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Salbei, Dill und Totengrün

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
269 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am12.07.20232023
Ein ehemaliger Manager eines Rüstungskonzerns liegt erdrosselt im Klostergarten. Warum ausgerechnet mitten in einem blühenden Salbeistrauch?, fragt sich Pater Gwendal. Das Wissen über die Wirkung dieser uralten Heilpflanze bringt den Benediktinermönch und Hobbydetektiv schließlich auf die Spur des Mörders. Kräuter spielen in jeder der ungewöhnlichen Krimigeschichten eine ebenso würzig-witzige wie wahrheitstreibende Rolle.

Manfred Baumann, geboren 1956 in Hallein/Salzburg, war 35 Jahre lang Autor, Redakteur und Abteilungsleiter beim Österreichischen Rundfunk. Heute lebt er als freier Schriftsteller, Kabarettist, Regisseur und Moderator in der Nähe von Salzburg. Auf der Vorlage der Kommissar Merana Romane gab es bisher drei TV-Verfilmungen (ORF/ZDF). Manfred Baumann ist auch bei Facebook. Mehr Informationen zum Autor unter: www.m-baumann.at.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR14,50
BuchKartoniert, Paperback
EUR17,50
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E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR13,99

Produkt

KlappentextEin ehemaliger Manager eines Rüstungskonzerns liegt erdrosselt im Klostergarten. Warum ausgerechnet mitten in einem blühenden Salbeistrauch?, fragt sich Pater Gwendal. Das Wissen über die Wirkung dieser uralten Heilpflanze bringt den Benediktinermönch und Hobbydetektiv schließlich auf die Spur des Mörders. Kräuter spielen in jeder der ungewöhnlichen Krimigeschichten eine ebenso würzig-witzige wie wahrheitstreibende Rolle.

Manfred Baumann, geboren 1956 in Hallein/Salzburg, war 35 Jahre lang Autor, Redakteur und Abteilungsleiter beim Österreichischen Rundfunk. Heute lebt er als freier Schriftsteller, Kabarettist, Regisseur und Moderator in der Nähe von Salzburg. Auf der Vorlage der Kommissar Merana Romane gab es bisher drei TV-Verfilmungen (ORF/ZDF). Manfred Baumann ist auch bei Facebook. Mehr Informationen zum Autor unter: www.m-baumann.at.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839251102
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum12.07.2023
Auflage2023
Reihen-Nr.1
Seiten269 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2431304
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Salbei


Salbei, Salvia, auch: Altweiberschmecken, Allerheilkraut, Muskatellerkraut, Sophieblätter. Schon bei den Ägyptern und in der Antike als Heilkraut eingesetzt. Süss von Geruch, voll wirkender Kräfte und heilsam zu trinken â¦ (Walafrid Strabo, Hortulus , um 840 nach Christus).


Plötzlich war da ein Ferkel. Wie aus dem Nichts tauchte es auf. Es hatte große Augen und eine auffallende Ähnlichkeit mit dem Schwein aus einer Biokette-Fernsehwerbung. Die Augen des kleinen Rüsselträgers glühten. Giftgrün. Und das Tier schrie. Hoch. Schrill. Blut quoll aus den Augen der zitternden Sau, aus den Ohren, aus dem weit aufgerissenen Maul. Gleich darauf schwoll der Hals an wie ein rosaroter Luftballon, wurde größer und größer. Dann erfüllte ein Dröhnen die Luft. Der Hals des Tieres platzte. Hautfetzen und Blutfontänen spritzten nach allen Seiten.

In der nächsten Sekunde wurde Pater Gwendal munter, schnellte von seinem Holzbett hoch, fegte mit dem Arm das Wasserglas zu Boden, das er sich vor dem Schlafgehen auf das Nachtkästchen gestellt hatte. Er atmete schwer, Schweiß rann ihm übers Gesicht. Er versuchte sich zu orientieren. Das Ferkel war verschwunden. Aber das Schreien war immer noch da. Es drang durch das geöffnete Fenster in sein Zimmer. Doch das war kein Ferkel, das draußen schrie. Das klang nach einer Frau. Und deren hysterisch kreischende Stimme hörte sich grässlich an, schlimmer als das Brüllen des Ferkels aus dem Traum. Mit einem Ruck riss Pater Gwendal die dünne Sommerdecke zur Seite und wälzte sich aus dem Bett. Der Wecker auf dem Nachtkästchen zeigte fünf Uhr. Noch eineinhalb Stunden bis zur Frühandacht. Er hastete die steinernen Treppenstufen nach unten, spürte augenblicklich ein heftiges Stechen in der Seite. Ich muss wieder mehr Frühsport machen, schoss es durch seinen Kopf. Er folgte der Richtung, aus der das Schreien durch das weite Klosterareal gellte. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, aber die Umgebung war schon gut auszumachen. Im Innenhof traf Gwendal auf Pater Ruben. Der ehemalige Turnlehrer trug nur gelbgrüne Boxershorts am Leib. Auch er war durch die Schreie aufgeschreckt worden.

»Das kommt aus dem Mariengarten!« Pater Ruben setzte zum Sprint über das Pflaster des Hofes an. Gwendal konnte kaum folgen. Ab morgen wird wieder Sport gemacht!, nahm er sich noch einmal vor. Er spürte seinen Bauch schwappen. Sie erreichten den sanft zum See abfallenden Terrassengarten am Südende des Platzes. Die Steine waren feucht. Gwendal bremste ab, um nicht auf den glitschigen Stufen auszurutschen. Plötzlich lag absolute Stille über der Anlage. Das entsetzliche Schreien hatte aufgehört. Es herrschte Schweigen, wie vor der Erschaffung der Welt. Gwendal umkurvte das Beet mit dem hoch aufgeschossenen Alant, ließ seine Hand über die Blätter der Schafgarbe gleiten und hastete den Weg hinunter zur dritten Terrassenstufe. Er entdeckte Pater Ruben neben der Goldmelisse. Der ehemalige Turnlehrer wirkte verkrampft, hilflos. Gegen seine muskulöse Brust presste sich eine Frau. Das war Rosemarie Fingerlos, die pensionierte Englischlehrerin aus Gwendals Kräuterkurs. Pater Rubens Arme waren etwas ungelenk um die zuckenden Schultern der Frau gelegt. Er fühlte sich sichtbar unwohl in dieser intimen Haltung. Noch ehe Gwendal die beiden erreichte, löste die Frau ihre Arme vom Oberkörper des halb nackten Mönches, drehte sich um und sackte in die Knie. Aus ihrem Mund quoll ein dumpfes Röcheln. Auf dem kiesigen Gartenboden bemerkte Gwendal einen leblos hingestreckten Körper, einen Mann, bekleidet mit heller Leinenhose und dunklem Hemd. Er näherte sich vorsichtig, warf einen Blick auf das Gesicht des Toten.

»Gütiger Himmel, das ist Klaus Trockenbach!« Vor Gwendals Füßen lag einer seiner Kursteilnehmer. Tot. Die gebrochenen Augen des Mannes starrten ins Leere. Zwischen den Zahnreihen steckte ein Stück der Zunge. Der Hals war angeschwollen. Gwendal bemerkte die bläuliche Linie auf der Haut. Als hätte jemand mit einer dünnen Kordel die Kehle des Mannes zugeschnürt. Er ließ sich neben der Leiche nieder. Auch wenn es nichts mehr brachte, tastete der Mönch dennoch nach dem Handgelenk des Toten. Kalte Haut. Kein Puls. Das Leben war längst aus dem Körper gewichen. Die immer noch röchelnde Frau begann plötzlich heftig zu zucken. Die blutleeren Lippen bebten. Gleich würde sie kollabieren. Gwendal musste rasch handeln. Er kannte jeden Flecken in seinem Kräutergarten. Das Beet mit dem Storchschnabel war auf der oberen Terrasse. Er startete los. Die kleinen violetten Blüten waren noch geschlossen. Sanfte Tauspuren glitzerten auf den Blättern. Er rupfte einige Storchschnabelblüten und rannte zurück.

»Da, kauen Sie die!« Die Frau starrte nur apathisch vor sich hin. Ihr Körper zitterte. Aus der Brust rollten haltlos Wogen von dumpfem Röcheln. Gwendal strich der bebenden Frau beruhigend über die Wange und steckte ihr eine Blüte nach der anderen in den Mund. Erst allmählich registrierte sie, was hier vor sich ging. Sie schaute dem Benediktinerpater in die Augen. Ein Anflug von Lächeln huschte über ihr Gesicht. Dann begann sie, die kleinen Blüten im Mund mit der Zunge zu betasten, spürte den Geschmack des Storchschnabels, drückte die Pflanzenteile gegen ihren Gaumen.

»Danke.« Mehr als ein Flüstern brachte sie nicht zuwege.

Durch die Morgenstille drangen Rufe. Schritte hallten über das Pflaster, hastig trippelnde Füße hetzten über Kieselsteine. Der Erste, der die mittlere Terrasse des Mariengartens erreichte, war Pater Ägidius, der Prior des Klosters. Dicht dahinter folgten Pater Sebastian und die junge Journalistin mit dem persischen Vornamen. Dilara, erinnerte sich Gwendal. Das hieß »die das Herz Erfreuende«. Die hysterischen Schreie von Rosemarie Fingerlos hatten offenbar alle aus dem Schlaf geschreckt, Ordensbrüder wie Seminarteilnehmer. Als Letzte erschien Merima, schwarz gelockt, mit verschlafenen Augen. Die Heilmasseurin aus dem Ottilienzentrum hatte ebenfalls heute im Kloster übernachtet.

Ab jetzt sind es nur mehr sechs Seminarteilnehmer, dachte Gwendal traurig, nicht mehr sieben. Denn einer lag tot unter dem Salbeistrauch. Klaus Trockenbach, der ihm am Abend zuvor noch etwas mitteilen wollte. Leider war es nicht mehr dazu gekommen.

Cur moriatur homo cui salvia crescit in horto?

Der Spruch aus einem mittelalterlichen Gesundheitsbuch fiel ihm ein. Warum sollte ein Mensch sterben, in dessen Garten Salbei wächst? Salbei galt als Allheilkraut, mit einer Wunderkraft, die sogar den Tod bannen konnte. Aber hier und jetzt lag ein Mann unter einem Salbeistrauch, und der war eindeutig tot.

In der fast 400-jährigen Geschichte von Kloster Eulenberg war schon viel passiert. Zahlreiche tragische Ereignisse waren in den Chroniken vermerkt. Unwetter, Überfälle, Seuchen. Zweimal hatte die Klosterkirche gebrannt. Im Jahr 1821 hatte die Cholera neun der damals 21 Ordensbrüder hinweggerafft. Während der Nazizeit hatten die Mönche eine jüdische Familie im Weinkeller versteckt. Der damalige Abt war dafür nach Ausschwitz gebracht worden. Aber ein Toter im Kräutergarten, das war ein absolutes Novum. Noch nie in all den Jahrhunderten hatte man einen Erdrosselten unter einem Salbeistrauch gefunden. Pater Gwendal blickte in den Kreis der von Entsetzen gezeichneten Gesichter ringsum. In der Ferne glitzerte friedlich der See im fahlen Morgenlicht. Die Nacht verabschiedete sich und nahm die letzten Reste Dunkelheit mit sich. Plötzlich stutzte Gwendal. Etwas am Anblick der Leiche irritierte ihn. Irgendetwas fehlte. Er versuchte, sich an den lebenden Klaus Trockenbach zu erinnern. Was war nun am toten anders? Er kam nicht dahinter.

»Wir müssen die Polizei verständigen.« Die Stimme des Priors klang brüchig.

Gwendal nickte. Pater Ruben setzte sich in Bewegung. »Ich rufe von der Pforte aus an.« Er war offensichtlich froh, von hier wegzukommen. Einige aus der Gruppe der Seminarteilnehmer hatten trotz der schaurigen Entdeckung der Leiche immer wieder verstohlen auf den ehemaligen Turnlehrer geblickt. Einen halb nackten Benediktinermönch in Boxershorts sah man nicht alle Tage. Die ersten Sonnenstrahlen schoben sich über die fernen Bergrücken, erreichten die Turmspitze der Stiftskirche. Gwendal fürchtete, dass die Morgenandacht heute ausfallen würde. Auch das war seines Wissens in 397 Jahren Klostergeschichte noch nie vorgefallen. Er spürte etwas in seiner Hand. Er hatte eine der abgepflückten Blüten behalten. Er schob sie in den Mund. Auch ihm würde die beruhigende Wirkung des Storchschnabels gut tun.

Die Polizei erschien kurz vor halb sieben. Die Riege der Tatortgruppe und der Ermittlungsbeamten wurde angeführt von Chefinspektorin Sybille Knaus. Bis auf Rosemarie Fingerlos, die man auf ihr Zimmer gebracht hatte, waren alle Klosterinsassen im Refektorium zusammen gekommen, dem schlichten Speisesaal mit seiner hellen vor 20 Jahren erneuerten Holzvertäfelung. Merima Sabic war auch nicht unter den Anwesenden. Die Heilmasseurin kümmerte sich um die immer noch zittrige pensionierte Englischlehrerin. Eine der beiden Küchen-Aushilfskräfte, die gegen sechs Uhr zum Dienst erschienen waren, hatte ein einfaches Frühstück auf die Holztische gestellt. Kaffee, Kräutertee, Schwarzbrot, Butter und Aufstriche. Der Prior hatte das Mahl gesegnet und ein kurzes Gebet gesprochen, in das er auch den Toten und dessen unerklärliches Ableben einbezog. Er bat die Anwesenden, für die Seele des Verstorbenen ein stilles Gebet zu sprechen, jeder nach seinem Gutdünken. Dann wies er einladend auf das Morgenmahl. Aber keiner im Raum griff mit der gewohnten...

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