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Commissario Pavarotti probt die Liebe

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
368 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am23.07.2020
Nervenkitzel trifft Zeitgeschichte: ein packender Kriminalroman aus der Welt der italienischen Geheimdienste. Um seine große Liebe Lissie zurückzugewinnen, willigt Commissario Pavarotti ein, ihr bei der Suche nach ihrem Vater zu helfen, der vor dreißig Jahren verschwand. Die Spur führt zurück in das Meran der achtziger Jahre, als Italien die letzte Welle der Terroranschläge in Südtirol mit allen Mitteln niederzwingen wollte. Doch was ist damals wirklich geschehen? Pavarotti und Lissie müssen erfahren, dass es Menschen gibt, die alles dafür tun, die Wahrheit unter Verschluss zu halten.

Elisabeth Florin wuchs in Süddeutschland auf; ihre journalistische Laufbahn begann sie in den 1980er Jahren bei der RAI in Bozen. Von den Menschen in Südtirol und ihrer Geschichte fasziniert, verbringt sie seither viel Zeit in Meran und Umgebung. Sie arbeitete 25 Jahre lang als Finanzjournalistin und Kommunikationsexpertin in Frankfurt am Main.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,49

Produkt

KlappentextNervenkitzel trifft Zeitgeschichte: ein packender Kriminalroman aus der Welt der italienischen Geheimdienste. Um seine große Liebe Lissie zurückzugewinnen, willigt Commissario Pavarotti ein, ihr bei der Suche nach ihrem Vater zu helfen, der vor dreißig Jahren verschwand. Die Spur führt zurück in das Meran der achtziger Jahre, als Italien die letzte Welle der Terroranschläge in Südtirol mit allen Mitteln niederzwingen wollte. Doch was ist damals wirklich geschehen? Pavarotti und Lissie müssen erfahren, dass es Menschen gibt, die alles dafür tun, die Wahrheit unter Verschluss zu halten.

Elisabeth Florin wuchs in Süddeutschland auf; ihre journalistische Laufbahn begann sie in den 1980er Jahren bei der RAI in Bozen. Von den Menschen in Südtirol und ihrer Geschichte fasziniert, verbringt sie seither viel Zeit in Meran und Umgebung. Sie arbeitete 25 Jahre lang als Finanzjournalistin und Kommunikationsexpertin in Frankfurt am Main.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783960416388
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum23.07.2020
Seiten368 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3773 Kbytes
Artikel-Nr.5266036
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Vorspiel

Deutschland, Glashütten im Taunus - August 2018

Der Mann im dunkelgrauen Zweireiher trug nie Schwarz, schon gar nicht zu Beerdigungen. Schwarz war denen vorbehalten, die trauerten.

Manchmal dachte er allerdings, dass Menschen wie er den Toten manchmal näherstanden als ihre Angehörigen. Seinesgleichen beschäftigte sich weit intensiver mit den Vorlieben und Gewohnheiten einer Zielperson als die meisten der sogenannten Freunde und Familienmitglieder.

Die Aussegnungshalle war ein moderner, schnörkelloser Quader, der ihn an die Dienstbaracke im KZ Flossenbürg erinnerte. Er mochte Effizienz. Trotzdem würde er auf diesem Friedhof, in einem Nest voller nichtsnutziger Geldsäcke, nicht tot über dem Zaun hängen wollen, und fast hätte er bei diesem Gedanken laut aufgelacht. Sarkasmus war ihm im Grunde fremd, und da merkte er, dass er das erste Mal seit langer Zeit auf dem besten Wege war, sentimental zu werden.

Wenn jemand im Laufe einer Operation ums Leben kam, war ihm das weitgehend egal. Warum auch nicht? Es gehörte zum Job. Das war zu seiner Zeit so gewesen und würde sich nie ändern, solange es Geheimdienste gab.

Doch diesmal war er nicht aus beruflichen Gründen hier. Es war ein eigenartiges Gefühl, als Angehöriger an einer Beerdigung teilzunehmen. Das in dem Sarg war sein eigenes Fleisch und Blut. Dass er die Tote nicht gemocht und das letzte Mal vor ungefähr zwanzig Jahren getroffen hatte, spielte keine Rolle.

Aus alter Gewohnheit warf er einen kurzen Blick zurück. Natürlich stand diesmal keiner seiner Chefs hinter ihm, der ihm wortlos auf die Schulter klopfte und hinterher in einen Wagen mit bereits laufendem Motor stieg. Er erinnerte sich an das Schulterklopfen bei einer Beerdigung in den Sechzigern, bei der zwanzigtausend Dummköpfe dem Dahingeschiedenen die letzte Ehre erwiesen hatten.

Es waren viele Chefs gewesen, in den ganzen Jahren. Er seufzte, als er sich an den Gefühlskitsch und die Skrupel seiner Führungsoffiziere erinnerte. An die Lügen, die er ihnen aufgetischt hatte, um tun zu können, was er für richtig hielt.

Er rückte einen Schritt vor, vorbei an einem großformatigen Foto der Toten, das irgendwer besorgt und auf eine Staffelei gestellt hatte. Hübsch war sie gewesen, ein blonder Engel mit gefährlich blitzenden Augen. Er hatte nicht vergessen, wie heftig sie sich bei ihrer letzten Begegnung gestritten hatten. Sie wollte, dass er sie anwarb. Er hatte nicht lang überlegen müssen. Das Mädel war unberechenbar gewesen, eine Überzeugungstäterin, die machte, was sie wollte. Anna war das Schulbeispiel für den Aktenvermerk »ungeeignet«. Sie hatte sich gebärdet wie eine Furie, als er Nein sagte.

Er war der Letzte in der kurzen Schlange vor dem Sarg. Von einem Massenandrang konnte wahrlich keine Rede sein. Die Trauergäste, die sich bereits eingetragen hatten, standen unschlüssig vor der Kirchentür herum oder waren vor dem Beginn der Grabprozession geflüchtet.

In der Halle war es kühl. Er richtete seine Krawatte und zog seinen schwarzen Montblanc hervor. Der Sarg war geschlossen, was ihn angesichts der Umstände des Todes der Verstorbenen nicht überraschte.

Er schraubte die Kappe des Füllfederhalters auf und war im Begriff, den Namen zu schreiben, den er zurzeit benutzte.

Da erstarrte er.

Die letzte Unterschrift im Kondolenzbuch war kein Allerweltsname wie Maier, Müller, Schulze. Eine Verwechslung war ausgeschlossen.

Es war kein hingekritzelter Name wie bei solchen Gelegenheiten üblich, meistens nicht zu entziffern wegen der zittrigen Hände oder der verlaufenen Kugelschreibertinte. Es waren Buchstaben in Versalien, mit sicherer Hand ins Papier gestanzt, beinahe provokativ in ihrer übertriebenen Deutlichkeit. Als wollte der Schreiber auf Nummer sicher gehen, dass der Name lesbar war.

Schreiberin. Es war der Name der Frau, die vor ihm in der kurzen Schlange gestanden hatte.

Ihn beschlich das unangenehme Gefühl, dass dies seine letzte Beerdigung sein würde. Mit Ausnahme seiner eigenen, vielleicht sehr bald. Unwillkürlich fuhr seine Hand zur Krawatte, um den Knoten festzuziehen.

Er riss sich zusammen. Ein unangenehmer Weckruf aus der Vergangenheit, nun ja. Nichts, was er nicht in den Griff bekommen würde. Er hatte immer gewusst, dass ihn diese Angelegenheit einmal einholen würde.

Jetzt war es eben so weit.

Als er seinen Namen in das Buch gesetzt hatte, trat er zurück. Hinter ihm befand sich niemand mehr.

Die Frau beobachtete ihn. Dass etwas an ihr eigenartig war, hatte er bereits registriert, als sie sich vorhin kurz zugenickt hatten. So wie man das eben macht, wenn man sich nicht kennt, aber aus dem gleichen unerfreulichen Grund am selben Ort aufhält.

Sie fiel aus dem Rahmen. Beerdigungsgäste stellten für gewöhnlich eine Leichenbittermiene zur Schau, egal wie ihnen zumute war. Die Frau dagegen hatte ihn hocherhobenen Hauptes angestarrt, als sie in die Bankreihe vor ihm einrückte. Ihr Blick war hochmütig, beinahe herausfordernd und passte zu der Art und Weise, wie sie sich ins Kondolenzbuch eingetragen hatte.

Sie war überschlank, ihr blondes Haar raspelkurz, wie bei Frauen, die gerade eine Chemotherapie hinter sich gebracht haben. Ihr Blick war allerdings nicht der einer Kranken. Forschend. Als könnte sie ihn mühelos durchschauen.

Er beschloss, den Stier bei den Hörnern zu packen. Auch diese Frau konnte bloß seine Fassade sehen - einen harmlosen alten Herrn, der freundlich mit den Augen zwinkerte.

Auf dem Weg nach draußen ging er direkt an ihr vorbei. »Entschuldigen Sie bitte«, sagte er lächelnd. »Sie sehen mich an, als würden Sie mich kennen.« Er fasste sich an den Nacken, eine bedauernde Geste, die er seit vielen Jahren perfektioniert hatte. »Stephen Morland, so heiße ich. Ich glaube nicht, dass wir uns schon begegnet sind. Oder doch? Verzeihen Sie bitte. Mein Gedächtnis ist leider nicht mehr so gut wie früher. Vielleicht sind Sie so nett und helfen mir auf die Sprünge?«

»Ich kenne Sie nicht«, sagte die Frau, die sich als Lissie von Spiegel eingetragen hatte, knapp und mit einer Nüchternheit, die er als unhöflich empfand. »Das ist es ja gerade.«

»Wie bitte?«

»Ihr Name. Stephen Morland. Da klingelt nichts bei mir«, sagte sie.

»Nun â¦« Er hob die Schultern. Lächelte.

»Die Tote war nicht gerade beliebt.« Die Frau deutete mit dem Kopf auf das spärliche Häuflein, das auf den Pfarrer und die Ministranten wartete. »Das sind ein paar Leute aus dem Verlag, in dem ihre Bücher erschienen sind. Ich vermute mal, ihr Verleger hat sie verdonnert, hier zu erscheinen«, sagte die Frau. »Und die neben dem Beichtstuhl«, sie zeigte auf ein grobschlächtiges Frauenzimmer in den Sechzigern, das breitbeinig dastand und die Handtasche umklammerte, »war Annas Putzfrau. Der ich Geld gegeben habe, damit sie heute kommt. Also. Wer in aller Welt sind Sie?«

»Ich vertrete gewissermaßen die Familie«, sagte er.

»Von den Winterlings lebt keiner mehr«, konterte sie sofort. »Anna war die letzte.«

»Ich bin ein alter Freund ihres Großvaters. Ich habe Anna gekannt, als sie noch so klein war.« Er beugte den Rücken und ließ seine rechte Hand etwa einen Meter über dem Boden schweben. »Dass sie so jung sterben musste â¦ Es war ein furchtbarer Schock, als ich s erfahren hab. Erst vor ein paar Tagen, weil ich im Ausland war.« So, nun kommst du, dachte er und zwinkerte imaginäre Tränen weg.

»Sind Sie Engländer?«

»In London geboren, aber später hat es mich nach Wien verschlagen. Habe ich nun Ihren Wissensdurst ausreichend gestillt, junge Frau? Darf ich nun meinerseits fragen, woher Sie Anna Santer kannten?«

Bevor sie antworten konnte, berührte ihn einer der Sargträger am Arm. Es war so weit. Wohl oder übel war er gezwungen, sich der Prozession anzuschließen. Als er sich umsah, war sie verschwunden.

***

Lissie von Spiegel beobachtete den Mann, wie er durchs Friedhofstor trat, stehen blieb und sich die Krawatte richtete. Er ließ sich Zeit dabei. Sie hatte diese Angewohnheit bereits registriert, vorhin, an Annas Sarg.

Seinetwegen saß sie jetzt im Auto, anstatt nach Hause zu fahren, wie die anderen Trauergäste.

Was störte sie eigentlich? Er war doch nur ein alter Mann, mit der typischen Geschwätzigkeit, die sich einstellte, wenn die achtzig überschritten waren. Doch hinter seiner leutseligen Miene und den umständlichen Gesten verbarg sich etwas. Ein unangenehmer Geruch nach Gammelfleisch, das schon längst im Müll hätte landen sollen.

Hinter dem Mann erschien jetzt Annas Putzfrau, die Schirinka. Lissie zog eine Grimasse.

Wahrscheinlich denkt das Weibsstück gerade darüber nach, dass sie mir viel zu wenig Geld abgeluchst hat für diesen Gang auf den Friedhof, bei dem sie nichts tun musste, als herumzusitzen und sich vom Pfarrer ein paar Worte über Anna anzuhören.

Nicht dass es viel gewesen wäre, hauptsächlich oberflächliches Zeug über Annas Leben als Schriftstellerin. Ihr Mann, der mit ihr zusammen umgekommen war, war längst beerdigt, in der Nähe von München, wo noch eine Tante lebte. Anna dagegen hatte mehrere Monate in einem Kühlfach der Meraner Gerichtsmedizin zubringen müssen, wegen des Gerangels um Zuständigkeiten zwischen den italienischen und deutschen Behörden. Und weil es keine Tante und keine anderen Angehörigen mehr gab, die Druck gemacht hätten, um die Herausgabe der Leiche zu beschleunigen.

Die Schirinka trat in den Torbogen, wandte sich dem Mann zu - und einen Augenblick lang sah es aus, als wolle sie etwas sagen. Doch dann stapfte sie wortlos von dannen. Der Alte sah ihr hinterher,...
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Autor

Elisabeth Florin wuchs in Süddeutschland auf; ihre journalistische Laufbahn begann sie in den 1980er Jahren bei der RAI in Bozen. Von den Menschen in Südtirol und ihrer Geschichte fasziniert, verbringt sie seither viel Zeit in Meran und Umgebung. Sie arbeitete 25 Jahre lang als Finanzjournalistin und Kommunikationsexpertin in Frankfurt am Main.