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Die Welt voller Wunder

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
368 Seiten
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am20.11.20151. Auflage
Der lang verschollene letzte Roman der Nobelpreisträgerin Dass Rann Colfax etwas Besonderes ist, merken seine Eltern schon kurz nach seiner Geburt: Er ist hochbegabt - und wächst deshalb ohne Freunde auf. Sein Vater beschließt, mit Rann um die Welt zu reisen, damit er neue Eindrücke gewinnt und seinen Horizont erweitern kann. Doch noch bevor die Reise stattfindet, stirbt der Vater - und Rann muss sich allein aufmachen in die weite Welt, wo er die Unwägbarkeiten des Lebens kennenlernt und schließlich auch die Liebe.  

Pearl S. (= Sydenstricker) Buck, geboren 1892 in Hillsboro, West Virginia, lebte als Tochter eines Missionars die meiste Zeit in China, studierte aber in den USA. Sie war verheiratet mit dem Missionar J.L. Buck und von 1922 bis 1932 Professorin für englische Literatur in Nanking. Nach der Scheidung kehrte sie nach Amerika zurück und heiratete später ihren Verleger Richard J. Walsh, mit dem sie in Pennsylvania lebte. Für ihren Roman >Die gute Erde< erhielt sie 1932 den Pulitzerpreis und 1938 den Literatur-Nobelpreis.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDer lang verschollene letzte Roman der Nobelpreisträgerin Dass Rann Colfax etwas Besonderes ist, merken seine Eltern schon kurz nach seiner Geburt: Er ist hochbegabt - und wächst deshalb ohne Freunde auf. Sein Vater beschließt, mit Rann um die Welt zu reisen, damit er neue Eindrücke gewinnt und seinen Horizont erweitern kann. Doch noch bevor die Reise stattfindet, stirbt der Vater - und Rann muss sich allein aufmachen in die weite Welt, wo er die Unwägbarkeiten des Lebens kennenlernt und schließlich auch die Liebe.  

Pearl S. (= Sydenstricker) Buck, geboren 1892 in Hillsboro, West Virginia, lebte als Tochter eines Missionars die meiste Zeit in China, studierte aber in den USA. Sie war verheiratet mit dem Missionar J.L. Buck und von 1922 bis 1932 Professorin für englische Literatur in Nanking. Nach der Scheidung kehrte sie nach Amerika zurück und heiratete später ihren Verleger Richard J. Walsh, mit dem sie in Pennsylvania lebte. Für ihren Roman >Die gute Erde< erhielt sie 1932 den Pulitzerpreis und 1938 den Literatur-Nobelpreis.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423427371
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum20.11.2015
Auflage1. Auflage
Seiten368 Seiten
SpracheDeutsch
IllustrationenFormat: EPUB
Artikel-Nr.2513490
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Irgendwann in der Nacht wurde er, ganz langsam und sanft, davon wach, dass eine Hand seine Oberschenkel streichelte und sich, ganz langsam, ganz sanft auf seine Genitalien zubewegte. Anfangs hielt er es für einen Traum. Er hatte schon seit einiger Zeit seltsame neue Träume, wenn auch nicht oft, denn sein rapides und außergewöhnliches körperliches Wachstum, im Zusammenspiel mit seinem unablässigen Lesen und Studieren, seiner Besessenheit, alles so schnell wie möglich lernen zu wollen, beanspruchte all seine Energie. Doch als sein Körper begann, auf die sich bewegende Hand zu reagieren, war er plötzlich hellwach. Abrupt setzte er sich auf, und im Schein eines neu angeschürten Kaminfeuers fand er sich von Angesicht zu Angesicht mit Sharpe wieder. Einen langen Augenblick lang starrten sie einander nur an, Sharpe lächelnd, die Augen halb geschlossen und in einen roten Satinmorgenrock gehüllt.

»Lassen Sie mich in Ruhe!«, stieß Rann gepresst hervor.

»Mache ich dir Angst, mein Lieber?«, fragte Sharpe weich.

»Lassen Sie mich einfach in Ruhe«, wiederholte Rann.

Er stieß Sharpe von sich und wickelte sich die Bettdecke fest um den Körper.

»Ich führe dich in die Liebe ein«, fuhr Sharpe sanft fort. »Es gibt so viele Arten der Liebe. Und alle Liebe ist gut. Das habe ich in Indien gelernt.«

»Ich gehe nach Hause«, erklärte Rann ernst. »Verlassen Sie bitte das Zimmer, damit ich mich anziehen kann.«

Sharpe stand auf. »Sei nicht albern. Der Schnee liegt über einen halben Meter hoch.«

»Da komme ich zu Fuß schon durch.«

»Sei nicht kindisch«, sagte Sharpe. »Wir haben doch über Erfahrung gesprochen. Den ganzen Abend lang ... wir haben darüber gesprochen, wie wichtig es ist, eigene Erfahrungen zu machen. Und jetzt, da ich dir diese in der Form einer kultivierten Liebe anbiete, die so alt ist wie das alte Griechenland Platos selbst, da hast du Angst und willst nach Haus zu deiner Mutter laufen.«

»Vielleicht haben Sie recht, Dr. Sharpe. Vielleicht führe ich mich kindisch auf. Ich habe eigentlich keinen Grund, bei diesem Schneetreiben nach Hause zu gehen. Es ist nur so, dass mich das alles ziemlich überrumpelt hat und ich diese Angelegenheit nicht weiter verfolgen will. Deshalb ist es das Beste, wenn ich gehe.«

Sharpe saß in dem Sessel am Kamin und betrachtete Rann. »Ich wiederhole noch einmal, seien Sie nicht kindisch. Der Schnee ist über einen halben Meter hoch. Sie haben gesagt, dass Sie diese Angelegenheit nicht weiter verfolgen wollen. Damit wäre sie also erledigt. Ich werde zu Bett gehen und Sie allein lassen. Schließlich habe auch ich noch meinen Stolz, wissen Sie.«

»Da bin ich mir sicher, Dr. Sharpe, und ich bin genauso sicher, dass Sie mich nicht mehr stören werden.«

»Da können Sie sehr sicher sein, Rann. Ich gehe jetzt zu Bett. Gute Nacht, mein Lieber, und es tut mir leid, dass Sie ... nein, vielleicht tut es mir eher um meinetwillen leid und nicht um Ihretwillen, dass die Dinge nicht anders sein können.«

Als Donald Sharpe das Zimmer verlassen hatte, versuchte Rann all die Ereignisse des Abends in eine folgerichtige Ordnung zu bringen, damit er verstehen würde, wie es so weit hatte kommen können. Doch es war sinnlos, er verstand es nicht. Er fühlte sich nur unendlich müde und so elend vor Wut und Enttäuschung, dass er, zu seinem eigenen Erstaunen und Entsetzen, in Tränen ausbrach, sobald er das Licht ausgemacht und sich die Bettdecke über den Kopf gezogen hatte. Er hatte seit dem Tod seines Vaters nicht mehr geweint, doch das hier waren bittere Tränen. Er war verletzt und beleidigt worden, sein Körper war missbraucht worden - und er hatte einen Freund verloren, dem er von ganzem Herzen vertraut hatte. Und dann hatte sein Körper - und dieses neue Wissen über sich selbst schockierte ihn - im Schlaf auch noch körperlich auf die Stimulation reagiert. Er wurde wütend auf sich selbst. Jetzt konnte er natürlich nicht weiter aufs College gehen. Was, wenn Sharpe versuchen würde, es zu erklären, sich zu entschuldigen und eine neue Art Beziehung zu ihm aufzubauen? Er, er selbst, war viel zu beschämt über seine eigene Reaktion, um darüber auch nur nachzudenken.

Am nächsten Tag kehrte er früh am Morgen schon nach Hause zurück.

»Ich werde für eine Weile weggehen«, sagte er zu seiner Mutter und versuchte, dabei ganz ruhig zu sprechen.

Seine Mutter sah ihn über den Tisch hinweg mit großen blauen Augen erstaunt an. »Jetzt? Mitten im Semester?«

Einen langen Augenblick lang schwieg er. Was, wenn er ihr von der letzten Nacht erzählte? Doch er entschied sich für den Moment dagegen. Sein innerer Konflikt war zu groß. Er musste seine ganze Beziehung zu Donald Sharpe erst einmal gründlich überdenken - seine Bewunderung des Mannes hatte so gar nichts mit der Erfahrung der letzten Nacht zu tun. Hätte er es denn seinem Vater erzählt, wenn dieser noch am Leben gewesen wäre? Vor einem Jahr noch, ja, das hätte er. Aber jetzt, als Heranreifender, und er war reif genug, um zu erkennen, wie sehr all dies damit zusammenhing, dass er so viele Stunden mit Sharpe verbracht hatte, hätte er wohl selbst seinem Vater die Erfahrung der letzten Nacht nicht anvertraut. Ihn schauderte vor körperlicher Abscheu, als er an Sharpe dachte, und dies Schaudern würde er für immer bei jeder Erinnerung daran empfinden. Doch er brauchte Zeit, um zu verstehen, warum ein Mann von Sharpes Brillanz und, ja, Güte ... sich zu einem solch körperlichen Akt hergeben konnte. Vielleicht würde er es nie verstehen; und wenn nicht, dann musste er versuchen, sich selbst zu verstehen und warum er, obwohl er den Akt hasste, den Mann selbst nicht hasste, wie er einigermaßen überrascht feststellte. Aber der Schock und das Entsetzen waren noch zu frisch. Er brauchte Zeit, um sich über seine Gefühle klar zu werden.

»Ja, jetzt«, sagte er deshalb zu seiner Mutter.

»Wohin willst du denn?«, fragte sie.

Er konnte erkennen, dass sie versuchte, ihre Bestürzung, ja  vielleicht gar ihre Angst zu verbergen. Ihre Unterlippe zitterte.

»Ich weiß nicht«, erwiderte er. »In den Süden vielleicht, damit ich viel im Freien sein kann.«

Sie fügte kein weiteres Wort mehr hinzu, und er wusste warum. Vor langer Zeit hatte er seinen Vater einmal zu ihr sagen hören: »Bedränge den Jungen nicht mit deinen Fragen. Wenn er so weit ist und es uns erzählen möchte, wird er es schon tun.«

Für diesen Ratschlag war er sehr oft dankbar gewesen, aber noch nie dankbarer als jetzt. Er stand vom Tisch auf.

»Vielen Dank, Mutter«, sagte er leise, und dann ging er hinauf in sein Zimmer.

In der Nacht wachte er auf, und als er still daliegend die Augen öffnete, sah er seine Mutter in ihrem langen weißen Flanellmorgenrock neben seinem Bett stehen. Er schaltete die Nachttischlampe an und bemerkte, dass sie ihn ansah.

»Ich kann nicht schlafen«, sagte sie wehmütig.

Er setzte sich im Bett auf. »Geht es dir nicht gut?«, fragte er.

»Ich spüre hier so eine Schwere«, erwiderte sie und legte sich die Hände auf die Brust.

»Hast du Schmerzen?«

»Keine körperlichen«, erklärte sie. »Mich schmerzt eine Traurigkeit, eine Einsamkeit. Ich könnte dein Weggehen viel leichter ertragen, wenn ich wüsste, was passiert ist, warum du weggehen willst.«

Er wurde sofort wachsam. »Warum glaubst du, dass etwas passiert ist?«

»Du hast dich verändert - du hast dich sehr verändert.« Sie setzte sich auf die Bettkante, sodass sie einander ins Gesicht sahen. »Es war ein solcher Fehler, dass dein Vater zuerst gestorben ist und nicht ich«, fuhr sie in demselben Ton fort. Sie hatte eine mädchenhafte Stimme, sehr jung und sanft. Aber sie war ja auch noch nicht alt. Sie war erst zweiundzwanzig gewesen, als er geboren wurde, und sie sah jünger aus, besonders jetzt, da ihr die rotblonden Locken offen um das Gesicht und auf die Schultern fielen. »Ich hätte diejenige sein sollen, die stirbt«, wiederholte sie klagend. »Ich bin nicht imstande, dir zu helfen. Das weiß ich. Ich verstehe sogar in etwa, warum du dich mir nicht anvertrauen kannst. Es ist wohl wirklich wahr, dass ich dir ohnehin nicht helfen könnte.«

»Es ist nicht so, dass ich mich dir nicht anvertrauen will«, protestierte er. »Ich weiß nur nicht wie. Es ist so ... unaussprechlich.«

»Geht es um ein Mädchen, mein Schatz? Denn wenn es das ist, ich bin selbst einmal ein junges Mädchen gewesen, und manchmal - «

»Das ist es ja gerade. Es geht nicht um ein Mädchen.«

»Geht es um Donald Sharpe?«

»Woher weißt du das?«

»Du bist so anders, seit du ihn kennst, Rannie - so gefangen genommen von dieser Freundschaft. Nicht dass du mich falsch verstehst, ich habe mich ja auch gefreut für dich. Er ist brillant, das sagen alle. Und ich war froh, dass er dich unterrichtet ... und dir so etwas wie ein älterer Bruder ist, aber - «

Sie hielt inne und seufzte.

»Aber was?«, fragte er.

»Ich weiß nicht«, sagte sie mit aufgewühlter Stimme und besorgtem Gesichtsausdruck, den Blick forschend auf ihn gerichtet.

Und da gab er nach, zögerlich zwar, aber ein Wort folgte auf das andere. Jetzt, da sie allein in der Dunkelheit der Nacht dasaßen, musste er es ihr einfach erzählen. Er musste das lastende Gewicht der Erinnerung an die vergangene Nacht mit ihr teilen, als sein Freund Donald Sharpe plötzlich zu einem Fremden wurde, vor dem er fliehen musste.

»Gestern Nacht - «, begann er stockend und hielt...
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Pearl S. (= Sydenstricker) Buck, geboren 1892 in Hillsboro, West Virginia, lebte als Tochter eines Missionars die meiste Zeit in China, studierte aber in den USA. Sie war verheiratet mit dem Missionar J.L. Buck und von 1922 bis 1932 Professorin für englische Literatur in Nanking. Nach der Scheidung kehrte sie nach Amerika zurück und heiratete später ihren Verleger Richard J. Walsh, mit dem sie in Pennsylvania lebte. Für ihren Roman >Die gute Erde