeitpunkt.«

Beising zog eine Augenbraue hoch und blickte den Hauptkommissar kritisch an. »Wenn es keine Vergewaltigung war, was könnte der Grund sein, dass Wehner eine solche Gewalt anwandte? Ich verstehe das nicht â¦«

»In seinem Wagen lag ein Damenschal. Er gehörte Schlickreiter. Die Analysen stehen aus. Es deutet alles darauf hin, dass es sich um den Schal des Opfers handelt und dass es damit stranguliert wurde. Und dann haben wir als gewichtigstes Indiz Wehners Suizidversuch und seinen Abschiedsbrief, in dem er die Tötung einräumt«, erklärte Welke weiter.

»Er stammt eindeutig von ihm?«, Beising wirkte zunehmend betroffener. »Ich meine den Brief.«

»Das forensische Gutachten bestätigt die Echtheit der Unterschrift.«

Der Staatsanwalt kniff die Lippen zusammen. »Gut. Ich gehe die Akte durch und bereite die Anklage vor. Aufgrund der Verhandlungsunfähigkeit ist zumindest eine vorläufige Einstellung des Verfahrens sicher. Wenn es überhaupt jemals eines geben wird.«

*

Erneut schreckte er auf. Und wie bei dem Erwachen zuvor war er schlagartig wach.

Mordverdacht, schoss es ihm durch den Sinn. Instinktiv wollte er sich aufrichten, war aber weiter bewegungsunfähig.

Unmittelbar darauf drang etwas in sein Blickfeld. Das Gesicht eines Arztes, verdeckt durch einen Mundschutz. Der Mann näherte sich ihm und beobachtete ihn auf ungewöhnliche Weise. Seine Augen betrachteten ihn nicht in der sachlich nüchternen Art, mit der ein Mediziner in der Regel einen Patienten begutachtete. Es lag etwas Persönliches in diesem Ausdruck. Eine Vertrautheit. Ihn beschlich das Gefühl, diese Augen zu kennen. Langsam näherte sich das Gesicht, verschwand aber wieder aus seinem Sichtfeld. Er spürte den warmen Atem des Mannes ganz nah an seinem linken Ohr. So nah, dass sich die Härchen seines Nackens aufrichteten.

»Erinnern Sie sich an mich, Richter Wehner?«, flüsterte der Fremde.

Oh mein Gott!

Er kannte diese Stimme.

Wieder hörte er den rhythmischen, schnell ansteigenden Ton des Herzfrequenzmessers hinter sich. Die anbrandende Woge des Adrenalins schoss in sein Nervensystem wie ein Stromschlag, elektrisierte all seine Sinne und formte eine einzige Empfindung: Angst.

Der Mann richtete sich wieder auf und blickte kurz in Richtung der intensivmedizinischen Geräte, die sich hinter dem Bett befanden.

»Ihr Puls sagt mir, dass Sie sich erinnern«, sagte er mit zufriedenem Unterton.

Der Mann zog den Mundschutz nach unten und lächelte. Es war kein warmes Lächeln. Es war kalt. Gewissenlos.

»Wissen Sie â¦ es hätte ein so schönes Leben werden können«, fuhr der Fremde leise, beinahe rücksichtsvoll fort. »Leider war mir dieses Glück nicht beschieden. Nicht weil ich es durch falsche Entscheidungen verpfuscht hätte. Es war auch keine göttliche Fügung oder ein mir vorbestimmtes Schicksal. Es war Verrat. Schlicht und ergreifend Verrat.«

Der Mann schritt langsam um das Krankenbett und setzte sich neben den Liegenden wie ein Angehöriger, der Anteil an dem Leid des Patienten nahm. Der Fremde sah ihn an und in seinen Augen lag etwas Endgültiges.

»Es geht nicht nur um die zehn Jahre, die ich im Gefängnis verbracht habe. Die ich unschuldig einsaß. Es geht um all das, was ich nie erfahren, nie erleben durfte. Das Gefühl, stolz zu sein. Auf das, was man geleistet hat. Anerkennung. Es geht um die Familie, die ich nie hatte. Freunde. Und das Gefühl des Vertrauens. Wissen Sie wie schlimm es ist, nicht vertrauen zu können? Welche Einsamkeit daraus resultiert?«

Langsam, beinahe bedächtig stand er auf und schritt erneut um das Bett auf die andere Seite.

»Für etwas zu Unrecht bestraft zu werden, ist etwas, woran man zerbricht. Diese Hilflosigkeit. Die Gewissheit, dass dir niemand glaubt. Dass niemals die Wahrheit ans Licht kommt, die dich rehabilitiert. Haben Sie auch nur annähernd eine Vorstellung davon, wie es ist, Tag für Tag, Jahr für Jahr nur mit den eigenen Gedanken eingesperrt zu sein, die einen quälen? Haben Sie eine Ahnung, was es bedeutet, für immer gebrandmarkt zu sein? Gesellschaftlich ausgeschlossen? Wie es ist, wenn sich alle von einem abwenden, man für ein Monster gehalten wird? Können Sie sich vorstellen, wie sich das anfühlt?«

Der Fremde schüttelte den Kopf.

»Sie wissen nicht, wie das ist.«

Der Mann trat zu dem Infusionsständer und zog ihn etwas zu sich heran. Er blickte konzentriert, beinahe wie in Gedanken versunken auf die halbvolle Plastikflasche, während er weitersprach.

»Nach all dem, was ich erleiden musste, wurde ich erneut für etwas verurteilt, was ich nicht begangen habe. Von Ihnen verurteilt. Weil ich den Makel der Vergangenheit trug, von dem Sie sich haben beeinflussen lassen. Ich wurde wieder verraten. Von der Gesellschaft. Von der Justiz. Von Ihnen. Ich hätte nie gedacht, dass man so zu hassen lernen kann.«

Der Fremde griff in die Außentasche seines weißen Arztkittels und beförderte eine Spritze hervor.

»Sie stellen sich sicher die Frage, warum ich Sie nicht in Ihrer Wohnung getötet habe.«

Er nahm die Schutzhülle von der Spitze, steckte sie in die Tasche, führte die Nadel in das Infusionsgefäß und drückte langsam und gleichmäßig die klare Flüssigkeit in den Behälter. Dann betrachtete er den Tropf mit einem zufriedenen Lächeln.

»Es wird etwas dauern. Einige...

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