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Mord auf der Sandbank

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
240 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am18.08.2016
Die Seniorchefin einer großen Logistikfirma ertrinkt unter rätselhaften Umständen auf Wangerooge. Ihr Tod kommt ihrem Sohn gelegen, denn der plant eine Investition in Millionenhöhe auf dem Gelände des Jade-Weser-Ports. Doch plötzlich taucht ein neues Testament und damit auch ein neuer Erbe auf. Oda Wagner und Christine Cordes stoßen auf jede Menge Lügen, Alibis - und eine gefährliche Spur in die Vergangenheit.

Christiane Franke lebt gern an der Nordsee, wo ihre bislang dreizehn Romane und ein Großteil ihrer kriminellen Kurzgeschichten spielen. Sie ist außerdem Herausgeberin von Anthologien, war 2003 für den Deutschen Kurzkrimipreis nominiert und erhielt für 2011 das Stipendium der Insel Juist 'Tatort Töwerland'.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDie Seniorchefin einer großen Logistikfirma ertrinkt unter rätselhaften Umständen auf Wangerooge. Ihr Tod kommt ihrem Sohn gelegen, denn der plant eine Investition in Millionenhöhe auf dem Gelände des Jade-Weser-Ports. Doch plötzlich taucht ein neues Testament und damit auch ein neuer Erbe auf. Oda Wagner und Christine Cordes stoßen auf jede Menge Lügen, Alibis - und eine gefährliche Spur in die Vergangenheit.

Christiane Franke lebt gern an der Nordsee, wo ihre bislang dreizehn Romane und ein Großteil ihrer kriminellen Kurzgeschichten spielen. Sie ist außerdem Herausgeberin von Anthologien, war 2003 für den Deutschen Kurzkrimipreis nominiert und erhielt für 2011 das Stipendium der Insel Juist 'Tatort Töwerland'.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783960410959
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum18.08.2016
Seiten240 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3533 Kbytes
Artikel-Nr.3260173
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Donnerstag

»Mutter geht noch immer nicht ans Telefon. So langsam mache ich mir wirklich Sorgen.« Thomas Boonenkamp legte nachdenklich das schnurlose Telefon auf den Küchentisch und griff zu seiner Kaffeetasse. »So lange hat sie ihren Unmut noch nie konserviert. Zumindest kurz telefonieren kann man ja.« Er trank einen Schluck und nahm sich eine Scheibe Toast aus dem Brotkorb.

»Vielleicht schläft sie noch«, mutmaßte Silke, »es ist ja noch nicht einmal acht Uhr.«

Seine Frau schmierte sich Frischkäse auf ein Schwarzbrot, während er selbst französischen Weichkäse auf dem Toast bevorzugte.

»Das glaube ich nicht. Um diese Uhrzeit ist sie normalerweise immer auf.« Genussvoll biss Thomas ab.

»Wer weiß, vielleicht liegt sie gerade mit ihrem neuen Freund in den Federn und amüsiert sich«, entgegnete Silke süffisant.

»Silke. Ich bitte dich! Du redest von meiner Mutter!« Thomas war empört.

»Auch Mütter sollen so etwas gelegentlich tun. Selbst wenn sie über siebzig sind. Bekanntlich schützt Alter vor Liebe nicht.« Ein maliziöses Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. »Und ich glaube nicht, dass deine Mutter eine heilige Jungfrau ist. Möchtest du noch?« Sie deutete auf den Brotkorb. Thomas schüttelte den Kopf, woraufhin Silke aufstand und Korb und Käse forträumte. Dann nahm sie die Frischhaltebox mit ihren geschmierten Broten und hauchte ihm einen angedeuteten Kuss auf die Wange. »Ich fahr ins Büro. Wir sehen uns am Abend? Oder hast du da einen Termin?«

»Nein, heute Abend bin ich da. Ich könnte uns etwas kochen, was meinst du?« Thomas kochte leidenschaftlich gern. Am Herd zu stehen und Speisen zuzubereiten, bedeutete pure Entspannung für ihn.

»Gern. Ein Steak? Mit einem Salat. Bis später also.« Schon war sie verschwunden.

Thomas trat an den Kaffeevollautomaten und goss sich eine weitere Tasse ein. Im Stehen wählte er die Nummer seines Bruders Martin. »Ich bin s«, sagte er, kaum dass sich sein Bruder meldete. »Hast du etwas von Mutter gehört? Ich erreiche sie seit drei Tagen nicht.«

»Nein, ich bin aber auch gerade erst aus China zurück und hab noch gar nicht bei ihr angerufen. Die Gespräche mit den beiden Reedereien waren echt anstrengend.« Martin klang müde. »Denen die Vorzüge des Jade-Weser-Ports und unseres Logistikzentrums schmackhaft zu machen, ist ein zähes Unterfangen. Ich glaube aber, so langsam kriegen wir die Kurve. Sie verhandeln zwar noch hart und rasseln mit den Säbeln, aber die Schwierigkeiten der Triple-E-Klasse auf der Elbe mit den Ausfallzeiten wegen zu starkem Wind führen langsam dazu, dass sie den Jade-Weser-Port als kostengünstigere und vor allem zeitsparende Alternative in ihre Planungen einbeziehen.«

»Ja, das würde die Auslastung der neuen Halle komplett sicherstellen, obwohl wir auch so schon gut dastehen. Aber lass uns darüber im Büro reden. Du hast in den vergangenen Tagen also auch kein Lebenszeichen von Mutter erhalten?«

»Nein.« Martin klang gereizt. »Das habe ich doch gerade gesagt. Wegen der Zeitverschiebung habe ich auch von China aus nicht mit ihr telefoniert. Und nun entschuldige mich. Ich habe zu tun. In einer Stunde kommt die Delegation aus Dänemark, da gibt es noch einiges vorzubereiten. Und wie du sicher verstehen wirst, macht mir der Jetlag zu schaffen.« Mit diesen Worten legte sein Bruder auf.

Verärgert über Martin sah Thomas aus dem Fenster. Niemand, der sie beide sah, würde auf die Idee kommen, dass sie Brüder waren. Auch vom Wesen her waren sie sich so fremd wie nur irgend möglich. Schon als Kind hatte Thomas jene Verbundenheit vermisst, die andere Geschwister offenbar verspürten. Sie mochten sich nicht einmal sonderlich. Das war schon im Kleinkindalter so gewesen, wie Mutter irgendwann mal erzählt hatte.

Daran hatte sich bis heute nichts geändert. Er stellte die Kaffeetasse in die Spülmaschine, als ihm eine Idee kam. Tante Helga. Sie war nicht nur seine Patentante, sondern auch die beste Freundin seiner Mutter. Vielleicht wusste Helga, wo sie steckte.

***

Tobias Michaelis hatte Glück. Noch waren die Parkplätze am Hooksieler Strand nicht voll, die meisten Touristen machten sich erst gegen zehn auf den Weg, nachdem sie in ihren Pensionen oder Ferienwohnungen gemütlich und ausgiebig gefrühstückt hatten. Doch der frühe Vogel fängt den Wurm, außerdem waren sowohl die Tide als auch der Wind günstig, sodass er vor der Arbeit eine Stunde mit seinem Surfbrett über das Wasser flitzen konnte, ohne Rücksicht auf badende Kinder und Freizeitschwimmer nehmen zu müssen. Er setzte sich auf die Ladefläche seines alten Kombis und zog seinen Neoprenanzug über, auf den er trotz des warmen Wetters und Wassers nicht verzichten mochte. Dann löste er das Surfbrett aus der Halterung auf dem Dach und trug es über die Straße und den Deich, genau wie kurz darauf das Segel und den Mast. Endlich schob er das Brett ins Wasser, stieg auf und griff nach dem Gabelbaum.

Als hätte er auf ihn gewartet, fuhr der Wind ins Segel, und augenblicklich nahm Tobias Fahrt auf. Was für ein phänomenaler Start in den Tag. Da spielte es keine Rolle, dass er in anderthalb Stunden wieder an der Kasse des Edeka-Marktes neben der Tankstelle sitzen würde, diese Stunde gehörte nur ihm und dem Meer. Er schoss übers Wasser und genoss die Freiheit. Sogar ein paar gute Sprünge gelangen ihm. Als er zurück an den Strand fuhr und im kniehohen Wasser absprang, entdeckte er den Körper.

Er zwinkerte, dann sah er noch einmal hin.

Und glaubte, seinen Augen nicht trauen zu können.

Neben seinem Surfbrett trieb ein toter Mensch. Vollständig bekleidet. Inklusive Sportschuhen. Das sah definitiv nicht nach einem Badeunfall aus.

Einen Moment lang wusste er nicht, wie er sich verhalten sollte, dann dachte er, dass er die Leiche irgendwie bewachen oder sie am besten direkt ans Ufer bringen und die Polizei verständigen müsste. Nie zuvor war er so dankbar gewesen, Neoprenanzug und -handschuhe zu tragen. Vor wenigen Jahren hatte er eine ähnliche Situation nämlich schon einmal erlebt. Damals hatte er versucht, den Leichnam auf das Board zu ziehen, doch das war ihm nicht gelungen. Stattdessen hatte sich an der Stelle, die er angefasst hatte, die Haut gelöst. Er spürte jetzt noch die Übelkeit, die ihn damals überwältigt hatte.

Mit der Nase des Surfbrettes stupste er den toten Körper vorsichtig an den Strand. Es schien eine Frau zu sein - kein Mann würde einen rot-rosa-weiß geringelten Pullover anziehen. Als er den Körper endlich am Strand hatte, verständigte Tobias von seinem Handy aus die Polizei.

***

Helga Wiemken saß auf dem Balkon und beobachtete den Touristenstrom, der - einer Invasion gleich - in den Ort spülte, nachdem die blaue Bimmelbahn die Passagiere der Fähre vom Hafen ins Dorf gebracht und am Bahnhof ausgespuckt hatte. Das bedeutete Abwechslung. Manches Mal suchte sie sich einen der Touristen aus und erfand eine Geschichte zu dieser Person. Warum er oder sie auf die Insel gekommen war, was für ein Schicksal derjenige hinter oder vor sich hatte. Im Sommer frühstückte sie gerne draußen, weil sie vom Balkon aus den alten Wangerooger Leuchtturm im Blick hatte. Besonders gerne dachte sie sich Geschichten zu den Brautpaaren aus, die im Leuchtturm heirateten.

Sie hatte bereits die zweite Tasse Tee getrunken, eine Scheibe Weißbrot mit selbst gemachtem Holunderbeergelee verputzt und war dabei, den »Anzeiger für Harlingerland« zu studieren, als das Telefon klingelte.

Sie zuckte zusammen. Viertel nach acht. Telefonklingeln um diese Uhrzeit konnte nichts Gutes bedeuten. Mit einem mulmigen Gefühl nahm sie das Gespräch an. »Wiemken?«

»Tante Helga, ich bin s. Thomas.«

Sofort schrillten in ihr sämtliche Alarmglocken. Ihr Patensohn meldete sich sonst nur zu ihrem Geburtstag und zu Weihnachten. War etwas mit Elise?

»Thomas«, sagte sie, unfähig, weitere Gedanken zu artikulieren.

»Hast du was von Mutter gehört? Ich versuche seit drei Tagen, sie zu erreichen.«

Helga hörte echte Sorge aus Thomas Tonfall heraus. Die gleiche Sorge, die sie auch schon empfunden, die sich mit der Zeit jedoch in Unwillen verwandelt hatte.

»Nein.« Helga konnte nicht vermeiden, dass sich ein bitterer Ton in ihre Stimme schlich. »Ich weiß auch nicht, wo sie steckt. Am Montag haben wir uns auf einen Kaffee im Pudding getroffen, seither habe ich nichts von ihr gehört. Sie wird wohl Besuch von diesem Erich bekommen haben. Immer wenn der hier ist, meldet sie sich nicht mehr bei mir. Dabei hätte sie ihn mir inzwischen wenigstens mal offiziell vorstellen können. Das gehört sich doch so. Schließlich sind wir seit über sechzig Jahren befreundet. Aber anscheinend vergisst man seine langjährigen Freundinnen, wenn ein neuer Mann auftaucht. Gestern hab ich noch gedacht, ich treffe die beiden zufällig in der Zedeliusstraße, wenn sie ihm die Insel zeigt, aber entweder verlassen sie die Wohnung nicht, oder sie meidet den Ortskern.«

»Meinst du wirklich? Warum sollte sie das tun?« Thomas klang überrascht.

»Keine Ahnung. In letzter Zeit ist sie etwas wunderlich geworden. Also eigentlich erst, seit sie diesen Erich kennt.« Noch immer gelang es Helga nicht, zu verbergen, wie sehr Elises Verhalten sie kränkte. Thomas hielt das bestimmt auch für reichlich kindisch. Immerhin gingen sowohl seine Mutter als auch sie auf die achtzig zu. Da musste man sich doch nicht mehr irgendwelchen Hormonen hingeben. Das hatte noch nie zu etwas wirklich Gutem geführt, sondern nur dazu, dass die Gefühle über den Verstand dominierten. Da waren sie sich immer einig gewesen. Von Elise hätte sie so etwas nie erwartet.

»Ich...
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Christiane Franke lebt gern an der Nordsee, wo ihre bislang dreizehn Romane und ein Großteil ihrer kriminellen Kurzgeschichten spielen. Sie ist außerdem Herausgeberin von Anthologien, war 2003 für den Deutschen Kurzkrimipreis nominiert und erhielt für 2011 das Stipendium der Insel Juist 'Tatort Töwerland'.