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Funkensonntag

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
224 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am12.12.20111. Auflage
Kommissar Gerhard Weinzirl hat neben einem besonders perfiden Mord auch noch einen erbosten 'Sauhaufen' von Presseleuten am Hals. Aber auf so eine Sache stürzen sich die Medien nun mal: Ein toter Mann wird am Funkensonntag aus dem Funkenfeuer gezogen. Eine makabre Stelle, um eine Leiche zu verbergen # wird bei diesem Brauch doch eigentlich eine Hexenfigur symbolisch verbrannt, um den Winter auszutreiben. Der Tote fällt Gerhard und seiner alten Schulfreundin Jo, ihres Zeichens Tourismusdirektorin im Bergstätt-Gebiet, quasi vor die Füße. Wie kam er in den Funken? Was ist das Motiv, den beliebten Braumeister der kleinen Lokalbrauerei Hündle Bräu zu töten? Im zweiten Allgäu Krimi schaut Gerhard tief ins Bierglas, und Jo sucht mal wieder Spuren im Schnee. Ein eiskaltes Verbrechen im lodernden Feuer!

Nicola Förg, Jahrgang 1962, arbeitet als freie Reisejournalistin für namhafte Tageszeitungen, Publikumsmagazine und Fachmagazine - vor allem für solche, die Bergtourismus, Skispass und Reiterreisen zum Thema haben. Sie hat zudem ein Dutzend Reiseführer und Bildbände verfasst. Sie lebt im Ammertal in Bad Bayersoien.
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Produkt

KlappentextKommissar Gerhard Weinzirl hat neben einem besonders perfiden Mord auch noch einen erbosten 'Sauhaufen' von Presseleuten am Hals. Aber auf so eine Sache stürzen sich die Medien nun mal: Ein toter Mann wird am Funkensonntag aus dem Funkenfeuer gezogen. Eine makabre Stelle, um eine Leiche zu verbergen # wird bei diesem Brauch doch eigentlich eine Hexenfigur symbolisch verbrannt, um den Winter auszutreiben. Der Tote fällt Gerhard und seiner alten Schulfreundin Jo, ihres Zeichens Tourismusdirektorin im Bergstätt-Gebiet, quasi vor die Füße. Wie kam er in den Funken? Was ist das Motiv, den beliebten Braumeister der kleinen Lokalbrauerei Hündle Bräu zu töten? Im zweiten Allgäu Krimi schaut Gerhard tief ins Bierglas, und Jo sucht mal wieder Spuren im Schnee. Ein eiskaltes Verbrechen im lodernden Feuer!

Nicola Förg, Jahrgang 1962, arbeitet als freie Reisejournalistin für namhafte Tageszeitungen, Publikumsmagazine und Fachmagazine - vor allem für solche, die Bergtourismus, Skispass und Reiterreisen zum Thema haben. Sie hat zudem ein Dutzend Reiseführer und Bildbände verfasst. Sie lebt im Ammertal in Bad Bayersoien.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783863580322
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2011
Erscheinungsdatum12.12.2011
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.2
Seiten224 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3328 Kbytes
Artikel-Nr.3045434
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

 
 
 
1.

»Das ist jedes Jahr einfach ein Höhepunkt, sozusagen ein Jour fixe im Allgäu«, hörte Jo ihre Assistentin Patrizia »Patti« Lohmaier gerade sagen. Patrizia lächelte gezwungen und saß stocksteif da. Sie schien in dem engen Dirndl kaum Luft zu bekommen, und wegen der Quetschwirkung des Mieders fiel ihr Dekolleté ungleich imposanter aus als sie es vermutlich geplant hatte. Dabei hasste Patrizia Dirndl mehr als Fußpilz. Dieses Dekolleté war offenbar das Einzige, was die anwesenden Herren noch bei Laune hielt.

Nachdem Jo den Gastraum des Rössle betreten hatte, war das Erste, was sie wahrnahm, Patrizias flehentlicher Gesichtsausdruck gewesen. Panik flackerte in ihren Augen, ihr Körper war verspannt. Jo erfasste die Szene mit einem Blick. Eine Wolke aus Agonie und Aggression schwebte über dem Tisch. Und die Besatzung just dieses Tisches sollte Patrizia bei Laune halten. Jo sah sich die Leute genauer an. Sie hatte Erfahrung mit Reisejournalisten und dieser Haufen verhieß nichts Gutes.

Dabei hatte sie den Eckartser Gasthof, die »Alp«, mit Bedacht für die Medienleute ausgewählt. Ein Ort, der eigentlich jedem gefiel und für sich sprach. Über einem alten Küchenherd hing Omas Unterhose - mit Spitzen verziert, versteht sich. Kerzen warfen warme Lichtflecken auf die alten Holzbalken. Die Tische zeigten stolz ihre Narben und Wunden von gut hundert Jahren Bierstemmen und Karteln. Der Steinboden erzählte von schweren nagelbeschlagenen Winterstiefeln. Bloß war dieser Inbegriff einer Stube überhaupt nicht alt, nur ihre Einzelteile. Monatelang hatten die Wirtsleute in Scheunen gefahndet, Freunde befragt, Balken geschleppt und etwas geschaffen, das so aussah, als wäre es schon immer so gewesen. Ein bisher unschöner Schuppen war in eine Allgäuer Bergbauernstube verwandelt worden. Aber auf Patrizias Truppe, die auf einer Art Empore saß, hatte das offenbar wenig Wirkung.

Gerhard Weinzirl, Jos Jugendfreund, der in Kempten bei der Mordkommission arbeitete, saß am Nebentisch und beobachtete ebenfalls die Szene. Er war, was selten vorkam, rein privat unterwegs. Seine Eltern hatten Verwandtenbesuch aus Zornheim bei Mainz, und »die Alp« war der perfekte Ort, um die »Preißn« dahin auszuführen. Gerhard hatte ein paarmal Patrizias Blick gesucht, aber sie schien zu angespannt, um ihn überhaupt wahrzunehmen. Gerhard konnte sie gut verstehen, als er den Blick über die Gruppe am Nachbartisch gleiten ließ.

An der Stirnseite saß ein Schmuddel-Typ, in dessen Kräuselbart sich eine Schupfnudel verfangen hatte. Angesichts seiner Wampe, die das T-Shirt mit TUI-Werbeaufdruck nur unzureichend bedeckte, kam Gerhard zu dem Schluss, dass die Nudel wahrscheinlich als Wegzehrung für später gedacht war. Daneben kauerte ein Mädel, Marke »Mäuschen«, das sich wahrscheinlich für die Platzwahl verfluchte. Dann ein Endzwanziger in typischer Großstadtverkleidung in schwarz und mit einem Gesichtsausdruck, der so kaltschnäuzig wirkte, dass selbst ein Eskimo aufs Nasereiben verzichtet hätte. Er wurde flankiert von einer älteren Lady, deren liebstes Tier wohl die Drossel, respektive die Schnapsdrossel war. Dann folgten auf der Bank zwei Gestalten, die ganz offensichtlich miteinander techtelten. Jeder trug einen Ehering, aber dass weder die Ringe noch die Personen zusammengehörten war klar. Das alles erschien Gerhard schon wie ein Panoptikum der Sonderklasse, aber die Krönung der Tafelrunde stellte ein Glatzkopf am anderen Ende des Tisches dar. Er war ein Hüne und hatte unangenehme, tief in den Höhlen liegende Rumpelstilzchen-Augen, wie Gerhard fand. Schnell streifte sein Blick den Rest: eine sympathisch aussehende junge Frau und zwei eher unauffällige Männer. Einer aber begann plötzlich zu strahlen und stand auf. Er war blond, sommersprossig, sehr schlank. Gerhard wandte den Kopf und sah Jo in der Tür des Gastraumes stehen. Er fühlte einen Kloß im Hals.

Jo nestelte an ihrem Rock, auch sie zeigte heute alpenländisch Flagge und trug ein Dirndl. Ein dickes Winterdirndl zudem. Jo teilte Patrizias Pein. Sie hatte noch im Auto darüber nachgedacht, auf Kiemenatmung umzustellen, bevor die Knöpfe abzuspringen drohten. Sie nestelte noch mal am Rock und ging dann mit Zahnpastareklamestrahlen und großen festen Schritten auf den Tisch zu. »Grüß Gott meine Damen und Herren, es tut mir außerordentlich Leid, dass ich Sie heute im Stich lassen musste. Aber Sie waren bei meiner Assistentin mit Sicherheit in den besten Händen! Doktor Johanna Kennerknecht, geschäftsführende Direktorin des Tourismusverbands. Ich darf Sie jetzt auch noch mal ganz herzlich willkommen heißen.« Obwohl Jo ihr Doktortitel so wurscht war wie das sprichwörtliche Fahrrad, das in Tokio umfällt, setzte sie ihn heute bewusst ein.

Sie schüttelte den Anwesenden einzeln die Hand. Dann gab es eine dicke Umarmung und Küsschen für den Blonden, der immer noch lächelnd neben dem Tisch stand.

»Jens, grüß dich, ich freu mich, dich zu sehen.«

Jo winkte der jungen Frau zu. Das war Alexandra und neben Jens die Einzige in der Gruppe, die sie bereits kannte. Die Schupfnudel schoss hoch, um ebenfalls ein Küsschen zu ergattern. Jo hatte das unangenehme Gefühl, dass diese Nudel soeben den Dekolleté-Vergleich zwischen ihr und Patti anstellte.

Ein Stuhl wurde für Jo zurechtgerückt, und für den Moment schien sich die Stimmung aufzuheitern. Hier kam die Chefin, und die würde alles erhellen. Für Journalisten machten Touristiker doch alles, verbogen sich, veränderten feststehende Programme in Sekundenschnelle, zauberten und jonglierten, um die Schreiberlinge bei Laune zu halten. Leider stießen selbst Jos Zauberkünste an eine bestimmte Grenze: das Wetter.

Diese Gruppe von Medienvertretern war eingeladen worden, das schöne Allgäu von seiner winterlich-romantischen Seite zu erleben. »Bäuerliches Brauchtum im Bilderbuchwinter« hatte die Einladung versprochen. Der Verantwortliche für dieses Bilderbuch hatte allerdings reichlich schwarzen Humor bewiesen, denn dieser Winter fand in diesem Jahr irgendwo oberhalb von dreitausend Metern statt - dort wo das Allgäu definitiv keine Berge mehr hatte. Knapp darunter, also auf zweitausendneunhundert Metern, wo das Allgäu immer noch keine Berge hatte, regnete es. Es schüttete wie aus Kübeln. Das erste Motiv aus dem winterlichen Bilderreigen war bereits komplett abgesoffen: das »Schalenggen-Rennen« in Wertach.

»Schalenggen« nennen die Allgäuer die großen hölzernen Hörnerschlitten, die den Bergbauern früher hauptsächlich zur Beförderung von Milch, Heu und Holz dienten. Seit 1982 gehörte Wertach zu den traditionellen Ausrichtern von »Schalenggen-Rennen«, und jedes Jahr im Februar gehen bis zu hundertdreißig Schlitten mit einer zweiköpfigen Besatzung an den Start. Schon beim Aufstieg zum Start säumen Schnapsbuden den Weg, und die tollkühnen Piloten trinken sich jede Menge Mut an. Den brauchen sie auch, denn nahezu unsteuerbar, ungefedert und extrem bockig katapultiert der Schlitten seine Fahrer gern mal in den Wald. Daher besagt das Reglement auch, dass beide Fahrer und zumindest ein eindeutig identifizierbarer Teil des Schlittens durchs Ziel kommen müssen.

Dieses Jahr war es eine besondere Höllenfahrt gewesen. Die Spur bestand nur aus Eisplatten und Schlamm. Die Journalisten standen buchstäblich im Regen, von Bilderbuch- und Fotowetter keine Spur! Eigentlich hätten die Medienleute selbst eine Probefahrt machen sollen, aber das wäre auf dem Eis mörderisch gewesen. Wobei es um einige von ihnen nicht schade gewesen wäre, dachte Jo.

Das alles wäre ja noch angegangen, wären diese Medienvertreter alle so gepolt wie die nette Alexandra aus Berlin oder eben Jens, der Reiseredakteur einer großen Zeitung in Hamburg, den Jo schon lange kannte, mochte und ziemlich sexy fand. Beide waren professionell, witzig - und ohne Berührungsängste bei Worten wie »bitte« und »danke«. Worte, die beim Rest der Gruppe offenbar ein Tabu waren.

Alexandra und Jens hatte Jo selbst eingeladen, die anderen waren ihr von übergeordneter Stelle, dem Bayern-Tourismus, aufs Auge gedrückt worden. Man hatte kurzerhand über Jos Kopf hinweg den Hotel- und Gaststättenverband zu Rate gezogen und hossa!, jeder der Hoteliers hatte einen Medienvertreter in petto, den er unbedingt einladen wollte.

Die Hoteliers hatten vor allem Mumien in der Kartei: »Häppchen-Hannelores« und »Buffet-Brunos«, wie Jo sie nannte, waren Dinosaurier aus Reisejournalisten-Zeiten kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Petticoats noch am Lago Maggiore wippten und Songs von »Kleinen Italienern« populär gewesen waren. Heute hatten die Mumien eine gute Rente und eine ganz heiße Hotline. Wann immer es irgendwo eine »PK«, Abkürzung für Pressekonferenz, mit Freibier und landestypischen Spezialitäten gab, dann wussten sie davon. Heuschreckengleich fielen sie ein. Weil´s ihnen im trauten Heim zu fad war, gingen sie noch immer auf große Fahrt. Ihre drögen Traktate mussten sie nicht verkaufen, die bekamen die Zeitungen kostenlos, was Verleger in Verzückung versetzte und freischaffende Schreiber in echte Existenznöte. Zu der Kategorie Mumie gehörte zum Beispiel die Schupfnudel.

Das junge Mädel neben der Nudel kam immerhin von einer großen unabhängigen, überregionalen Zeitung. Was die Hoteliers und Bayern-Tourismus weniger interessierte: Sie war die Jahrespraktikantin. Sollte doch auch mal rauskommen die Kleine, denn der Ressortleiter Reise hatte die Karibik vorgezogen! Willi aus der Wirtschaft Südspanien und Pauli aus der Politik eine Langlaufreise nach Finnland. Eine Reise ins Allgäu ging in der Redaktion trotz Anpreisens wie Sauerbier nicht weg. Also fuhr die Praktikantin.

Jo...
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