Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Ei mit Schuss

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
374 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am18.04.20172022
Aufruhr in der Heidelberger Schokodynastie Torgau: Ein Erpresser hat zwölf vergiftete Schokoeier über die Stadt verteilt. Der Motivationstrainer von Nichte Vivian wird erstochen. Und der Streit zwischen Firmenpatriarch Edgar und den Geschwistern Vivian und Sven bedroht den Familienfrieden. Tassilo, Edgars Adoptivsohn, versucht die Wogen zu glätten - bis der Vater vor laufender Kamera ein Ei verzehrt ... Eigentlich ein Fall für Privatermittler Max Koller. Aber der ist ja im Ruhestand.

Seit 1990 lebt der gebürtige Saarländer Marcus Imbsweiler in Heidelberg. Der Germanist und Musikwissenschaftler arbeitete zunächst als freier Musikredakteur für Rundfunksender und große Sinfonieorchester. 2007 veröffentlichte er »Bergfriedhof«, den ersten Roman um den Heidelberger Privatermittler Max Koller. Ein weiterer Schwerpunkt Imbsweilers gilt dem Thema klassische Musik; hier legte er verschiedene Erzählungen sowie im Gmeiner-Verlag den Liszt-Roman »Die Erstürmung des Himmels« vor. Imbsweiler, Vater von fünf Töchtern, ist begeisterter Läufer, dem unterwegs die besten Ideen kommen.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR10,99
E-BookPDF1 - PDF WatermarkE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextAufruhr in der Heidelberger Schokodynastie Torgau: Ein Erpresser hat zwölf vergiftete Schokoeier über die Stadt verteilt. Der Motivationstrainer von Nichte Vivian wird erstochen. Und der Streit zwischen Firmenpatriarch Edgar und den Geschwistern Vivian und Sven bedroht den Familienfrieden. Tassilo, Edgars Adoptivsohn, versucht die Wogen zu glätten - bis der Vater vor laufender Kamera ein Ei verzehrt ... Eigentlich ein Fall für Privatermittler Max Koller. Aber der ist ja im Ruhestand.

Seit 1990 lebt der gebürtige Saarländer Marcus Imbsweiler in Heidelberg. Der Germanist und Musikwissenschaftler arbeitete zunächst als freier Musikredakteur für Rundfunksender und große Sinfonieorchester. 2007 veröffentlichte er »Bergfriedhof«, den ersten Roman um den Heidelberger Privatermittler Max Koller. Ein weiterer Schwerpunkt Imbsweilers gilt dem Thema klassische Musik; hier legte er verschiedene Erzählungen sowie im Gmeiner-Verlag den Liszt-Roman »Die Erstürmung des Himmels« vor. Imbsweiler, Vater von fünf Töchtern, ist begeisterter Läufer, dem unterwegs die besten Ideen kommen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839254080
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum18.04.2017
Auflage2022
Reihen-Nr.9
Seiten374 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2431571
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Kapitel 3

Als ich längere Zeit an einer Ampel hielt, merkte ich, wie sehr ich ins Schwitzen gekommen war. Hoch stand die Aprilsonne über dem Neckartal und leuchtete den Karfreitag bis in seinen letzten düsteren Winkel aus. Handtücher hatte ich nicht dabei, also trocknete ich mir Stirn und Gesicht mit einem Lappen aus dem Handschuhfach ab. Der Lappen roch nach Öl. Direkt unter dem rechten Auge gab es eine schmerzende Stelle. Wenn ich Pech hatte, wuchs mir da ein Veilchen. Ich kontrollierte mein Aussehen im Rückspiegel. Zerknautscht wie immer.

Auf dem Weg zur Torgau-Villa kam ich am Firmengelände vorbei. Fast idyllisch lag es in einem Neckarbogen zu Füßen hellgrüner Berghänge. Ich hielt an und stieg aus. Ein markanter Geruch lag in der Luft, süß, malzig und leicht angebrannt. Ohne diesen Geruch und ohne die großen Werbeplakate, die an den Gebäuden hingen, hätte man das Ganze auch für eine Ziegelei halten können oder für ein Sägewerk. Lang gestreckte Backsteingebäude, einige Lastwagen, Palettentürme, ein hoher schlanker Schornstein. Menschen waren keine zu sehen. Feiertagsstille.

Von den Plakaten lachte mich Schokolade an. Nicht der übliche Einheitsbrei rund um Vollmilch, Zartbitter und Nuss. Sondern das Beste vom Besten, lauter Edelware: Dark Cranberry. Fleur de sel. Mayatraum. Blutorange-Krokant. Kakaogehalt von 80 Prozent und mehr. Eine Spielwiese für Produktdesigner. War das überhaupt noch Schokolade? Um das zu entscheiden, war ich definitiv der falsche Mann.

Außerdem hatte ich Durst.

Auf sämtlichen Plakaten stand derselbe Spruch: »Glück ist Schokolade«. Darunter »Torgau« in goldener Schreibschrift, sonst nichts. Offenbar genügte der Name, um im Konsumenten die gewünschten Reaktionen hervorzurufen. »Torgau« lesen - Speichelfluss.

Mein Handy brummte. Eine Nachricht von Ariane. Sie machte sich Sorgen, wollte wissen, wie es lief. Ich schrieb kurz zurück, dass alles bestens sei, ich hätte mir einen dicken Auftrag geangelt. Ein Tropfen Schweiß zerplatzte auf dem Display, als ich die Nachricht abschickte. Ich wischte ihn weg und ging zum Auto zurück.

Glück ist Schokolade. Auch wenn ich in diesem Leben kein Fan von dem Zeug mehr werde, der Slogan gefiel mir. Einem Otto Normalverbraucher zerging er vermutlich auf der Zunge.

Die Sonne zur Linken, fuhr ich ein Stück Neckar abwärts, dann bog ich nach Norden in ein Seitental ab. Mein Hemd klebte im Nacken und unter den Achseln. Außerdem musste ich mir im Rücken etwas verdreht oder gezerrt haben. In einer Kurve links, hatte die Torgau gesagt, und bitte achten Sie auf den Gegenverkehr. Ich achtete auf den Gegenverkehr, bloß war da keiner. Also Blinker links und rein in die Wildnis. Auf einer Straße, die mir mit jedem Meter schmaler vorkam. Immerhin war sie frisch asphaltiert.

Weil die alte Torgau so auf ihrer blöden Kurve mit dem Gegenverkehr herumgeritten hatte, dachte ich, die einzige Gefahrenstelle der gesamten Strecke läge hinter mir. Das war falsch gedacht. Im Grunde war es überhaupt keine Gefahrenstelle, was jetzt kam, sondern ein Stück kerzengerade Straße, ohne jeden fahrerischen Anspruch, frei von Tücke.

Auch der Wagen, der mir entgegenkam, bereitete mir keine Sorgen. Eine schwarze Limousine, zwar etwas schneller unterwegs als ich, aber immer noch nicht schnell.

Nur dass da plötzlich ein Vieh über die Straße lief.

Also noch mal, zum Mitschreiben: Das Sträßchen war eng. Rechts und links dichter Wald, dunkle Braun-, zarte Grüntöne. Über uns ein schmaler Streifen Himmel. Und dann, ohne Vorwarnung, dieser rötliche Blitz, der von rechts über den Asphalt schoss. Ein Reh, aber das registrierte ich erst mit Verzögerung. Anderes nahm meine Aufmerksamkeit in Anspruch: der entgegenkommende Wagen, der ins Schlingern geriet. Das grelle Quietschen von Bremsen. Mein rechter Fuß, der das Bremspedal bis zur Schmerzgrenze durchdrückte. Die Limousine, die sich plötzlich querstellte. Der knapper und knapper werdende Abstand zwischen uns â¦

Ich hatte aufgeschrien und schrie immer noch. Die beiden Autos rutschten aufeinander zu, instinktiv riss ich das Lenkrad nach rechts. Noch fünf Meter, noch einen. Dann der Aufprall.

Stille.

Niemand schrie mehr. Nichts bewegte sich.

Das Reh war vermutlich längst über alle Berge. Das verfluchte scheiß Reh, das für alles hier die Verantwortung trug. Ich saß da, beide Hände um das Lenkrad geklammert, dass mir die Finger schmerzten. Mit einem Wut- und Angstgeheul brach gestaute Luft aus meinen Lungen und zeitgleich der Schweiß aus allen Poren. Hinter den Fenstern der Limousine war Bewegung, ich sah fuchtelnde Hände und das Weiß von Airbags.

Meiner hatte nicht einmal ausgelöst.

Es war also nur ein Witz von Aufprall gewesen, ein Aufprällchen, eher ein gegenseitiges Schmusen, ein sanftes Streifen der beiden Fahrzeuge - und trotzdem zitterten meine Knie, zitterte alles an mir, vom Kopf bis zu den Füßen, das Adrenalin jagte durch meinen Körper, ich hielt nicht mehr an mich, wollte nur noch raus, raus aus diesem verdammten Blechkäfig, also schnallte ich mich ab, kletterte über den Beifahrersitz, brauchte nur drei Versuche, um die Tür zu öffnen, und kroch ins Freie.

Wie gut die Luft draußen tat!

Gern wäre ich sitzen geblieben, mitten im Wald, auf der warmen Asphaltdecke. Doch ich hörte Stimmen. Die Insassen der Limousine stiegen ebenfalls aus. Mühsam kam ich auf die Beine und lehnte mich gegen die Kühlerhaube meines Wagens. Ich hasste das, was jetzt kam. Diese Suche nach Schuld und Verantwortung. Aber es half ja nichts. Schwer atmend musterte ich die Gegenpartei. Sie waren zu dritt. Drei Herren unterschiedlichen Alters, alle mit südländischem Teint und schwarzer Haarpracht. Zwei von ihnen trugen Bärte. Während der dritte noch vom Beifahrer- auf den Fahrersitz krabbelte, also den umgekehrten Weg ins Freie nahm wie ich, pflaumten sich die beiden anderen bereits an. Denen schien der kleine Zusammenstoß nicht viel ausgemacht zu haben. Oder es war ihre Art, den Schreck wegzustecken. Jedenfalls beschimpften sie sich wie die Beduinen. Soll heißen: auf Arabisch. Wobei ich gar kein Arabisch kann, es war nur so ein Gefühl. Wüstenaura, Kamele, Öl. Erst als Araber Nr. 3 die Protzkarosse erfolgreich verlassen hatte, geruhten sie, von meiner Anwesenheit Kenntnis zu nehmen.

»Alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte der eine in ordentlichem Deutsch.

»Geht schon, danke. Und bei Ihnen?«

»Nichts passiert.« Sein Kompagnon nickte, bloß der Dritte verzog das Gesicht und hielt sich die Seite. Den hatte vermutlich einer der Airbags malträtiert.

»Es war ein Reh«, sagte ich. Vielleicht kannten diese Ausländer keine Rehe. Und ein Kamel war es ja nicht gewesen. Außerdem verspürte ich das dringende Bedürfnis, ihnen einen Schuldigen zu nennen.

Aber da machten sich die beiden Bärtigen schon daran, den Schaden zu begutachten. Sie gingen um die Autos herum, bückten sich, tasteten ab.

»Ein Reh«, sagte ich zu dem Dritten. »Saublöd, so was.«

Er nickte schmerzverzerrt. Hatte also wirklich etwas abgekriegt, der Kerl. Schön. Da ich jemanden gefunden hatte, dem es schlechter ging als mir, kehrten augenblicklich meine Lebensgeister zurück. Ich trottete hinter den anderen beiden her, um mir selbst ein Bild von der Situation zu machen. Was meine Karre anging, so waren da nur kleinere Kratzer. Vorne links gab es eine Delle im Blech, den Rest hatte die Stoßstange abgefangen. Bei der Limousine waren die Schäden größer. Die Beifahrertür eingedrückt, dazu Kratz- und Schleifspuren entlang der gesamten Seite sowie Beulen über dem rechten Vorderrad. Da war ich mit meiner linken Flanke einmal an dem Luxusschlitten vorbeigeschrammt.

Schöne Scheiße.

»Oh Mann, Mann, Mann«, sagte ich. »Musste das jetzt passieren? Warum knallen die solche Viecher nicht ab, bevor sie ein Verkehrschaos anrichten?«

Jetzt begann eine lebhafte Unterhaltung zwischen den Bartträgern. Kein Zoff mehr, eher nach dem Motto: Wer zahlt? Du oder du oder der? Nun, das fragte ich mich auch gerade. Das blöde Reh hatte sich ja erfolgreich vor der Verantwortung gedrückt. Wenn ich mich recht erinnerte, war es genau zwischen uns über die Straße gelaufen, vielleicht eine Spur näher an den Arabern dran als an mir. Wir hatten beide gebremst, der Fahrer der Limousine sofort, ich einen Tick später. Andererseits musste der Typ etwas mit seinem Lenkrad angestellt haben, sonst wäre der Wagen nicht derart ins Schlingern geraten und ausgebrochen. So oder so, es blieb etwas an mir hängen.

Und das konnte ich in der aktuellen Situation überhaupt nicht gebrauchen.

»Schlimm?«, sagte der eine Araber und zeigte auf mein Auto.

Ich zuckte die Achseln. »Nicht sehr.«

»Bei uns auch nicht. Lassen wir reparieren. Kein Problem.«

»Und er hier?« Ich zeigte auf den dritten Mann, der sich vor Schmerzen krümmte.

»Alles gut. Wir fahren ihn ins Krankenhaus.« Auf einen kurzen Befehl hin ging sein Bartträgerkollege zum Auto und beugte sich ins Innere. Währenddessen sprach der andere weiter. »Wir sind Geschäftsleute. Businessmen. Auf dem Weg zum Flughafen. Deutsche Polizei können wir nicht gebrauchen. Hält auf. Gibt nur Ärger.«

Ich glaubte, nicht recht zu hören. Die wollten das hier ohne die Bullen regeln?

»Wir müssen unser Flugzeug erreichen. Deshalb: keine Polizei. Bitte.« Er zog einen Geldbeutel aus der Tasche und entnahm ihm eine Visitenkarte. »Hier, Namen und Adresse der Anwälte, die unser Unternehmen in Deutschland vertreten. Melden Sie sich dort wegen des Schadens.«

Zögernd nahm ich die...

mehr

Autor

Seit 1990 lebt der gebürtige Saarländer Marcus Imbsweiler in Heidelberg. Der Germanist und Musikwissenschaftler arbeitete zunächst als freier Musikredakteur für Rundfunksender und große Sinfonieorchester. 2007 veröffentlichte er »Bergfriedhof«, den ersten Roman um den Heidelberger Privatermittler Max Koller. Ein weiterer Schwerpunkt Imbsweilers gilt dem Thema klassische Musik; hier legte er verschiedene Erzählungen sowie im Gmeiner-Verlag den Liszt-Roman »Die Erstürmung des Himmels« vor. Imbsweiler, Vater von fünf Töchtern, ist begeisterter Läufer, dem unterwegs die besten Ideen kommen.