Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Alles still auf einmal

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
dtv Verlagsgesellschafterschienen am18.04.20191. Auflage
»Mit nur sechs Jahren versteht Zach mehr von Herz und Seele als die Erwachsenen um ihn herum.« The Washington Post Aufgeregt versteckt sich Zach mit seinen Klassenkameraden im Wandschrank. Es ist heiß und stickig und eng. Draußen fallen Schüsse ? drinnen ahnt Zach, dass etwas Schreckliches geschieht. Er wird schließlich gerettet, aber sein älterer Bruder Andy stirbt, und nichts wird je wieder wie früher sein. Die Familie droht an dem Verlust zu zerbrechen. Doch es ist ausgerechnet der kleine Zach, der die Menschen, die er liebt, aus der Verzweiflung führt.

Rhiannon Navin, aufgewachsen in Bremen, arbeitete in verschiedenen New Yorker Werbeagenturen, bevor sie Fulltime-Mutter und Autorin wurde. Heute lebt sie mit ihrem Mann, drei Kindern, zwei Katzen und einem Hund nahe New York City.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,95
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

Klappentext»Mit nur sechs Jahren versteht Zach mehr von Herz und Seele als die Erwachsenen um ihn herum.« The Washington Post Aufgeregt versteckt sich Zach mit seinen Klassenkameraden im Wandschrank. Es ist heiß und stickig und eng. Draußen fallen Schüsse ? drinnen ahnt Zach, dass etwas Schreckliches geschieht. Er wird schließlich gerettet, aber sein älterer Bruder Andy stirbt, und nichts wird je wieder wie früher sein. Die Familie droht an dem Verlust zu zerbrechen. Doch es ist ausgerechnet der kleine Zach, der die Menschen, die er liebt, aus der Verzweiflung führt.

Rhiannon Navin, aufgewachsen in Bremen, arbeitete in verschiedenen New Yorker Werbeagenturen, bevor sie Fulltime-Mutter und Autorin wurde. Heute lebt sie mit ihrem Mann, drei Kindern, zwei Katzen und einem Hund nahe New York City.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783423435161
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum18.04.2019
Auflage1. Auflage
SpracheDeutsch
Dateigrösse1210 Kbytes
IllustrationenFormat: EPUB
Artikel-Nr.4041640
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Am Tag, als der Amokläufer kam

Wenn ich mich später an den Tag erinnerte, als der Amokläufer kam, dachte ich immer zuerst an den Atem meiner Lehrerin Miss Russell. Er war heiß und roch nach Kaffee. Im Wandschrank war es dunkel, nur durch die Tür kam ein bisschen Licht herein, obwohl Miss Russell sie von innen zuhielt. Einen Türgriff gab es nicht, da hing bloß so ein loses Metallstück, und das zog sie mit Daumen und Zeigefinger fest zu sich heran.

»Ganz still, Zach«, flüsterte sie. »Nicht bewegen.«

Ich bewegte mich nicht. Obwohl ich auf meinem linken Fuß saß und der war eingeschlafen und tat richtig weh.

Ich spürte Miss Russells Kaffeeatem auf meiner Wange, wenn sie redete, und das störte mich ein bisschen. Ihre Finger zitterten, und sie musste sehr viel reden, mit Evangeline und David und Emma hinter mir im Wandschrank, denn die weinten und blieben nicht still.

»Ich bin ja bei euch, Kinder«, sagte Miss Russell. »Ich beschütze euch. Schhhhhh, seid bitte leise.« Draußen hörten wir immer weiter die PLOP-Geräusche. Und Schreie.

 


PLOP PLOP PLOP


 

Es klang fast genauso wie die Geräusche in dem Star-Wars-Spiel, das ich manchmal auf der Xbox spiele.

 


PLOP PLOP PLOP


 

Immer drei PLOPs, dann wieder Stille. Stille oder Schreie. Miss Russell zuckte jedes Mal zusammen, wenn es PLOP machte, und dann flüsterte sie noch schneller. »Gebt keinen Mucks von euch!«

Evangeline hatte Schluckauf.

 


PLOP Hicks PLOP Hicks PLOP Hicks


 

Ich glaube, irgendwer hatte in die Hose gemacht, denn genau so roch es im Wandschrank. Nach Miss Russells Atem und nach Pipi. Und nach den Jacken, die immer noch nass waren vom Regen in der Pause. »Da kann man wohl kaum draußen spielen«, hatte Mrs. Colaris gesagt. »Was? Wir sind doch nicht aus Zucker!« Regen machte uns nichts aus. Wir hatten Fußball gespielt und Räuber und Gendarm, und dabei waren unsere Haare und unsere Jacken ganz nass geworden. Ich versuchte, mich umzudrehen und zu fühlen, ob die Jacken noch nass waren.

»Nicht bewegen«, flüsterte Miss Russell mir zu. Sie wechselte die Hand, mit der sie die Tür zuhielt, und ihre Armbänder klimperten.

Miss Russell trägt an ihrem rechten Handgelenk immer ganz viele Armbänder. An manchen baumeln kleine Anhänger, das sind Glücksbringer, die helfen ihr, sich an besondere Sachen zu erinnern. Wenn sie im Urlaub ist, kauft sie immer einen neuen Anhänger, um hinterher noch ganz lange daran zu denken. Am Anfang der ersten Klasse hat sie uns alle ihre Anhänger gezeigt und uns erzählt, woher sie die hat. Und in diesen Sommerferien hat sie einen neuen gekauft, ein Boot. Es sieht genauso aus wie das Boot, mit dem sie ganz nah an einen riesengroßen Wasserfall herangefahren ist, die Niagarafälle. Nur in winzig klein. Die Niagarafälle sind in Kanada.

Jetzt fing mein linker Fuß an, richtig wehzutun, und ich versuchte, ihn gerade so weit rauszuziehen, dass Miss Russell es nicht merkt.

Wir waren gerade aus der Pause gekommen und hatten unsere Jacken in den Schrank gehängt, und als wir die Mathe-Bücher herausholten, gingen die PLOP-Geräusche plötzlich los. Ganz leise zuerst - so als ob sie vom anderen Ende des Flurs kommen, vom Eingang, wo Charlies Schreibtisch steht. Wenn Eltern ein Kind mal vor Schulschluss oder aus dem Krankenzimmer abholen, bleiben sie immer an Charlies Schreibtisch stehen, schreiben ihren Namen auf und zeigen ihren Ausweis vor, und dann kriegen sie ein Schild mit der Aufschrift »Besucher« an einem roten Band, das müssen sie dann um den Hals tragen.

Charlie ist der Wachmann der McKinley-Schule und schon dreißig Jahre hier. Als ich noch in der Vorschule war, im letzten Jahr, da hat es in der Aula eine große Feier für ihn gegeben. Sogar ganz viele Eltern sind gekommen, denn er war schon Wachmann, als sie selbst noch Kinder waren und auf die McKinley gingen, so wie Mommy. Charlie hat gesagt, dass er gar keine Feier braucht. »Ich weiß auch so, dass alle mich lieben«, hat er gesagt und sein lustiges Lachen gelacht. Aber er hat trotzdem eine Feier bekommen, und ich glaube, darüber hat er sich auch gefreut. Die Bilder, die wir ihm für die Feier gemalt haben, hat er alle rundherum auf seinem Schreibtisch aufgestellt, und die restlichen hat er mit nach Hause genommen und dort aufgehängt. Mein Bild stand genau in der Mitte, ganz vorn auf seinem Schreibtisch, denn ich kann richtig gut malen.

 


PLOP PLOP PLOP


 

Ganz leise zuerst. Miss Russell war gerade dabei, uns zu erklären, welche Seiten im Mathe-Buch wir im Unterricht durcharbeiten sollen und welche Seiten Hausaufgaben sind. Aber dann hörte sie auf einmal auf zu reden und runzelte die Stirn, wegen den PLOP-Geräuschen. Sie ging zur Tür unseres Klassenzimmers und schaute durch die Glasscheibe hinaus.

»Was zum ...«, sagte sie.

 


PLOP PLOP PLOP


 

Sie machte einen großen Schritt weg von der Tür und sagte: »Scheiße.« Das hat sie wirklich gesagt. Das Sch-Wort - wir haben es alle gehört und fingen an zu lachen. Gleich danach hörten wir aus der Sprechanlage an der Wand Geknister, und dann rief eine Stimme: »Türen schließen, Türen schließen, Türen schließen!« Aber es war nicht Mrs. Colaris´ Stimme. Wenn wir sonst den Notfall geübt haben, rief Mrs. Colaris immer nur einmal »Türen schließen!« durch die Sprechanlage. Diese Stimme rief es ganz oft und ganz schnell.

Miss Russells Gesicht wurde ganz weiß, und wir hörten auf zu lachen, denn jetzt sah sie so anders aus, und sie lächelte nicht mal ein bisschen. Es machte mir Angst, wie ihr Gesicht plötzlich aussah, und mein Hals wurde so eng, dass ich kaum noch Luft kriegte.

Miss Russell drehte sich vor der Tür ein paar Mal im Kreis, als ob sie nicht weiß, wohin sie gehen soll. Dann hörte sie auf, sich im Kreis zu drehen, schloss die Tür ab und machte das Licht aus. Wegen dem Regen schien keine Sonne durch die Fenster, aber Miss Russell zog die Jalousien trotzdem runter. Und auf einmal redete sie ganz schnell, und ihre Stimme zitterte und klang irgendwie piepsig. »Denkt dran, was wir für den Notfall geübt haben«, sagte sie. Ich wusste noch, dass »Türen schließen« nicht »Rausgehen« heißt, so wie beim Feueralarm, sondern »Drinnen bleiben und verstecken«.

 


PLOP PLOP PLOP


 

Draußen im Flur schrie irgendwer ganz laut. Meine Beine fingen an zu zittern.

»Alle rein in den Wandschrank, Kinder«, sagte Miss Russell.

Wenn wir sonst den Notfall geübt haben, hat es immer Spaß gemacht. Wir haben so getan, als ob wir die Bösen sind, und wir mussten nur eine Minute oder so im Wandschrank hocken. Und dann ist Charlie mit seinem Spezialschlüssel gekommen, mit dem man alle Türen in der Schule aufmachen kann, und hat die Klassenzimmertür von draußen aufgeschlossen.

»Ich bin´s, Charlie!«, haben wir ihn rufen hören, und das war dann das Zeichen dafür, dass die Übung vorbei ist. Jetzt wollte ich nicht in den Wandschrank, weil fast alle anderen schon drin waren, und es war schon ganz voll. Aber Miss Russell legte mir die Hand auf den Kopf und schob mich hinein.

»Schnell, Kinder, schnell«, sagte sie. Vor allem Evangeline und David und noch ein paar andere Kinder fingen an zu weinen und jammerten, dass sie nach Hause wollten. In meinen Augen waren auch Tränen, aber ich wollte nicht, dass sie rauskommen und alle meine Freunde es sehen können. Also benutzte ich den Quetschtrick, den ich von Grandma gelernt habe: Man muss die Nase mit den Fingern richtig fest zusammenquetschen, da, wo sie weich wird, dann kommen die Tränen nicht raus. Diesen Quetschtrick hat Grandma mir mal auf dem Spielplatz gezeigt, als ich fast angefangen habe zu weinen, weil mich jemand von der Schaukel geschubst hat. »Zeige nie, dass du weinen musst«, hat Grandma gesagt.

Miss Russell schob uns alle in den Wandschrank, und dann zog sie die Tür zu sich ran. Die ganze Zeit konnten wir die PLOP-Geräusche hören. Ich versuchte, die einzelnen PLOPs zu zählen.

 


PLOP-1 PLOP-2 PLOP-3


 

Mein Hals war so trocken und kratzig, dass ich am liebsten einen Schluck Wasser getrunken hätte.

 


PLOP-4 PLOP-5 PLOP-6


 

»Bitte, bitte, bitte«, flüsterte Miss Russell. Und dann hat sie mit Gott geredet. Sie hat ihn »Lieber Herrgott« genannt und ziemlich viel zu ihm gesagt. Aber das konnte ich alles nicht verstehen, weil sie ganz leise und schnell geflüstert hat, und ich glaube auch, das sollte nur Gott hören.

 


PLOP-7 PLOP-8 PLOP-9


 

Immer drei PLOPs und dann eine Pause.

Plötzlich sah Miss Russell auf und sagte noch einmal: »Scheiße.« Und dann: »Mein Handy!« Sie schob die Tür ein klein bisschen auf, und nachdem eine Zeit lang keine PLOPs zu hören gewesen waren, stieß sie sie ganz auf und rannte mit eingezogenem Kopf quer durchs Klassenzimmer zu ihrem Tisch. Dann rannte sie zurück zum Wandschrank, zog die Tür wieder zu und bat mich, das Metallstück zu halten. Und das tat ich, obwohl mir die Finger davon wehtaten, denn das war ganz...
mehr

Autor

Rhiannon Navin, aufgewachsen in Bremen, arbeitete in verschiedenen New Yorker Werbeagenturen, bevor sie Fulltime-Mutter und Autorin wurde. Heute lebt sie mit ihrem Mann, drei Kindern, zwei Katzen und einem Hund nahe New York City.