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Die Generale

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
250 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am17.11.20171. Auflage
Er hatte gedacht, am Bau eines Paradieses auf Erden mitgewirkt zu haben - und jetzt steht er deshalb vor dem «Sonder-Kriegsgericht» der Putschisten, die das Paradies alles andere als paradiesisch gefunden haben ... Bei den Prozeßakten liegt die Aufzeichnung eines Gesprächs: ?Da fällt mir eines unserer nächtlichen Gespräche ein, das wir vor langer Zeit einmal geführt haben. Ich fragte: Aber was ist denn die Absicht? Du antwortetest: Sich einen Staat zu schaffen. Ich fragte: Und was sollen wir damit anfangen? Du sagtest: Wir wollen ihn zu einem Land machen, in dem Leute wie wir und andere Menschen sich wohl fühlen. Ich fragte: Was meinst du damit - sich wohl fühlen? Du sagtest: Ganz einfach, daß es Freude macht zu arbeiten, Menschen um sich herum zu haben, die einen verstehen und einen mögen, natürlich auch genügend Lebensmittel und Wohnraum zu haben, all das, was man haben zu müssen meint; daß man selbst dem Leben einen Sinn und ein Ziel gibt und um sich herum andere sieht, denen es ebenso geht. Ich fragte: Und was sollen wir damit anfangen, wenn wir es geschaffen haben? Du sagtest: Darin leben. Ich fragte: Ist das der ganze Sinn unserer Arbeit für diese Insel, die wir vermutlich niemals bekommen werden? Du sagtest: Diese Insel, die wir sicher bekommen werden, was du ebensogut weißt wie ich, ist eine natürliche, selbständige Einheit, die muß frei und unabhängig sein. Ich sagte: Na klar, das ist der Sinn des Ganzen.? Sie haben geglaubt, es sei um etwas gegangen, das es nicht gibt: um die Verwirklichung einer Utopie. Jetzt auf alle Fälle geht es nur um eines: um Macht.

Per Wahlöö, 1926 im schwedischen Lund geboren, machte nach dem Studium der Geschichte als Journalist Karriere. In den fünfziger Jahren ging er nach Spanien und wurde 1956 vom Franco-Regime ausgewiesen. Nach verschiedenen Reisen um die halbe Welt ließ er sich wieder in Schweden nieder und arbeitete dort als Schriftsteller. Per Wahlöö starb 1975 in seiner Heimatstadt.
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Produkt

KlappentextEr hatte gedacht, am Bau eines Paradieses auf Erden mitgewirkt zu haben - und jetzt steht er deshalb vor dem «Sonder-Kriegsgericht» der Putschisten, die das Paradies alles andere als paradiesisch gefunden haben ... Bei den Prozeßakten liegt die Aufzeichnung eines Gesprächs: ?Da fällt mir eines unserer nächtlichen Gespräche ein, das wir vor langer Zeit einmal geführt haben. Ich fragte: Aber was ist denn die Absicht? Du antwortetest: Sich einen Staat zu schaffen. Ich fragte: Und was sollen wir damit anfangen? Du sagtest: Wir wollen ihn zu einem Land machen, in dem Leute wie wir und andere Menschen sich wohl fühlen. Ich fragte: Was meinst du damit - sich wohl fühlen? Du sagtest: Ganz einfach, daß es Freude macht zu arbeiten, Menschen um sich herum zu haben, die einen verstehen und einen mögen, natürlich auch genügend Lebensmittel und Wohnraum zu haben, all das, was man haben zu müssen meint; daß man selbst dem Leben einen Sinn und ein Ziel gibt und um sich herum andere sieht, denen es ebenso geht. Ich fragte: Und was sollen wir damit anfangen, wenn wir es geschaffen haben? Du sagtest: Darin leben. Ich fragte: Ist das der ganze Sinn unserer Arbeit für diese Insel, die wir vermutlich niemals bekommen werden? Du sagtest: Diese Insel, die wir sicher bekommen werden, was du ebensogut weißt wie ich, ist eine natürliche, selbständige Einheit, die muß frei und unabhängig sein. Ich sagte: Na klar, das ist der Sinn des Ganzen.? Sie haben geglaubt, es sei um etwas gegangen, das es nicht gibt: um die Verwirklichung einer Utopie. Jetzt auf alle Fälle geht es nur um eines: um Macht.

Per Wahlöö, 1926 im schwedischen Lund geboren, machte nach dem Studium der Geschichte als Journalist Karriere. In den fünfziger Jahren ging er nach Spanien und wurde 1956 vom Franco-Regime ausgewiesen. Nach verschiedenen Reisen um die halbe Welt ließ er sich wieder in Schweden nieder und arbeitete dort als Schriftsteller. Per Wahlöö starb 1975 in seiner Heimatstadt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783688107230
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum17.11.2017
Auflage1. Auflage
Seiten250 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2512863
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Erster Tag

Brown: Sind die Anwesenden bereit, mit dem internen Teil der Sitzung anzufangen?

Orbal: Bereit.

Brown: Beim nichtöffentlichen Teil der heutigen Verhandlung sind anwesend: der Präsident des Sonder-Kriegsgerichts, Oberst Orbal, Major von Peters, Heer, Oberst Pigafetta, der die Luftwaffe vertritt, und Kapitän zur See Kampenmann, Marine, sowie Generaladvokat Haller, der dem Sonder-Kriegsgericht als Experte für das Zivilrecht und Vertreter des Justizministeriums beigeordnet wurde.

Peters: Sie vergessen sich selbst.

Brown: Berichterstatter ist Leutnant Brown, Luftwaffe, der zur Zeit zur Operationsabteilung des Generalstabs abkommandiert ist.

Peters: Gut. Weitermachen.

Brown: Während des öffentlichen Teils der Verhandlungen wird Kapitänleutnant Schmidt von der juristischen Abteilung des Generalstabs als Auditor tätig sein.

Peters: Der ist zu schlapp.

Brown: Stellvertretender Auditor ist Leutnant Bratianu.

Peters: Bratianu, ja, der ist in Ordnung.

Brown: Der Angeklagte wird von Hauptmann Endicott von der Luftwaffe verteidigt.

Peters: Wer hat denn ausgerechnet den Mann ausgewählt?

Pigafetta: Ich. Er hat diese Aufgabe erhalten, nachdem die Teilstreitkräfte untereinander gelost haben.

Peters: Na, Bratianu ist jedenfalls gut.

Brown: Der Generaladvokat hat den Antrag gestellt, eine Erklärung verlesen zu dürfen.

Haller: Darf ich vorlesen?

Orbal: Was ist denn?

Haller: Ich hatte um die Erlaubnis gebeten, eine Erklärung verlesen zu dürfen.

Orbal: Klar. Genehmigt!

Haller: Als Repräsentant des Justizministeriums möchte ich zum Ausdruck bringen, daß die Regierung diesem Verfahren größte Bedeutung beimißt. Ich darf darauf hin weisen, daß der Prozeß in den verschiedensten Gremien länger als drei Jahre lang vorbereitet wurde.

Kampenmann: Warum denn?

Haller: Darauf komme ich gleich zu sprechen. Der Antrag des Staatsanwalts enthält 127 Anklagepunkte, und die Prozeßakten umfassen bereits mehr als zehntausend Seiten.

Peters: Des Auditors.

Haller: Wie bitte?

Peters: Des Auditors, sagte ich. Nicht des Staatsanwalts. Dies ist ein Militärgericht.

Haller: Ich bitte um Verzeihung. Also, die erhebliche Sorgfalt, mit der diese Verhandlung demzufolge vorbereitet wurde, entspricht natürlich einer bestimmten Absicht. Die Folgerungen, die das Kriegsgericht zieht, und sein Urteil sowie bereits vorhandene Akten und Gutachten werden die Grundlage für die Arbeit der zivilmilitärischen Legislative bilden, also der gesetzgebenden Versammlung.

Peters: Sie brauchen sich hier nicht so auszudrücken, als ob wir Idioten wären.

Haller: Ich bitte um Verzeihung. Das war wirklich nicht meine Absicht. Also, obwohl es so aussehen könnte, als ob das völlig überflüssig wäre, möchte ich trotzdem im Namen des Justizministeriums und der Legislative betonen, für wie wichtig es gehalten wird, daß bei dem Verfahren sorgfältigst bis zum i-Tüpfelchen alle moralischen, rechtlichen, Verzeihung - militärrechtlichen und psychologischen Aspekte beachtet werden.

Orbal: Wer behandelt uns wie Idioten?

Kampenmann: Ich verstehe trotzdem nicht das übertriebene Interesse an diesem speziellen Individuum.

Haller: Der Mann, dem hier der Prozeß gemacht werden soll, ist als Repräsentant zweier verschiedener Regime aufgetreten und hat darüber hinaus zwei verschiedenen organisierten Revolutionsbewegungen angehört. Er hat unter den vier verschiedenen Führungen im militärischen Bereich mitgearbeitet und hat alle vier verraten.

Peters: Man kann Armeen, die nicht existieren, nicht verraten. Sie sollten sich etwas genauer ausdrücken.

Haller: Ich ... verstehe Ihren Hinweis. Ein Versprecher. Er wird sich nicht wiederholen.

Peters: Gut. Sind Sie selbst Soldat gewesen, Herr Haller?

Haller: Bei allem Respekt vor dem Kriegsgericht, dies gehört wohl kaum zur Verhandlung. Viel wichtiger ist wahrscheinlich, daß dieses Kriegsgericht die Möglichkeit hat, die mentalen Mechanismen eines Individuums bloßzulegen, das den Staat verraten hat und sowohl vor als auch während der vergleichsweise begrenzten Zeit des Krieges ...

Peters: Was für eines Krieges? Sie meinen die Unruhen. Sie sollten sich wirklich genauer ausdrücken.

Haller: ... und der sowohl vor als auch während des Umsturzversuchs gegen beinahe alle wesentlichen moralischen Regeln, die den Grund unserer Ideologie, unserer Lebensanschauung und unserer Staatsverfassung bilden, verstoßen hat. Deswegen hat der Staatschef nachdrücklich den Wunsch geäußert, daß das Verfahren mit äußerster Sorgfalt gehandhabt wird und die Motive und Beweggründe des Angeklagten, die Triebe und Verwirrungen, die zu den Verbrechen geführt haben, gründlich erforscht und bis ins kleinste Detail dargestellt werden. Es ist auch die Absicht des Staatschefs, nach Abschluß des Verfahrens das gesamte Material der Legislative zur genauen Analyse zu übergeben. Darauf besteht der Staatschef mit großem Nachdruck.

Peters: Warum haben Sie das denn nicht gleich zu Anfang gesagt?

Kampenmann: Ich verstehe immer noch nicht, warum die Teile des Verfahrens, die nicht den militärischen Bereich betreffen, nicht von einem zivilen Gericht behandelt werden können.

Haller: Wie das hohe Gericht zweifellos weiß, sind wir mit der Gesetzgebung immer noch im Verzug. Es wäre auf große Schwierigkeiten gestoßen, dieses Verfahren vor einem Zivilgericht durchzuführen. Außerdem ...

Peters: Was außerdem?

Haller: Außerdem ist der Staatschef der Ansicht, daß die Angelegenheit viel zu wichtig ist, als daß sie einer anderen Behörde anvertraut werden könnte. Hier kommt nur das Militär in Frage.

Peters: Na, das ist doch selbstverständlich.

Haller: Vor allem, weil es kaum andere Behörden gibt. Also, außer den psychologischen Analysen zum Schutz des moralischen und geistigen Wohls der Bevölkerung, die auf dem Protokoll des Kriegsgerichts aufbauen können, werden die verhängten Strafen zu jedem Anklagepunkt, in dem der Angeklagte vom Gericht schuldig gesprochen wird, als Vorentscheidung aufgefaßt und zur Grundlage einer späteren zivil-militärischen Gesetzgebung gemacht.

Peters: Ich verstehe. Sind Sie mit Ihrer Vorlesung fertig?

Haller: Ja. Das war alles, was ich zu sagen hatte.

Pigafetta: Wenn ich Sie recht verstanden habe, ist die ganze Kriegsgerichtsverhandlung als militärische Angelegenheit zu betrachten?

Haller: Ja. Formell.

Pigafetta: Und Ihre Befugnis, dem Präsidium des Kriegsgerichts beizutreten, bezieht sich auch auf die Punkte des Verfahrens, bei denen es um militärische Angelegenheiten geht?

Haller: Meine Aufgabe ist es vor allem, als juristischer Ratgeber dabeizusein und als Beobachter zu wirken.

Pigafetta: Für die Regierung?

Haller: Und für den Staatschef.

Pigafetta: Ich verstehe ... na, wir werden uns sicher vertragen.

Haller: Davon bin ich überzeugt. Verzeihung, Herr Präsident, ich habe nicht verstanden ...

Orbal: Was denn?

Haller: Ich habe nicht verstanden, was Sie gesagt haben.

Orbal: Nichts. Ich habe nichts gesagt. Ich gähnte. Leutnant Brown, Sie können weitermachen.

Brown: Das Verfahren umfaßt einen nichtöffentlichen und einen öffentlichen Teil. Die Verhandlung beginnt mit dem öffentlichen Teil, zu dem die Bevölkerung und Vertreter der Presse, des Rundfunks und des Fernsehens zugelassen sind. Ist das Präsidium bereit, die internen Überlegungen abzuschließen und zum öffentlichen Teil der Sitzung überzugehen?

Peters: Die Presse? Auch Ausländer?

Brown: Sozusagen, Herr Major. Drei ausländische Nachrichtenbüros sind vertreten.

Peters: Aus Ländern, die uns freundlich gesonnen sind?

Brown: Selbstverständlich.

Peters: Das heißt «Selbstverständlich, Herr Major!».

Brown: Jawohl, Herr Major.

Peters: Na, also!

Brown: Außerdem vertritt der gleiche Journalist, der auch unsere eigenen Massenmedien repräsentiert, die ausländischen Büros.

Peters: Sind Zuschauer gekommen?

Brown: Nein, Herr Major.

Orbal: Ziemlich kalt hier drin.

Haller: Es könnte nicht schaden, wenn einige Vertreter der Öffentlichkeit anwesend wären. Sieht besser aus.

Pigafetta: Kümmere dich darum, Brown. Da sind sicher ein paar Leute in der Kantine.

Brown: Jawohl, Herr Oberst.

Orbal: Muß das wirklich sein? So verdammt kalt, meine ich.

Pigafetta: Ich werde versuchen, etwas dagegen zu tun.

Orbal: Von diesem Mineralwasser friert man nur noch mehr. Außerdem schmeckt es nach Schwefel. Kann man denn nicht dafür sorgen, daß wir etwas Warmes bekommen? Kaffee oder Tee oder so was?

Pigafetta: Selbstverständlich. Ich schlage vor, daß wir eine Treppe höher gehen, in meine Räume.

Peters: Stell das Tonbandgerät ab.

Brown: Ich bin nicht befugt, die Aufnahme zu unterbrechen, solange das Kriegsgericht sich nicht vertagt hat.

Peters: Unterbrich die Verhandlung, Mateo.

Orbal:...
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Autor

Per Wahlöö, 1926 im schwedischen Lund geboren, machte nach dem Studium der Geschichte als Journalist Karriere. In den fünfziger Jahren ging er nach Spanien und wurde 1956 vom Franco-Regime ausgewiesen. Nach verschiedenen Reisen um die halbe Welt ließ er sich wieder in Schweden nieder und arbeitete dort als Schriftsteller. Per Wahlöö starb 1975 in seiner Heimatstadt.