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Kranzhorn

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
304 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am18.04.2017
Als ein Mann bei einer nächtlichen Wanderung in den Tod stürzt, glaubt ganz Oberaudorf an einen Unfall. Als kurz darauf aber ein weiterer Dorfbewohner verschwindet, ist diese Theorie dahin. Dem umtriebigen Bürgermeister kommt die Unruhe mehr als ungelegen. Schließlich soll Oberaudorf als »Schönstes Dorf Bayerns« ausgezeichnet werden. Doch hinter der alpenländischen Idylle stoßen Historiker Lorenz Kastner und Kommissarin Tamara Stahl auf ein tödliches Netz aus Intrigen und sorgsam gehüteten Geheimnissen.

Fabian Marcher, 1979 in Tegernsee geboren, ist gelernter Buchhändler und arbeitet als freier Autor. Zusammen mit seiner Frau Julia Lorenzer hat er im Emons Verlag bereits das Buch »111 Orte in Rosenheim und im Inntal, die man gesehen haben muss« veröffentlicht. Die beiden leben in Oberbayern und in Italien.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextAls ein Mann bei einer nächtlichen Wanderung in den Tod stürzt, glaubt ganz Oberaudorf an einen Unfall. Als kurz darauf aber ein weiterer Dorfbewohner verschwindet, ist diese Theorie dahin. Dem umtriebigen Bürgermeister kommt die Unruhe mehr als ungelegen. Schließlich soll Oberaudorf als »Schönstes Dorf Bayerns« ausgezeichnet werden. Doch hinter der alpenländischen Idylle stoßen Historiker Lorenz Kastner und Kommissarin Tamara Stahl auf ein tödliches Netz aus Intrigen und sorgsam gehüteten Geheimnissen.

Fabian Marcher, 1979 in Tegernsee geboren, ist gelernter Buchhändler und arbeitet als freier Autor. Zusammen mit seiner Frau Julia Lorenzer hat er im Emons Verlag bereits das Buch »111 Orte in Rosenheim und im Inntal, die man gesehen haben muss« veröffentlicht. Die beiden leben in Oberbayern und in Italien.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783960412021
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum18.04.2017
Seiten304 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3738 Kbytes
Artikel-Nr.3010006
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Zweiter Teil

1

Kriminalhauptkommissarin Tamara Stahl schloss die Tür, durch die Lorenz Kastner soeben ihr Büro verlassen hatte. Es war still geworden im Gebäude des Polizeidezernats in Rosenheim, draußen ging die Dämmerung bereits in die Dunkelheit der Nacht über.

Ihre Kollegen machten sich oft lustig darüber, dass Tamara Stahl immer wieder bis weit über den offiziellen Dienstschluss hinaus in ihrem Büro saß. Das passte wunderbar zu den übrigen Witzeleien über ihr Geschlecht und ihr Alter.

»Wenn du ein bisschen mehr Erfahrung hast, wirst du merken, dass man die ausgeschlafensten unter den bösen Jungs nur zu fassen kriegt, wenn man sich selbst genügend Ruhe gönnt«, hatte Kollege Heinrich Schmitterer ihr neulich voll altväterlicher Fürsorge zugeraunt, als sie spätabends noch über einem Berg von Akten an ihrem Schreibtisch gesessen hatte.

Tamara Stahl war die jüngste Hauptkommissarin, die es in Rosenheim je gegeben hatte. Und die erste Frau beim Mord, was die bierbäuchigen Platzhirsche im Präsidium nur so lange gut fanden, wie sie sich als wohlmeinende Beschützer und weise Ratgeber für die unerfahrene junge Kollegin aufspielen konnten, die dann mit blinzelnden Rehäuglein ihre Dankbarkeit bekunden durfte.

Seit sie wenige Wochen nach ihrem Dienstantritt in Rosenheim das erste Mal einem dieser selbstgefälligen Schwätzer deutlich die Meinung gesagt hatte, schwang in den guten Ratschlägen stets ein bissiger, ironischer Tonfall mit. Tamara Stahl war sich sicher, dass auf den Fluren des Kommissariats spätestens seit diesem Zeitpunkt hauptsächlich spöttisch über sie geredet wurde. Vor allem, wenn am Vortag in ihrem Büro noch immer Licht gebrannt hatte, während der letzte ihrer Kollegen in seinem Auto vom Parkplatz gefahren war, so wie heute.

Mit einem sanften Ruck setzte sich der Zug in Bewegung. Lorenz Kastner, der allein in einem Abteil saß, blickte aus dem Fenster und sah das Rosenheimer Bahnhofsgebäude langsam an sich vorbeiziehen. Es würde keine halbe Stunde dauern, bis er wieder in Oberaudorf war.

Erst jetzt spürte er, wie sehr ihn dieser Tag erschöpft hatte. Außerdem knurrte sein Magen, weil seit dem kümmerlichen Frühstück am Morgen kaum daran zu denken gewesen war, etwas zu essen. Lorenz musste unwillkürlich den Kopf schütteln, wenn er sich ins Gedächtnis rief, wie er das Torhaus verlassen hatte, um zu der Pressekonferenz zu gehen. Im Grunde war das noch nicht sehr lange her, und doch erschien es ihm, als hätte sich seitdem alles verändert.

Diese Hauptkommissarin hatte ihn ein wenig eingeschüchtert. Ihr Blick, wenn sie ihre Fragen stellte, war stechend gewesen. So als würden ihre Augen durch die Fassade ihres Gegenübers sehen können, um jegliche Unstimmigkeit, jeden Versuch einer Lüge sofort zu enttarnen.

Lorenz hatte keineswegs gelogen und auch nichts bewusst verschwiegen. Und trotzdem hatte er sich in ihrem Büro die ganze Zeit wie ein ertappter Verbrecher gefühlt.

Die Sache mit dem Gästebuch hatte bei Frau Stahl natürlich nicht gerade einen guten ersten Eindruck gemacht. Irgendwie hatte sie sich ungern damit zufriedengeben wollen, dass Lorenz nur durch Zufall in diese Sache hineingeraten war. Ihr Misstrauen hatte man beinahe mit Händen greifen können. Und als er der Hauptkommissarin dann noch das Fläschchen mit dem Herzmedikament gegeben hatte, war ihre Laune nicht besser geworden, im Gegenteil. Trotzdem war sich Lorenz sicher, das Richtige getan zu haben. Es ging schließlich um Mord, da wollte er auf keinen Fall eine Information zurückhalten, die eventuell zur Klärung des Falls beitragen konnte. Deshalb hatte er das Fläschchen mitgenommen, als er am Nachmittag nach Rosenheim aufgebrochen war, um seine Zeugenaussage zu machen.

Der Klingelton seines Handys riss ihn aus seinen Gedanken. Wer wollte ihn so spät am Abend noch sprechen? Ihm wurde etwas flau im Magen, als ihm klar wurde, dass eigentlich nur eine Person in Frage kam. Daran hatte er überhaupt nicht mehr gedacht! Bevor er das Gespräch annahm, streckte er den Rücken durch - vor Müdigkeit war er tief in seinen Sitz gesunken - und räusperte sich.

»Kastner. - Guten Abend, Herr Professor Beckstein. - Ich wollte Sie auch schon anrufen, aber â¦ - Ach so, ja. - Nein, Herr Professor, leider bin ich heute nicht wirklich vorangekommen, weil â¦ - Ja, ich weiß, dass es einen Zeitplan gibt. Es tut mir ja auch sehr leid, dass ich â¦ - Ja, heute war das Wetter gut, aber â¦ - Hören Sie, Herr Professor Beckstein, ich war gerade in Rosenheim bei der Polizei. In Oberaudorf ist heute Morgen die Leiche eines Mannes gefunden worden. Es handelt sich um einen Mordfall. Und ich, nun ja, ich bin da irgendwie hineingeraten und musste deshalb nach Rosenheim, um eine Aussage zu machen. - Ja. Morgen lesen Sie wahrscheinlich sowieso davon in der Zeitung. - Natürlich, Herr Professor, ich verstehe Sie sehr gut. Ich verspreche Ihnen, dass ich mich ab sofort ausschließlich um die Messungen kümmern werde. Morgen â¦ Hallo?«

Lorenz Kastner nahm das Handy vom Ohr und starrte konsterniert auf das Display. Dann steckte er das Mobiltelefon wieder in seine Tasche und versuchte, durch das spiegelnde Zugfenster in die Dunkelheit zu blicken, um irgendeinen Hinweis darauf zu erhaschen, dass er sich dem Bahnhof von Oberaudorf näherte. Er brauchte jetzt erst einmal etwas zu essen und dann ein paar Stunden Schlaf, so viel stand fest.

2

Lorenz Kastner, der Historiker, der die letzten ereignisreichen Tage in Oberaudorf verbracht hatte, war es mit seiner Aussage nicht wirklich gelungen, Licht in diese seltsame Angelegenheit zu bringen. Im Gegenteil. Auch wenn Tamara Stahl versucht hatte, es sich während der Vernehmung nicht anmerken zu lassen: Seine Angaben trugen sogar entscheidend zu ihrer Verwirrung bei.

Erschöpft ließ sie sich in ihren Bürostuhl fallen und nahm erneut den Notizblock zur Hand, auf den sie im Laufe des Tages alle wichtigen Informationen geschrieben hatte. Die Essenz aus dem bedruckten Papier und dem Chaos, das sich auf Tamara Stahls Arbeitsplatz türmte, sollte in ihm enthalten sein. Was hatte sie also?

Ein Mordopfer in einem See, am Morgen von einer Spaziergängerin gefunden. Nach der ersten Einschätzung der Gerichtsmedizin hatte der leblose Körper mindestens vierundzwanzig Stunden im Wasser gelegen. Eine Verletzung am Kopf hatte wahrscheinlich zum Tod geführt. Name des Toten: Georg Leitner. Er wurde sechsunddreißig Jahre alt. Verheiratet. Angestellter in einer Spedition. Seinetwegen war Tamara Stahl am Vormittag nach Oberaudorf gefahren. Dort war es am - sie suchte in ihrem Notizblock nach dem Namen -, am Luegsteinsee nicht nur zu der unerfreulichen Begegnung mit der Wasserleiche gekommen, sondern sie hatte sich auch einer aufgeregten Ansammlung von Dorfbewohnern und Reportern gegenübergesehen.

Die Dame, die Georg Leitner gefunden hatte, hatte keinerlei Angaben machen können, die die Ermittlungen voranbrachten. Sie war eine Touristin aus Niedersachsen und nach ihrem Frühstück zu einer Wanderung aufgebrochen, die sie am Luegsteinsee vorbeiführte - wo sie dann etwas im Wasser hatte liegen sehen, was sich auf den zweiten Blick erschreckenderweise als Leiche entpuppt hatte.

Die Ehefrau des Toten, Lena Leitner, war kaum in der Lage gewesen, Fragen zu beantworten, als Tamara Stahl mit der schrecklichen Nachricht zu ihr nach Hause gekommen war. Die Hauptkommissarin hatte sie zunächst der Obhut des Notfallseelsorgers überlassen. Am nächsten Tag wollte sie noch einmal versuchen, mit ihr zu sprechen, dann würde sie vielleicht schon mehr sagen können.

Es war nie angenehm, wenn man Menschen begegnete, die meist schon während der Begrüßung beunruhigt waren, weil sie ahnten, dass eine Hauptkommissarin von der Mordkommission keine guten Neuigkeiten im Gepäck hatte - und wenn man diese Menschen dann nicht etwa beruhigen konnte, sondern ihnen sagen musste, dass ihre schlimmsten Befürchtungen der Wahrheit entsprachen. In solchen Situationen fragte sich Tamara Stahl schon manchmal, warum sie ausgerechnet diesen Beruf gewählt hatte. Irgendwie war sie eher zufällig reingerutscht: Polizeischule, weil sie gut in Sport war. Dann auf die Polizeihochschule, weil man sie für fähig hielt. Damals wollte sie zum Betrug, weil einer ihrer Förderer im Betrugsdezernat in München saß und ihr immer wieder von den spannenden Ermittlungen in diesem Bereich erzählte.

Ihre ersten Sporen als Kommissarin verdiente sie sich auch tatsächlich in dieser Abteilung - bis die Beförderung und das Angebot einer Stelle in Rosenheim kamen: Mordkommission.

Dass sie so schnell zugesagt hatte, hatte wohl auch mit Tobi zu tun. Zwar war die Trennung einvernehmlich verlaufen, aber trotzdem war es seltsam gewesen, dem Mann, mit dem sie fast zwei Jahre lang eine Beziehung geführt und sogar schon über Heirat und Kinder gesprochen hatte, danach weiterhin jeden Tag im Büro zu begegnen.

Manchmal fragte sie sich, ob sie sich nicht regelrecht zur Mordkommission geflüchtet hatte, um dieser Situation zu entgehen. Aber das wäre wohl zu drastisch ausgedrückt. Die berufliche Perspektive hatte durchaus jederzeit im Mittelpunkt ihrer Überlegungen gestanden. Doch unter den gegebenen Umständen hatte sie nicht besonders lange darüber nachgedacht, was letztlich in Rosenheim auf sie zukäme. Jedenfalls war sie sich...
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