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Kuhhandel

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
288 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am12.12.20111. Auflage
Kommissar Gerhard Weinzirl wird in die dramatisch-schöne Ruine Eisenberg gerufen: Dort liegt eine tote Frau, neben ihr eine Spritze und ein Röhrchen. Alles deutet auf einen Selbstmord der 41-jährigen Tierärztin Svenja hin. In ihrer Praxis findet sich ein Abschiedsbrief, der auf einen gewaltigen Schuldenberg verweist. Alles scheint klar zu sein. Dennoch ist Weinzirl irritiert: Diese Frau hatte auf ihn nicht suizidgefährdet gewirkt. Auch Jo, Tourismusdirektorin mit einem kleinen Privatzoo aus Katzen, Kaninchen und Pferden, hat da ihre Zweifel. Ohne Gerhard einzubeziehen, agiert sie im Alleingang und jenseits der Legalität. Dabei stößt sie auf dubiose Umstände bei Svenjas Chef, Tierarzt Dr. Ostheimer. Und sie glaubt nicht daran, dass der Senn Seppi in diesem Sommer sieben Tiere nur durch Pech verloren hat.

Nicola Förg, Jahrgang 1962, arbeitet als freie Reisejournalistin für namhafte Tageszeitungen, Publikumsmagazine und Fachmagazine - vor allem für solche, die Bergtourismus, Skispass und Reiterreisen zum Thema haben. Sie hat zudem ein Dutzend Reiseführer und Bildbände verfasst. Sie lebt im Ammertal in Bad Bayersoien.
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Produkt

KlappentextKommissar Gerhard Weinzirl wird in die dramatisch-schöne Ruine Eisenberg gerufen: Dort liegt eine tote Frau, neben ihr eine Spritze und ein Röhrchen. Alles deutet auf einen Selbstmord der 41-jährigen Tierärztin Svenja hin. In ihrer Praxis findet sich ein Abschiedsbrief, der auf einen gewaltigen Schuldenberg verweist. Alles scheint klar zu sein. Dennoch ist Weinzirl irritiert: Diese Frau hatte auf ihn nicht suizidgefährdet gewirkt. Auch Jo, Tourismusdirektorin mit einem kleinen Privatzoo aus Katzen, Kaninchen und Pferden, hat da ihre Zweifel. Ohne Gerhard einzubeziehen, agiert sie im Alleingang und jenseits der Legalität. Dabei stößt sie auf dubiose Umstände bei Svenjas Chef, Tierarzt Dr. Ostheimer. Und sie glaubt nicht daran, dass der Senn Seppi in diesem Sommer sieben Tiere nur durch Pech verloren hat.

Nicola Förg, Jahrgang 1962, arbeitet als freie Reisejournalistin für namhafte Tageszeitungen, Publikumsmagazine und Fachmagazine - vor allem für solche, die Bergtourismus, Skispass und Reiterreisen zum Thema haben. Sie hat zudem ein Dutzend Reiseführer und Bildbände verfasst. Sie lebt im Ammertal in Bad Bayersoien.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783863580353
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2011
Erscheinungsdatum12.12.2011
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.3
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3279 Kbytes
Artikel-Nr.3045437
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Jo schaute auf die Uhr. So unpünktlich war Svenja eigentlich nie. Jo hasste Unpünktlichkeit, Falco wohl auch. Er hatte einem Entfesselungskünstler gleich bereits zum dritten Mal den Knoten seines Führstricks aufgebissen. Die eifrigen Autoren von Pferderatgebern sollten ihn mal kennen lernen. Falco öffnete jeden auch noch so unlösbaren, angeblich absolut pferdesicheren Knoten. Fenja hingegen verbiss sich gerade in ihre Anbindestange, sie empfand sich wohl als die Reinkarnation eines kanadischen Bibers, und Fjölla, Fenjas zweijährige, halbstarke Tochter, grub um. Sie hackte und harkte mit dem rechten Vorderhuf und würde es wohl heute noch bis zum Mittelpunkt der Erde schaffen - falls Svenja nicht bald auftauchen würde.

Jo rief in der Praxis an, der AB verwies auf eine Mobilnummer. Nachdem es quälend lange geläutet hatte, sagte Svenjas tiefe Altstimme, man möge in extremen Notfällen doch bitte die Tierklinik in Gessertshausen oder Dießen anrufen oder aber eine Nachricht hinterlassen. Na ja, eine Impfung war ja kein echter Notfall.

»Hi, Viechdokterin, Jo hier, vielleicht hab ich da was durcheinander gebracht, aber ich dachte, wir wären am Donnerstag um 14 Uhr 30 bei mir am Hof verabredet gewesen. Wegen der Impfung. Ja, äh, okay, vielleicht rufst du mal zurück. Du hast vielleicht ne Steißgeburt oder hängst sonst bis zum Hals in ner Kuh. Also nicht du hast die Steißgeburt.« Jo gluckste und brach ab. Svenja war seit vierzig Minuten überfällig, viel zu lang für Lady Überpünktlich.

Jo entließ erst mal Biber-Fenja auf die Weide, dann Zirkus-Falco. Fjölla musste als erzieherische Maßnahme noch drei Minuten stehen bleiben. Da Jo aber befürchtete, dass das Pony demnächst im heißen Erdkern ankommen oder zumindest Jules Vernes Professor und Axel bei ihrer Reise zum Mittelpunkt der Erde treffen würde, schickte sie auch dieses lästige Pferdewimmerl auf die Koppel. Seit sie ihre Pferde direkt hinterm Haus hatte, war die Pferdehaltung für Jo ein pures Vergnügen. Die Nachbarn Gschwendtner hatten schließlich doch ein Einsehen gehabt, Jos Flehen erhört und ihr einen Offenstall auf eine Wiese gebaut. Außerdem konnten sie die Stallmiete ganz gut brauchen. Aber Matthias, »Hias«, Gschwendtner hatte noch immer seine liebe Not mit seiner »g studierten Rossbäuerin«, wie er Jo scherzhaft nannte. Er fand es ja durchaus lobenswert, dass eine »Frau Doktar« Bulldog fahren konnte, aber dass die Tiere einfach so nutzlos rumgammelten, fraßen und schissen, ohne dafür arbeiten zu müssen, das missfiel ihm.

Und dann war ein wirklich rabenschwarzer Tag gekommen, der Hias Weltbild komplett aus allen Verankerungen gerissen hatte. Resi, seine Frau, war über die Wiese gerannt.

»Des Kälble kommt it und em Hias sei Tierarzt au it. Dir sind doch au Viechdoktar?«, hatte sie zu Svenja gewandt gesagt.

Die hatte nicht lange gezögert und war von Hias mit den Worten begrüßt worden: »Ja, kasch du des au? Des isch fei schwer, i versuachs scho a Stund und kriags it naus.«

»Ja, genau deshalb bin ja ich da«, hatte Svenja durchaus lakonisch geantwortet.

»Solla mer it liabr an Ma hole?«, hatte Hias noch einen draufgesetzt. Schließlich hatten sie sich darauf geeinigt, dass Hias Svenja nun endlich seine Kuh präsentieren würde, und wenn sie das Kalb wirklich nicht rauskriegen sollte, dann könnte man ja immer noch Arnold Schwarzenegger rufen. Svenja hatte ihm zehn Minuten später das Kalb in die Arme gedrückt mit den Worten: »Wollen Sie mich noch mal fragen, ob ich des kann, und einen Mann fragen?«

Verlegenes Murmeln war die Antwort. Die Krönung war gewesen, als Svenja sich in der Milchkammer gesäubert hatte und Resi grinsend gemeint hatte: »Der red allat so an Soich! Des goat it in sein Grind nei, dass du des kaasch. Dass a Wieb d Griffl in am Viech hot. Wie lang hosch bruucht?«

»Zehn Minuten?« Svenja hatte verschmitzt gelächelt und ihr verschwiegen, dass die Sache ziemlich kritisch gewesen war. Svenja machte sich nie wichtig.

»An Duusl hots halt ghett!«, hatte Hias noch vor sich hin gemault. Resi hatte dann eine Runde Obstler geholt und noch eine, und beim dritten hatte der Hias durchaus bewundernd gesagt: »Dia Svenja.« Dann war er in den Stall gegangen, und die drei Frauen hatten sich ausgeschüttet vor Lachen. Jo konnte sich kaum mehr beruhigen. Resi hatte noch gemeint: »Du bisch mer so a Kitterfiedla«, und dann war sie ihrem Mann gefolgt.

Svenja war ein Mordsweib und ein Mordskumpel - und inzwischen eine Stunde zu spät. Jo ging vor die Tür. Wind war aufgekommen und der Himmel schwarz geworden. Ganz hinten, am Horizont, lag ein Streifen in einer gallig gelben Farbe. Ein Gewitter würde aufziehen. Jo ging auf die Ostseite ihres Hauses und sandte einen Blick zu den Pferden hinüber, die nicht etwa grasten, sondern säuberlich aufgereiht in ihrem Unterstand standen, wo sie doch gerade erst Freiheit erfleht hatten. Sie waren steif wie Modelle aus Gips und starrten unter dem Dach hervor.

Kater Moebius von Atzenhuber schoss vorbei, seine Mutter Frau Mümmelmaier von Atzenhuber ging gemessenen Schrittes hinterher, ohne Jo auch nur mit dem Arsch anzuschauen. Und dann fielen schon die ersten Hagelkörner. Jo raffte ihre Pferde-Führstricke zusammen, die noch herumlagen, und rannte ins Haus. Als sie dort war, tobte bereits ein Inferno. Der Wind hatte zwei Blumentöpfe von der Fensterbank gefegt, Vorhänge flatterten wie zerrissene Segel eines Schiffchens in akuter Seenot. Jo warf die Fenster zu und sich auf den Küchenstuhl.

»Scheiße, ich hasse den Sommer. Er ist wankelmütig und unberechenbar!«, fluchte sie.

Auf dem Küchentisch saßen die beiden Katzen, und ihr Blick sagte nur eins: Wieso lasst ihr Menschen euch immer so viel Zeit? War doch klar, dass ein Gewitter kommt. Recht hatten sie ja.

Um acht in der Früh hatte das Thermometer schon neunundzwanzig Grad angezeigt. Über Wochen hatte sich dieser Sommer in immer neue Rekordversuche verstiegen. Jeden Tag schlug einem eine Hitze wie Watte ins Gesicht. Das Atmen fiel schwer, Jo sehnte sich nach einem kühlen Morgen mit einer Luft, die man schmecken und riechen konnte. Die Aussichten darauf waren schlecht. Bei brütend schwülen dreiunddreißig Grad hatte der Himmel am späten Vormittag begonnen, Wolken aufzuschichten. Erst weiß, dann grau und dann bedrohlich schwarz.

In Jos Brotkorb schlug ein weiteres Tier gerade die Augen auf: Bianchi von Grabenstätt, Katze Numero drei. Sie blinzelte Jo zu: Wir sind dem Menschen eben überlegen. Dann drehte sie sich, drückte dabei ein verlassenes Croissant endgültig platt, bildete den Katzenkringel erneut und versank in sanfte Träume. Jo hatte Bianchi in einem Straßengraben gefunden, gerade mal sechs Wochen alt. Ausgesetzt, einfach weggeworfen vor den Pfingstferien! Und weil das Tier bis auf einen getigerten Schwanz, der aussah wie eine Ringelsocke, und einen Tigerfleck hinterm Ohr ganz weiß war, hieß es Bianchi. Von Grabenstätt hatte Svenjadazu erfunden - wegen der erdigen Herkunft und weil Svenja gefunden hatte, dass bei zwei »Vons« die dritte Katze auch adlig sein müsse.

»So viel Zeit muss sein«, hatte sie gesagt und Jo ganz kurz die Hand gedrückt.

Einige Wochen vorher hatte sie Jos Katze Fräulein Einstein eingeschläfert. Einstein, Einstinchen, Stinchen - jemand hatte sie angefahren, und sie hatte sich doch noch bis in Jos Keller geschleppt. Svenja war in Rekordzeit da gewesen, hatte alles Nötige getan. Auch einen Karton gefunden, ein Erdloch gegraben und sich Jos ekstatische Weinkrämpfe angehört. »Sie war doch noch so jung. Sie hatte es doch eh so schwer. Sie war ein so armes Tier. Sie hätte doch leben müssen.«

Svenja hatte genickt. »Aber sie hatte ein schönes Jahr bei dir. Das ist viel. Viel mehr, als andere Tiere haben. Tiere denken nicht in Kategorien wie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Einstein hat ein gutes Katzenleben gelebt.«

Svenja, die abgeklärte Tierärztin, hatte es in keiner Weise komisch gefunden, dass Einstein als Grabbeigabe ein grünes, zerfleddertes Spielzeug mitbekommen hatte. Sie hatten an Einsteins Grab Grappa gekippt, und dann war Mümmel gekommen. Sie hatte sich vor den Grabhügel gelegt wie eine Sphinx, die Augen halb geschlossen. Jo hatte geheult und Svenja auch. Geredet wurde nichts. Erst als Mümmel aufgestanden war, standen die beiden Frauen auch auf. »Ich will nie mehr ne Katze«, hatte Jo noch gesagt - bis sie Bianchi entdeckt hatte. Nass, die Augen verklebt, zwei riesige Zecken in den Ohren, fiepend vor Angst und Kälte. Svenja war gekommen und hatte wie immer wenig gesagt - nur: »Die kriegen wir wieder hin.«

Jo lächelte an ihrem Küchentisch. Svenja, die Gute. Svenja, die Praktische, die ihre blauen Flecken immer mit Tensolvet für Pferde behandelte. »Wirkt besser als das Zeug aus der Humanmedizin«, hatte sie gegrinst. Svenja war nur auf den ersten Blick so ein burschikoser Kumpel, sie war auch ein einfühlsamer Mensch. Svenja redete nie viel und selten über sich selbst. Als sie da bei Einstein am Grab gesessen hatten und es stockdunkel geworden war, da hatte Svenja mal durchblicken lassen, dass sie für das himmelschreiend teure Pflegeheim ihres Vaters aufkommen musste. Sie hatte sich nicht beklagt. Sie hatten beide ins Schwarz der Nacht gestarrt, als Svenja gesagt hatte: »Hast du nicht auch das Gefühl, dass Worte, die wir im Dunkeln sprechen, ihre Gestalt ändern? Sind sie nicht deutlicher als die im Licht gesprochenen?« Darüber hatte Jo lange nachgedacht und darüber, dass in Svenja ungeahnte Tiefen schlummerten, an die sie wohl kaum jemanden heranließ.

Vor einigen Tagen war Svenja zuletzt da gewesen, einfach so, auf einen Cappuccino, denn Jos Cappuccino war legendär: besser als...
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