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Du wolltest es doch

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
368 Seiten
Deutsch
Carlsen Verlag GmbHerschienen am25.07.2018Auflage
Opfer oder Täterin? Nein, richtig sympathisch ist Emma nicht. Sie steht gern im Mittelpunkt, die Jungs reißen sich um sie und Emma genießt es. Bis sie nach einer Party zerschlagen und mit zerrissenem Kleid vor ihrem Haus aufwacht. Klar, sie ist auf der Party mit Paul ins Schlafzimmer gegangen. Hat Pillen eingeworfen. Die anderen Jungs kamen hinterher. Aber dann? Sie erinnert sich nicht, aber die gesamte Schule weiß es. Sie haben die Fotos gesehen. Ist Emma wirklich selber schuld? Was hat sie erwartet - Emma, die Schlampe in dem ultrakurzen Kleid? Ein aufwühlendes, vielfach preisgekröntes Buch. »Seid tapfer. O'Neills Roman ist erschreckend, aber auch packend und unverzichtbar wichtig.« New York Times

Die Autorin Louise O'Neill hat Themen wie Feminismus, Body Shaming und Selbstbestimmung zu ihren Herzensanliegen erklärt und mit ihren Büchern international zahlreiche Preise gewonnen. Sie lebt und arbeitet in West Cork, Irland, hat eine wöchentliche Kolumne im Irish Examiner und ist ein häufiger Gast in Fernseh- und Radiosendungen.
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Produkt

KlappentextOpfer oder Täterin? Nein, richtig sympathisch ist Emma nicht. Sie steht gern im Mittelpunkt, die Jungs reißen sich um sie und Emma genießt es. Bis sie nach einer Party zerschlagen und mit zerrissenem Kleid vor ihrem Haus aufwacht. Klar, sie ist auf der Party mit Paul ins Schlafzimmer gegangen. Hat Pillen eingeworfen. Die anderen Jungs kamen hinterher. Aber dann? Sie erinnert sich nicht, aber die gesamte Schule weiß es. Sie haben die Fotos gesehen. Ist Emma wirklich selber schuld? Was hat sie erwartet - Emma, die Schlampe in dem ultrakurzen Kleid? Ein aufwühlendes, vielfach preisgekröntes Buch. »Seid tapfer. O'Neills Roman ist erschreckend, aber auch packend und unverzichtbar wichtig.« New York Times

Die Autorin Louise O'Neill hat Themen wie Feminismus, Body Shaming und Selbstbestimmung zu ihren Herzensanliegen erklärt und mit ihren Büchern international zahlreiche Preise gewonnen. Sie lebt und arbeitet in West Cork, Irland, hat eine wöchentliche Kolumne im Irish Examiner und ist ein häufiger Gast in Fernseh- und Radiosendungen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783646920178
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum25.07.2018
AuflageAuflage
Seiten368 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2412 Kbytes
Artikel-Nr.3410907
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Donnerstag

Das Gesicht meiner Mutter taucht hinter meinem eigenen im Spiegel auf, geschminkte Lippen auf gepuderter Haut.

Trotz der schwülen Hitze liegt jedes Härchen ihres Bobs, wo es liegen soll. Samstags geht sie immer zum Friseur. »Das habe ich mir verdient«, sagt sie. »Egal, wie teuer es ist.«

Karen Hennessy lässt sich drei Mal pro Woche die Haare im Salon föhnen. Sie spricht nie darüber, wie viel das kostet.

Mir ist heiß, meine Wangen sind rot gefleckt und das verwaschene Trägertop, in dem ich geschlafen habe, klebt mir am Körper. Ich schaue von ihr wieder zu mir.

Du bist deiner Mutter so ähnlich, sagen die Leute immer. Ihr seid euch wie aus dem Gesicht geschnitten.

»Guten Morgen«, sagt sie. »Warum starrst du dich so im Spiegel an?« Mir entgeht nicht der kritische Blick, mit dem sie mein verschwitztes Top mustert, durch dessen feuchten Stoff sich meine Brustwarzen abzeichnen.

»Nur so.« Ich verschränke die Arme vor der Brust. »Was ist? Was willst du?«

»Bloß nachsehen, ob du schon wach bist.«

Ich deute zum Schreibtisch, auf dem mein aufgeklappter Laptop steht, der Ordner mit Notizen, mein Irisch-Englisch-Wörterbuch und »Fiche Bliain ag Fás«, die Erinnerungen des Schriftstellers Muiris Ó Súilleabháin, die wir gerade in der Schule lesen. »Ich bin seit fünf wach«, sage ich. »Wir haben heute mündliche Tests bei O´Leary.«

Und wetten, Jamie bekommt wieder die volle Punktzahl? O´Leary wird wie immer mit geschlossenen Augen in seinen Stuhl zurückgelehnt zuhören und, wenn er dann hochschaut, komplett überrascht sein, weil er beim Zuhören vergessen hat, wer gelesen hat. Dass ausgerechnet Jamie das lupenreinste Irisch von uns allen spricht, haut ihn jedes Mal wieder um.

»Der gute Diarmuid O´Leary.« Mam lächelt. »Weiß er eigentlich, dass du meine Tochter bist?« Ich antworte darauf nichts. »Ich habe dir deine Vitamine gebracht«, sagt sie. »Man soll sie vor dem Frühstück nehmen.«

»Mach ich später.«

»Ach, Emmie. Die Verkäuferin bei Health Hut hat sie extra für dich bestellt.«

»Ja, ja. Weiß ich, Mam.« Ihre Lippen werden schmal, weshalb ich schnell lächle. »Das war supernett von ihr.«

»Dann lasse ich sie dir hier, ja?« Sie deponiert die Tablette und das Wasserglas auf meinem Nachttisch, wo mein iPhone liegt und eine Sammlung einzelner Ohrringe.

Danach kommt sie noch einmal zu mir, legt mir eine Hand auf die linke Hüfte und die andere aufs Steißbein und rückt mein Becken gerade. »Du musst auf deine Haltung achten, Liebes.« Sie duftet nach Mehl und Zimt und dem blumigen Parfüm, das sie immer schon benutzt. Ich sehe vor mir, wie sie in einem silbrig schimmernden Seidenkleid in ihrer Ankleideecke am Schminktisch sitzt, leuchtendes Rot auf den Lippen, die dunkelblonden Haare zum Chignon gesteckt. Damals waren sie noch länger. »Wir kommen zu spät, Nora«, rief Dad von unten. »Bin gleich bei dir, Liebling«, antwortete sie mit dieser besonderen Stimme, die sie immer benutzt, wenn sie mit ihm redet, die sie überhaupt bei allen Männern benutzt. (Warum nie bei mir?) Zuletzt griff sie nach dem Parfümflakon, zog den goldenen Deckel ab und sprühte sich einen Hauch davon auf die Innenseiten der Handgelenke. Ein paar Minuten später kauerte ich auf der obersten Treppenstufe und sah ihr hinterher, wie sie mit unter der Seide schwingenden Hüften nach unten ging, wo Dad auf sie wartete. Er ließ sie die ganze Zeit über nicht aus den Augen, nicht einmal, als ich anfing zu brüllen und um mich zu schlagen, weil die Babysitterin mich festhielt, während sie zur Tür hinausgingen.

»Hast du deine Periode?« Sie streicht mir über den Bauch. »Du siehst ein bisschen aufgebläht aus.«

Ich schiebe ihre Hand weg. »Keine Angst, Mam. Ich bin schon nicht schwanger.«

Ich gehe an ihr vorbei zum Bett und checke mein Handy. Ali hat geschrieben. Zum dritten Mal. Dabei habe ich schon auf die beiden Nachrichten davor nicht reagiert.

»Bitte sprich nicht so mit mir.«

»Wie denn?«

»In diesem Ton.«

»Ich weiß nicht, welchen Ton du meinst. Da war kein Ton.«

Sie spannt die Schultern an und ich weiß, dass sie kurz davor ist, nach unten zu gehen und sich bei Dad zu beklagen, dass ich ihr gegenüber respektlos bin. Er wird seufzen und mir sagen, dass er enttäuscht von mir ist. Egal, was ich antworte, und egal, wie sehr ich versuche, ihm meine Sichtweise zu erklären, er hört mir gar nicht zu. Bring deiner Mutter bitte etwas mehr Respekt entgegen, wird er sagen. Hier gibt es keine »zwei Seiten«.

Er hat recht. Für ihn gibt es immer nur eine Seite und das ist nie meine.

»Tut mir leid, Mam«, entschuldige ich mich.

Sie atmet tief durch. »Nimm deine Vitamine«, sagt sie, »und dann komm runter. Dad und ich sitzen schon beim Frühstück. Er will dich auch noch mal sehen, bevor er zur Arbeit geht.« Kurz vor der Tür dreht sie sich um. Ihr Blick wandert über meinen Körper und bleibt einen Moment an meinem Gesicht hängen. Ich weiß genau, was sie gleich sagen wird.

»Du bist wunderschön heute Morgen, Emmie. Wie immer.«

Sie zieht die Tür hinter sich zu und die Luft in meinem Zimmer verwandelt sich in Suppe. Ich wate hindurch und schiebe das Fenster hoch, um mir etwas Erleichterung zu verschaffen. Ein Hauch von Meersalz liegt in der Luft. Die sieben Häuser unserer Neubausiedlung schmiegen sich im Halbkreis um die Bucht, jedes Haus ist im gleichen Kanarienvogelgelb verputzt, alle haben schwarze Fensterrahmen und Türen. In den geteerten Einfahrten stehen Familienkutschen - Toyotas, Volvos, Hondas. Alle in Schwarz oder Silber, bloß keine zu knalligen Farben. Zwei Häuser weiter scheucht Nina Kelleher gerade ihre beiden Töchter Lily und Ava vor sich her, verfrachtet sie, eine Scheibe Toastbrot zwischen den Zähnen, auf die Rückbank des Kombis, schließt die Tür hinter Lily und winkt Helen O´Shea zu, die in der Einfahrt des Nachbarhauses kniet und ihrem Sohn die Schuhe bindet. »Gott, wie das hier aussieht«, hat Jamie letztes Jahr gesagt, als wir an einer Sozialbausiedlung außerhalb von Ballinatoom vorbeifuhren. Winzige Häuschen, dicht an dicht, Blumenkästen an den Fenstern, eine Horde Rotznasen spielte auf der kleinen Wiese dazwischen Fangen. Maggie hatte damals gerade frisch ihren Führerschein und wir quetschten uns zu viert kichernd in den Volvo ihrer Eltern, elektrisiert von dem Gefühl der absoluten Freiheit, hinfahren zu können, wo wir wollen, und machen zu können, was wir wollen, obwohl wir kaum je weiter als bis nach Kilgarvan kamen. Meistens kurvten wir nur in Ballinatoom herum, vom Kreisverkehr aus die Hauptstraße hoch, an der Kirche vorbei, links an der Autowerkstatt bis zum Spielplatz am Ortsrand, danach über die Umgehungsstraße wieder zurück zum Kreisverkehr. Wir fuhren die Runde einmal, zweimal und noch einmal, stopften uns mit Süßkram voll und spähten in die vorbeifahrenden Autos, ob Typen drin saßen, die wir kannten. Wenn wir an O´Briens Bestattungsinstitut vorbeikamen, vor dem sich ein kleines Grüppchen Trauernder versammelt hatte, bestand Maggie darauf, dass wir die Musik leiser machten. »Immer dieses komische Gelb«, sagte Jamie, als sie über die Schulter zur Siedlung zurückschaute. »Gibt es irgendein Gesetz, in dem steht, dass sozialer Wohnungsbau immer gelb sein muss?« Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Ali, die neben ihr auf der Rückbank saß, ihr den Ellbogen in die Seite rammte und in meine Richtung nickte.

»Hier.« Ich drehte mich ungerührt um und hielt Jamie den iPod hin. »Such mal was anderes aus. Diese Playlist langweilt mich zu Tode.« Ich hörte, wie Ali erleichtert aufatmete, weil es diesmal friedlich geblieben war.

Aber jetzt würde Jamie so einen Kommentar sowieso nicht mehr abgeben. Jetzt wäre sie froh, wenn sie in unserer Straße wohnen könnte.

»Immer dasselbe, Mags. Echt«, schimpfe ich, als ich die Wagentür aufreiße. Bevor ich einsteigen kann, muss ich erst mal leere Chipstüten, einen Hockeyball, ihren Mundschutz, einen roten Stift, der auf dem Polster ausgelaufen ist, und ungefähr zwanzig zerknüllte Zettel vom Sitz räumen.

»Sorry.«

»Das sagt du jeden Morgen. Und trotzdem ändert sich nie was.« Ich ziehe einen Ordner aus meiner Tasche, um mich draufzusetzen, damit mein Rock keine roten Flecken abbekommt. »Gott, das ist ja der volle Ofen hier drin. Macht doch hinten auch mal die Fenster runter.«

»Die sind schon unten«, sagt Jamie von der Rückbank. »Echt blöd, dass du den Volvo nicht mehr bekommst, Mags. Der hat eine Klimaanlage, oder?«

»Ich hab Muffins von meiner Mutter mitgebracht«, sage ich, weil ich jetzt nicht über den Volvo reden will. Ich greife in die Papiertüte und reiche Maggie einen rüber.

»Hey, der ist ja sogar noch warm. Du hast echt so ein Glück mit deiner Mutter.« Sie lenkt mit einer Hand, während sie abbeißt.

»Ja«, sage ich, ohne sie anzusehen. »Sie ist super.«

»Wollt ihr auch?« Ich drehe mich nach hinten und halte Ali und Jamie die Tüte hin. Ali streicht sich die blonden Extensions aus dem Gesicht. »Lieber nicht.« Sie nimmt einen Schluck Kaffee aus ihrem Nespresso-Thermobecher. »Mom möchte, dass wir bei dieser Paleo-Diät-Challenge mitmachen.« Sie gräbt die Schneidezähne in die Unterlippe. »Emma?«

»Ja?«

»Ist alles okay zwischen uns?«

»Wieso?«

»Du hast vorhin nicht zurückgeschrieben. Ich dachte, du wärst vielleicht wegen irgendwas sauer oder so.«

Sie hat den Eyeliner viel zu dick gezogen, in...

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Autor

Die Autorin Louise O'Neill hat Themen wie Feminismus, Body Shaming und Selbstbestimmung zu ihren Herzensanliegen erklärt und mit ihren Büchern international zahlreiche Preise gewonnen. Sie lebt und arbeitet in West Cork, Irland, hat eine wöchentliche Kolumne im Irish Examiner und ist ein häufiger Gast in Fernseh- und Radiosendungen.Katarina Ganslandt lebt mit Sascha (Mann) und Elmo (Hund) in Berlin und sammelt am liebsten jede Menge nützliches und unnützes Wissen an, wenn sie nicht gerade Bücher aus dem Englischen übersetzt. Mittlerweile sind über hundert Titel zusammengekommen.