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Die Brüder Sass - Geliebte Ganoven

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
217 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am05.07.20172017
Berlin 1926. Die bis dahin im Leben irgendwie gescheiterten Brüder Franz und Erich Sass kommen auf die geniale Idee, Banktresore mit Hilfe eines Schneidbrenners zu öffnen. Sie landen ihren ersten großen Coup, als sie durch einen Tunnel in die Stahlkammer einer Bank eindringen und 179 Schließfächer ausräumen. Kriminalsekretär Max Fabich kommt ihnen zwar auf die Spur, kann ihnen aber nichts Konkretes nachweisen. Als die Nazis an die Macht kommen, wird ihnen in Deutschland der Boden zu heiß und sie fliehen nach Dänemark. Als man sie schließlich ausliefert, werden sie bei der Überstellung ins KZ Sachsenhausen ermordet.

Dr. Horst Bosetzky (ky) wurde 1938 in Berlin geboren. Der emeritierte Professor für Soziologie veröffentlichte neben etlichen belletristischen und wissenschaftlichen Arbeiten zahlreiche, zum Teil verfilmte und preisgekrönte Kriminalromane. 1992 erhielt er den Ehren-Glauser des SYNDIKATS für das Gesamtwerk und die Verdienste um den deutschsprachigen Kriminalroman. 2005 wurde ihm der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Zehn Jahre lang war Horst Bosetzky Sprecher des SYNDIKATS und Gründungsmitglied von QUO VADIS. Besuchen Sie: www.horstbosetzky.de
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
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Produkt

KlappentextBerlin 1926. Die bis dahin im Leben irgendwie gescheiterten Brüder Franz und Erich Sass kommen auf die geniale Idee, Banktresore mit Hilfe eines Schneidbrenners zu öffnen. Sie landen ihren ersten großen Coup, als sie durch einen Tunnel in die Stahlkammer einer Bank eindringen und 179 Schließfächer ausräumen. Kriminalsekretär Max Fabich kommt ihnen zwar auf die Spur, kann ihnen aber nichts Konkretes nachweisen. Als die Nazis an die Macht kommen, wird ihnen in Deutschland der Boden zu heiß und sie fliehen nach Dänemark. Als man sie schließlich ausliefert, werden sie bei der Überstellung ins KZ Sachsenhausen ermordet.

Dr. Horst Bosetzky (ky) wurde 1938 in Berlin geboren. Der emeritierte Professor für Soziologie veröffentlichte neben etlichen belletristischen und wissenschaftlichen Arbeiten zahlreiche, zum Teil verfilmte und preisgekrönte Kriminalromane. 1992 erhielt er den Ehren-Glauser des SYNDIKATS für das Gesamtwerk und die Verdienste um den deutschsprachigen Kriminalroman. 2005 wurde ihm der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Zehn Jahre lang war Horst Bosetzky Sprecher des SYNDIKATS und Gründungsmitglied von QUO VADIS. Besuchen Sie: www.horstbosetzky.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839254462
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum05.07.2017
Auflage2017
Seiten217 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2431597
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

EINS
1925/26

Berlins Neuer Westen war ein Synonym für die »Goldenen Zwanziger Jahre« geworden. Wer um das KaDeWe herum zu Hause war, zählte weiß Gott nicht zum Proletariat. Auch in der Ansbacher Straße gab es einige Häuser mit prächtigen Fassaden, deren Mieter wohlhabende Ärzte, Geschäftsleute und Künstler waren. Dass die ständig mit irgendeiner Ware beliefert wurden, war selbstverständlich. So wunderte es niemanden, dass eines Vormittags zwei junge Männer, Max und Erich Sass, eine riesige hölzerne Kiste von einem Pferdefuhrwerk hoben und in das Haus Nummer 10 trugen. Dort stellten sie sie im zweiten Stock vor der Wohnung von Dr. Engelhardt ab. Dann entfernten sie sich wieder und fuhren davon. In der Kiste saß ihr Bruder Franz. Der klappte die Seite der Kiste, die zur Wohnungstür zeigte, nach innen und hatte nun alle Zeit der Welt, das Schloss zu knacken, in die Wohnung einzudringen und nach Goldschmuck und anderen Wertsachen zu suchen. Als seine Brüder nach gut einer Stunde die Kiste samt Franz und Beute wieder abholten, waren sie nicht gerade reiche Leute geworden, hatten aber in den nächsten Monaten mehr Geld zu Verfügung, als sie in einem ganzen Jahr mit ihrer Hände Arbeit verdient hätten.

»Köpfchen muss man haben«, fand Franz. »Daruff kommt et an!«

Da berlinerte er noch heftig, nicht aber, als er mit Erich zusammen das Geschäft von Bothmer & Dünzer betrat, bei denen noch immer »Hoflieferanten und Hofschneidermeister« an der Schaufensterscheibe stand. Hier hatte ihr Vater einmal gearbeitet, und es war ihr großer Traum, einmal einen Maßanzug und einen mit Seide gefütterten Paletot von Bothmer & Dünzer zu tragen.

Franz hatte schon in jungen Jahren begriffen, dass es für einen Fabrikarbeiter, Schlossergesellen oder Kaufmannsgehilfen ein Leben lang unmöglich gewesen wäre, sich solche Luxusgüter zuzulegen, da musste man andere Wege gehen, und der logischste war: Nimm denen etwas weg, die es reichlich haben.

»Wohin darf ich den Herren die Rechnung schicken?«, fragte einer der Schneider.

»Nach Charlottenburg in die Berliner Straße 36«, antwortete Franz, der eloquentere der beiden Brüder. Dort wohnte, das hatte er schon eruiert, ein Herr von Siemens in einer Villa. »Wir ziehen es aber vor, bar zu zahlen.«

»Aber die fertigen Kleidungsstücke gehen dorthin, Herr Schumann?«

»Nein, nein, die holen wir selber ab.«

Franz hatte es für klüger gehalten, hier unter einem Decknamen aufzutreten, denn Bruder Max hatte schon öfter mit der Polizei Bekanntschaft gemacht und eingesessen. Da wollte er kein Risiko eingehen. Und als Adresse Moabit, Birkenstraße 57 anzugeben, hätte die Leute bei Bothmer & Dünzer nur stutzig gemacht, denn wer dort wohnte, kaufte sich keinen Anzug Unter den Linden, sondern eher ein schon lange von anderen getragenes Stück beim Kleiderjuden im Scheunenviertel.

Moabit, umschlossen von der Spree und drei Kanälen, war zwar keine noble Adresse, stand aber auch nicht für einen Slum wie etwa die Mulackritze. Es gab ausgedehnte Arbeiterwohnviertel wie den Beusselkiez oder den Rostocker Kiez, aber auch Straßen mit Häusern aus der Gründerzeit, die mit reich dekorierten Stuckfassaden protzten, so etwa um die Stephanskirche herum. Bekannt war Moabit vor allem durch den Westhafen, sein Krankenhaus, das Kriminalgericht und das Gefängnis. Worauf der Name zurückzuführen war, blieb umstritten, die meisten meinten, dass es von den Hugenotten, die zuerst hier gesiedelt hatten, in Anlehnung an das Alte Testament »terre de Moab« genannt worden war.

Eine der ältesten Straßen Moabits war die Birkenstraße, und hier war in der Nr. 57 die Familie Sass zu Hause. Links von der Nr. 57 zog sich die breite und immer belebte Stromstraße in Nord-Süd-Richtung dahin und auf der anderen Seite die Lübecker Straße, deren Ruhm darin begründet war, dass hier im Hause Nr. 13 Kurt Tucholsky das Licht der Welt erblickt hatte. Das war am 9. Januar 1890 geschehen, inzwischen aber lebte »Tucho« zumeist im Ausland und kehrte nur gelegentlich nach Deutschland zurück. Der Familie Sass war er eh scheißegal, und man hätte sich eher tagelang einsperren lassen, als etwas von ihm zu lesen. Und wären sie Tucholsky bekannt gewesen, hätte er sicherlich nur gespottet, dass die Nähe zum Worte »Insasse« ihr Leben entscheidend geprägt habe.

Die Front des Hauses Birkenstraße 57 machte nach außen schon einiges her, aber die Sasses wohnten nur im Hinterhaus und hier vier Treppen hoch. Vom Treppenhaus kam man in einen kurzen Flur, von dem das Klosett abging, und danach in eine vergleichsweise geräumige Küche mit einem Fenster zum Innenhof. Von der Küche ging es in einen einzigen und nicht eben großen Raum, der allen zugleich als Wohn- und Schlafzimmer diente und mit diversen Betten, einem Ankleideschrank und einem Tisch vollgestellt war.

Die Familie Sass bestand aus dem Vater Andreas, der 1868 in Westpreußen geboren worden war, der Mutter Marie, die 1879 in der Nähe von Münster auf die Welt gekommen war, und den fünf Söhnen: Paul (* 1902), Max (* 1903), Franz (* 1904), Erich (* 1906) und Hans (* 1914).

Wenn es ans Schlafen ging, hatten es Franz und Erich am besten, da sie je ein Bett ihr Eigen nennen durften, während der Vater mit einem schnell aufzubauenden Feldbett vorliebnehmen musste. Die Mutter schlief mit dem jüngsten Sohn in der Küche. Paul war bald nach seiner Geburt zu einer Pflegemutter gekommen.

Der Vater arbeitete als Lohnschneider in einer Werkstatt Unter den Linden, die Mutter als Wäscherin im Krankenhaus Moabit. 1926 waren die beiden schon lange »kein glücklich liebend Paar« mehr, wie sich einem Schreiben entnehmen ließ, das Marie Sass an die Behörden gerichtet hatte:

Mit meinem Ehemann stehe ich nicht besonders. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass er seit Jahren äußerst eifersüchtig ist. Wir leben seit vielen Jahren getrennt (freilich auf engem Raum in der beschriebenen Moabiter Wohnung). Ich habe bereits einmal die Scheidung gegen meinen Mann eingereicht. Die Fortführung der Klage scheiterte daran, dass ich kein Armenattest erhielt; außerdem waren zu wenig Gründe vorhanden.

Von einer glücklichen Kindheit, die zudem dahin führte, dass die Söhne alle »nützliche Mitglieder der Gesellschaft« wurden, konnte also bei den Gebrüdern Sass nicht die Rede sein. Passend dazu war ein Bericht des Jugendamtes aus späteren Jahren:

Die Burschen stammen aus ungünstigen häuslichen Verhältnissen. Der Vater, der als Schneider Unter den Linden ausreichend verdient, bezahlt nur die Miete und lässt im Übrigen bereits seit Jahren seine Frau für alles in der Familie Notwendige aufkommen. Der dauernde Unfriede, der deshalb in der Familie herrschte, sowie die ständige Abwesenheit der Mutter, die außerhalb des Hauses schwer arbeiten musste, beeinflusste die Erziehung ungünstig. Frau Sass war fünf Jahre in Charlottenburg in einer Schuhputzfabrik tätig und wurde nur entlassen, weil der Mann Verdienst hatte. Die Kinder waren stets unbeaufsichtigt und sich selbst überlassen.� Die Mutter, trotz des besten Willens, war der Erziehung der schwierigen Burschen allein nicht gewachsen. So kamen von den fünf Brüdern Sass bereits die vier älteren auf die schiefe Bahn.

Paul Sass war ja nicht in der Birkenstraße aufgewachsen und hatte eigentlich nie Kontakt zu seiner Familie gehabt, beging aber dennoch in jungen Jahren eine Reihe von Diebstählen, fing sich jedoch wieder und wurde Hausdiener und Chauffeur.

Max Sass landete bald nach der Geschichte mit dem Einbruch in der Ansbacher Straße wegen anderer Delikte wieder im Knast und sollte erst 1928 entlassen werden.

Hans Sass lebte zwar die ganze Zeit über mit seinen delinquenten Brüdern zusammen in der engen Wohnung in der Birkenstraße, wusste wohl auch von ihren Straftaten, hielt aber der Polizei und den Vernehmungsrichtern gegenüber immer den Mund, besuchte mit Erfolg die Handelsschule und etablierte sich als Kaufmann. Am Ende hielt er es für klüger, einen anderen Namen anzunehmen.

Franz und Erich Sass setzten an, berühmte Männer zu werden. Erich maß 1,86 Meter und musste sich öfter den Altberliner Spruch anhören: »Langer, wie is n die Luft da oben?« Er hatte dichtes dunkles Haar und braune Augen, wirkte aber auf Frauen eher abstoßend, da sie fanden, dass diese Augen einen stechenden Eindruck erweckten. Franz dagegen war mit seinen 1,68 Metern ein wenig zu klein geraten, um von Frauen umschwärmt zu werden, obwohl er blondes Haar und blaue Augen hatte und äußerst redegewandt war. Für beide galt, was Franz später einmal gegenüber der Polizei betonen sollte: »Frauenbekanntschaften habe ich gar nicht, ich rauche nicht und habe auch sonst keinerlei Leidenschaften.« Zu Hause unbeobachtet zu masturbieren, war ein Ding der Unmöglichkeit, und in Bordelle mochten sie nicht gehen, weil die ihrer Meinung nach zu stark von der Polizei beobachtet wurden, also blieb es im Wesentlichen bei nächtlichen Pollutionen, also den »feuchten Träumen«, und irgendwie hatte sie recht, wenn ihre Mutter gefragt wurde, ob die beiden denn schwul seien und die Antwort gab: »Nee, det nich, die schwitzen sich allet durch die Rippen.« Sie mochten Heinrich Zille, und besonders hatte es ihnen eine Zeichnung des wohl beliebtesten Berliners angetan, wo ein Betrunkener einer Schar von Jungen hinterherruft, die zu ihrer Schule eilen: »Kinda, lernt bloß nüscht, sonst müssta späta arbeeten.« Franz hatte sich das sehr zu Herzen genommen und sich lieber in der...

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Autor

Dr. Horst Bosetzky (ky) wurde 1938 in Berlin geboren. Der emeritierte Professor für Soziologie veröffentlichte neben etlichen belletristischen und wissenschaftlichen Arbeiten zahlreiche, zum Teil verfilmte und preisgekrönte Kriminalromane. 1992 erhielt er den Ehren-Glauser des SYNDIKATS für das Gesamtwerk und die Verdienste um den deutschsprachigen Kriminalroman. 2005 wurde ihm der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Zehn Jahre lang war Horst Bosetzky Sprecher des SYNDIKATS und Gründungsmitglied von QUO VADIS. Besuchen Sie: www.horstbosetzky.de