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Versuchung à la Provence

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
288 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am21.03.2019
Endlich Frühjahr in der Provence. In den malerischen Orten im Luberon bereiten sich die Restaurants auf die Touristenströme vor, da macht eine Schreckensmeldung die Runde: Fünf abgetrennte Finger wurden an Köche verschickt, die allesamt einer Gourmet-Bruderschaft angehören und barbarisch zubereitete Menüs für die Oberschicht kochen. Die örtlichen Tierschützer kämpfen seit Jahren gegen die Männer, doch morden sie auch für ihre Überzeugung? Dorfgendarm Pascal Chevrier muss in einem Fall ermitteln, der bis weit in die Anfänge der Gourmetküche zurückreicht.

Der Hamburger Journalist Andreas Heineke war Radiomoderator, Musikmanager und Dot-Com-Firmengründer, ist Autor hauptsächlich für den NDR und das ZDF, Filmemacher, Regisseur und Buchautor. Seit Jahren verbringt er so viel Zeit wie möglich in der Provence.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR10,99

Produkt

KlappentextEndlich Frühjahr in der Provence. In den malerischen Orten im Luberon bereiten sich die Restaurants auf die Touristenströme vor, da macht eine Schreckensmeldung die Runde: Fünf abgetrennte Finger wurden an Köche verschickt, die allesamt einer Gourmet-Bruderschaft angehören und barbarisch zubereitete Menüs für die Oberschicht kochen. Die örtlichen Tierschützer kämpfen seit Jahren gegen die Männer, doch morden sie auch für ihre Überzeugung? Dorfgendarm Pascal Chevrier muss in einem Fall ermitteln, der bis weit in die Anfänge der Gourmetküche zurückreicht.

Der Hamburger Journalist Andreas Heineke war Radiomoderator, Musikmanager und Dot-Com-Firmengründer, ist Autor hauptsächlich für den NDR und das ZDF, Filmemacher, Regisseur und Buchautor. Seit Jahren verbringt er so viel Zeit wie möglich in der Provence.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783960414537
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum21.03.2019
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3532 Kbytes
Artikel-Nr.4271324
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1

Pascal Chevrier ließ seinen Blick durch die Lücke zweier windschiefer Häuser in das Tal des Luberon schweifen. Friedlich lag es da, einige Straßen zogen sich kurvig durch die Weinberge, wie zufällig in die Landschaft geworfen.

Die Autos verschwanden in den Hügeln und tauchten hinter dem nächsten Weinberg wieder auf. Ihr Geräusch war auf diese Entfernung nicht zu hören. Kein Motor, kein Hupen, es war still.

Selbst die Vögel haben Mittagspause, dachte Pascal zufrieden und lehnte sich so weit wie möglich an die unbequeme eiserne Lehne seines Stuhls zurück. Weinreben rankten über der Terrasse und dienten als Sonnenschutz. Vor ihm auf dem Tisch ein Espresso, der ihm von Madame Savagne gebracht worden war.

Er mochte diesen Platz, dieses kleine Örtchen Saignon, gut vier Kilometer von der turbulenten Kleinstadt Apt entfernt. Nur den Berg hinauf, dort, wo der Lavendel die Landschaft in ein tiefes Lila verwandelte und jedem Menschen ein Staunen über die Schönheit der Welt abrang. Hier oben war es ruhig. Um diesen Ort schien der Provence-Tourismus einen Bogen gemacht zu haben. Keine schicken Boutiquen, nur ein kleines Hotel, ein paar Galerien, einige wenige Bars und zwei Restaurants.

Das Hotel im Ort, die »Auberge du Presbytère«, betrieben von einem deutschen Ehepaar, hatte schon seit Jahren für immer die Pforten geschlossen. Der Brunnen, aus dem die Gäste damals zur Blütezeit des Hauses ihre Carafe d´eau bekommen hatten, war inzwischen grün, mit Algen durchtränkt. Moosbewachsen waren die Engel, die aus Krügen unermüdlich das Wasser in das prunkvolle Becken gossen. Ein rostiges Schild wies die wenigen Besucher des Dorfes darauf hin, dass das Brunnenwasser nicht mehr kontrolliert werde und nicht zum Trinken geeignet sei. »Pas d´eau potable«.

Die wenigen Touristen, die noch kamen, waren meist Radfahrer, die sich von Apt aus den Berg hochgequält hatten und in dem Glücksgefühl, etwas erreicht zu haben, eine Rast einlegten. Mit Mineralwasserflaschen saßen sie am Straßenrand oder auf abgewetzten Bänken im Ort und schwiegen bei zweiunddreißig Grad Hitze vor sich hin. Ein Schauspiel, das sich Tag für Tag wiederholte.

Die enge Gasse, die durch das Dorf führte, wurde von den Autos kaum genutzt - und doch war sie die Hauptattraktion in Saignon. Ein alter Mann saß auf seinem Campingstuhl vor dem Haus, da saß er immer, das war sein Platz. Vor sich hatte er eine alte Blechdose gestellt, in die die Touristen ein paar Euros werfen sollten, wenn sie ein Foto von ihm und seinem auf einem zweiten Campingstuhl dicht neben ihm schlafenden Hund machen wollten. Unzählige Besucher hatten es schon getan. Auf Tausenden Handys und Digitalkameras gab es ein Foto mit einem Mann und einem Hund auf einem Campingstuhl vor einem alten Haus. War es dieses Bild, das die Leute von Saignon behielten? War das das Bild der Provence, wenn alle Lavendelfelder, die Boulangerien und Dorfgassen fotografiert waren?

Komische Welt, dachte Pascal und nahm einen Schluck seines Espressos.

Der Mittagstisch war bei Madame Savagne schon lange abgeschafft worden, es gab zu wenig Gäste. Seitdem der Weg auf den höchsten Berg des Ortes als »Privé« erklärt worden war, war Saignon die letzte Attraktion genommen worden. Jemand hatte den ganzen Berg gekauft und damit den Besuchern aus aller Welt den spektakulären Blick auf den Luberon geraubt.

Vielleicht führte jede Abwesenheit von Tourismusattraktionen genau dazu, dass Pascal immer wieder hierher zurückkam. Er mochte die kleine Straße, die aus Apt auf den Berg hinaufführte und an der Kirche mit dem Friedhof endete. Den meist leer stehenden Bouleplatz unter den Platanen, die Schule, in die nie jemand zu gehen schien - egal, zu welcher Jahreszeit -, und das alte Waschhaus, an dem die Dorfbewohnerinnen sich noch vor achtzig Jahren getroffen und die Wäsche ihrer Männer gewaschen hatten, die die Tage in den Weinbergen, auf den Apfelplantagen oder den Melonenfeldern verbracht hatten und mit Erde übersät und gebeugtem Rücken nach Hause gekommen waren. Ihre Gesichter von der gnadenlosen Sonne zerfurcht und staubig, saßen sie in den wenigen Cafés von Saignon und tranken schweigend ihren Pastis, während die Frauen sich am Wasserbassin trafen und beim regelmäßigen Eintauchen der Wäsche die neuesten Nachrichten austauschten.

Saignon, fand Pascal, atmete mehr Geschichte aus als die provenzalischen Showrooms wie Lourmarin, Bonnieux oder Gordes.

Es war sein erster Sommer in der Provence, der nun kommen sollte, die erste Hauptsaison in seiner neuen Heimat. Er hatte sich noch nicht vollständig an das südfranzösische Leben gewöhnt. Den hektischen Lebensrhythmus aus seinem Pariser Gendarmenleben konnte er nach so kurzer Zeit noch nicht ablegen. Es gab keinen Tag, an dem er es bereut hatte, einen Strich gezogen zu haben.

Nach dem Auszug seiner Tochter Lillie nach Lyon, der Trennung von seiner Frau Catherine und der Einsamkeit in der Pariser Wohnung, die für ihn allein viel zu groß gewesen war, atmete er auch nach sechs Monaten als Dorfgendarm nur langsam wieder ruhiger und regelmäßiger.

Er schaute noch einmal hinunter ins Tal, dann nahm er die »Le Luberon« vom Tisch und schlug sie auf. Ein Kajakfahrer war in der Schlucht von Verdon ertrunken, die Fußballmannschaft von AC Arles-Avignon hatte unglücklich verloren, und die Wettervorhersage versprach siebenundzwanzig Grad. Kein Wölkchen und die dritte Woche in Folge ohne Regen. Die Waldbrandgefahr hatte inzwischen die höchste Stufe erreicht.

Schließlich schlug Pascal seine Lieblingsrubrik auf. Eine Serie über das Kochen. Rezepte und Zutaten aus der Region, Küchentipps von Köchen aus dem Luberon, manchmal auch Interviews mit Küchenchefs.

Er hatte noch immer den Traum, eines Tages ein eigenes Restaurant zu eröffnen, sein großes Hobby, das Kochen, zu seinem Beruf zu machen, aber er hatte es nicht eilig damit. Er wollte sich hier in der Region weiterbilden, Kontakt zu Erzeugern aufnehmen, mehr über die lokale Küche der Provence erfahren und deren von ihm so geschätzte Einfachheit studieren. Das riet ihm auch seine Tochter Lillie, seine liebste Kritikerin, die mit Claude, einem Sternekoch aus Lyon, verlobt war und gerade den dritten Termin für eine Hochzeit verschoben hatte. Es gab in Claudes neu eröffnetem Restaurant »L´estragot« zu viel zu tun. Die Romantik musste der Arbeit weichen. Die Gastrogesellschaft aus der Stadt mit den meisten Sternerestaurants der Welt überrannte das kleine Bistro. Schon wenige Wochen nach der Eröffnung war es als Favorit für den nächsten Michelin-Stern gehandelt worden. »L´estragot« hatte es bereits auf das Titelbild namhafter Gourmet-Magazine geschafft.

Lillie, das war sein Eindruck, arbeitete Tag und Nacht an der Seite ihres zukünftigen Mannes. Sie war seine einzige Tochter, und noch immer gab es keinen Tag, an dem er sich nicht irgendwelche Sorgen um sie machte.

»Verschollene Rezepte«, stand in großen Lettern über der Rubrik, die die wichtigste Tageszeitung der Provence seit Wochen als Sensation feierte. Aus einer ungenannten Quelle waren Rezepte aufgetaucht, die auf die Ursprünge der Haute Cuisine zurückzuführen waren und die dem modernen Kochen eine neue Tradition, wie der Gourmet-Journalist es in dem Artikel immer wieder betonte, zurückgaben.

In der Tat waren die Rezepte interessant, schon allein deshalb, weil Gemüse verwendet wurde, das von den Speisekarten und aus den Supermärkten verschwunden war. Selbst Vogelarten wie die Wandertaube tauchten in der modernen Küche nicht mehr auf, die Zucht von einigen Schafrassen war über die Jahrhunderte eingestellt worden oder wurde nur noch von vereinzelten Schäfern betrieben. Die Herausforderung, die Gerichte nach diesen Rezepten zu kochen, bestand darin, zunächst einmal die Zutaten zu bekommen.

Pascal war sich sicher, dass kaum ein Leser bereit war, die Zeit zu investieren, die nötigen Lebensmittel zu besorgen. Er war eine Ausnahme, und das wusste er. Er hatte die Zeitungsartikel gesammelt und nahm sich Woche für Woche ein neues Rezept vor, das er nachkochte. Der Ansturm auf die Wochenmärkte in der Hauptsaison erschwerte ihm die Suche nach den vergessenen Gemüsesorten. Erdbeerspinat wurde längst nur noch als Dekoration auf dem Tisch oder im Garten verwendet, Rübstiel war über die Jahre sogar gänzlich aus den Gemüsegärten verschwunden.

In den Touristenströmen gab es in den Sommermonaten auf den Märkten kein Vor und Zurück mehr. Eingeklemmt zwischen Korbtaschen, Käsesorten und Seifenauslagen stand Pascal schon in den ersten Frühjahrswochen oft eine knappe Stunde in sengender Hitze auf den Dorfplätzen und gab die Suche am Ende schweißüberströmt auf. Er nahm sich vor, es im Herbst, wenn die Sommerferien vorbei waren, erneut zu probieren.

Er musste lernen, zu verstehen, dass er Zeit hatte, dass er nicht alles sofort und jetzt zu tun brauchte. Nicht wie in Paris, wo dauernde Verpflichtungen über sein Leben bestimmt hatten.

Nachdem seine Tochter ausgezogen war und sich seine Frau Arm in Arm mit einem Pariser Immobilienmakler aus seinem Leben verabschiedet hatte, war Pascal zunächst in ein Loch gefallen. In ein sehr tiefes Loch, in dem er erst wieder Licht sah, als er die Entscheidung gefällt hatte, ein neues Leben in der Provence zu beginnen.

Er hatte noch keine Freunde in seiner neuen Heimat gefunden, nur einige gute Bekannte, darunter natürlich vor allem Audrey, die Assistentin der Police nationale aus Apt. Ein paarmal war er mit ihr essen gegangen - und hatte das Gefühl der Funken, die über die Weingläser flackerten, genossen, aber etwas Ernstes hatte sich zwischen ihnen noch nicht entwickelt.

So blieb ihm viel Zeit, wenn er die Mairie in Lucasson abends abschloss,...
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