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Die Tochter des Salzhändlers

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
236 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am13.08.20092009
In der letzten Nacht des Jahres steht die Hebamme Trine Deichmann der Frau des stadtbekannten Salzkaufmanns Heinrich Schelling bei der Entbindung bei. Doch der Säugling kommt mit einem schweren Geburtsfehler zur Welt: Seine Beine sind zusammengewachsen und sehen aus wie der Schwanz einer Nixe. Die Mutter stirbt bei der Geburt, am nächsten Tag ist ihre Leiche spurlos verschwunden. Und kurz darauf ist auch der Kaufmann unauffindbar. Hebamme Trine beginnt zu ermitteln und stößt auf ein geheimnisvolles Experiment ...

Norbert Klugmann, Jahrgang 1951, hat bislang 70 Bücher in den Genres Krimi, Thriller, Beziehungsroman, Satire und Jugendbuch geschrieben, von denen einige auch verfilmt wurden. Gepriesen wird er seit dem ersten Buch für seine Dialoge und Situationskomik. Nach seiner erfolgreichen Krimiserie um den weltgewandten Weinliebhaber Marchese beginnt mit »Die Tochter des Salzhändlers« die Geschichte der Lübecker Hebamme Trine Deichmann.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
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Produkt

KlappentextIn der letzten Nacht des Jahres steht die Hebamme Trine Deichmann der Frau des stadtbekannten Salzkaufmanns Heinrich Schelling bei der Entbindung bei. Doch der Säugling kommt mit einem schweren Geburtsfehler zur Welt: Seine Beine sind zusammengewachsen und sehen aus wie der Schwanz einer Nixe. Die Mutter stirbt bei der Geburt, am nächsten Tag ist ihre Leiche spurlos verschwunden. Und kurz darauf ist auch der Kaufmann unauffindbar. Hebamme Trine beginnt zu ermitteln und stößt auf ein geheimnisvolles Experiment ...

Norbert Klugmann, Jahrgang 1951, hat bislang 70 Bücher in den Genres Krimi, Thriller, Beziehungsroman, Satire und Jugendbuch geschrieben, von denen einige auch verfilmt wurden. Gepriesen wird er seit dem ersten Buch für seine Dialoge und Situationskomik. Nach seiner erfolgreichen Krimiserie um den weltgewandten Weinliebhaber Marchese beginnt mit »Die Tochter des Salzhändlers« die Geschichte der Lübecker Hebamme Trine Deichmann.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839233269
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2009
Erscheinungsdatum13.08.2009
Auflage2009
Reihen-Nr.1
Seiten236 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2431921
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
1;Das alte Jahr;7
1.1;1;8
1.2;2;17
2;Das neue Jahr;25
2.1;1;26
2.2;2;30
2.3;3;38
2.4;4;45
2.5;5;58
2.6;6;69
2.7;7;77
2.8;8;84
2.9;9;88
2.10;10;97
2.11;11;100
2.12;12;105
2.13;13;110
2.14;14;114
2.15;15;116
2.16;16;121
2.17;17;123
2.18;18;126
2.19;19;129
2.20;20;134
2.21;21;136
2.22;22;147
2.23;23;152
2.24;24;158
2.25;25;164
2.26;26;174
2.27;27;189
2.28;28;194
2.29;29;200
2.30;30;205
2.31;31;208
2.32;32;214
2.33;33;219
2.34;34;222
2.35;35;230
2.36;36;232
2.37;37;239
2.38;38;251
2.39;39;265
2.40;40;272
2.41;41;281
2.42;42;290
2.43;43;295
2.44;44;302
2.45;45;307
2.46;46;312
2.47;47;319
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Leseprobe

1

Die Frau schrie, und Paul flog in Lilis Arme. »Du musst keine Angst haben«, tröstete Lili und streichelte über seine Haare.

»Aber … aber wenn das so weh tut …«

Lili blickte den kleinen Bruder an. Sein blasses Gesicht zeigte Verwirrung und Angst.

»Das ist nicht die Mutter«, log sie.

»Aber wer denn?«

Lili mochte sich nicht, wenn sie log, weil sie wusste, dass nach der ersten Unwahrheit die zweite kommen musste. Und bald würde man sich nicht mehr auskennen.

»Das ist die Hebamme, die so schreit«, sagte sie. Wie zur Bestätigung kam der nächste Schrei. Er war laut und durchdringend, es war ein Gurgeln und Heulen, voller Schmerz und Verzweiflung.

»Sie hilft unserer Mutter«, erklärte Lili und führte den Bruder zu seinem Bett. Plötzlich stöhnte er und knickte ein. Er war auf eins seiner Turnierpferde getreten, Figürchen aus Ton, die er über alles liebte und eifersüchtig vor Lili verbarg. Paul besaß ein Dutzend Ritter auf Pferden und noch viel mehr Burgfräulein, Hunde, natürlich auch das königliche Paar.

»Ich will zur Mutter«, forderte er, als er im Bett saß.

Lili faltete seine Finger. »Morgen«, sagte sie.

»Im neuen Jahr?«

»Was? Ja, ja, im neuen Jahr.«

»Vielleicht kennen wir uns nicht mehr«, sagte Paul und lachte glucksend.

Vor zwei Jahren hatte er damit angefangen. Immer wenn ein neues Jahr vor der Tür stand, fürchtete sich Paul nicht nur vor der neuen Zahl für das kommende Jahr. Er sagte voraus, dass dann alles anders werde und das, was bisher rot war, jetzt blau sei und was süß geschmeckt hatte, nun den Mund mit einem bitteren Geschmack erfüllen werde.

»Rede keinen Unsinn«, sagte Lili. »Natürlich kenne ich dich morgen wieder. Du bist mein kleiner Bruder. Du bist frech und dumm. Und wenn du mich ärgerst, sperre ich dich in den Schrank, genauso wie im letzten Jahr.«

Pauls schmächtiger Körper erbebte. In den Tiefen des Hauses waren Geräusche zu hören: schnelle Schritte, Türen fielen ins Schloss. Aber es war kein Fest zum Ausklang des Jahrhunderts, das gefeiert wurde.

»Schlaf jetzt«, sagte Lili. »Morgen besuchen wir die Mutter. Vielleicht hat sie eine Überraschung für dich. Vielleicht bist du morgen nicht mehr der Kleinste. Gute Nacht, ich habe dich lieb.«

 

Heinrich Schelling stand am Fenster. Die grimmige Kälte des letzten Dezembertages erreichte ihn auch noch, nachdem er einen Schritt in den Raum zurückgetreten war. Die meisten Fenster des Hauses auf der anderen Seite der Gasse waren hell erleuchtet. Wittmers Geschäfte gingen gut. Obwohl erst in der zweiten Generation im Gewerbe tätig, galt das Brauhaus als eines der größten in der Stadt. Die Fässer mit dem Gerstensaft rollten auf Schiffe, die nach Dänemark und bis Schweden hinauffuhren. Es gab viele Empfänge und dann ging es hoch her. Der Hausherr legte Wert darauf, jedes neue Fass selbst anzustechen, und wenn ihn nach Mitternacht die Trunkenheit auf weichen Armen schaukelte, ging er in den Keller, wo sich einer der Gäste mit dem Hausherrn im Anstechen messen musste. Der Sieger zog mit einer Kostbarkeit ab, einem Schachspiel aus Bernstein oder einem Dreimaster unter vollen Segeln in Öl. Bisher war Wittmer aus jedem Duell als Sieger hervorgegangen, der Verlierer nichtsdestotrotz mit der erhofften Trophäe beschenkt worden. Wittmer war ein großzügiger Mann und legte Wert darauf, dies zu zeigen. Die festliche Tafel, auf die Schelling von seiner erhöhten Warte einen erstklassigen Blick hatte, suchte in der Stadt ihresgleichen. Der Wein war vom Feinsten, über die Häfen von Bordeaux und La Rochelle schwamm der rote Wein der Franzosen heran. Schelling hielt den Nachbarn für einen Emporkömmling und ungehobelten Gesellen, aber er hatte schon oft seine Gastfreundschaft in Anspruch genommen. Schelling dachte: Seine Kinder werden den Stil besitzen, nach dem er sich so sehnt. Cornelius Wittmer war der Sohn eines Vaters, dessen dröhnender Bass in den Gaststätten und im Magistrat zu seinem Markenzeichen geworden war. Vom Vater zum Sohn hatten wenig Vergeistigung und Dämpfung der Triebe stattgefunden. Nicht einmal fromm war Wittmer. Schelling blickte auf die Tafel, an der Uta und Friedrich, die ältesten der Wittmer-Kinder, im Glanz ihrer Jugend das Fest zum Ausklang des Jahres und des Jahrhunderts genossen.

Halte durch, Martha, dachte Schelling. Er musste keine weiteren Schreie mehr hören, um ein schmerzendes Ziehen im ganzen Leib zu verspüren. Sie quälte sich, sie quälte sich viel mehr, als es eine Frau tun sollte, die ein Kind zur Welt brachte. Marthas lauter Schmerz hatte Schelling wehgetan, aber das folgende Schweigen beruhigte ihn in keiner Weise. Im Hintergrund hörte er eilige Schritte, die in die Küche hinunterliefen und bald zurückkehrten. Sie erneuerten das warme Wasser.

»Kopf hoch«, ertönte es hinter dem Hausherrn.

»Jütte, was treibt Ihr noch hier?«, fragte er, ohne sich umzudrehen. »Die Familie wartet auf Euch.«

Schelling wusste, wie unhöflich es war, sich nicht dem anderen zuzuwenden, aber gegenüber war Uta aufgestanden, Musik begann zu spielen, mit stampfendem Rhythmus, wie man sie auf dem Jahrmarkt hörte. Oder in Gaststätten, in denen Männer wie Heinrich Schelling nicht verkehrten. Uta flog in den Arm eines Mannes, den Schelling nicht erkannte. Jetzt tanzten sie da drüben, wild und losgelassen.

Neben ihm tauchte Jütte auf, geräuschlos und zurückhaltend, wie es seine Art war.

»Ich war in der Küche«, sagte Jütte.

»Redet schon.«

»Die Magd sagt, es kann nicht mehr lange dauern.«

»Es dauert schon zu lange.«

»Die Magd sagt, manche Frau schüttet ihr Kind aus und steht auf.«

»Sie hat nicht von Martha gesprochen.«

Schweigen, im Hintergrund Türenklappern. Plötzlich kam Bewegung in Schelling. »Ich gehe hinauf.«

»Tut das nicht«, sagte Jütte. »Da oben regieren die Weiber. Davon verstehen wir nichts.«

»Ich muss mich kümmern, es zerreißt mich sonst.«

»Es sind sieben Frauen um die Herrin. Sie hat die allerbeste Versorgung.«

»Aber sie muss den schwierigsten Teil allein besorgen.«

»Trine Deichmann ist da.«

»Trine Deichmann ist die Bademome. Sie hat keine Schmerzen.«

»Sie ist die beste Bademome, die man sich denken kann.«

Darüber musste Heinrich Schelling nicht belehrt werden. Er war schon Mitglied im Magistrat gewesen, als es zur Abstimmung über die städtisch besoldeten Hebammen gekommen war. Trine Deichmann war die Dienstälteste von ihnen. Dabei war sie noch nicht alt, in den Dreißigern. Ihr guter Ruf eilte ihr voraus wie dem Knoblauch der Geruch. Trine hatte Lili auf die Welt geholfen und auch Paul. Aber als Schelling ihr vor zwei Stunden auf der Treppe begegnet war, hatte ihm ihr Gesicht nicht gefallen. Sie hatte ihn getröstet, alles werde gut gehen. Er müsse Geduld haben und an seine Frau denken, das werde ihr helfen. Aber ihr Gesicht hatte die Worte nicht unterstützt. Zu ernst, um zuversichtlich zu wirken.

»Wie sie tanzen«, sagte Jütte. Beim Brauer drüben ging es über Tische und Bänke.

»Sie rasen«, sagte Schelling. »Sie denken nur an sich.«

Er schämte sich sofort, aber nun war es zu spät. Er hatte laut werden lassen, wie angespannt er war. Aber auf wen wollte er in dieser Minute Rücksicht nehmen? Wem wollte er etwas vormachen? Jütte, dem Buchhalter, seit 21 Jahren im Geschäft, der gute Geist im Salzhaus Schelling, der Mann, der alles wusste, der sich an alles erinnerte, der alles parat hatte, an den man sich wandte, wenn ein Kontorbuch nicht zur Stelle war, weil er die Zahlen und Mengen herunterbetete, als würde er sie vor sich sehen?

Plötzlich ein Schrei. Die Musik im Brauhaus war laut, der Schrei war lauter. Schelling hatte fast die Tür erreicht, als es nicht mehr weiterging. Verdutzt schaute er auf die Hand, die ihn hielt. Jüttes Gesicht drückte keine Anstrengung aus, nur Ernst. Sie arbeiteten seit 21 Jahren Seite an Seite, aber sie hatten sich nie berührt. Schelling wischte sich übers Gesicht und sagte: »Sie leidet. Das ertrage ich nicht.« Und bevor Jütte etwas einwenden konnte: »Mich kümmert nicht, ob Frauen leiden müssen. Martha soll es nicht. Nicht so sehr. Bei Lili und Paul ist es anders gegangen.«

Drüben hörte die Musik auf, um drei Takte später mit neuem Tempo zu beginnen. Schelling, den es eben noch aus dem Raum gezogen hatte, fühlte sich fürsorglich umfangen und gelenkt. Wie unter Schock in Jüttes Gesicht starrend, bewegte sich der Salzkaufmann zu den Tönen der Jahrmarktsmusik, geführt von einem Mann, der 15 Jahre älter war als er.

 

Trine Deichmann tupfte mit dem Tuch über das Gesicht der Schwangeren und sagte: »Ruht Euch aus.«

Die Frau im Bett versuchte zu lächeln, doch ihre Gesichtszüge entgleisten. Trine sagte: »Ihr seid nicht allein.« Martha Schellings Schwester Appolonia trat ans Bett und ergriff die schweißnasse Hand der Frau.

Trine nutzte die Gelegenheit, um sich mit den anderen Frauen abzusprechen. »Es wird schwierig«, sagte sie.

»Ist es … ist es tot?«, flüsterte eine Nachbarin.

Die Wehen hatten fast aufgehört. Was Trine ertastete, fühlte sich nicht gut an. Das Kind lebte, es lag auch richtig, aber vor einer Stunde hatte es angefangen, sich zu bewegen. Man musste befürchten, dass es sich drehte. Wenn es mit den Füßen zuerst kommen würde, standen Martha Schelling die schlimmsten Minuten ihres Lebens bevor.

Die Magd, die für das Wasser und die Tücher zuständig war, ging mit...
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