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Wind und Regen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
106 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am17.11.20171. Auflage
Tadeusz Beck, Faschist, staatenlos, 43 Jahre alt, geht wort- und widerstandslos mit dem Gardisten hinunter ins Dorf. Er hat schon viel erlebt und weiß, daß es sinnlos ist zu kämpfen, solange man die Situation nicht überblickt. Also wartet er ab. Am nächsten Morgen bekommt er seine Papiere, sein Manuskript, seine Tasche zurück und erhält außerdem die Mitteilung, daß er mit dem nächsten Schiff zum Festland zurückfahren und das Land verlassen müsse. Abgeschoben. Aber immerhin ist er wieder in Besitz seiner Aufzeichnungen. Seiner Theorien über ein neues Europa, ein arisches Europa, frei von jüdischen Elementen. Er sitzt in einem armseligen Lokal und wartet. Am anderen Tisch unterhalten sich ein paar Gardisten und spielen Karten. Auch der lange Gardist, der ihn hergebracht hat, ist dabei. Und dann sitzt da noch eine Frau und liest selbstvergessen in einem Buch. Er erkennt auf den ersten Blick, daß es eine Jüdin ist. Er weiß Bescheid. Später sieht er sie am Strand. Und er sieht auch den langen Gardisten, der mit dem Motorrad über den festen nassen Sand auf sie zufährt, der seinen Helm und das Koppel sorgfältig ablegt, der selbstbewußt auf sie zugeht. Sie wehrt sich mit verzweifelter Zielstrebigkeit. Er rennt über die Steinhalde. Er hält plötzlich einen scharfkantigen Stein in der Hand und schlägt zu. Der lange Gardist fällt hintenüber. Ein dumpfes, klatschendes Geräusch, als sein Kopf auf den rundgeschliffenen Stein prallt. Sie warten auf das Schiff. In wortloser Übereinstimmung wissen sie, daß sie nur eines retten kann: so schnell wie möglich die Insel zu verlassen. Das Land zu verlassen. Die Flucht. Aber der Regen und der Wind haben ihre eigenen Gesetze. Spanien 1955.

Per Wahlöö, 1926 im schwedischen Lund geboren, machte nach dem Studium der Geschichte als Journalist Karriere. In den fünfziger Jahren ging er nach Spanien und wurde 1956 vom Franco-Regime ausgewiesen. Nach verschiedenen Reisen um die halbe Welt ließ er sich wieder in Schweden nieder und arbeitete dort als Schriftsteller. Per Wahlöö starb 1975 in seiner Heimatstadt.
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Produkt

KlappentextTadeusz Beck, Faschist, staatenlos, 43 Jahre alt, geht wort- und widerstandslos mit dem Gardisten hinunter ins Dorf. Er hat schon viel erlebt und weiß, daß es sinnlos ist zu kämpfen, solange man die Situation nicht überblickt. Also wartet er ab. Am nächsten Morgen bekommt er seine Papiere, sein Manuskript, seine Tasche zurück und erhält außerdem die Mitteilung, daß er mit dem nächsten Schiff zum Festland zurückfahren und das Land verlassen müsse. Abgeschoben. Aber immerhin ist er wieder in Besitz seiner Aufzeichnungen. Seiner Theorien über ein neues Europa, ein arisches Europa, frei von jüdischen Elementen. Er sitzt in einem armseligen Lokal und wartet. Am anderen Tisch unterhalten sich ein paar Gardisten und spielen Karten. Auch der lange Gardist, der ihn hergebracht hat, ist dabei. Und dann sitzt da noch eine Frau und liest selbstvergessen in einem Buch. Er erkennt auf den ersten Blick, daß es eine Jüdin ist. Er weiß Bescheid. Später sieht er sie am Strand. Und er sieht auch den langen Gardisten, der mit dem Motorrad über den festen nassen Sand auf sie zufährt, der seinen Helm und das Koppel sorgfältig ablegt, der selbstbewußt auf sie zugeht. Sie wehrt sich mit verzweifelter Zielstrebigkeit. Er rennt über die Steinhalde. Er hält plötzlich einen scharfkantigen Stein in der Hand und schlägt zu. Der lange Gardist fällt hintenüber. Ein dumpfes, klatschendes Geräusch, als sein Kopf auf den rundgeschliffenen Stein prallt. Sie warten auf das Schiff. In wortloser Übereinstimmung wissen sie, daß sie nur eines retten kann: so schnell wie möglich die Insel zu verlassen. Das Land zu verlassen. Die Flucht. Aber der Regen und der Wind haben ihre eigenen Gesetze. Spanien 1955.

Per Wahlöö, 1926 im schwedischen Lund geboren, machte nach dem Studium der Geschichte als Journalist Karriere. In den fünfziger Jahren ging er nach Spanien und wurde 1956 vom Franco-Regime ausgewiesen. Nach verschiedenen Reisen um die halbe Welt ließ er sich wieder in Schweden nieder und arbeitete dort als Schriftsteller. Per Wahlöö starb 1975 in seiner Heimatstadt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783688107339
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum17.11.2017
Auflage1. Auflage
Seiten106 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2512847
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

2

Die kleinen grauen Esel trotteten mit den Reisigbündeln auf ihren Rücken langsam und mühselig hintereinander über den Bergkamm. Der Hund rannte auf seinen drei Beinen quer durch die Mandelbaumplantage, jeder Schritt auf dem knochentrockenen grauroten Erdboden verursachte eine kleine, helle Staubwolke. Die Frau aus Katalonien bewegte sich unter der dünnen Decke unruhig im Schlaf. Sie lag mit gespreizten Beinen auf dem Rücken und hatte die Hände auf die Oberschenkel gelegt, wie zur Vorbereitung auf eine Lieblingssünde. Aber sie schlief fest, und über der Kante des Überschlaglakens waren auf ihren Brüsten viele kleine Schweißtropfen zu sehen. Die Brustwarzen ruhten weich und entspannt auf ihrem dunklen fedrigen Untergrund. Noch weiter oben klebte ein kastanienrotes Haarbüschel an der Wange und bewegte sich leicht bei jedem der ruhigen Atemzüge. Er hob seine feuchte Stirn von dem schwarzen Blech der Schreibmaschine und wünschte sich, daß es die letzte halbe Stunde nie gegeben hätte, daß sie tot und vergessen und zusammen mit vielen anderen in das namenlose Grab gelegt würde, das man sein Leben nannte. Dann schrieb er weiter. Genau da wo er aufgehört hatte, mitten im Satz.


von Schottland über die Niederlande zu ihrem natürlichen Zentrum Deutschland-Skandinavien, zusammen mit einer von Rußland befreiten Ukraine, die ostwärts an Österreich anschließt und südlich an den deutschsprachigen Teil der Schweiz und Südtirol. Das setzt die Vertreibung der russischen Machthaber hinter den Ural und die Entfernung der Amerikaner und ihrer Kapitalinteressen aus Europa voraus.


Er stand auf, ging ein paar Schritte und spürte, wie der kühle Luftzug aus dem Brunnen seine Stirn streifte. Er goß sich einen Becher Wasser ein und trank mit schnellen kleinen Schlucken. Es schmeckte herb nach Eisen, Salz und Schweiß. Dann blickte er sich nach dem schmalen, harten Bett um und stellte fest, daß das Laken vom Schweiß beinahe durchsichtig geworden war und an ihrem Bauch und den Hüften festklebte. Er zog es wie ein Heftpflaster ab, ging zurück an die Schreibmaschine und warf einen Blick auf den Hund, der wie ein weißes, schmutziges Stück Fell direkt an der Schattenkante vor der Türschwelle lag. Als er die Taste mit dem Paragraphenzeichen anschlagen wollte, hatte sie sich verklemmt, und ehe er weiterschreiben konnte, mußte er einen jungen Grashüpfer herausklauben, der zwischen den Typenhebeln einen klebrigen, grünen kleinen Selbstmord begangen hatte.


§ 5

Um die innere Moral in dem arischen Block auf eine feste Grundlage zu stellen - was für den endgültigen Erfolg eine der wichtigsten Voraussetzungen ist -, scheint es unumgänglich, daß tatsächliche oder eingebildete Gegensätze zwischen Volksstämmen gleichen Blutes eliminiert werden. In dieser Situation zu Geschichtsfälschungen zu greifen ist jedoch aus den verschiedensten Gründen und in jeder Hinsicht verkehrt und muß mit allen Mitteln verhindert werden. Die Geschichte muß in jedem Fall klar, eindeutig, wahrheitsgetreu und schlüssig sein. Dadurch wird ein gesundes Überlegenheitsgefühl geschaffen, das heißt der arische Mensch kann mit Genugtuung und Stolz auf die Vergangenheit seiner Rasse blicken (und sich sagen: So bin ich gewesen, aber so bin ich heute nicht mehr, aus der Fehlerhaftigkeit, der Unsittlichkeit und Gleichgültigkeit meiner Vorväter habe ich gelernt). Solche Überlegungen führen beijedem einzelnen Arier zu einem Gefühl der Freiheit und stärken sein Bewußtsein, besser zu sein als alle anderen. Diese Forderung ist nicht nur rechtmäßig, sondern muß eine Selbstverständlichkeit werden. Erst dann sind wir imstande, die Verantwortung, die die Zugehörigkeit zu einer überlegenen Volksgruppe mit sich bringt, zu tragen. Um diese Entspannung und die nationale Einigung zu erreichen, die als ein Übergangsstadium auf dem Weg zu einer totalen arischen und also europäischen Einheit zu betrachten ist, muß man allerdings in der Anfangsphase von leichtfaßlichen und allgemeinverständlichen Symbolen Gebrauch machen oder Haßobjekte anwenden. Das für den einfachen Mann naheliegende Haßobjekt ist natürlich - der Jude.

 

§ 6

Wie bereits die arischen Pioniere der dreißiger Jahre eingesehen haben, ist der Jude als der gemeinsame Nenner für das Kraftpotential der europäischen Völker anzusehen. Das Vorkommen einzelner Juden in der arischen Volksgemeinschaft kann mit einfachen Mitteln als gemeinsames Problem aller über alle Ländergrenzen hinweg dargestellt werden. Daher muß man vor allem in der einleitenden Phase der Entwicklung dem Antisemitismus allerhöchste Aufmerksamkeit widmen. Der Neue Antisemitismus, der in vielschichtiger Weise mit anderen Mitteln arbeitet als sein historischer Vorgänger, muß vom ersten Augenblick an mit größter Sorgfalt und Genauigkeit aufgebaut und aus einem latent vorhandenen Widerwillen heraus zu einem aktiven und unverzichtbaren Bestandteil der psychischen Konstitution des arischen Menschen entwickelt werden. Wenn es nun darum geht, Grundlagen zu schaffen, den Neuen Antisemitismus zu intensivieren und ihn (schließlich) fest zu etablieren, können wichtige Lehren aus reichhaltigem Quellenmaterial gezogen werden. Nämlich erstens aus den Erfahrungen der arischen Pioniere während ihrer Arbeitseinsätze in den Jahren 1933-1945 und zweitens aus der eigenen prosemitischen Propaganda der Juden. Die zweite Alternative bietet verschiedene Aspekte, und ich möchte einleitend einige Richtlinien für eine genauere Analyse festlegen. Es ist bekannt, daß nach der Unterdrückung des germanischen Volkes im Zweiten Weltkrieg eine Reihe jüdischer Schreiberlinge mit intellektuellem Anspruch und in verschiedenster Form versucht hat, die selbst noch in der Niederlage eindeutig vorhandene Überlegenheit der arischen Rasse zu untergraben. Als Beispiel können folgende Namen stehen: Ilja Ehrenburg, Jean-Paul Sartre, Irwin Shaw und Arthur Koestler. Einige dieser Leute haben sicher aufrichtig und nach bestem Vermögen versucht, hinter die Ursachen des natürlichen Widerwillens des arischen Menschen gegen alles Jüdische zu kommen. Ich zitiere aus der Autobiographie eines amerikanischen Industriellen: ... gab ich eines Tages versehentlich einem Juden, Simon Blaustein, einem skrupellosen Geschäftemacher der Lebensmittelbranche, die Hand. Noch Stunden später war mir, als ob meine Hand nicht mir selbst gehörte, und ich fühlte Ekel und Widerwillen ... Es kann hinzugefugt werden, daß in dem Moment, in dem der Neue Antisemitismus so weit durchgesetzt ist, daß jeder einzelne Arier mit der gleichen Offenheit und gesunden Vernunft bei der Berührung oder auch nur beim Anblick eines Juden reagiert, er auch sein endgültiges Ziel erreicht hat: Dann steht der Arier als Person mit beiden Beinen fest im Leben, er fühlt seine Überlegenheit, ist sich ihrer bewußt, und er kennt seine Kräfte, mit denen er sich sein Schicksal selbst erkämpft. Denn selbst die Helden der Sage (Tristan, Sir Galahad, Hektor) erschauderten beim Anblick eines abstoßend häßlichen - wenn auch ungefährlichen - Tieres und scheuten sich, ein Reptil zu berühren.

Allerdings haben die erwähnten jüdischen Propagandisten bei ihren Bemühungen, die Ansichten der Juden - wenn auch in umständlicher und idealisierter Form - darzulegen, den analysierenden arischen Wissenschaftlern einen Einblick in die innersten Mechanismen des jüdischen Wesens gegeben. Damit lieferten sie zugleich eine Waffe in arische Hände, die richtig angewandt zum endgültigen Untergang der jüdischen Rasse führen wird.

Der Jude darf allerdings auch nicht unterschätzt werden. Das beweisen all die unglückseligen Ereignisse, die er bereits verursacht hat, und die Fäulnis, die in unserer Gesellschaft auszubreiten ihm gelungen ist. Obwohl der Jude vor allem in physischer und moralischer Hinsicht so gut wie allen arischen Menschen weit unterlegen ist, besitzt er gewisse Instinkte, die man bei Ariern nicht findet. Genannt werden können hier der Herdentrieb und das in gewissen Grenzen berechnende Element, der Hang zum Spekulieren. Durch unser Wissen um die Reaktionen und die innere Mechanik des jüdischen Wesens können wir diese Eigenschaften allerdings gegen jeden einzelnen Juden einsetzen. Das eigentliche Problem, dem wir uns von Anfang an stellen müssen, ist ohne Zweifel der Bedarf an Cognac.


Das Klappern der Schreibmaschine brach abrupt ab. Ein verklingendes Echo hallte über die Terrasse und endete wie ein abgerissenes Kabelstück. Das war es also, wonach er immer schon gestrebt und sich gesehnt hatte. Seine geheimsten und machtvollsten Gedanken spontan ausdrücken und zu Papier bringen. Jetzt war es geschehen und er dachte: verdammtes Schicksal, verfluchte Ironie. Er drehte die Walze zurück und versuchte, den nicht zu Ende geführten Satz wieder aufzugreifen. Aber das gelang ihm nicht. Während er sich daranmachte, das letzte Wort überzutippen, murmelte er resigniert leise vor sich hin: Das Hauptproblem ist erst da, wenn der letzte Jude im Formalinbehälter im Staatsmuseum liegt. Man muß unbedingt darauf achten, daß man stets einige lebende Exemplare aufbewahrt, zur Verwendung im Fernsehen und in Propagandafilmen. Man sollte ... Verdammt, verdammt, verdammt, sagte er schnell hintereinander ziemlich laut, und der dreibeinige Hund hob seinen langen, schmalen Kopf.

Die Frau aus Katalonien wachte auf und schwang im gleichen Augenblick die Beine über die Kante des Bettes. Ihre Füße hinterließen auf dem Steinfußboden dunkle, feuchte Abdrücke, als sie mit kurzen Trippelschritten herankam, hinter den Schemel trat und sich von hinten über ihn beugte. Ihre Brüste lagen an seiner Schulter und ihre Wange an seiner Stirn.

«Mucho trabajo, siempre mucho...
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Autor

Per Wahlöö, 1926 im schwedischen Lund geboren, machte nach dem Studium der Geschichte als Journalist Karriere. In den fünfziger Jahren ging er nach Spanien und wurde 1956 vom Franco-Regime ausgewiesen. Nach verschiedenen Reisen um die halbe Welt ließ er sich wieder in Schweden nieder und arbeitete dort als Schriftsteller. Per Wahlöö starb 1975 in seiner Heimatstadt.