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Meine Berliner Kindheit

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
235 Seiten
Deutsch
Rosenheimer Verlagshauserschienen am12.10.2015
Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges geboren, wächst die kleine 'Hinterhof-Göre' Helene vaterlos in Berlin auf. Mit liebevollen Menschen an ihrer Seite und einer gehörigen Portion Glück überstehen Helene und ihre junge Mutter die nicht enden wollenden Bombennächte sowie die letzten Kriegstage und den Einmarsch der Roten Armee im Frühjahr 1945. Doch auch nach Kriegsende haben es Helene und ihre Mutter nicht einfach: Die Stadt liegt in Trümmern, Hunger und Not sind geblieben. Ihr Leben scheint leichter zu werden, als Helenes Mutter einen Alliierten heiratet, doch als Älteste von sechs Geschwistern muss Helene viel zu früh erwachsen werden. Der Roman erzählt die Geschichte einer entbehrungsreichen Kindheit im Berlin der Kriegs- und Nachkriegsjahre. Eine Zeit, in der es mit viel Mut, Menschlichkeit und Humor gelang, die Hoffnung zu bewahren.

Barbara Schilling, geboren in Berlin, lebt und arbeitet heute in Potsdam. Die hauptberufliche Werbetexterin ist Schriftstellerin mit Leib und Seele und hat sich bereits mit zahlreichen Kurzgeschichten und Beiträgen in verschiedenen Anthologien einen Namen gemacht. Der Roman Meine Berliner Kindheit beruht auf den Erlebnissen ihrer Mutter und Großmutter.
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Produkt

KlappentextKurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges geboren, wächst die kleine 'Hinterhof-Göre' Helene vaterlos in Berlin auf. Mit liebevollen Menschen an ihrer Seite und einer gehörigen Portion Glück überstehen Helene und ihre junge Mutter die nicht enden wollenden Bombennächte sowie die letzten Kriegstage und den Einmarsch der Roten Armee im Frühjahr 1945. Doch auch nach Kriegsende haben es Helene und ihre Mutter nicht einfach: Die Stadt liegt in Trümmern, Hunger und Not sind geblieben. Ihr Leben scheint leichter zu werden, als Helenes Mutter einen Alliierten heiratet, doch als Älteste von sechs Geschwistern muss Helene viel zu früh erwachsen werden. Der Roman erzählt die Geschichte einer entbehrungsreichen Kindheit im Berlin der Kriegs- und Nachkriegsjahre. Eine Zeit, in der es mit viel Mut, Menschlichkeit und Humor gelang, die Hoffnung zu bewahren.

Barbara Schilling, geboren in Berlin, lebt und arbeitet heute in Potsdam. Die hauptberufliche Werbetexterin ist Schriftstellerin mit Leib und Seele und hat sich bereits mit zahlreichen Kurzgeschichten und Beiträgen in verschiedenen Anthologien einen Namen gemacht. Der Roman Meine Berliner Kindheit beruht auf den Erlebnissen ihrer Mutter und Großmutter.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783475544958
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum12.10.2015
Seiten235 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3791 Kbytes
Artikel-Nr.3222141
Rubriken
Genre9201
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Inhalt/Kritik

Leseprobe
Kapitel 2

Das Jahr 1944 brachte viele Veränderungen. Wir hatten von Freunden einen Tipp bekommen und zogen um. In die Gartenstraße 110 in Berlin Wedding - dritter Hinterhof: Stube, Küche, kleines Schlafzimmer. Es war himmlisch: ein halbes Zimmer mehr, und das zu dritt, es war ein echter Glücksfall. Nun musste niemand mehr in der Küche auf der harten Bank schlafen. Aus dem feuchten Kellergeschoss der alten Wohnung waren wir direkt unters Dach in die vierte Etage gewechselt. Auf einem Stuhl am Fenster stehend, beobachtete ich in den folgenden Wochen oft die Spatzen und bestaunte die weiten Dächer der Stadt, die sich wie ein Meer aus Rottönen vor mir ausbreiteten. Ich versuchte immer wieder vergeblich die vielen Stufen zu unserem Heim hoch oben unter dem Giebel zu zählen, während meine Großmutter dicht hinter mir unflätig fluchend die nicht enden wollende Treppe erklomm. Oben musste sie ihre durch die Kriegswirren geretteten 83 Kilogramm Körpergewicht, die allerdings nun allmählich doch zu schmelzen begannen, erst einmal mit einer saftigen Williams-Christ-Birne besänftigen, die sie auf wundersame Weise zu scheinbar jeder Tages- und Nachtzeit aus ihrer Schürzentasche zaubern konnte. Kaum waren wir eingerichtet, verbreiteten die Vorbereitungen für den 21. Geburtstag meiner Mutter bereits neue Aufregung.

»Endlich volljährig, jetzt kann ich wirklich tun und lassen, was ich will«, hörte ich sie oft leise summen, wenn sie ihre Lieblingstasse ohne Henkel abwusch. 21 - das bedeutete mehr Rechte und größere Freiheit. Meine Großmutter hatte versucht, heimlich eine kleine Geburtstagsfeier für ihre einzige Tochter zu organisieren. Doch meine Mutter hatte den Braten gerochen. Sie hatte es bereits geahnt, als meine Oma mehr Mehl als üblich für den sonst eher bescheiden ausfallenden Geburtstagskuchen verlangte. Zudem schickte sie mich mit einer Schüssel im Haus herum, um etwas zusätzliches Mehl bei den Nachbarn einzusammeln. Da meine Mutti uns auch noch auffällig unauffällig mit der Nachbarin tuscheln sah, wurde ihr Verdacht bestätigt. Sie freute sich riesig. Am Morgen ihres Geburtstages stand sie bereits um sechs Uhr, es war noch dunkel, in der zugigen Küche und kochte Kaffee. Nach dem Frühstück mussten wir sie wieder ins Bett schicken, um in Ruhe alles vorzubereiten. Um halb acht musste sie endlich zur Arbeit gehen und konnte unsere Geduld nicht mehr mit ihren vielen neugierigen Fragen auf die Probe stellen. Gegen Mittag war dann geputzt, gekocht und geschmückt. Papierschlangen hingen über den Schränken und Marschmusik erklang aus dem Radio. Neben bunten Kerzenstummeln reihten sich Bier, Ersatzkaffee, Pellkartoffeln und Fischstückchen auf dem abgenutzten, aber blank gescheuerten Küchenbuffet. Meine Mutter war sprachlos, als sie am späten Nachmittag von ihrer anstrengenden Aushilfsarbeit in der Wäscherei wiederkam. Sie schimpfte ein bisschen mit uns wegen der Verschwendung, heulte ein bisschen wegen der Umarmungen und ging sich dann endlich umziehen. Kurz darauf klingelte es auch schon an der Tür. Und wieder und wieder. Das Schellen wollte nicht abreißen. Immer mehr Menschen strömten in unsere kleine, glücklicherweise wenig möblierte Küche. Meine Großmutter hatte halb Berlin eingeladen. Ich hüpfte durch die Wohnung und begrüßte neugierig die Gäste. Als es keinen Platz mehr zum Hüpfen gab, schob ich mich an den inzwischen dicht gedrängten Leuten vorbei.

»Inge!«, rief ich froh, als ich sie mit einem gutaussehenden jungen Mann im braunen Hemd zusammen durch die Tür kommen sah.

»Na Süße«, begrüßte sie mich.

Ich klammerte mich an Inges geblümtes Kleid, bewunderte ihre langen Haare, die ihr bis auf ihr rundes Gesäß fielen und sah dann schüchtern an ihrem Begleiter hoch. Er trug die Haare sehr kurz und besaß schöne Zähne. Er hatte Inge zärtlich einen Arm um die Schulter gelegt, was ihr eine leichte Röte ins Gesicht trieb.

»Hallo. Wer bist denn du?«

Der fremde Mann beugte sich zu mir hinunter. Er war jetzt ungefähr auf meiner Augenhöhe.

»Hallo Lene. Ick bin der Manfred.«

»Ein Freund von Inge«, fügte er hinzu und lächelte verschmitzt zu ihr hinauf. Dann wandte er sich wieder mir zu. Freundschaftlich stupste er mich an der Nase. »Ick hab schon viel von dir jehört«, sagte er ernst. Ich schaute ihn überrascht und ein wenig misstrauisch an.

»Du bist n sehr hübsches, kluges, kleines Mädchen, hat mir Inge zu Hause erzählt.« Er machte eine bedeutsame Pause.

»Ick gloobe, sie hat Recht.«

Bei diesen Worten strahlte ich über das ganze Gesicht. »Ich bin schon â¦ so alt«, erklärte ich stolz und hielt ihm meine Hand mit meinen kleinen störrischen Fingern hin.

»Ja - schon fast erwachsen«, grinste Inge mit erhobenen Augenbrauen spöttisch.

»Wo wohnst du? Bei der Inge zu Hause?«, fragte ich Manfred.

»Nein, bei Inge bin ick leider nur manchmal zu Besuch.« Sein Gesicht nahm einen nachdenklichen Ausdruck an. »Eigentlich wohne ick zurzeit überall und nirgends.«

Ich muss ihn völlig verständnislos angesehen haben, denn schnell fügte er erklärend hinzu: »Ick bin Frontsoldat, bei der Wehrmacht, weißte.« Mein Mund stand offen wie ein Scheunentor, während ich seinen Worten lauschte. Wie konnte man überall und nirgends wohnen?

»Und woher kommst du dann?«

»Also«, er machte eine kleine nachdenkliche Pause. Dann wählte er seine Worte sorgsam. »Wir wohnen meistens in Zelten und ziehen ständig weiter - dahin, wo der Feind is, verstehste jetzt?«

Ich machte große Augen, immer noch eine Hand in Inges weitem Kleid vergraben. Vom Feind hatte ich schon oft gehört, konnte ihn mir aber gar nicht vorstellen.

»Na ja«, er winkte ab. »Aber nu mal wat anderes: Jetzt hab ick einige Tage Urlaub und da wollte ick die Jelejenheit nutzen und mit Inge zusammen deiner Mama zu ihrem 21. Geburtstag gratulieren. Wir haben auch ein schönes Jeschenk für sie.« Aufmerksam musterte ich das Päckchen in seiner Hand. »Wo steckt se denn?«, fragte er mich.

»Dahinten, bei der Irmgard.« Manfred wandte den Kopf. Ich musterte seinen runden Schädel, der schwarz bepunktet vor mir zu schweben schien und hob dann zögernd die Hand.

»Wie ein Igel«, kicherte ich.

Er grinste und fuhr sich über die dunklen Stoppeln.

»Ja, haste Recht, stachelig wie ein großer Igel â¦«

»Wegen der Läuse â¦«, sagte Inge.

Erschrocken zog ich die Hand zurück. »Keene Angst«, lachte auch er, »die sind weg. Haben alle Nissen jeknackt - dit war n Spaß!«

Ich blieb skeptisch. »Was is da drin?« Ich deutete mit dem Kopf auf das Geschenk. Manfred zögerte einen Augenblick.

»Etwas janz Besonderes«, grinste er. »Aus fernen Landen sozusagen.«

»Haste das aus dem Krieg?«, fragte ich gespannt.

»Ja â¦« Inge puffte ihn unsanft in die Seite.

»Komm mit, Kleene. Dann kannste beim Auspacken zugucken«, bot sie an. Aber in diesem Augenblick ging die Tür auf, und unsere Nachbarin Frau Müller stürzte auf mich zu. Sie drückte mich erbarmungslos an ihre mächtige Oberweite und seufzte:

»Ach, meine Kleine. Da biste ja. Mensch, wie dünne du bist.« Sie kniff mir wie die Hexe bei Hänsel und Gretel prüfend in den Arm. »Wo is denn deine Mutter? Ick muss ihr unbedingt gleich gratulieren. Und ihr sagen, dass ick ein bisschen Grieß jekocht hab - der steht jetzt bei euch in der Küche â¦«

Sie lockerte den Griff um meine Schultern und sah sich hektisch um. Endlich bemerkte sie Inge und Manfred. Sogleich warf sie sich in Pose.

»Ja, hallöchen, wen haben wir denn da?«, flötete sie gut gelaunt. Nun hatte sie das junge Paar am Wickel.

Als Frau Müller mich wieder in Gänze freigab, begegnete ich dem Blick meiner Großmutter, die in der anderen Ecke des Raumes saß und die emotionale Begrüßungsszene verfolgt hatte. Sie verdrehte verzweifelt komisch die Augen und zwinkerte mir zu. Dann erhob sie sich lächelnd und trug ihr geleertes Bierglas in die Küche. Kurz darauf kam sie mit einem frisch gefüllten zurück und ließ sich nun wieder auf ihren Ohrensessel plumpsen. Wo sie die ganzen guten Sachen nur immer auftrieb â¦? »Ick hab eben alte Bekannte«, antwortete sie stets nur ausweichend, wenn meine Mutter sie misstrauisch nach der Herkunft der raren und begehrten Lebensmittel fragte. Ich setzte mich neben meine Oma auf die beinahe blank gescheuerte Armlehne. Ihre starken warmen Hände umfassten zärtlich meinen Bauch und hielten mich so auf dem Sessel fest. Meinen Kopf an ihre Brust gelehnt, sah ich zu, wie sie amüsiert unsere Gäste beobachtete, sich gar nicht schüchtern in laufende Gespräche einmischte und mit ihren trockenen Kommentaren so manches Gelächter unter den Anwesenden provozierte. Heimlich naschte ich einen Schluck aus ihrem Bierglas; sie gab vor nichts bemerkt zu haben, doch ich sah deutlich, wie ihr rechter Mundwinkel einen Augenblick gezuckt hatte, als ich das Bierglas wieder sinken ließ. Ich schluckte widerwillig die bittere, obgleich stark mit Wasser verdünnte Flüssigkeit und beschloss, niemals wieder in meinem ganzen Leben Bier zu trinken. Unwillkürlich schüttelte ich mich bei dem Gedanken ein ganzes Glas von diesem Gebräu leeren zu müssen. Was die Erwachsenen nur daran fanden?! Meine Geburtstagsmama rief mich zu sich. Sie drohte mir mit erhobenem Zeigefinger: »Na na na, was hab ich denn da gerade gesehen? Trinkst von Omas Bier. Mach das nich noch mal, sonst setzt es was, Fräuleinchen«. Neckend klapste sie mir auf mein Hinterteil. Ich schüttelte den Kopf.
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Barbara Schilling, geboren in Berlin, lebt und arbeitet heute in Potsdam. Die hauptberufliche Werbetexterin ist Schriftstellerin mit Leib und Seele und hat sich bereits mit zahlreichen Kurzgeschichten und Beiträgen in verschiedenen Anthologien einen Namen gemacht. Der Roman Meine Berliner Kindheit beruht auf den Erlebnissen ihrer Mutter und Großmutter.

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