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Commissario Pavarotti kam nie nach Rom

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
320 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am28.06.2018Auflage
Düstere Spur in das Südtirol der Nachkriegszeit. Eine deutsche Schriftstellerin und ihr Mann werden in Meran kaltblütig erschossen - es sieht nach einer Hinrichtung aus. Der Fall führt Commissario Pavarotti und seine große Liebe Lissie von Spiegel ins Herz der deutschen Verlagsszene nach Frankfurt. Womöglich hat die Autorin zu intensiv recherchiert: über die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Nazis scharenweise auf der 'Rattenlinie' nach Südtirol flohen - mit tatkräftiger Unterstützung höchster Kreise. Wer versucht hier sein Geheimnis mit aller Macht zu schützen?

Elisabeth Florin wuchs in Süddeutschland auf; ihre journalistische Laufbahn begann sie in den 1980er Jahren bei der RAI in Bozen. Von den Menschen in Südtirol und ihrer Geschichte fasziniert, verbringt sie seither viel Zeit in Meran und Umgebung. Sie arbeitete 25 Jahre lang als Finanzjournalistin und Kommunikationsexpertin in Frankfurt am Main.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,90
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,49

Produkt

KlappentextDüstere Spur in das Südtirol der Nachkriegszeit. Eine deutsche Schriftstellerin und ihr Mann werden in Meran kaltblütig erschossen - es sieht nach einer Hinrichtung aus. Der Fall führt Commissario Pavarotti und seine große Liebe Lissie von Spiegel ins Herz der deutschen Verlagsszene nach Frankfurt. Womöglich hat die Autorin zu intensiv recherchiert: über die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Nazis scharenweise auf der 'Rattenlinie' nach Südtirol flohen - mit tatkräftiger Unterstützung höchster Kreise. Wer versucht hier sein Geheimnis mit aller Macht zu schützen?

Elisabeth Florin wuchs in Süddeutschland auf; ihre journalistische Laufbahn begann sie in den 1980er Jahren bei der RAI in Bozen. Von den Menschen in Südtirol und ihrer Geschichte fasziniert, verbringt sie seither viel Zeit in Meran und Umgebung. Sie arbeitete 25 Jahre lang als Finanzjournalistin und Kommunikationsexpertin in Frankfurt am Main.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783960413615
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum28.06.2018
AuflageAuflage
Reihen-Nr.4
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3387 Kbytes
Artikel-Nr.3458763
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Unmoralische Angebote

In der Diele warf Lissie ihre Hausschlüssel auf die Kommode und kramte nach dem anderen Schlüssel. Ihre Handflächen wurden sofort feucht, als sie ihn nicht gleich fand. Schließlich stießen ihre Finger am Boden der Tasche auf eine raue Oberfläche. Da war er, der Schlüssel samt Schlüsselanhänger aus Rochenleder, ein schönes Stück in Form einer Schlaufe, die sie allerdings inzwischen als böses Omen empfand.

Das Lämpchen des Anrufbeantworters blinkte. Mit dem Schlüssel in der Hand drückte sie auf Play.

»Hör zu, hier ist Walter, dein Verleger. Bitte ruf mich so schnell wie möglich zurück. Du hast ja meine Mobilnummer. Es geht um Anna Santer.«

Sie war drauf und dran, die Nachricht zu ignorieren, doch dann überlegte sie es sich anders.

Walter Timm war sofort dran. »Liselotte?«

»Ja«, sagte sie mit gereizter Stimme. Sie hasste ihren kompletten Vornamen. Walter wusste das ganz genau und benutzte ihn trotzdem.

Walter Timm war ein boshafter Mittfünfziger mit einem Hang zum Zynismus, mit dem er jeden Schriftsteller ins Visier nahm, egal, ob Bestsellerautor oder einer unter ferner liefen.

Lissie wusste, dass sich Walter im Grunde selbst verachtete, wegen seiner Geschäftstüchtigkeit, die seiner Meinung nach eines Kulturschaffenden unwürdig war. Wie sehr ihn sein Erfolg beschämte, hatte er ihr eines Abends sturzbetrunken auseinandergesetzt, unmittelbar nach Veröffentlichung ihres ersten Romans. Sie war geschmeichelt gewesen, dass er, der bekannte Frankfurter Verleger, mit ihr zur Feier ihres großen Tages einen Scotch trinken wollte. Aus einem wurden fünf, und sie merkte schnell, dass er nur einen Vorwand gesucht hatte, um seinem verhassten Büro zu entfliehen.

Seitdem fühlte sich Lissie im Umgang mit ihm gehemmt und verlegen, obwohl sie davon überzeugt war, dass er sich nicht an diesen peinlichen Abend erinnerte.

»Hast du es schon gehört?«, fragte er statt einer Begrüßung.

»Ja«, sagte Lissie. »Tut mir sehr leid. Anna war eine großartige Schriftstellerin.« Was rede ich denn da, fragte sie sich.

»Ja, ja«, sagte Walter kurz angebunden. »Seit drei Wochen ist unser Herbstprogramm draußen, und die Buchhändler rennen uns die Bude ein mit Bestellungen für ihr neues Buch. Der Roman wird ein Bestseller, darauf kannst du Gift nehmen, vor allem jetzt, wo sie tot ist. Eine halbe Million Exemplare und mehr, und da sind die E-Books noch nicht mit drin. Das letzte Buch einer Kriminalautorin, die das schreckliche Schicksal ihrer Figuren erlitt.«

»Schäm dich, Walter«, sagte Lissie.

Walter Timm kicherte. »Der Heiligenschein steht dir nicht, Liselotte. Du würdest deine Seele verschachern, wenn dir das eine halbe Million verkaufte Exemplare von deinem nächsten Buch einbrächte.«

»War das der Grund deines Anrufs? Mich zu beleidigen?«, sagte Lissie spitz.

»Jetzt krieg dich wieder ein«, sagte Walter. »Wir haben Annas Manuskript nicht. Den Abgabetermin vor zwei Wochen hat sie sausen lassen, aber da klingelten im Lektorat noch keine Alarmglocken. Sie war ohnehin nie die Pünktlichste. Und jetzt ist sie tot, und keiner von uns weiß, wo sie das Zeug abgespeichert hat. Stell dir vor, der USB-Stick mit dem Buch geht in dem ganzen Durcheinander verloren, oder so ein Vollpfosten bei der Polizei beschlagnahmt die Datei. Ich kriege Zustände, wenn ich bloß daran denke.«

»Und was hab ich damit zu tun?«

»Mir ist ein Plan B eingefallen«, sagte Walter. »Nur für den Fall, dass ihr Buch nicht wiederauftaucht. Du bist doch eine Schnellschreiberin. Und du kennst dich in Südtirol aus.«

»Das ist nicht dein Ernst, oder? Du willst, dass ich den Ghostwriter spiele, und dann bringst du das Buch als ihr letztes Werk auf den Markt? Abgesehen von kleineren moralischen Bedenken - du kannst nicht ernsthaft annehmen, dass du mit dem Schwindel durchkommst. Ich schreibe komplett anders als Anna.«

»Komm schon, Lissie. Annas Stil ist etwa so schwer zu kopieren wie die Gelben Seiten. Zerbrich dir nicht meinen Kopf. Es geht hier nicht um den Pulitzerpreis. Es reicht vollkommen, wenn das Zeug einigermaßen lesbar wird. Der Roman wird so oder so ein Selbstläufer.«

»Worum geht s da überhaupt?«

Walter seufzte. »Wenn ich das nur wüsste. Sie hat ein riesiges Geheimnis draus gemacht. Die Vorschautexte, die sie uns geliefert hat, sind eine Ansammlung von Allgemeinplätzen. Alte Schuld . Dunkles Geheimnis . Unheilvolle Verstrickung . Plattitüden vom Feinsten.«

»Walter, so sehen alle eure Programmtexte aus. Mit Geheimnis hat das nichts zu tun, bloß mit der Anpassung an euer Niveau.«

»Spar dir das, Liselotte. Außerdem ist es eh egal, um welches Thema es bei ihrem Buch geht. Such dir einen Plot aus. Am besten den mit dem geringsten Aufwand.«

»Und was ist mit meinem Projekt?«

»Was soll damit sein? Arbeite halt an zweien gleichzeitig. Die achthundert Seiten deines letzten waren ohnehin dreihundert zu viel. Fass dich kurz, dann wirst du mit beiden rechtzeitig fertig. Statt einem Wälzer schreibst du zwei Bücher mit je vierhundert Seiten, dann stimmt die Rechnung wieder. Dieser Umfang verkauft sich sowieso besser, und wir sparen Druckkosten.«

»Keine Chance«, sagte Lissie.

»Ich mache dein Buch zum Spitzentitel im Frühjahrsprogramm«, sagte Walter.

Einen kurzen Moment herrschte Stille in der Leitung.

»Soll das etwa ein Bestechungsversuch sein?«

»Wo denkst du hin? Ich glaube bloß, dass es gut in unser Programm passt. Ein Truman Capote wird zwar nicht aus dir, aber den braucht heute auch keiner mehr. Die ersten fünfzig Seiten, die du uns geschickt hast, sind ganz hübsch. Verschwundene Leute verkaufen sich immer.«

Lissie war perplex. »Du liest Manuskripte deiner Autoren?«

Sie hörte Walters Kichern. »Nur ausgewählte. Warum sollte ich meine Zeit mit Fast-Food-Literatur verschwenden?«

»Herzlichen Dank, dass du bei mir eine Ausnahme gemacht hast«, sagte Lissie, aber die Ironie war an Walter verschwendet.

»Also, was ist jetzt? Ich muss heute noch ein paar Bücher verlegen.«

»Ich will ein Werbebudget von hunderttausend Euro für mein neues Buch«, sagte Lissie. »Und du gibst den Buchhändlern sechzig Prozent Rabatt auf jedes Exemplar, wenn sie meinen Roman auf ihrem besten Büchertisch präsentieren.«

»Du bist ja wahnsinnig«, schrie Walter. »Willst du, dass ich Geld verbrenne? Denn dass das klar ist: Dein Buch wird nie und nimmer ein Bestseller. Muss ich es -«

»Walter. Stopp.«

»â¦ dir buchstabieren? Ich streite nicht ab, dass du erzählen kannst, aber du schreibst viel zu kompliziert. Die Leute lesen heute Bücher eine Viertelstunde vor dem Einschlafen, falls sie nicht gerade twittern oder ihr Profilbild bei Facebook ändern. Die haben weder Zeit noch Geduld für deine Hakenschläge und endlosen Rückblenden. Schreib endlich geradeaus, nach vorn, und hör auf mit dem literarischen Brimborium. Vielleicht lasse ich mich dann dazu hinreißen, mehr Geld in die Hand zu nehmen.«

»Walter, du bist genauso phantasielos wie ein Buchhändler«, sagte Lissie. »Du siehst nicht weiter als bis zu deiner Nasenspitze. Es gibt nichts, was die Leute mehr schaudern lässt als wahre Verbrechen direkt vor ihrer Haustür, die nie geklärt wurden.« Sie unterbrach sich. »Ich habe jetzt keine Lust, dich zu bekehren. Entweder wir sind uns einig, oder du kannst Annas Buch selber schreiben.«

Walter Timm stöhnte. »Und ich dachte, mein alter Hund wäre dickköpfig und stur. Also gut. Ich erkundige mich bei der Polizei. Wenn sich das Manuskript nicht einfindet, sind wir im Geschäft.«

»Nicht ohne einen schriftlichen Vertrag über das Finanzielle«, sagte Lissie, aber Walter hatte bereits aufgelegt.

Lissie blieb einen Moment lang regungslos in der Diele stehen. Dann schob sie den Schlüssel mit dem Anhänger aus Rochenleder zurück in ihre Tasche und rannte zu ihrem Wagen. Mit einem Knall fiel die Tür hinter ihr zu.

***

Der Leihwagen war von der Hertz-Zentrale am Frankfurter Flughafen geliefert worden, auf die Minute pünktlich, in diese Einöde, an einem Sonntag. Nur die Deutschen brachten so etwas fertig.

Felder, auf denen der Weizen hoch stand, zogen an Pavarotti vorbei, abgelöst durch dichten Hochwald, durch den sich die kurvige Straße schlängelte.

Sein Navigationssystem zeigte ihm an, dass er sein Ziel in wenigen Minuten erreichen würde. Er passierte ein Ortsschild, auf dem stand: »Glashütten, fünf Kilometer«.

Das Gespräch mit Lissie war besser gelaufen als erwartet. Sie hatten sich wie zivilisierte Menschen unterhalten, keiner von ihnen war aus der Rolle gefallen. Sie hatte es vermieden, ihn mit Fragen über die Szene am Bahnhof zu löchern. Und er hatte seinen Zorn bezähmt.

Der glomm immer noch in ihm, auch nach Monaten, und er wusste nicht, was ihn mehr schmerzte: dass Lissie ihn niemals lieben würde oder die Erkenntnis, dass sie ihm die ganze Zeit etwas vorgemacht hatte.

Zum wiederholten Mal an diesem Tag nahm er sich vor, die Ermittlungen in Deutschland zügig abzuschließen. Die Unnachgiebigkeit, mit der er seine Müdigkeit ignorierte, hatte sich ausgezahlt. Die dringendsten Punkte waren bereits abgehakt, auch dank der deutschen Kriminalpolizei. Bald konnte er von hier verschwinden und diese Gegend, die ihm so zuwider war, hinter sich lassen.

Die Deutschen hatten nicht lange gefackelt. Das Anwesen der Santers in Glashütten war polizeilich abgesperrt. Emmenegger hatte den Leiter der zuständigen Mordkommission angerufen, während Pavarotti im Zug saß, und so erwartete ihn im Kommissariat von Bad Homburg, der nächsten größeren Ortschaft,...
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Elisabeth Florin wuchs in Süddeutschland auf; ihre journalistische Laufbahn begann sie in den 1980er Jahren bei der RAI in Bozen. Von den Menschen in Südtirol und ihrer Geschichte fasziniert, verbringt sie seither viel Zeit in Meran und Umgebung. Sie arbeitete 25 Jahre lang als Finanzjournalistin und Kommunikationsexpertin in Frankfurt am Main.