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Erwins Badezimmer

oder: Die Gefährlichkeit der Sprache
hockebookserschienen am01.07.2015
Ein fantasievoller, fesselnder Roman von Hans Bemmann, dem Autor des Beststellers »Stein und Flöte«: In einem Staat, in dem Bücher verboten sind, gibt es nur wenige, die Widerstand leisten. Unter ihnen ist Erwin, der in seinem Badezimmer ein Literaturarchiv von verbotenen Schriften angelegt hat. Von seinem nahezu unzugänglichen Hinterhaus aus wird unter Lebensgefahr die Literatur aus der Zeit vor »Großen Nationalen Sprachreinigung« weiterverarbeitet. Als eines Tages der pflichtbewusste Beamte Albert S. auf Erwins Geheimnis stößt, ist er fasziniert davon und beginnt, Nachforschungen über die Literatur der »Vor-Zeit« anzustellen - ohne zu ahnen, auf welches Abenteuer er sich dabei einlässt ...

Hans Bemmann, geboren 1922 in Groitzsch bei Leipzig, begann 1940 sein Medizinstudium, das er abbrechen musste, als er 1941 zum Kriegsdienst einberufen wurde. Nach Kriegsende nahm er das Studium der Musikwissenschaft und der Germanistik in Innsbruck auf. Ab 1954 war er Lektor beim Österreichischen Borromäuswerk. Diese Tätigkeit setzte er 1956 in Bonn fort. Zusätzlich war er von 1971 bis 1983 Dozent für das Fach Deutsch an der Pädagogischen Hochschule Bonn. Sein größter Erfolg, »Stein und Flöte«, machte ihn beinahe über Nacht bekannt und gilt heute mit weltweit über 500 000 verkauften Exemplaren als Kultbuch der fantastischen Literatur. Hans Bemmann verstarb im April 2003 in Bonn.
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Produkt

KlappentextEin fantasievoller, fesselnder Roman von Hans Bemmann, dem Autor des Beststellers »Stein und Flöte«: In einem Staat, in dem Bücher verboten sind, gibt es nur wenige, die Widerstand leisten. Unter ihnen ist Erwin, der in seinem Badezimmer ein Literaturarchiv von verbotenen Schriften angelegt hat. Von seinem nahezu unzugänglichen Hinterhaus aus wird unter Lebensgefahr die Literatur aus der Zeit vor »Großen Nationalen Sprachreinigung« weiterverarbeitet. Als eines Tages der pflichtbewusste Beamte Albert S. auf Erwins Geheimnis stößt, ist er fasziniert davon und beginnt, Nachforschungen über die Literatur der »Vor-Zeit« anzustellen - ohne zu ahnen, auf welches Abenteuer er sich dabei einlässt ...

Hans Bemmann, geboren 1922 in Groitzsch bei Leipzig, begann 1940 sein Medizinstudium, das er abbrechen musste, als er 1941 zum Kriegsdienst einberufen wurde. Nach Kriegsende nahm er das Studium der Musikwissenschaft und der Germanistik in Innsbruck auf. Ab 1954 war er Lektor beim Österreichischen Borromäuswerk. Diese Tätigkeit setzte er 1956 in Bonn fort. Zusätzlich war er von 1971 bis 1983 Dozent für das Fach Deutsch an der Pädagogischen Hochschule Bonn. Sein größter Erfolg, »Stein und Flöte«, machte ihn beinahe über Nacht bekannt und gilt heute mit weltweit über 500 000 verkauften Exemplaren als Kultbuch der fantastischen Literatur. Hans Bemmann verstarb im April 2003 in Bonn.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783957510723
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum01.07.2015
Seiten238 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse515
Artikel-Nr.2581509
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Die Geschichte vom Tyrannen Kratos

Kratos, der Tyrann von Areia, hielt sich viel darauf zugute, dass in seinem Herrschaftsbereich jedes seiner Worte gleich einem Gesetz zu gelten hatte, mochte der Anschein noch so viel dagegen sprechen und jeder tat gut daran, sich danach zu halten, wenn ihm sein Leben lieb war.

So begegnete Kratos einmal, als er am frühen Morgen über seine Insel ritt, einem Bauern, der mit einer Gerte einen Esel vor sich hertrieb. Kratos, der wohl den Schlaf noch nicht ganz aus seinen Augen gerieben hatte, hielt seinen Hengst an, sah dem Bauern eine Weile zu, wie er sich mit dem störrischen Tier abmühte, und sagte dann: »Weißt du nicht, du Tölpel, dass du ein Pferd am Halfter führen musst, wenn es brav mit dir gehen soll?«

Der Bauer blickte ihn befremdet an und sagte: »Herr, dies ist doch ein ⦫ Weiter kam er nicht, denn Kratos unterbrach ihn mit einer heftigen Handbewegung und sagte: »Du willst doch wohl nicht behaupten, dies sei kein Pferd?«

Da erschrak der Bauer, besann sich und antwortete: »Nein, Herr. Wenn du es sagst, wird es schon ein Pferd sein«, knüpfte aus einem Strick ein Halfter und versuchte es dem widerspenstigen Esel über den Kopf zu streifen, während die Leute auf der Straße stehenblieben und lachten.

»Siehst du«, sagte Kratos, »so machst du das richtig. Was hast du überhaupt vor mit diesem Pferd?«

»Ich will es verkaufen«, sagte der Bauer. Da wendete sich Kratos an die Zuschauer und sagte: »Was steht ihr hier herum und lacht? Habt ihr nicht gehört, dass dieser brave Mann ein Pferd zu verkaufen hat? Wer macht das erste Gebot?«

Wie er sie nun so gebieterisch anblickte, traute sich keiner der Leute zurückzustehen. Niemand wagte, das angemessene Gebot für einen Esel abzugeben, sondern der Erste nannte gleich den mindesten Betrag, zu dem man ein Pferd hätte ersteigern können und nun mussten unter den strengen Augen des Tyrannen alle anderen einander noch weiter überbieten, damit kein Zweifel entstand, dass jeder den Esel für ein Pferd hielt. So ging der Bauer schließlich, nachdem er seinen Esel auf diese Weise losgeschlagen hatte, mit einem hübschen Gewinn nach Hause, von dem Kratos allerdings gleich die Hälfte als Steuer einziehen ließ.

Ein anderes Mal brachten seine Soldaten einen Mann namens Nikenor vor ihn geschleppt, weil sie ihn dabei ertappt hatten, wie er aufrührerische Reden gegen den Tyrannen führte. Ehe sie noch ihre Anklage vorbringen konnten, begrüßte Kratos diesen Nikenor wie einen Freund, schloss ihn in die Arme und rief: »Wie freue ich mich, dich zu sehen, wackerer Nikenor! Keiner auf der ganzen Insel steht so treu zu mir wie du!«

Nikenor war dermaßen verblüfft, dass es ihm die Sprache verschlug. Der Anführer der Soldaten wollte jedoch Einwendungen machen und sagte: »Herr, du täuschst dich. Dieser Nikenor ist alles andere als ⦫ Was er noch hatte sagen wollen, blieb ihm im Halse stecken, denn Kratos blickte ihn drohend an und sagte: »Willst du meine Worte bezweifeln?«

Da erschrak dieser sonst als furchtlos und hart bekannte Mann zu Tode und stammelte: »Nie würde ich das wagen, Herr. Du hast wohl recht, wenn du Nikenor deinen Freund nennst.«

»Siehst du«, sagte Kratos, »ich kenne meine Untertanen besser als du« und ließ Nikenor, der überhaupt nicht wusste, wie ihm geschah, an seiner Seite Platz nehmen. Er bewirtete ihn aufs Reichlichste, so dass jedermann sehen konnte, wie vertraut er mit diesem vermeintlichen Aufrührer war und sagte, während sie zusammen schmausten: »Mein Freund, du wärst der Letzte, der hierzulande sein Leben riskieren würde, indem er sich gegen mich stellt«, und Nikenor blieb nichts anderes übrig als zu nicken und auf das Wohl des Tyrannen zu trinken; denn er hatte nicht die Absicht, sein Leben so schnell zu verlieren. Schließlich entließ Kratos seinen Gastfreund mit reichen Geschenken.

Als Nikenor in die Stadt zurückkam, wendeten sich die Leute von ihm ab, vor allem jene, die mit der Tyrannenherrschaft des Kratos nicht einverstanden waren. Aber auch die anderen lachten über ihn und sagten: »Der redet auch nur, so lange es nicht hart auf hart geht.« Viele hielten ihn sogar seither für einen Spitzel, der durch seine falschen Reden die Meinung der Leute hatte erforschen wollen, um sie seinem Freund Kratos zu verraten.

Da auf diese Weise auch die Geschäfte des Nikenor (er war Sattler) zurückgingen, war er gezwungen, als Soldat in die Leibgarde des Kratos einzutreten. Der Tyrann erwies ihm auch dann noch manche Freundlichkeit, erhob ihn sogar zum Befehlshaber der Wache und in dieser Stellung kam Nikenor schließlich bei einem Aufstand gegen seinen Herrn durch einen letzten verirrten Pfeil ums Leben, nachdem es ihm gelungen war, mit seinen Soldaten die Aufrührer zu schlagen. »Habe ich nicht schon immer gesagt, dass dieser Nikenor der treueste der Treuen gewesen ist?«, soll Kratos bei seiner feierlichen Bestattung gesagt haben.

Auf diese Weise behielt er jedenfalls immer Recht, bis er eines Tages an einen Spaßvogel geriet. Dieser Mann, ein Geschichtenerzähler namens Tychos, lebte hier und dort und kam, wenn er Lust dazu hatte, auf den Markt, setzte sich in den Schatten einer Hausmauer und brauchte dann nicht lange zu warten, bis sich Zuhörer um ihn gesammelt hatten; denn seine Geschichten waren abwechslungsreich und witzig.

Als er nun eines Morgens wieder dort saß, kam der Tyrann nach seiner Gewohnheit mit seiner Leibwache über den Markt geschlendert und blieb bei ihm stehen, um ihm eine Weile zuzuhören. Tychos blickte kaum auf, obgleich er Kratos sehr wohl bemerkt hatte, und fuhr fort: »Dieser Pernix hielt sich nun für sehr schlau, und da er über die Leute der Insel Kalinos herrschen wollte, sagte er zu ihnen: Den lieben langen Tag streitet ihr euch miteinander über dieses und jenes und könnt euch nicht einigen. Da braucht einer von euch nur auf dem Markt ein Huhn zu kaufen und schon fängt das Geschrei an mit Feilschen, Schimpfen und Haare ausraufen. Allein schon die verlorene Zeit könnte man nützlicher verbringen. Wie wäre es, wenn ihr einen bestimmen würdet, der das alles für euch regelt und euch sagt, was ihr tun sollt? Dann hätte aller Streit ein Ende.

Klug gesprochen , antwortete einer mit Namen Lorgos, aber wer soll dieser eine sein?

Am besten jemand, der nicht von dieser Insel stammt und also nicht beeinflusst wird durch Freundschaft, Verschwägerung, Blutrache und dergleichen , sagte Pernix.

Wahrhaft weise! , sagte Lorgos. Wir kennen aber nur einen Menschen, der aus der Fremde gekommen ist, und das bist du.

Umso besser , sagte Pernix. Dann wird euch die Wahl nicht schwerfallen.

Und es gibt um diese Sache nicht gleich wieder einen neuen Streit , sagte Lorgos. Reden wir also einmal von dir. Würdest du dieses Amt übernehmen wollen?

Warum nicht? , sagte Pernix. Ihr braucht nur eure Zustimmung zu geben.

Nur nicht so eilig! , sagte Lorgos. Vielleicht sollten wir erst einmal ausprobieren, wie das wäre, wenn du dieses Amt innehättest.

Von mir aus , sagte Pernix, probieren wir also , denn er hielt sich - wie schon gesagt - für ganz besonders schlau. Was schlägst du vor?

Lorgos bedachte sich eine Weile und sagte dann: Weil du vorhin gerade vom Handeln auf dem Markt geredet hast, das ließe sich gut machen. Du da, Bulbo, bist jetzt mein Pferd, und du, Makros, willst es kaufen. Wie stellst du das an?

Makros, ein langer, dürrer Laban, trat auf Bulbo zu, griff ihm in den Mund und betrachtete, abschätzig mit der Zunge schnalzend, seine Zähne. Dann zog er ihm das linke Lid herunter und studierte kopfschüttelnd die Farbe seiner Augäpfel. Gelb sind die , sagte er halblaut, furchtbar gelb. Hast ihm wohl faules Futter gegeben? Dann betastete er Bulbos fette Schenkel, zuckte mit den Schultern und sagte eher beiläufig, dass er aus lauter Gutherzigkeit und weil Lorgos den Gaul sonst wohl nicht an den Mann bringen würde, allenfalls drei Silberstücke dafür springen lasse.

Die Zuschauer fingen an zu lachen, aber das lag wohl eher an Bulbo, der bei weitem der fetteste Mann im Ort war. Lorgos jedoch schrie auf wie ein gestochenes Schwein und zeterte: Drei lumpige Silberstücke? Willst du mich beleidigen? Dieses edle Ross hat mindestens den vierfachen Wert und das weißt du ganz genau! Geh nicht auf den Markt, wenn du kein Geld hast, du Hungerleider! , das sagte er, packte Bulbo beim Kragen und wandte sich zum Gehen.

Warte! , sagte Makros, kratzte sich am Kopf und blickte sinnend auf das Pferd namens Bulbo. Dann kniff er ihm in die Speckfalte im Nacken und murmelte, dass man vielleicht - guten Willen vorausgesetzt - auch vier Silberstücke dafür anlegen könne.

Du verschwendest deine Zeit! , schrie Lorgos. Oder meinst du, ich hätte das Pferd auf den Markt gebracht, um es zu verschenken? Ein Geizhals bist du, der mich um meinen ehrlichen Besitz betrügen will! Zehn Silberstücke, sage ich, und keines weniger!

Ein Geizhals? , brüllte jetzt Makros. Und auch noch ein Betrüger? Jedermann hier weiß, was für ein freigiebiger und ehrlicher Mann ich bin , und dabei blickte er in die Runde auf die grinsenden Gesichter der Zuschauer. Dann wendete er sich wieder Lorgos zu und keifte: Du aber bist überall als Halsabschneider und Rosstäuscher bekannt, das weiß doch jedes Kind! Und doch will ich dir für die Mähre fünf Silberstücke geben, nur um dich vor allen Leuten zu beschämen!

Und so feilschten und stritten die beiden weiter, gerieten einander zeitweise fast in die Haare,...
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Autor

Hans Bemmann, geboren 1922 in Groitzsch bei Leipzig, begann 1940 sein Medizinstudium, das er abbrechen musste, als er 1941 zum Kriegsdienst einberufen wurde. Nach Kriegsende nahm er das Studium der Musikwissenschaft und der Germanistik in Innsbruck auf. Ab 1954 war er Lektor beim Österreichischen Borromäuswerk. Diese Tätigkeit setzte er 1956 in Bonn fort. Zusätzlich war er von 1971 bis 1983 Dozent für das Fach Deutsch an der Pädagogischen Hochschule Bonn. Sein größter Erfolg, »Stein und ...