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Meistererzählungen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
736 Seiten
Deutsch
Diogeneserschienen am29.11.20171. Auflage
Die kleine Zigeunerin / Der großmütige Freier / Rinconete und Cortadillo / Die Spanierin in England / Der gläserne Lizentiat / Die Macht des Blutes / Der eifersüchtige Extremadurer / Die vornehme Küchenmagd / Die beiden Mädchen / Cornelia / Die betrügerische Heirat / Gespräch zwischen Cipion und Berganza, den Hunden des Auferstehungshospitals.

Miguel de Cervantes (1547-1616) versuchte sich in Madrid als Theaterautor, verdiente sein Geld aber als Steuereintreiber. Wegen angeblicher Betrügereien und (unbegründeten) Mordverdachts saß er mehrmals im Gefängnis, wo er sich die Zeit mit Schreiben vertrieb. Aus seiner über fünfjährigen Gefangenschaft bei den Korsaren in Algier kam er schließlich durch Lösegeld frei. Der erste Teil des ?Don Quixote?, mit dem Cervantes 1605 den modernen Roman begründete, bescherte ihm zwar Ruhm, den Rest seines Lebens musste er aber dennoch als Günstling reicher Leute fristen.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR11,99

Produkt

KlappentextDie kleine Zigeunerin / Der großmütige Freier / Rinconete und Cortadillo / Die Spanierin in England / Der gläserne Lizentiat / Die Macht des Blutes / Der eifersüchtige Extremadurer / Die vornehme Küchenmagd / Die beiden Mädchen / Cornelia / Die betrügerische Heirat / Gespräch zwischen Cipion und Berganza, den Hunden des Auferstehungshospitals.

Miguel de Cervantes (1547-1616) versuchte sich in Madrid als Theaterautor, verdiente sein Geld aber als Steuereintreiber. Wegen angeblicher Betrügereien und (unbegründeten) Mordverdachts saß er mehrmals im Gefängnis, wo er sich die Zeit mit Schreiben vertrieb. Aus seiner über fünfjährigen Gefangenschaft bei den Korsaren in Algier kam er schließlich durch Lösegeld frei. Der erste Teil des ?Don Quixote?, mit dem Cervantes 1605 den modernen Roman begründete, bescherte ihm zwar Ruhm, den Rest seines Lebens musste er aber dennoch als Günstling reicher Leute fristen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783257608595
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Verlag
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum29.11.2017
Auflage1. Auflage
Seiten736 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1473 Kbytes
Artikel-Nr.2531131
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

{108}Der großmütige Freier


»OH, IHR BEJAMMERNSWERTEN RUINEN DES UNSELIGEN Nikosia, an denen das Blut ihrer heldenmütigen und unglücklichen Verteidiger noch kaum trocken geworden ist! Ihr habt kein Gefühl, doch hättet ihr es, so könnten wir gemeinsam in dieser Einsamkeit unser Geschick beweinen, und vielleicht würde gerade der Umstand, einen Gefährten im Unglück gefunden zu haben, unsere Qual ein wenig lindern. Euch, ihr Türme, die des Feindes Hand zerstört hat, ist doch wenigstens die Hoffnung geblieben, einmal wieder aufgerichtet zu werden, auch wenn ihr nie mehr eine so gerechte Sache verteidigen könnt wie diejenige, für die ihr gefallen seid. Mir Unseligem jedoch - welche Hoffnung bleibt mir in dieser furchtbaren Notlage, selbst wenn ich wieder in den Zustand der Freiheit zurückkehren könnte, in dem ich mich vordem befand? Ach, allzu groß ist mein Unheil: in der Freiheit war das Glück mir nicht hold, und nun, in der Gefangenschaft, besitze ich es nicht und darf es auch nicht erwarten.«

Diese Worte kamen aus dem Munde eines gefangenen Christen, der auf einem Abhang saß und auf die zerstörten Mauern der Stadt Nikosia hinübersah, die den Ungläubigen in die Hände gefallen war. Er sprach so lebhaft und verglich so eindringlich ihr Geschick und das seine, als wären die Steine imstande, ihn zu verstehen. So finden wir es oft bei Menschen, die das Schicksal schwer getroffen hat: sie lassen sich von ihrer {109}Einbildungskraft verführen und tun und sagen Dinge, die jeder Vernunft zu entbehren scheinen.

In diesem Augenblick trat aus einem der vier Zelte, die auf dem Gelände aufgeschlagen waren, ein hübscher, prächtig gewachsener junger Mensch in türkischer Kleidung, der auf den Christen zukam.

»Nun, mein lieber Ricardo«, redete er ihn an, »ich möchte doch wetten, daß deine unablässigen trüben Gedanken dich an diesen Fleck geführt haben!«

»Ja, so ist es«, erwiderte der Christensklave, der auf den Namen Ricardo hörte. »Doch was nützt es mir, wenn ich doch an keinem Orte Ruhe und Frieden finden kann? Die Ruinen, die man von hier erblickt, haben meine düstere Stimmung eher noch verstärkt.«

»Du sprichst von den Trümmern von Nikosia?« fragte der Türke.

»Wovon soll ich wohl sonst sprechen?« entgegnete Ricardo. »Sind sie doch das einzige, was sich dem Auge hier bietet.«

»Nun«, meinte der Türke, »wenn du solche Betrachtungen anstellst, dann wundere ich mich nicht, daß du jammerst und weinst. Wer vor zwei Jahren die berühmte und reiche Insel Zypern gesehen hat, die in Ruhe und Frieden dahinlebte und deren Einwohner alle Glückseligkeit genossen, die den Menschen nur beschieden sein kann, und wer nun heute diese gleichen Menschen sieht, die aus ihrer Heimat verbannt oder darinnen geblieben sind und nun elendiglich in Gefangenschaft schmachten, den muß unweigerlich der Schmerz übermannen über diesen Jammer und dieses Unglück. Doch lassen wir die Dinge, denen nun einmal nicht abzuhelfen ist, und nehmen wir lieber einmal deine Sorgen vor, aus denen du doch hoffentlich noch erlöst werden kannst. Bei allem gutem Willen, den ich dir gezeigt habe, und bei unserer gemeinsamen Heimat, in der wir miteinander aufwuchsen, bitte ich dich daher um eines: sag mir, was dich so unendlich {110}traurig gemacht hat! Sicherlich ist die Gefangenschaft allein schon Grund genug, um das fröhlichste Herz der Welt kummervoll zu stimmen, aber mir will es immer so vorkommen, als ob dein Unglück noch aus einer tieferen Quelle fließen müßte; denn ein edler Sinn wie der deine läßt sich durch ein gewöhnliches Unheil nicht gleich so niederdrücken, daß er eine so ungewöhnliche Betrübnis kundtut. Und ich habe auch noch mehr Grund, dies anzunehmen: ich weiß, du bist nicht so arm, daß du nicht das Lösegeld zahlen könntest, das man für dich fordert; du bist auch keiner von den Staatsgefangenen in den großen Türmen am Schwarzen Meer, die erst in ferner Zukunft oder nie die ersehnte Freiheit erlangen können. Da also dein Unglück dich nicht ganz der Hoffnung beraubt hat, dich eines Tages wieder frei zu sehen, und ich trotzdem bemerken muß, wie du völlig zusammengebrochen bist und so tust, als sei dein Jammer ohnegleichen, ist es nur natürlich, daß ich nun meine, dein Kummer müsse noch einen anderen Ursprung haben als den der verlorenen Freiheit. Ich flehe dich an, sag mir diesen Grund! Alles, was ich kann und vermag, steht dir zu Diensten. Ja, vielleicht hat das Schicksal nur zu dem seltsamen Mittel gegriffen, mich in diese Kleidung zu stecken, die ich so verabscheue, damit ich dir behilflich sein kann. Du weißt ja, Ricardo, daß mein Herr der Kadi dieser Stadt ist - das gleiche also, wie bei uns ein Bischof -, du weißt weiterhin, daß er großen Einfluß besitzt und ich wiederum vieles bei ihm durchsetzen kann, und es wird dir auch nicht unbekannt sein, daß ich den glühenden Wunsch hege, nicht in dem Glauben zu sterben, in dem ich zu leben scheine. Und wenn ich auch nicht mehr zu tun vermag, so kann ich doch noch einmal laut und vernehmlich den Glauben an Jesus Christus bekennen, dem ich nur in meinem kindischen Unverstand abtrünnig werden konnte. Ich weiß wohl, daß dieses Bekenntnis mich das Leben kosten wird, {111}doch wenn nur meine Seele nicht verdammt ist, so will ich gern den Leib opfern. Aus all meinen Worten nun mußt du wohl folgern und erkennen, daß meine Freundschaft dir von einigem Nutzen sein kann. Soll ich aber herausfinden, welche Hilfe oder Erleichterung ich dir bringen kann, so mußt du dich mir anvertrauen wie der Kranke dem Arzt, und ich gebe dir mein Wort, daß ich über alles, was du mir sagen willst, heiligstes Stillschweigen bewahren werde.«

Ricardo hatte den Reden des anderen schweigend gelauscht. Nun bewogen ihn das Drängen des Freundes und die eigene innere Unruhe zu einer Antwort, und er sagte: »Ach, mein Freund Mahmud« - denn so nannte sich der Türke -, »was die Größe meines Unglücks betrifft, so hast du wohl recht. Hättest du ebenso recht mit deiner Hoffnung, daß du mir Heilung bringen kannst, so müßte ich es als günstige Wendung ansehen, meine Freiheit verloren zu haben und würde meinen jetzigen Zustand nicht gegen das größte Glück eintauschen, das ein Mensch sich nur ausdenken kann. Doch ich weiß wohl, mein Unglück ist so beschaffen, daß kein Mensch in der Welt sich unterfangen könnte, mir Abhilfe oder auch nur Erleichterung zu versprechen, auch wenn jedermann den Grund wüßte. Damit du dich von der Wahrheit meiner Worte überzeugst, will ich dir kurz mein Unglück schildern. Bevor ich mich jedoch in das verworrene Labyrinth meiner Leiden begebe, erkläre mir doch bitte noch eins: Warum hat Hassan Pascha, mein Herr, hier auf dem freien Feld seine Zelte aufgeschlagen und ist nicht gleich in Nikosia eingezogen? Er ist doch zum Pascha dieser Stadt ernannt worden - denn so nennen ja die Türken ihre Vizekönige.«

»Deinem Wunsch will ich gern in kurzen Worten nachkommen«, erwiderte Mahmud. »Es ist so Sitte bei den Türken, mußt du wissen, daß ein Mann, der als Vizekönig eine Provinz übernimmt, nicht in die Residenz {112}seines Vorgängers einzieht, bevor dieser nicht die Stadt verläßt und seinem Nachfolger den Weg freigibt, eine Untersuchung über seine Amtsführung anzustellen. Während dann der neue Pascha damit beschäftigt ist, wartet der frühere auf dem Vorfeld der Stadt das Ergebnis der Untersuchung ab. Auf diese selbst hat er keinerlei Einfluß mehr, und wenn er nicht schon vorher seine Beziehungen angewandt und Bestechungsgelder verteilt hat, so kann ihm das jetzt nichts mehr nützen. Das Ergebnis der Ermittlungen wird dem scheidenden Pascha in einem verschlossenen und versiegelten Pergament übergeben, und er muß sich damit der Pforte des Großherrn , dem Staatsrat der Türken, vorstellen. Der Großwesir und vier andere Paschas, die ihm unterstehen - das wären bei uns der Präsident und die Räte des Staatsrats -, prüfen das überbrachte Schreiben und verhängen dann, je nach dem Inhalt des Berichtes, Lohn oder Strafe. Wenn irgendwelche Beschuldigungen gegen den scheidenden Vizekönig vorgebracht sind, so kann er sich durch die Zahlung von Geldsummen von der Strafe loskaufen. Liegt nichts gegen ihn vor und wird er auch nicht belohnt, wie es häufig vorkommt, so sucht er durch Geschenke und Bestechungen den Posten zu ergattern, nach dem ihn am meisten gelüstet. Denn bei den Türken erwirbt man Amt und Stellung nicht durch Verdienst, sondern nur mit Geld. Alles ist käuflich und verkäuflich. Diejenigen, die die Stellen zu vergeben haben, schröpfen die Bewerber, sosehr sie nur können, und aus einem Amt, das man sich teuer erkauft hat, muß man auch so viel herausschlagen können, daß man sich wieder ein anderes Amt kaufen kann, das einen noch höheren Gewinn verspricht. Und so wie ich sage, ist es hier in allen Dingen bestellt. Das ganze Reich der Türken ist nur auf Gewalt aufgebaut, und darum scheint mir, daß es nicht von langer Dauer sein kann. Doch es werden wohl unsere Sünden sein, die dieses Reich noch halten und stützen, die Sünden {113}jener Menschen nämlich, die so wie ich den wahren Gott scham- und zügellos beleidigen. Er möge sich meiner erbarmen um seines hohen Namens willen. Dein Herr, Hassan Pascha, hat sich also aus dem Grunde, den ich dir genannt habe, vier Tage auf dem Vorfeld der Stadt aufgehalten. Der Pascha von Nikosia hätte eigentlich schon herauskommen müssen und tat es nur deshalb noch nicht, weil er sehr krank war. Es geht ihm jedoch schon besser, und heute oder morgen wird er zweifellos kommen und die Zelte beziehen, die hinter der Anhöhe hier liegen und die du wohl noch nicht gesehen hast. Dann aber...
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Miguel de Cervantes (1547-1616) versuchte sich in Madrid als Theaterautor, verdiente sein Geld aber als Steuereintreiber. Wegen angeblicher Betrügereien und (unbegründeten) Mordverdachts saß er mehrmals im Gefängnis, wo er sich die Zeit mit Schreiben vertrieb. Aus seiner über fünfjährigen Gefangenschaft bei den Korsaren in Algier kam er schließlich durch Lösegeld frei. Der erste Teil des >Don Quixote