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Geheime Geschichten für Frauen, die Saris tragen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
480 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am18.06.2018
Nikki weiß, was sie will. Genauer gesagt weiß die junge Londonerin mit indischen Wurzeln, was sie nicht will: ein Leben, gebunden an traditionelle Konventionen. Als Lehrerin eines Creative-Writing-Kurses für Sikh-Frauen will sie ihr Lebensgefühl weitergeben und hofft, dass die Frauen schreibend ihre Fesseln abwerfen. Allerdings entpuppen sich sämtliche Teilnehmerinnen als Analphabetinnen, die nur Lesen und Schreiben lernen wollen. Ein Unterfangen, das sich bald als müßig erweist. Doch als die Frauen sich öffnen und sich gegenseitig ihre geheimsten Geschichten anvertrauen, setzen sie etwas in Gang, das nicht nur ihr Leben für immer verändern wird ...

Balli Kaur Jaswal wurde in Singapur geboren und hat rund um den Globus gelebt: auf den Philippinen, in Japan, Russland, den USA, in Großbritannien, Australien und der Türkei. Sie hat als Lehrerin an verschiedenen internationalen Schulen gearbeitet, bevor sie mit ihrem Mann wieder nach Singapur gezogen ist, wo sie sich nun ganz dem Schreiben widmet.
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Produkt

KlappentextNikki weiß, was sie will. Genauer gesagt weiß die junge Londonerin mit indischen Wurzeln, was sie nicht will: ein Leben, gebunden an traditionelle Konventionen. Als Lehrerin eines Creative-Writing-Kurses für Sikh-Frauen will sie ihr Lebensgefühl weitergeben und hofft, dass die Frauen schreibend ihre Fesseln abwerfen. Allerdings entpuppen sich sämtliche Teilnehmerinnen als Analphabetinnen, die nur Lesen und Schreiben lernen wollen. Ein Unterfangen, das sich bald als müßig erweist. Doch als die Frauen sich öffnen und sich gegenseitig ihre geheimsten Geschichten anvertrauen, setzen sie etwas in Gang, das nicht nur ihr Leben für immer verändern wird ...

Balli Kaur Jaswal wurde in Singapur geboren und hat rund um den Globus gelebt: auf den Philippinen, in Japan, Russland, den USA, in Großbritannien, Australien und der Türkei. Sie hat als Lehrerin an verschiedenen internationalen Schulen gearbeitet, bevor sie mit ihrem Mann wieder nach Singapur gezogen ist, wo sie sich nun ganz dem Schreiben widmet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641205034
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum18.06.2018
Seiten480 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1372 Kbytes
Artikel-Nr.2515010
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Erstes Kapitel

Wie konnte Mindi sich bloß eine arrangierte Ehe wünschen?

Fassungslos starrte Nikki auf das Profil, das ihre Schwester an ihre Mail angehängt hatte. Darin eine Liste vermeintlich relevanter Details aus ihrem Lebenslauf: Name, Alter, Größe, Religionszugehörigkeit, Ernährungsweise (vegetarisch, bis auf die gelegentliche Portion Fish ´n Chips). Allgemeine Vorlieben bezüglich des Zukünftigen: intelligent, einfühlsam und liebenswürdig, mit soliden Wertvorstellungen und Prinzipien und einem netten Lächeln. Sowohl rasierte Männer als auch Turbanträger kamen als potenzielle Kandidaten in Frage, solange Bart und Haare penibel gepflegt waren. Der ideale Ehemann sollte einen sicheren Job und bis zu drei Hobbys haben, die ihn geistig wie körperlich auslasteten. In gewisser Weise, schrieb sie, sollte er sein wie ich: anständig (prüde, wenn man Nikki fragte), sparsam (eine nette Umschreibung für knauserig) und familienfreundlich (sprich, sollte augenblicklich Kinder wollen). Und zu allem Überfluss klang die Überschrift dieses abgeschmackten Textes auch noch wie eine billige Gewürzmischung aus dem Supermarkt: Mindi Grewal, Westöstliche Melange.

Der schmale Flur zwischen Nikkis Schlafzimmer und der offenen Singleküche mit den unebenen Bodendielen, die schon bei der leichtesten Belastung in den verschiedensten Tonhöhen quietschten und knarzten, eignete sich nicht unbedingt zum nachdenklichen Im-Kreis-Laufen. Trotzdem tigerte Nikki nun dort auf und ab wie ein Raubtier im Käfig und versuchte, mit jedem ihrer Schritte die widerstrebenden Gedanken zu ordnen. Was dachte sich ihre Schwester bloß dabei? Gut, Mindi war immer schon ziemlich konservativ und traditionsbewusst gewesen - einmal hatte Nikki ihre Schwester tatsächlich dabei erwischt, wie sie sich auf YouTube ein Video mit der Anleitung zum Ausrollen perfekter Rotis* anschaute - aber eine Hochzeitsanzeige aufgeben? Das war doch echt etwas extrem.

Nikki versuchte mehrfach, Mindi anzurufen, aber jedes Mal ging gleich die Mailbox ran. Als ihre Schwester schließlich doch antwortete, verschluckte der dichte graue Abendnebel schon langsam das Tageslicht, und für Nikki war bald Schichtbeginn im O´Reilly´s.

»Ich weiß, was du sagen willst«, sagte Mindi.

»Kannst du dir das wirklich vorstellen, Mindi?«, fragte Nikki. »Kannst du dir das allen Ernstes vorstellen?«

»Ja.«

»Dann bist du vollkommen verrückt.«

»Das ist meine freie Entscheidung. Ich möchte auf die traditionelle Art einen Ehemann finden.«

»Warum?«

»Weil ich das so möchte.«

»Warum?«

»Ist einfach so.«

»Du musst dir schon einen besseren Grund einfallen lassen, wenn ich dein Profil aufhübschen soll.«

»Das ist gemein. Ich habe dich auch unterstützt, als du ausziehen wolltest.«

»Du hast mich als egoistisches Miststück bezeichnet.«

»Aber du bist trotzdem gegangen. Und als Mum ohne Vorwarnung in deiner neuen Wohnung aufgekreuzt ist und gefordert hat, dass du auf der Stelle wieder mit nach Hause kommst, wer hat sie da überzeugt, es gut sein zu lassen? Hätte ich nicht mit Engelszungen auf sie eingeredet, hätte sie deine Entscheidung nie akzeptiert. Inzwischen hat sie sich widerstrebend damit abgefunden.«

»Sie hat sich beinahe damit abgefunden«, verbesserte Nikki sie. Mit der Zeit war Mums flammender Zorn allmählich abgekühlt und verrauchte nun langsam. Sie wetterte zwar immer noch leidenschaftlich gegen Nikkis lasterhaftes Lotterleben, hatte es aber inzwischen drangegeben, sie ständig vor den Gefahren des Alleinlebens zu warnen. »Meine Mutter hätte nicht mal im Traum daran gedacht, mir so etwas zu erlauben«, murmelte Mum immer mit einer kruden Mischung aus Stolz und Selbstmitleid in der Stimme; wohl um ihre vorgebliche Fortschrittlichkeit zu unterstreichen. Westöstliche Melange.

»Es geht darum, mich wieder mehr unserer Kultur zuzuwenden«, erklärte Mindi. »Ich sehe doch, wie meine englischen Freundinnen online und in Clubs Männer kennenlernen, und nie ist der Richtige dabei. Was spricht denn dagegen, es mal mit einer arrangierten Verbindung zu versuchen? Bei unseren Eltern hat es doch auch funktioniert.«

»Das waren doch vollkommen andere Zeiten«, widersprach Nikki vehement. »Du hast viel mehr Möglichkeiten als Mum in unserem Alter.«

»Ich habe eine Ausbildung gemacht, ich habe mein Diplom als Krankenschwester, ich habe einen guten Job - da liegt es doch nahe, dass ich den logischen nächsten Schritt machen will.«

»Das ist doch kein nächster Schritt . Du organisierst dir einen Ehemann.«

»Das stimmt so nicht. Ich wünsche mir bloß ein bisschen Hilfe bei der Suche. Wir werden uns ja nicht erst am Hochzeitstag das erste Mal sehen. Heutzutage dürfen Männer und Frauen sich schon vor der Verlobung ein bisschen besser kennenlernen.«

Bei dem Wort »dürfen« sträubten sich Nikki sämtliche Nackenhaare. Wozu brauchte Mindi bitte schön die Erlaubnis, ihre Partnersuche so zu gestalten, wie sie es wollte? »Leg dich bloß nicht zu früh fest. Geh ein bisschen auf Reisen. Schau dir die Welt an.«

»Ich hab genug gesehen«, erwiderte Mindi schnippisch. Sie musste den Mädelsurlaub auf Teneriffa letztes Jahr meinen, bei dem sie herausgefunden hatte, dass sie eine heftige Allergie gegen Krustentiere hat. »Und Kirti sucht auch einen netten Mann. Es wird langsam Zeit, dass wir beide heiraten und eine Familie gründen.«

»Kirti würde einen netten Mann nicht mal erkennen, wenn er durch ihr offenes Schlafzimmerfenster geflogen käme«, spottete Nikki. »Ernsthafte Konkurrenz ist die jedenfalls nicht.« Nikki hatte die beste Freundin ihrer Schwester noch nie leiden können, und das beruhte auf Gegenseitigkeit. An Mindis fünfundzwanzigstem Geburtstag hatte Kirti - von Berufs wegen Visagistin, oder, wie ihre Visitenkarte stolz proklamierte, Make-up-Künstlerin und Gesichtsbildnerin - Nikkis Aufmachung abschätzig von Kopf bis Fuß gemustert und dann spitz erklärt: »Hübsch sein reicht nicht, man muss sich auch ein bisschen Mühe geben.«

»Mindi, könnte es sein, dass du dich schlicht und ergreifend langweilst?«

»Ist Langeweile etwa kein legitimer Grund, mir einen Partner zu suchen? Du bist ausgezogen, weil du unabhängig sein wolltest. Ich suche einen Mann zum Heiraten, weil ich wohin gehören möchte. Ich möchte eine eigene Familie. Das verstehst du nicht, dafür bist du noch zu jung. Wenn ich nach einem langen Arbeitstag nach Hause komme, sind da nur Mum und ich. Ich möchte zu jemandem nach Hause kommen. Ich möchte darüber reden, wie mein Tag war, und zusammen essen und Pläne für ein gemeinsames Leben schmieden.«

Nikki öffnete die E-Mail-Anhänge. Zwei Nahaufnahmen von Mindi, mit einem strahlenden Lächeln, das wie ein warmes, herzliches Willkommen wirkte. Die dicken glatten Haare fielen ihr weich über die Schultern. Auf einem anderen Bild war die ganze Familie zu sehen: Mum, Dad, Mindi und Nikki bei ihrem letzten gemeinsamen Familienurlaub. Es war nicht das beste Foto: Alle hatten die Augen zusammengekniffen, weil die Sonne sie blendete, und vor der imposanten Landschaft im Hintergrund wirkten sie winzig klein. Das war in dem Jahr gewesen, als Dad starb. Ein Herzinfarkt hatte ihn aus seiner Familie gerissen; im Schlaf war er gekommen, wie ein Dieb in der Nacht. Nikkis Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Beim Gedanken daran bekam sie immer noch ein schrecklich schlechtes Gewissen. Sie schloss das Fenster wieder.

»Bitte nimm kein Familienfoto«, sagte Nikki. »Ich möchte nicht, dass mein Gesicht in irgendwelchen Heiratsvermittlungsanzeigen auftaucht.«

»Dann hilfst du mir also?«

»Das geht völlig gegen meine Prinzipien.« Nikki tippte: »Argumente gegen eine arrangierte Ehe« in die Suchmaschine und klickte auf das erste Ergebnis.

»Aber du hilfst mir?«

»Arrangierte Ehen sind Ausdruck eines überkommenen Wertesystems, das das Recht einer jeden Frau beschneidet, frei über ihr Schicksal zu bestimmen«, las Nikki vor.

»Sorg einfach nur dafür, dass mein Profil sich besser liest. Ich kann so was nicht«, zirpte Mindi unbeeindruckt.

»Hast du überhaupt gehört, was ich gerade gesagt habe?«

»Wieder irgend so einen radikalen Quatsch. Nach Wertesystem habe ich nicht mehr zugehört.«

Nikki klickte wieder auf das Profil, und gleich fiel ihr ein Grammatikfehler auf: Ich suche mein Seelenverwandten. Wo ich ihn wohl finde? Sie seufzte. Mindis Entschluss stand offensichtlich fest - die Frage war nur, ob Nikki sich in die Sache hineinziehen lassen wollte oder nicht.

»Also gut«, brummte sie. »Aber nur, weil du mit diesem Profil riskierst, ausschließlich Vollpfosten anzulocken. Warum bitte schreibst du, du hast gerne Spaß ? Wer hat denn nicht gerne Spaß?«

»Und könntest du es dann auch für mich an das Schwarze Brett mit den Heiratsannoncen heften?«

»Welches Schwarze Brett mit den Heiratsannoncen?«

»Im großen Tempel in Southall. Ich schicke dir die Adresse.«

»Southall? Das soll wohl ein Witz sein.«

»Von dir aus ist es gar nicht so weit. Und ich muss die ganze Woche Doppelschichten im Krankenhaus machen.«

»Ich dachte, dafür gibt es Heiratsvermittlungsseiten im Netz«, protestierte Nikki.

»Ich habe mir SikhMate.com und PunjabPyaar.com angeschaut. Aber da tummeln sich nur massenweise Männer aus...

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Balli Kaur Jaswal wurde in Singapur geboren und hat rund um den Globus gelebt: auf den Philippinen, in Japan, Russland, den USA, in Großbritannien, Australien und der Türkei. Sie hat als Lehrerin an verschiedenen internationalen Schulen gearbeitet, bevor sie mit ihrem Mann wieder nach Singapur gezogen ist, wo sie sich nun ganz dem Schreiben widmet.