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Tod à la Provence

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
224 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am23.03.2017
Pascal Chevrier hat das Großstadtleben in Paris satt und nimmt die Stelle eines Dorfgendarms im Luberon in der Provence an. Doch statt Rosé und Baguette auf alten Steinmauern im Sonnenuntergang steht der Mord an einem amerikanischen Immobilienmogul auf dem Speiseplan. Die Spur führt tief in die Trüffelhändler-Szene, die vor nichts haltzumachen scheint - und Pascal in eine höchst brenzlige Situation bringt ...

Der Hamburger Journalist Andreas Heineke war Radiomoderator, Musikmanager und Dot-Com-Firmengründer, ist Autor für Zeitschriften und Zeitungen, Filmemacher und Regisseur, vor allem aber Buchautor unterschiedlicher Sachbücher. Seit Jahren verbringt er so viel Zeit wie möglich in der Provence.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextPascal Chevrier hat das Großstadtleben in Paris satt und nimmt die Stelle eines Dorfgendarms im Luberon in der Provence an. Doch statt Rosé und Baguette auf alten Steinmauern im Sonnenuntergang steht der Mord an einem amerikanischen Immobilienmogul auf dem Speiseplan. Die Spur führt tief in die Trüffelhändler-Szene, die vor nichts haltzumachen scheint - und Pascal in eine höchst brenzlige Situation bringt ...

Der Hamburger Journalist Andreas Heineke war Radiomoderator, Musikmanager und Dot-Com-Firmengründer, ist Autor für Zeitschriften und Zeitungen, Filmemacher und Regisseur, vor allem aber Buchautor unterschiedlicher Sachbücher. Seit Jahren verbringt er so viel Zeit wie möglich in der Provence.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783960411871
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum23.03.2017
Seiten224 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3563 Kbytes
Artikel-Nr.3010014
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Dreißig Jahre später

 

1

Pascal schloss den Reißverschluss seiner Jacke, als er an einem der drei kleinen Bistrotische auf dem holprigen Bürgersteig vor dem »Café Tabac« Platz nahm. Er atmete tief ein und spürte die klare, kalte Luft in seiner Lunge. Es roch nach feuchtem Moos. Der Mistral war in den letzten Tagen durch das Tal gefegt, hatte die Luft gereinigt und die Wolken aus Südfrankreich vertrieben. Dies ist also einer der dreihundert statistischen Sonnentage im Jahr, dachte er.

Noch vor einem Monat hatte er in den trüben Pariser Nachthimmel geblickt und ein letztes Mal den Raketen des öffentlichen Silvesterfeuerwerks am Eiffelturm nachgeschaut, die nach wenigen Sekunden vom tief hängenden Nebel verschluckt worden waren.

Pascal hörte die Kaffeemaschine aus dem »Café Tabac« zischen und ächzen, während sie ihrer täglichen Arbeit nachging.

Wenn Alexandre mich jetzt hier sitzen sehen würde, dachte er, streckte die Füße so weit es ging unter dem kleinen Bistrotisch aus und beobachtete auf der anderen Straßenseite eine Frau, die einen argwöhnischen Blick auf den Unbekannten warf. Wahrscheinlich erregte er die Aufmerksamkeit der Dorfbewohner, da er sich trotzig der Kälte stellte und bei unzumutbaren zwölf Grad einen Platz im Freien gewählt hatte. Genau so aber sollte sein erster Tag in der Provence aussehen, das hatte er sich in seiner Pariser Wohnung all die Monate wieder und wieder vorgestellt, als er sein neues Leben plante.

Die Frau sah aus, als würde sie zum Wintersport fahren, mit ihrer Thermojacke, dem dicken Schal und den Skihandschuhen, mit denen sie eine Plastiktüte mit Lauchstangen umklammerte.

Pascal grüßte sie, deutete ein Nicken an. Einfach, weil ihm danach war. Lässig verschränkte er die Arme hinter dem Kopf. Das tat er gern, wenn er sich wohlfühlte.

Die Frau deutete ebenfalls einen Gruß an, indem sie kaum merklich die grüne Plastiktüte mit den Lauchstangen anhob. Angestrengt setzte sie ihren Weg auf der ansteigenden Straße fort, bog um die Ecke des gegenüberliegenden Hauses und verschwand aus Pascals Blickfeld.

Im Sommer würde die Mittagshitze den Weg durch diesen Teil Lucassons äußerst beschwerlich machen. Wie eine Glocke wird sie über den engen Gassen des Dorfes liegen, stellte Pascal sich vor.

Die Türen im Ort waren auch heute verrammelt, die blauen und roten Fensterläden geschlossen. Der letzte Regen konnte noch nicht lange her sein. Die drei kleinen Tische im Schatten der Markise waren noch feucht, ebenso wie der Boden darunter. Die Sonne würde die Pflastersteine schnell trocknen.

Seit fünfzehn Minuten saß Pascal nun schon an dem kleinen Tisch. Außer der Frau auf der anderen Seite der Straße war bislang niemand vorbeigekommen. Auch kein Kellner. Pascal störte sich nicht daran, vielleicht würde er ihm sagen, wie schön es hier war und dass er sich bloß Zeit lassen solle, schließlich waren sie in der Provence. Die Uhren schlichen hier manchmal ein bisschen, und das war nur einer der vielen Gründe, warum er jetzt hier an diesem Tisch saß.

Interessiert betrachtete er die heruntergekommene Eingangstür, das Leuchtschild »Café Tabac - Chez Jacques« - was für ein lustiger Reim, dachte er -, die Markise, die nur noch auf einer Seite in der Verankerung hing, den verrosteten Fahrradständer, die runden Tische, mühsam mit durchweichten Bierdeckeln abgestützt, damit sie nicht zu sehr kippelten. Sie standen so auf dem Fußgängerweg, wie sie auch zu Tausenden vor Pariser Cafés standen. An diesen Tischen wurde tagtäglich Zeitung gelesen, Kaffee getrunken, beobachtet, gestritten, geliebt, gelogen und geschworen.

Gerade als er der Ruhe lauschte, kam ein Mann an seinen Tisch. Zunächst hielt Pascal ihn für einen jener Obdachlosen, die ihm eine Zeitung verkaufen wollten. In seiner alten Heimat hatte es zwei Arten von Bettlern gegeben. Die einen standen in den Metrostationen und spielten komplizierten Jazz, die anderen verkauften Zeitungen, die sie selbst geschrieben und gedruckt hatten. Was Pascal schlimmer fand, wusste er gerade auch nicht.

»Bonjour, Monsieur.« Auf seinen Gruß erntete Pascal ein Kopfnicken, das nur als solches zu erkennen war, wenn man genau hinschaute. Er sah genau hin, konnte aber kein Lächeln, kein Wohlwollen im Gesicht des Mannes entdecken, nur eine fast vollkommen heruntergebrannte Zigarette im Mundwinkel.

Natürlich, es ist sieste, dachte Pascal. Die Mittagspause war hier im Süden heilig, egal, wie warm oder wie kalt es war. Wahrscheinlich ist es Jacques und kein Obdachloser, dachte er und beobachtete, wie der Kellner den feuchten Tisch betrachtete, an dem er saß.

Für einen Moment war es ein Stillleben, und Pascal fürchtete, es würde nichts passieren, aber er täuschte sich. Der Mann zog wie ein Magier, mit einer Geste, nach der man hätte applaudieren müssen, einen feuchten Lappen aus seiner Hosentasche und wischte damit über den Tisch. Als ihm Zigarettenasche auf die gerade gesäuberte Marmorplatte fiel, nahm er seine mit schwerer Hornhaut überzogene Hand und schnippte sie mit dem kleinen Finger von der Oberfläche. Der Lappen wurde kein zweites Mal bemüht, er verschwand wie ein weißes Kaninchen nach seiner Darbietung wieder in der Hosentasche.

»Voilà.« Jetzt war der Mann bereit, die Bestellung entgegenzunehmen, das spürte Pascal.

Er nutzte seine Chance und sagte mit fester Stimme: »Un pastis, Monsieur.«

Keine Regung in dem bärtigen Gesicht. Hätte man den Mann auf den Pariser Straßen durchsuchen müssen, hätte zumindest sein ehemaliger Partner Alexandre es nicht ohne seine weißen Plastikhandschuhe getan. Das cremefarbene Oberhemd, das wohl einmal weiß gewesen war, wurde nur noch von der Hälfte der Knöpfe zusammengehalten. Die heutige sieste hatte der Mann vermutlich in genau diesem Hemd verbracht - und die der letzten Woche genauso.

Rasch steckte er es noch ein Stück tiefer in die Hose. Vielleicht eine Art Ritual, denn das Hemd musste wohl auch diese dezente Prozedur nicht zum ersten Mal über sich ergehen lassen. Dunkle Spuren führten von der Mitte des Stoffes bis zu dem unteren Teil, der in der Hose verschwand.

Pascals Blick blieb an dem Gürtel hängen, der auf dem letzten Loch, halb herunterhängend, nur noch mit letzter Mühe seinem Job nachkam. Die Kniepartie der Anzughose wirkte, als hätte sie schon häufig Bekanntschaft mit dem Fußboden der Bar gemacht. Möglich, dass Jacques den Boden damit gewischt hatte. In den Hosentaschen schien sich ein ganzer Werkzeugkasten zu befinden, so tief hingen sie am Oberschenkel.

Pascal erwartete von dem Mann inzwischen kein Kopfnicken mehr, keine Regung, die ihm zeigte, dass es ihn überhaupt gab. Sosehr er sich mehr Ruhe im Leben wünschte, so sehr mehr zweifelte er in diesem Moment, ob er jemals auch nur eine einzige so langsame Bewegung hinbekommen konnte wie dieser Jacques. Erst nach einer halben Ewigkeit drehte er sich behäbig um und verschwand wieder in seinem Café.

Pascal reckte seine Arme so weit nach oben, wie es seine über vierzigjährigen Knochen und Muskeln gerade noch zuließen. Es knackte laut. Die Autofahrt war lang gewesen, und der Weg von der weit unten liegenden Stadtmauer hatte ihn angestrengt. Über viele Treppen, über sehr viele Treppen und über Steigungen. Immer wenn er geglaubt hatte, es geschafft zu haben, kam die nächste Steigung und die nächste und die nächste.

Er sah sich in seiner neuen Heimat um. Tausendvierhundert Einwohner lebten großzügig verteilt auf einundfünfzig Quadratkilometern. Er, Pascal Chevrier, der neue Chef de police, war der tausendvierhunderterste.

Er würde viel Zeit haben, sich dem Tempo der Menschen hier anzupassen. Er würde in den warmen Monaten auf den alten Steinmauern am Dorfrand sitzen, vielleicht ein Baguette in Olivenöl tunken, dabei eine Flasche kalten Rosé entkorken, über die Lavendelfelder blicken und den Sonnenuntergang über der Provence genießen. Außer dem gelegentlichen Summen einer Biene oder dem Zwitschern eines Vogels würde er bestenfalls mal einen Motor starten hören.

Ich hätte schon früher aus meinem Leben aussteigen sollen, dachte er und erinnerte sich mit Grauen an die Nächte in Paris.

Noch letzte Woche hatte er mit geweiteten Augen in die Mündung einer Pistole gesehen, die ein Jugendlicher auf ihn gerichtet hatte, während er mit der anderen Hand einen halb vollen Benzinkanister über die Brüstung der Pont Neuf in die Seine schmiss und dabei debil grinste. Er und sein Partner Alexandre waren zu Hilfe gerufen worden, weil mitten in der Stadt ein Auto gebrannt hatte. Ein Bild, an das sich die Bewohner der Pariser Vororte vielleicht gewöhnen konnten, nicht aber die wohlhabenden Pariser, die einen Quadratmeterpreis von bis zu sechstausendfünfhundert Euro für eine Wohnung in bester Lage, natürlich rechts der Seine, hinblätterten. Sie hatten ein Anrecht auf Ruhe und Sicherheit. Schließlich zahlten sie dafür Steuern, und Pascal war einer von denen, die davon ihren Lohn bekamen. Also musste er auch dafür sorgen, dass seine Geldgeber zufrieden waren.

Wie oft hatte er sich in all den Jahren diesen und ähnliche Sprüche von seinem Chef anhören müssen, wenn er zu spät zu einem Raub, zu einem Autounfall mit Fahrerflucht oder zu einer Schlägerei gekommen war. Er hatte das Leben als Polizist in der Großstadt so sattgehabt, dass die letzten Monate zu einer unerträglichen Tortur geworden waren. Erst als er seine Wohnung endgültig aufgelöst hatte, als er die wenigen Möbel, die ihm seine Frau Catherine nach der Scheidung noch gelassen hatte, verkauft oder verschenkt hatte, als er den obligatorischen...
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Der Hamburger Journalist Andreas Heineke war Radiomoderator, Musikmanager und Dot-Com-Firmengründer, ist Autor für Zeitschriften und Zeitungen, Filmemacher und Regisseur, vor allem aber Buchautor unterschiedlicher Sachbücher. Seit Jahren verbringt er so viel Zeit wie möglich in der Provence.