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Diese wilde Freude in mir

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am17.08.20221. Auflage
Von der Liebe zum Leben und der Kraft der Frauen London 1797. Die Hebamme Parthenia Blenkinsop hat schon unzählige Babys auf die Welt gebracht, aber so etwas wie im Haus von Mary Wollstonecraft hat sie noch nicht erlebt. Ein höchst unkonventioneller Haushalt, eine liebevolle, gleichberechtigte Ehe. Und vor allem Mary selbst - eine offene, liebenswerte Frau, mit der Mrs B. wie mit ihresgleichen reden kann. Doch die Geburt ist lang und schwer. Elf Tage lang kämpft Mrs B. um das Leben von Mutter und Kind. In diesen elf Tagen erzählt Mary ihrer neugeborenen Tochter ihr Leben: ihr Kampf um Frauenrechte, die Reisen, Wagnisse, Verluste und Triumphe. Und vor unseren Augen wird eine furchtlose, tief beeindruckende Frau lebendig. Nicht nur Mrs B. wird diese elf Tage nie vergessen.

Samantha Silva schreibt hauptberuflich Filmdrehbücher und Theaterstücke und hat für Paramount, Universal und New Line Cinema gearbeitet. Sie lebt in Idaho.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR16,99

Produkt

KlappentextVon der Liebe zum Leben und der Kraft der Frauen London 1797. Die Hebamme Parthenia Blenkinsop hat schon unzählige Babys auf die Welt gebracht, aber so etwas wie im Haus von Mary Wollstonecraft hat sie noch nicht erlebt. Ein höchst unkonventioneller Haushalt, eine liebevolle, gleichberechtigte Ehe. Und vor allem Mary selbst - eine offene, liebenswerte Frau, mit der Mrs B. wie mit ihresgleichen reden kann. Doch die Geburt ist lang und schwer. Elf Tage lang kämpft Mrs B. um das Leben von Mutter und Kind. In diesen elf Tagen erzählt Mary ihrer neugeborenen Tochter ihr Leben: ihr Kampf um Frauenrechte, die Reisen, Wagnisse, Verluste und Triumphe. Und vor unseren Augen wird eine furchtlose, tief beeindruckende Frau lebendig. Nicht nur Mrs B. wird diese elf Tage nie vergessen.

Samantha Silva schreibt hauptberuflich Filmdrehbücher und Theaterstücke und hat für Paramount, Universal und New Line Cinema gearbeitet. Sie lebt in Idaho.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423445931
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum17.08.2022
Auflage1. Auflage
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse869 Kbytes
Artikel-Nr.9147034
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


30. August 1797 Mrs. B


Als Mrs. Blenkinsop auf den gepflegten runden Platz mit dreistöckigen Häusern am Rande von Nord-London gelangte, stellte sie überrascht fest, dass ihr Schützling, den dicken Bauch mit beiden Händen haltend, in der offenen Haustür stand und sie mit einem unbefangenen Lächeln und ohne ein Anzeichen von Angst vor dem bevorstehenden Ereignis hereinbat.

Das Haus und seine Herrin, die ein Musselinkleid trug und darüber ein indigoblaues Schultertuch, rochen nach Apfeltaschen. Sie waren einander noch nie begegnet, doch die Frau griff nach der Hand der Hebamme und führte sie an halb möblierten Zimmern vorbei, wo auf einem türkischen Teppich stapelweise Bücher noch auf Regale warteten und hier und da Holzkisten und Lederkoffer herumstanden, was sie mit einer Handbewegung als »das alte Leben, das noch seinen Platz im neuen sucht«, erläuterte. Mrs. Blenkinsop hatte in ihrem Leben schon weit schlimmere Unordnung gesehen, und ihr gefielen der schlichte Stil, die Schnittblumen in jedem Zimmer und das einzelne ovale Porträt, nur ein Gesicht (dem der Missus sehr ähnlich), das von seinem Platz über dem Kaminsims in den Raum blickte. Im Garten hinter dem Haus, der in spätsommerlicher Blüte stand, entdeckte die Hebamme ein kleines Mädchen, das vielleicht drei Jahre alt sein mochte und mit einer jungen Frau spielte, die ihr offenbar die Namen der Pflanzen nannte.

Es war ein schönes Haus, mit frisch gestrichenen weißen Wänden und offenen Fenstern, das himmelhoch zu sein schien und von einem belebenden Lüftchen durchweht wurde, das ihnen den Flur entlang folgte, zwei steile Treppen hinauf, bis in das luftige Schlafzimmer, in das die Missus Mrs. Blenkinsop führte, wobei sie jede ihrer Fragen mit einer verblüffenden Ruhe beantwortete: Ihr Fruchtwasser habe anfangs nur getröpfelt, sei dann aber in einem Schwall abgegangen, als sie an diesem Morgen in der Küche stand. Sie habe einen dumpfen Schmerz empfunden und seitdem vereinzelte Kontraktionen. Es gehe ihr aber nicht schlecht, und sie habe auch daran gedacht, etwas zu essen, vor zwei Stunden erst, ein kleines Frühstück, das als Nahrung hoffentlich ausreichen werde, um sie durch die bevorstehenden Wehen zu bringen.

»Ich glaube, Mrs. Blenkinsop, Sie werden nicht viel mehr zu tun haben, als dazusitzen und abzuwarten, dass die Natur das tut, was Ihre Kunst nicht vermag.«

»Dagegen habe ich nichts einzuwenden.« Die Hebamme stellte ihre alte Tasche und eine Flasche Gin auf den Boden.

»Ich kann es nicht ausstehen, herumzuliegen. Bei Fanny war ich am nächsten Tag wieder auf den Beinen.«

»Das hübsche Kind unten im Garten?«

»Ja, mit der guten Marguerite, unserem Mädchen. Beide zu lieb für diese Welt, fürchte ich. Allerdings: Schüchtern war Fanny nicht, als sie kam.«

Die Hebamme nahm ihren braunen Umhang ab und legte ihn sorgfältig gefaltet über einen Stuhl. »Na, ich hab noch keine zwei Geburten gesehen, die gleich abgelaufen sind. Nicht, solange ich Hebamme bin. Aber hoffen wir das Beste.«

»Ich habe zu Mr. Godwin gesagt, dass ich morgen Abend zum Essen wieder unten sein würde.«

»Dann wollen wir mal«, sagte die Hebamme, die sich nun ihrer anstehenden Aufgabe widmen wollte. »Stört es Sie, wenn ich meine Haube abnehme?«

»Natürlich nicht, Mrs. Blenkinsop. Bei uns geht es nicht so förmlich zu.«

»Mrs. B reicht auch«, sagte sie, nahm Mandelöl aus ihrer Tasche und rieb sich die Hände damit sauber. »Kürzt alles etwas ab.«

»Dann also Mrs. B.«

Ein Dienstmädchen brachte eine gebügelte Schürze für die Hebamme, die diese um ihren rundlichen Bauch wickelte und am Rücken zusammenband. Sie zog der Frau die Pantoffeln aus, knetete kurz ihre Füße, bevor sie ihre Beine aufs Bett hob, und legte ihr dann die Hände flach auf den straff gewölbten Leib, schloss die Augen und konzentrierte sich ganz darauf, das Kind darin zu ertasten. Zufrieden darüber, dass es sich mit dem Kopf voran ins Becken gesenkt hatte, setzte sie sich auf den Bettrand und stellte die Beine der Missus leicht gebeugt auf, schob ihr das Kleid bis zu den Knien hinauf, zog ihr die Unterwäsche aus und drückte sanft ihre Beine auseinander. Sie gaben nach wie die einer Frau, die das schon kannte.

Als die Hebamme ihre Patientin untersuchte - der Muttermund war erst einen Finger breit geöffnet -, atmete die Schwangere gedehnt aus und sprach zur Zimmerdecke.

»Ich sagte beim Frühstück zu Mr. Godwin, dass ich das kleine Wesen zweifellos heute zu sehen bekommen würde, ich aber auf Sie warten müsse, um die Stunde abschätzen zu können. Er war ein wenig erschrocken über die Aussicht auf all das, glaube ich, und war ziemlich erleichtert, als ich ihn wegschickte. Ich habe jedoch versprochen, ihm den ganzen Tag über Nachrichten zukommen zu lassen.«

»Dann sind wir also vorerst nur zu zweit.« Die Hebamme wischte sich die Hände an der Schürze ab. Der Brauch, eine ganze Horde weiblicher Verwandter und Freundinnen um sich zu scharen, war, wenn man sie fragte, weder der Sache noch der Patientin zuträglich. Ihrer Erfahrung nach konnten die Besucherinnen sich nie einigen, wie am besten vorzugehen war, weder vor der Geburt noch danach: Sollte man gegen eine träge Verdauung Austernschalenpulver nehmen oder doch lieber zerstoßene Kamillenblüten? Half Cayennepfeffer besser gegen Morgenübelkeit oder Laudanum? Waren »kühlende« oder »wärmende« Speisen bekömmlicher während der Schwangerschaft? (Mrs. B hatte schon zu viele Frauen gesehen, die sich wie die Pferde von Gras und Wasser ernährten.) Wenn die Wehen einer Frau nicht heftig genug waren, empfahlen die Anwesenden große Mengen starker Spirituosen, und wenn sie zu heftig waren, sogar noch mehr. Nur eins war nach Meinung von Mrs. B noch schlimmer: einen Arzt zu rufen. Die griffen immer viel zu schnell zur Zange und brachten keinerlei Geduld für eine Frau auf, die in den Wehen lag.

»Sieht so aus, als würden wir es eine ganze Weile miteinander zu tun haben«, sagte Mrs. B und zog der Frau das Kleid wieder bis über die Waden herunter.

»Sind Sie sicher?«

»Ein wenig Geduld noch.«

»Das waren die Worte meiner Mutter zu mir, als sie im Sterben lag.«

»Sie gelten fürs Werden wie fürs Vergehen.« Die Hebamme tätschelte flüchtig das Mieder. »Jetzt holen wir Sie erst mal da heraus und ziehen Ihnen etwas Bequemeres an.«

Die Frau deutete auf einen Kleiderschrank, in dem Mrs. B eine saubere, gebügelte Chemise fand und nicht ein einziges der schweren, für Bettlägerige zwar üblichen, aber viel zu warmen Nachthemden. Sie war der Ansicht, dass an Kleidung oder Bettzeug nichts dem hinzugefügt werden sollte, woran die Patientin bei bester Gesundheit gewöhnt war. Als sie sich umdrehte, stand die Frau vor dem Bett, die Arme zur Decke ausgestreckt und ganz im Einklang mit ihrem Körper. Ihr Haar fiel in weichen kastanienfarbenen Wellen herab, eine Farbe, die gut zu ihren braunen Augen passte. Ihre Gestalt wirkte wie eine bauchige Blumenvase.

»Keine Sorge«, sagte die Hebamme, knöpfte das Kleid am Rücken auf und zog es ihr über Bauch, Kopf und Arme aus. »Alles ist auf dem besten Wege. Sie werden sie früh genug kennenlernen.«

Kurz darauf hatte das neue Kleidungsstück das alte ersetzt.

»Sie?«

»Mmm.«

»Aber wir erwarten einen Master William . Schon von Anfang an.«

Von all dem Bücken und Auf und Ab hatte Mrs. B rote Flecken im Gesicht bekommen. Sie hielt einen Augenblick inne, blies sich ein paar Haarsträhnen aus der Stirn und bemerkte die Verwunderung im Gesicht ihrer Patientin.

»Das tun sie alle. Einen Jungen erwarten. Aber Sie sind rundum füllig, nicht nur vorn heraus. Die Füße schön warm. Die Haut glatt wie bei einer Pflaume.« Die Hebamme stemmte ihre Hände in die Hüften und sah die Frau mit zusammengekniffenen Augen prüfend an. »Die Pupillen zusammengezogen und klein.« Sie reckte die Nase in die Luft und schnupperte zufrieden. »Aber eigentlich verrät es dieser Geruch nach Apfeltaschen. Sie haben ein Verlangen nach Süßem. Das heißt, es wird ein Mädchen. Das sich Zeit lassen wird, das können Sie mir glauben.«

Mrs. B bückte sich nach ihrer Tasche und der Flasche Gin, stellte beides auf einen Tisch in der Nähe und begann, die Tasche auszupacken.

»Noch ein Mädchen«, sagte die Missus fast tonlos, »auf dieser Welt.«

Irgendetwas an ihrem Tonfall veranlasste Mrs. B, sich umzudrehen. Die Frau war wieder in ihre Pantoffeln geschlüpft und hatte sich ihr Schultertuch umgelegt. Sie war sehr ruhig, strich mit den Händen kreisend über ihren geschwollenen Leib und starrte mit einem wehmütigen Lächeln auf das dünne weiße Leinen, wie Begrüßung und Abschied in einem. Bis eben noch hatte sie so unerschrocken gewirkt: eine ältere Frau, Ende dreißig vielleicht, erfahren und von weltgewandtem Auftreten. Die Hebamme fand, dass die meisten Frauen viel zu viel Gewese um die Schwierigkeiten und Unbilden des Kinderkriegens machten, dass es eine natürliche Sache war - nicht etwa eine Krankheit - und als eine solche auch behandelt werden sollte. Die Frau hier vor ihr wirkte überhaupt nicht wie die anderen. Nein, sie schien zu denen zu gehören, die der Aufgabe ins Gesicht sahen, der Natur ihren Lauf ließen, jedoch nachhalfen, wo immer sie konnten, mit einem kurzen Spaziergang in der Natur vielleicht, einer gemächlichen Kutschfahrt, Treppensteigen, oder die sich in der Anfangsphase noch mit dem Backen von Apfeltaschen und dem würzigen Duft von aufgehendem Kuchen ablenkten. Doch jetzt, als sie so dort stand, wurde in der Stärke dieser Frau auch eine gewisse Weichheit spürbar.

»Darf ich Sie also Mrs. G nennen?«, fragte die Hebamme. »Nur um´s etwas...
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