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Als das Cello vom Himmel fiel

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
256 Seiten
Deutsch
Verlag Krug & Schadenbergerschienen am19.05.20161. Auflage
Joey, Automechaniker in der kanadischen Provinz, versteht die Welt nicht mehr: Seine Frau Allyson hat ihn verlassen. Sie lebt nun in Calgary mit einer Frau zusammen - mit Kathleen. Als Joey unverhofft Besitzer eines Cellos wird, nimmt sein Leben eine Wende. Er beschließt, im fernen Calgary Cellounterricht zu nehmen ... Am Ende der Romans eröffnen sich für Joey wie auch für Allyson und Kathleen erstaunliche neue Perspektiven.

Ivan E. Coyote stammt aus Whitehorse, Yukon, im äußersten Nordwesten Kanadas. Sie liebt Trucks, kleine Hunde, guten Kaffee, gescheite Frauen, Lederarbeiten, Tischlern, Geschichten erzählen, Angeln, Hockey, Knoten knüpfen, Kochen, auf Bäume klettern und ihren Mittagsschlaf. Sie tritt häufig als 'Spoken Word'-Künstlerin auf und hat zahlreiche Erzählungen veröffentlicht. 'Als das Cello vom Himmel fiel' ist ihr erster Roman. Heute lebt Ivan E. Coyote mit ihrer Partnerin in Vancouver, British Columbia.
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Produkt

KlappentextJoey, Automechaniker in der kanadischen Provinz, versteht die Welt nicht mehr: Seine Frau Allyson hat ihn verlassen. Sie lebt nun in Calgary mit einer Frau zusammen - mit Kathleen. Als Joey unverhofft Besitzer eines Cellos wird, nimmt sein Leben eine Wende. Er beschließt, im fernen Calgary Cellounterricht zu nehmen ... Am Ende der Romans eröffnen sich für Joey wie auch für Allyson und Kathleen erstaunliche neue Perspektiven.

Ivan E. Coyote stammt aus Whitehorse, Yukon, im äußersten Nordwesten Kanadas. Sie liebt Trucks, kleine Hunde, guten Kaffee, gescheite Frauen, Lederarbeiten, Tischlern, Geschichten erzählen, Angeln, Hockey, Knoten knüpfen, Kochen, auf Bäume klettern und ihren Mittagsschlaf. Sie tritt häufig als 'Spoken Word'-Künstlerin auf und hat zahlreiche Erzählungen veröffentlicht. 'Als das Cello vom Himmel fiel' ist ihr erster Roman. Heute lebt Ivan E. Coyote mit ihrer Partnerin in Vancouver, British Columbia.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783959172004
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum19.05.2016
Auflage1. Auflage
Seiten256 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1441 Kbytes
Artikel-Nr.3252737
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1

 

Wenn ich geahnt hätte, was er damit vorhat, hätte ich ihm den Wagen gar nicht erst verkauft.

Ich hatte ihn ab und zu in der Stadt gesehen, ein, zwei Mal im Café, wo er Kaffee trank, ohne Milch, ohne Zucker, aber nie etwas aß, und dann und wann in Idas kleinem Lebensmittelladen, wo er Cracker kaufte und Austern in der Dose und Konservensuppen, Junggesellenzeug eben. Ich weiß, wovon ich rede.

Ein paar Mal hatte ich ihn mit ausgestrecktem Daumen am Highway stehen sehen, wenn ich in der Gegenrichtung unterwegs war. Nicht dass ich ihn sonst unbedingt mitgenommen hätte. Für gewöhnlich habe ich nämlich den großen Hund vorn auf dem Sitz neben mir, der ewig haart und eigentlich keinen Platz für einen weiteren Beifahrer lässt, worüber Allyson sich immer beschwert hat, bevor sie fortging. Ich schätze, ich habe die Abneigung gegen Anhalter von meinem Dad geerbt, und außerdem hatte ich auch nichts Gutes über den Typ gehört, wenn man glauben kann, was die Leute erzählen. Mein Kumpel Rick Davis hat ihm den Spitznamen Cowboy verpasst, eine Art sarkastischer Kommentar zu dem Strohhut, den er immer trägt, und dem dazu passenden Pferd, das ihm offensichtlich fehlt. Die Jungs, mit denen ich Hockey oder Poker spiele, mögen den Cowboy jedenfalls nicht besonders. Sie trauen ihm nicht. Rick sagt, es ist, weil der Typ allem Anschein nach keine reguläre Arbeit hat und allein in einem Schulbus lebt. Ich dachte insgeheim immer, dass er unbeliebt ist, weil er ziemlich gut aussieht, das sagen die Frauen zumindest, und ein Haufen dickwanstiger Pokerspieler mit beginnender Glatze findet es vermutlich nie gut, wenn ein ungebundener Mann in der Stadt auftaucht. Nick, der neue Zahnarzt, wurde jahrelang von niemandem zum Dinner eingeladen, bis er diese blonde Krankenschwester aus Edmonton importierte und sie, wie es sich gehört, heiratete und sie mitsamt ihrem Flügel bei ihm einzog. Jetzt ist er einer von den Jungs, als hätte er sein ganzes Leben hier in Drumheller verbracht, genau wie wir anderen.

Als der Cowboy letzten Monat in die Werkstatt kam und sich nach dem Volvo erkundigte, wurde mir klar, dass ich ihn nie zuvor hatte reden hören. Kein netter Zug von mir, wenn man s recht bedenkt. Er lebt inzwischen schon fast drei Jahre draußen auf Archies Farm, mindestens, und ich schätze, ich habe dem Mann noch nicht ein einziges Mal ordentlich guten Tag gesagt.

»Carson mein Name. James oder Jim. Die Leute sagen beides. Hab den Wagen draußen gesehen, der zum Verkauf steht.«

Seine langfingrige Pfote erschien in dem seitlichen Lichtviereck zwischen dem Betonboden und dem Chassis von Betty Makerewitschs Taurus. Ich lag auf dem Rücken darunter, auf dem Rollbrett, weil Franco die Hebebühne mit Beschlag belegt hatte. Ich kam unter dem Wagen hervorgerollt, um James oder Jim Carson die Hand zu schütteln.

»Hab den Wagen vorne gesehen, der zum Verkauf steht«, wiederholte er. Ich habe nichts dagegen, wenn jemand gleich zur Sache kommt. Bei dem Typ gab s keine großen Vorreden, das lag klar auf der Hand. Manche Leute haben für müßiges Geschwätz nichts übrig. Es hat schon Tage gegeben, an denen ich mir gewünscht habe, Franco gehörte zu ihnen. Ich kam ebenfalls gleich zur Sache. Ich wischte meine ölverschmierte Flosse an meinem Overall ab und schüttelte dem Fremden zum ersten Mal die Hand. Sein Händedruck war fest, gehörte aber nicht zu der »Guck mal, wie kernig ich bin«-Sorte, die einem vorkommen wie der Auftakt zu einem Faustkampf. Einfach eine anständige Begrüßung.

»Der Volvo«, sagte ich. »Den hab ich als Bezahlung für eine Reparatur bekommen. Hat Donny Nolans ältester Tochter gehört. Er hat ihn vor elf Jahren für sie gekauft - nagelneu. Also nur ein Vorbesitzer, von einer Frau gefahren. Hat allerdings hundertzwanzigtausend auf dem Buckel, weil sie immer zur Filmhochschule nach Winnipeg gefahren ist, wurde aber ordentlich gepflegt, das steht fest, und ist immer noch gut in Schuss. Solide Sache. Ich dachte an drei acht. Ich habe den Vergaser überholt und die Zylinderkopfdichtung ausgetauscht. Neue Batterie. Prima kleine Kiste. Hat auch noch viel Gummi auf den Reifen.«

Wir traten durch das offene Rolltor auf den asphaltierten Hof vor der Werkstatt und gingen zu dem blauen Volvo hinüber. Carson blieb nicht stehen, um gegen die Reifen zu treten oder unter die Motorhaube zu gucken, sondern öffnete die Fahrertür und faltete seine lange Gestalt in das ledergepolsterte Wageninnere. Er strich mit den Händen über das Lenkrad und probierte die Gangschaltung aus. Er war ungefähr einen halben Kopf größer als ich und schob den Sitz zurück, um sich mehr Beinfreiheit zu verschaffen. Dann musterte er entweder sich selbst oder den leeren Fond im Rückspiegel, das war von da aus, wo ich stand, schwer zu sagen.

»Wollen Sie eine Proberunde drehen?«

Er schien meine Frage nicht gehört zu haben. »Drei acht wollen Sie dafür haben? Lassen Sie sich auf einen Tauschhandel ein?«

Ich schüttelte den Kopf. »Wie gesagt, ich habe ihn schon durch einen Tauschhandel bekommen. Irgendwie muss ich zusehen, dass ich flüssig bleibe.«

Ich hatte mich in all den Jahren schon oft auf einen Tauschhandel eingelassen. In einer Stadt, in der hauptsächlich Farmer, Rancher und Jäger lebten, wurden mir statt Geld oft andere Dinge dafür angeboten, dass ich dieses oder jenes reparierte. Leider konnte ich mit tiefgefrorenem Rotwild oder ein paar Klaftern Feuerholz keine Ersatzteile kaufen und auch die Stromrechnung nicht bezahlen. Franco arbeitete auch nur gegen Geld.

»Das Geld habe ich nicht«, sagte der Cowboy. Seine Hände lagen immer noch auf dem Lenkrad, auf zehn Uhr und zwei Uhr, wie mein Dad es mir vor vielen Jahren beigebracht hatte.

»Sie könnten doch mit der Bank sprechen und um einen kleinen Kredit bitten?« Ich hob die Stimme am Ende des Satzes, um ihn halbwegs nach einer Frage klingen zu lassen. Ich wusste, dass der Typ keinen festen Job hatte. Er hatte eine mehr als anständige Veranda und einen Zaun für Mrs. Baker gebaut, als die das Geld von der Versicherung bekam, und er hat auf Archies Farm ausgeholfen, wo sein ausrangierter Schulbus stand, aber ich glaubte nicht, dass die Bank geneigt wäre, ihm einen Kredit zu geben.

»Die Zeit habe ich nicht. Ich brauche den Wagen sofort. Ich brauche ihn morgen.«

»Und was hätten Sie im Tausch anzubieten?« Ich hoffte, es würde etwas sein, das ich bereits besaß oder nicht brauchte, damit ich guten Gewissens nein sagen konnte. Geschäft ist Geschäft.

»Ein handgefertigtes Cello.«

»Wie bitte?«

»Ein Cello. Ein Musikinstrument. Man spielt es mit einem Bogen, wie eine Geige, aber es ist viel größer. Es ist wunderschön gearbeitet und eine Menge mehr wert als dreitausendachthundert Dollar. Eher fünf- bis sechstausend.«

»Ich spiele kein Instrument. Hab kein Händchen dafür. In der Highschool hab ich s mit Trompetespielen versucht. Hat mir aber keinen Spaß gemacht.«

»Streichinstrumente sind was anderes als Blechblasinstrumente.« Er zog ein plattgedrücktes Päckchen Player s aus seiner Jeansjacke und drückte mit seinem breiten Daumen auf den Zigarettenanzünder. »Sie haben viel mehr Seele. Sie sollten darüber nachdenken. Ein neues Hobby. Um sich die Zeit zu vertreiben, wo Ihre Frau doch weg ist. Der Wagen braucht einen neuen Zigarettenanzünder.«

Ich trat einen Schritt zurück. Ich erwog kurz, sauer zu sein, weil dieser Typ, den ich kaum kannte, mein Privatleben ins Spiel brachte, während wir über einen Gebrauchtwagen verhandelten, aber dann fiel mir ein, was meine Mom am Abend zuvor gesagt hatte. Als ich von meinem Spaziergang mit Buck Buck heimkam, saß sie hinterm Haus auf den Stufen meiner Veranda. Neben ihrem Hinterteil stand ein mit Frischhaltefolie abgedeckter Hackbraten.

»Da bist du ja«, sagte sie und hievte sich hoch. »Hier - für dich. Deine Schwester und ich haben neulich über dich gesprochen. Wir machen uns Sorgen. Wir sind der Ansicht, dass du ein Hobby brauchst. Das Leben geht weiter. Du musst Allys Arbeitszimmer ausräumen und den Rest ihrer Sachen nach Calgary schicken. Sie kommt nicht zurück, Joseph. Zeit, den Tatsachen ins Auge zu sehen. Du musst nach vorn schauen. Besorg dir ein Tagebuch oder bastel irgendwas in deiner Werkstatt - was auch immer. Ich muss los zum Bingo. Du musst zum Friseur.«

Ich beschloss auf der Stelle, mich auf den Tauschhandel einzulassen und das Cello zu nehmen. Der Wagen stand jetzt schon seit sechs Wochen mit dem Schild »Zu verkaufen« hinter der Windschutzscheibe da, und niemand hatte mehr als ein flüchtiges Interesse daran gezeigt. Ich beschloss, mir ein neues Hobby zuzulegen und mir meine Mom und Sarah auf diese Weise eine Weile vom Leib zu halten. Alles, was es mich kosten würde, waren die Ersatzteile, die ich in Nolans Traktor eingebaut und die Arbeit, die ich in den Volvo gesteckt hatte. Es gefiel mir immer noch nicht, dass der Typ das Verschwinden meiner Frau so beiläufig zur Sprache gebracht hatte, aber ich musste ihn ja auch nicht mögen, um ein Geschäft mit ihm zu machen. Der Volvo konnte noch Monate da stehen; ich war Automechaniker, kein Autoverkäufer. Musikinstrumente waren teuer, das wusste ich, weil Rick Davis ewig darüber klagte, immer noch die Raten für das Baritonsaxofon seines ältesten Sohnes abstottern zu müssen, und dabei war der Junge schon seit letztem Juni mit der Schule fertig. Fünftausend Mäuse bedeuteten eine ganze Menge Cello.

Ich schüttelte dem Cowboy zum zweiten und letzten Mal die Hand. »Bringen Sie das Ding morgen vorbei. Ich habe die Papiere für den Wagen in meinem Schreibtisch. Ich bin ab halb acht hier. Wollen Sie denn nun eine Proberunde drehen?«

Er schüttelte den Kopf und zündete sich mit einem...
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Autor

Ivan E. Coyote stammt aus Whitehorse, Yukon, im äußersten Nordwesten Kanadas. Sie liebt Trucks, kleine Hunde, guten Kaffee, gescheite Frauen, Lederarbeiten, Tischlern, Geschichten erzählen, Angeln, Hockey, Knoten knüpfen, Kochen, auf Bäume klettern und ihren Mittagsschlaf. Sie tritt häufig als "Spoken Word"-Künstlerin auf und hat zahlreiche Erzählungen veröffentlicht. "Als das Cello vom Himmel fiel" ist ihr erster Roman. Heute lebt Ivan E. Coyote mit ihrer Partnerin in Vancouver, British Columbia.
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Coyote, Ivan E.