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Der Klang unserer Herzen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
528 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am18.03.2019
Eine außergewöhnliche Familiengeschichte, herzzerreißend und doch lebensbejahend.
Melody King hat ein seltenes Leiden, seit sie sich vor Jahren am Kopf verletzt hat: Sie singt, wenn sie in Stress gerät. Sie singt unkontrolliert und laut und in den unpassendsten Momenten - an der Supermarktkasse oder mitten während der Schulaufführung ihres Sohnes. Kein Arzt, kein Psychologe kann ihr helfen. Ihren beiden Kindern, Flynn und Rosie, ist das alles furchtbar peinlich, aber seit ihr Vater vor elf Jahren verschwand, hält die Familie liebevoll zusammen. Doch als die Kings auf eine Vermisstenanzeige stoßen, die auf Melodys Mann passt, werden sie mit einer Wahrheit konfrontiert, die ihr Leben komplett auf den Kopf stellt ...

Emma Cooper ist ehemalige Lehrerin und wohnt mit ihrem langjährigen Lebensgefährten und vier Kindern in Shropshire, England. Nebst ihrer Familie und dem Schreiben, liebt sie Käse, Wein, Filme und Pizza. Mathe war noch nie ihre Stärke. 'Der Klang unserer Herzen' ist ihr erster Roman.
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Produkt

KlappentextEine außergewöhnliche Familiengeschichte, herzzerreißend und doch lebensbejahend.
Melody King hat ein seltenes Leiden, seit sie sich vor Jahren am Kopf verletzt hat: Sie singt, wenn sie in Stress gerät. Sie singt unkontrolliert und laut und in den unpassendsten Momenten - an der Supermarktkasse oder mitten während der Schulaufführung ihres Sohnes. Kein Arzt, kein Psychologe kann ihr helfen. Ihren beiden Kindern, Flynn und Rosie, ist das alles furchtbar peinlich, aber seit ihr Vater vor elf Jahren verschwand, hält die Familie liebevoll zusammen. Doch als die Kings auf eine Vermisstenanzeige stoßen, die auf Melodys Mann passt, werden sie mit einer Wahrheit konfrontiert, die ihr Leben komplett auf den Kopf stellt ...

Emma Cooper ist ehemalige Lehrerin und wohnt mit ihrem langjährigen Lebensgefährten und vier Kindern in Shropshire, England. Nebst ihrer Familie und dem Schreiben, liebt sie Käse, Wein, Filme und Pizza. Mathe war noch nie ihre Stärke. 'Der Klang unserer Herzen' ist ihr erster Roman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641223267
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum18.03.2019
Seiten528 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1550 Kbytes
Artikel-Nr.4216563
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1

Melody

Unser Leben - ganz gleich, was in dessen Verlauf auch passiert - beginnt und endet mit einem Herzschlag: Es ist unser eigener persönlicher Rhythmus, unser eigenes Lied. Ein Lied kann sich heben und senken wie ein Atemzug. Es kann mit einem einzelnen Ton beginnen und zu einer Sinfonie werden: eine große, glückliche Familie aus Tönen und Klängen. Für mich allerdings haben Lieder eine noch viel tiefere Bedeutung.

»Das macht dann siebenundachtzig Pfund und sechsundsechzig Pence, bitte«, sagt die Supermarktkassiererin, und mir wird angst und bange.

Ich kann verstehen, wenn Ihnen das nicht unbedingt wie eine Schreckensnachricht vorkommt. Eigentlich ein ganz normaler Preis für den Wocheneinkauf einer dreiköpfigen Familie. Schließlich hat die maskulin wirkende Supermarktmitarbeiterin mir ja nicht gerade eröffnet, ich hätte nur noch eine Woche zu leben oder dass ich mir versehentlich den Rock in die Unterhose gestopft habe. Das Problem ist mein Kontostand. Ich weiß nämlich, dass heute, am 21. Februar, mein Konto prekär am Abgrund von ziemlich genau acht Pfund Bareinlage balanciert.

Ich höre die ersten Takte von Can´t Buy Me Love von den Beatles. Was zunächst recht undramatisch klingt. Überall auf der Welt läuft in Supermärkten Musik zur Hintergrundbeschallung, damit die Kunden in Kauflaune kommen. Ein etwas flotteres Tempo soll die schlafwandelnden Zombie-Kunden mit den leeren, toten Augen auf Trab bringen. Aber ich verrate Ihnen, warum die Worte der Kassiererin mich zum Schwitzen bringen: Ich versuche, ihr mein Cashflow-Dilemma zu erklären.

»Wie bitte?«, fragt die Kassiererin mit dem teigigen Gesicht verdattert, was ich ihr nicht verdenken kann. Sie müssen wissen, ich erläutere meine Zwangslage nicht etwa mit hängenden Schultern und »Das Leben ist nicht fair«-Leichenbittermiene.

Nein. Ich höre nicht nur den altbekannten Beatles-Klassiker, sondern habe angefangen mitzusingen - lauthals und mit dem Brustton der Überzeugung. Sie werden sich vielleicht wundern, warum ich der Kassiererin derart inbrünstig einen Beatles-Song entgegenschmettere. Tja, die Antwort darauf lautet, ich weiß es leider selbst nicht. Tatsächlich bin ich in den vergangenen zwei Jahren bei verschiedenen Ärzten gewesen, von denen es mir auch keiner sagen konnte. Genauso wenig wie die Gutachter, Spezialisten und Psychiater (von denen es so einige gab).

Aber ich sage Ihnen, was ich weiß.

Eines stürmischen, kalten Januarmorgens wachte ich auf - so weit erst mal nichts Ungewöhnliches. Es war auch nichts Besonderes daran, dass es Graue-Tonne-Tag war oder dass ich in Gummistiefeln und marshmallowrosa Morgenmantel, den ich fest um den fülligen Weihnachtsbauch geschlungen hatte, draußen stand und versuchte, besagte Tonne die steile Einfahrt vor dem Haus hochzuzerren. Ich sage, daran war nichts Besonderes, weil mein Leben schon damals ziemlich chaotisch war. Unorganisiert. Ein einziges großes Durcheinander. Wäre ich ein ordentlicher, organisierter Mensch, der zu werden ich mir jedes Silvester aufs Neue fest vornahm, dann hätte die Tonne längst vor dem Haus gestanden wie ein tapferer kleiner Soldat, der wacker den Elementen trotzt und mit entschlossenem Stolz seiner bevorstehenden Ausweidung entgegensieht. Wäre ich so ein Mensch, wäre mir nicht einen Tag vorher der Enteiser ausgegangen, weshalb ich die Autoscheiben mit heißem Wasser vom Eis befreien musste. Und dann wäre da auch keine gefrorene Glatteispfütze gleich neben dem Bordstein gewesen. Ich wäre nicht ausgerutscht und rückwärts hingeschlagen und mit dem Kopf aufs Pflaster geknallt. Meine elfjährige Tochter hätte nicht geschrien wie am Spieß, als sie mich zwanzig Minuten später blutüberströmt und bewusstlos auf der Straße liegen sah. Mein völlig verstörter Sohn hätte nicht in Panik versuchen müssen, unbeholfen seine Pfadfinderkenntnisse an mir anzuwenden, um meinen schwachen Puls zu ertasten, und ich hätte - natürlich - nicht in meinem eigenen Urin gelegen, der schon anfing, an meinen Beinen festzufrieren, während meine Kinder eine gefühlte Ewigkeit auf den Rettungswagen warteten und ihre schlaksigen jungen Körper von Tränen, Angst und viel zu viel Verantwortung geschüttelt wurden und sie verängstigt darüber diskutierten, wie oft sie bei der Herzmassage auf meinen Brustkorb drücken mussten.

Aber wie dem auch sei, hier im Supermarkt komme ich gerade richtig in Fahrt und zähle der Kassiererin alles auf, was man mit Geld nicht kaufen kann, und meine Stimme schickt Schockwellen des Unbehagens durch den ganzen Laden. Ich sehe - wie schon so oft - die verächtlichen Gesichter, in denen sich erst Erstaunen spiegelt, dann Missfallen und schließlich Belustigung. Seien Sie mal ehrlich: Wie würden Sie sich verhalten? Würden Sie weggucken? Mit dem Finger auf mich zeigen und mich unverhohlen anglotzen? Stellen Sie sich vor, Sie stünden in der Schlange hinter mir. An einem ganz gewöhnlichen Dienstag zur besten Mittagspausenzeit steht da eine zierliche Brünette Mitte dreißig an der Kasse und singt aus voller Kehle Can´t Buy Me Love. Nicht nur ist sie keine begnadete Sängerin - obwohl sie immerhin nicht komplett schief singt - nein, dazu gestikuliert sie auch noch wie eine zweitklassige Musical-Darstellerin und reißt den Mund auf, als sänge sie eine Oper! Ich bitte Sie, sagen Sie mir nicht, Sie würden nicht mit offenem Mund hinstarren, oder? Doch, das würden Sie! Würde ich auch. Schauen Sie mich nur mal an! Wie kann man die Augen nur so weit aufreißen, dass es aussieht, als würden sie einem jeden Moment aus dem Kopf fallen und in all ihrer glitschig-schleimigen Pracht wie glibberige Litschis auf den schmuddeligen Fliesen landen? Oh, und wie ich nicht müde werde zu betonen, dass die materiellen Dinge im Leben mir schnurzpiepegal sind, weil ich mir damit keine Zuneigung erkaufen kann. Haben Sie gesehen, dass mein ausladendes Hinterteil dabei hin- und herschwingt wie ein Pendel? Und sehen Sie meinen Zeigefinger, mit dem ich vor dem schwabbeligen Gesicht der Kassiererin herumfuchtele? Ist Ihnen aufgefallen, wie rot sie geworden ist? Schauen Sie sie nur an, wie sie sich auf ihrem Hocker windet und verzweifelt auf den Notknopf drückt, damit ihr irgendwer zu Hilfe eilt und ihr endlich diese unberechenbare Irre vom Hals schafft. Man sollte doch meinen, mit so einem beeindruckenden Oberlippenbart hätte sie ein bisschen mehr Verständnis für Sonderlinge. Hat sie noch nie was von Enthaarungscreme gehört? Ach herrje, mache ich jetzt auch noch eine Pirouette? Japp, schon geht´s los, die Hände ausgestreckt wie ein wahnsinniger Verkehrspolizist, während ich mich um die eigene Achse drehe und ... habe ich etwa gerade ...? Ja. Ich habe die Faust in die Luft gereckt. Haben Sie das gesehen? Ich habe tatsächlich die Faust triumphierend gen Himmel gereckt, während ich den letzten Ton schmettere.

Totenstille. Nicht mal ein leiser Pieps von einem trotzigen Kind. Nicht mal das Piepsen eines Scanners. Ich höre nur meine Selbstachtung klirrend in abertausend winzige Splitter zerspringen.

Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig. Und schon sind wir so weit. Drei Sekunden, mehr braucht es nicht, bis die britische Öffentlichkeit sich blind, taub und dumm stellt und wieder zur Tagesordnung übergeht. Aber ich weiß, dass sie dastehen und hinter vorgehaltener Hand hämisch kichern und ihren Freunden schreiben und Videos von mir auf YouTube hochladen (ja, das hat es alles schon gegeben - neunzehn Mal war der neueste Stand, als meine technikaffinen Kinder das letzte Mal nachgesehen haben) und sich glucksend vornehmen, ihren Freunden morgen Abend bei ein paar Drinks die ganze groteske Geschichte bis ins kleinste Detail brühwarm zu erzählen.

Heftig atmend krame ich in meiner Handtasche und versuche, mit zitternder Hand - sicher vom vielen Fingerwackeln - meine Kreditkarte herauszuholen.

»Entschuldigung«, murmele ich, »ich nehme den Rinderbraten doch nicht. Ich ... ähm ...«, atmen, »glaube, die Karte wird sonst ...« Beruhige. Dich.

Aus unerfindlichen Gründen, die das medizinische Fachpersonal unseres Landes nicht erklären kann, scheint mein »Zustand« durch Stress ausgelöst zu werden. Will heißen, ich singe und tanze nicht den lieben langen Tag. Als die Symptome damals erstmals auftraten - zuerst in Form von I Will Survive von Gloria Gaynor, dicht gefolgt von Crazy von Patsy Cline -, habe ich gar nicht dazu getanzt. Meine Stimme war ein gefangenes Raubtier, das sich mit Klauen und Zähnen zu befreien versuchte und verzweifelt gehört werden, verzweifelt entkommen, verzweifelt zerstören wollte. Die Tanzerei ist erst vor nicht allzu langer Zeit dazugekommen. Dr. Ashley meinte, das könnte ein Versuch meines Unterbewusstseins sein, eine unkontrollierbare Situation wieder unter Kontrolle zu bringen, indem es meine spontanen Ausbrüche in regelrechte »Showeinlagen« verwandelt und sie damit gesellschaftlich akzeptabler macht. Wie allerdings eine hüftwackelnde, poschwingende Tanzeinlage zu Boom! Shake the Room in der Umkleidekabine des Freizeitzentrums gesellschaftlich akzeptabler sein sollte, will mir nicht einleuchten. Meistens bin ich eigentlich ganz normal.

Ich lächele, so gut ich eben kann - mein Blick geht zu ihrem Namensschild -, »Sue« beruhigend zu.

Peinlich berührt nickt sie langsam, nimmt das Rindfleisch aus der Einkaufstüte und lässt mich dabei die ganze Zeit nicht aus den Augen, als hätte ich gerade eine geladene Waffe gezogen und nicht John und Paul aus tiefstem Herzen meine Verehrung entgegengejodelt. Ruhig bleiben. Atmen. Sie sieht aus wie ein Mann, und sie heißt Sue. Gab es da nicht einen Song ... Ach, verflixt und zugenäht. Denk jetzt bloß nicht an Johnny Cash, bleib ganz ruhig. Alles...

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Autor

Emma Cooper ist ehemalige Lehrerin und wohnt mit ihrem langjährigen Lebensgefährten und vier Kindern in Shropshire, England. Nebst ihrer Familie und dem Schreiben, liebt sie Käse, Wein, Filme und Pizza. Mathe war noch nie ihre Stärke. "Der Klang unserer Herzen" ist ihr erster Roman.