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Das Lodern der Flammen

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
288 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am21.03.2019
Feuerhölle am Bodensee Kommissar Madlener und seine Assistentin Harriet bekommen es mit einem besonders skrupellosen Täter zu tun: einem Feuerteufel, der von Mal zu Mal mehr Gefallen daran findet, den gesamten Bodenseeraum mit seinen Brandstiftungen in Angst und Schrecken zu versetzen. Als es ein erstes Todesopfer gibt, setzen die beiden alles daran, ihn endlich zu schnappen. Gleichzeitig haben sie noch einen Cold Case am Hals, den Madleners verstorbener Ex-Kollege nie lösen konnte ...

Walter Christian Kärger, aufgewachsen im Allgäu, studierte an der Hochschule für Fernsehen und Film und arbeitete 30 Jahre als Drehbuchautor in München. Über 100 seiner Drehbücher wurden für Kino oder TV verfilmt. Er lebt als Romanautor in Memmingen.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,90
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,49

Produkt

KlappentextFeuerhölle am Bodensee Kommissar Madlener und seine Assistentin Harriet bekommen es mit einem besonders skrupellosen Täter zu tun: einem Feuerteufel, der von Mal zu Mal mehr Gefallen daran findet, den gesamten Bodenseeraum mit seinen Brandstiftungen in Angst und Schrecken zu versetzen. Als es ein erstes Todesopfer gibt, setzen die beiden alles daran, ihn endlich zu schnappen. Gleichzeitig haben sie noch einen Cold Case am Hals, den Madleners verstorbener Ex-Kollege nie lösen konnte ...

Walter Christian Kärger, aufgewachsen im Allgäu, studierte an der Hochschule für Fernsehen und Film und arbeitete 30 Jahre als Drehbuchautor in München. Über 100 seiner Drehbücher wurden für Kino oder TV verfilmt. Er lebt als Romanautor in Memmingen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783960414773
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum21.03.2019
Seiten288 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3429 Kbytes
Artikel-Nr.4271323
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe
3


Is this the real life?

Is this just fantasy?

Caught in a landslide

No escape from reality

Queen, »Bohemian Rhapsody«


Kommissar Max Madlener stand in aller Herrgottsfrüh auf der weiträumigen Terrasse vor der Basilika Birnau und ließ seinen Blick über den Überlingersee, die nordwestliche Ausbuchtung des Bodensees, schweifen. Es war sein Lieblingsplatz am See, von hier aus hatte man einen wundervollen Panoramablick.

Seiner Meinung nach den schönsten überhaupt.

Nebelschwaden schwebten über der Insel Mainau und den Pfahlbauten bei Unteruhldingen, es war windstill, der Himmel über den Schweizer Alpen färbte sich rosaviolett. Die Rebstöcke der Weinberge, die sich unter ihm wohlgeordnet in Reih und Glied ausbreiteten, waren noch frühlingsgrün.

Über der Szenerie lag eine friedvolle Ruhe, wenn man das latente Grundrauschen ausblendete, das vom ständigen Verkehr stammte, der Tag und Nacht ohne Unterlass die B 31 entlangbrauste.

Es war eben so wie überall: Jede Ruhe war trügerisch, es fragte sich nur, wann sie vorbei war, dachte Madlener. Und warum man im Innersten nur darauf wartete, dass es unaufhaltsam so kommen musste, früher oder später.

Er merkte schon, dass er wieder einmal seinen philosophischen Tag hatte.

Aber das war kein Wunder.

Er hatte sein Fernglas dabei und schwenkte den Horizont ab.

Madlener genoss es, eine Stunde für sich zu sein, er hatte sich an diesem Morgen extra freigenommen, weil er in aller Ruhe über sich und seine Zukunft nachdenken wollte.

Was heißt freigenommen - er hatte sich selbst freigegeben. Als interimistischer Dienststellenleiter der Kriminalpolizei im Polizeipräsidium Friedrichshafen war Kommissar Max Madlener der oberste Dienstherr vor Ort und konnte innerhalb des Rahmens seiner Befugnisse tun und lassen, was er für richtig und angemessen hielt. Solange er die alltäglichen Verwaltungsarbeiten und die Papierstapel, die sich zu seinem Leidwesen auf seinem Schreibtisch türmten und trotz emsiger Büroüberstunden einfach nicht weniger werden wollten, nicht allzu sehr vernachlässigte.

Obwohl er manchmal nicht übel Lust verspürte, es so zu machen wie der Briefträger im nahe gelegenen Konstanz, bei dem vor Kurzem eine Hausdurchsuchung zutage gebracht hatte, dass der gute Mann vollkommen überfordert war und einen Großteil der Post, die er austragen sollte, bei sich in der Garage zwischengelagert und nach und nach in einem leeren Blechfass in seinem Schrebergarten verbrannt hatte.

Wenn Madlener seinen Blick von den Papierbergen auf seinem Schreibtisch aus dem Fenster seines Chefbüros hinaus auf die Müllcontainer im Hof des Präsidiums schweifen ließ, war er durchaus imstande, die Gedankengänge des Briefträgers nachzuvollziehen, und geriet schwer in Versuchung, alle Memos, Zettel, Anordnungen und Anfragen zu einem Bündel zu schnüren und auf Nimmerwiedersehen im Rachen des Papiercontainers verschwinden zu lassen.

Allmählich hatte er es satt, auf einem Posten zu sitzen, den er nie angestrebt hatte. Ganz im Gegenteil - er war ihm schon mehrfach angetragen worden, und er hatte jedes Mal dankend abgelehnt.

Doch nach der erzwungenen Demission der Kriminaldirektorin Schwanitz-Terstegen musste er nolens volens auf Geheiß seiner Vorgesetzten in den sauren Apfel beißen und sie widerstrebend so lange vertreten, bis ein Nachfolger gefunden war.

Er riss sich zusammen, so gut er konnte, aber die Welt der Wiedervorlagemäppchen war nun mal nicht die seine.

Verwaltungskram, Diensteinteilung, endlose Etatsitzungen und Telefonate, Urlaubsplanungen, Statistiken, Fortbildungsseminare, Schriftverkehr mit dem Ministerium - das alles langweilte ihn entsetzlich, um es jugendfrei auszudrücken.

Er war ein Mann der Tat und der Straße.

Spesenabrechnungen und Überstundenanträge prüfen und genehmigen - das sollten andere machen.

Zur überbordenden Bürokratie kam noch politisches Lavieren und diplomatisches Antichambrieren dazu.

Aber das war beileibe nicht alles.

Am schlimmsten war das Repräsentieren.

Madlener, sowieso kein Freund von größeren Menschenansammlungen, war gezwungen, bei sämtlichen städtischen Veranstaltungen anwesend zu sein. An der Seite von lokaler Politprominenz, Geld- und sonstigem Adel, Bankern, Winzern, Unternehmern, kurz: allen, die wichtig waren für das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben im gesamten Bodenseeraum oder sich sonst wie für wichtig hielten. Und das waren eine ganze Menge.

Oft waren es zwei oder drei offizielle Anlässe pro Woche, auf denen er sich blicken lassen musste.

Und das insbesondere in der nach dem Weihnachtsrummel für ihn schlimmsten Jahreszeit am Bodensee, der fünften, dem Fasching. Im schwäbisch-alemannischen Sprachraum Fasnet genannt.

Wie hatte er den Aschermittwoch herbeigesehnt!

Aber ihm blieb nichts anderes übrig, als stoisch die Umzüge, die Karnevalssitzungen und das närrische Treiben über sich ergehen zu lassen, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und dabei mit den Gedanken ganz woanders zu sein.

Dass diese ganzen Veranstaltungen eine lange historische Tradition hatten, war schön und gut und ihm von Kindesbeinen an bekannt.

Aber er hatte einfach keine Ader dafür.

Keinen Zugang.

Nie gehabt.

Das würde sich auch in diesem Leben nicht mehr ändern.

Harriet Holtby ging das genauso.

Wenigstens hatte er in seiner Assistentin eine Leidensgenossin. Aber Harriet hatte den Vorteil, dass sie nicht gezwungen war, an diesen Veranstaltungen teilzunehmen.

Von ihm in seiner neuen Position wurde es hingegen selbstverständlich erwartet. Ja, es war sozusagen eine Pflichtaufgabe, der er sich schwerlich entziehen konnte, indem er Unpässlichkeit oder sonst eine windelweiche Ausrede vorschützte.

Er war weder humorlos noch intolerant, aber mit albernen Verkleidungen, dem gemeinsamen Absingen von Liedern, die man nur im Vollrausch lustig finden konnte, Schunkeln und Büttenreden konnte er partout nichts anfangen.

Im Gegenteil, das alles war ein einziger Gräuel für ihn, ein Fegefeuer der falsch verstandenen, aufgesetzten Fröhlichkeit, ein Vorgeschmack auf die Vorhölle, und es bereitete ihm körperliche und seelische Qualen.

Dabei war er ein waschechter Eingeborener, der Bodensee war seine Heimat.

Heimat - auch so ein überstrapazierter Begriff, der, oft genug missbraucht, momentan wieder eine Art Renaissance durchmachte, erneut in aller Munde war und von der Politik - wie immer - je nach Standpunkt instrumentalisiert wurde. Wie hatte der Wiener Lebenskünstler Alfred Polgar gesagt, als er nach seiner Heimat gefragt wurde: »Ich bin überall ein bisschen ungern.«

Das war auch Madleners Devise.

Der Umstand, dass der Bodenseeraum bis in die Schweiz und nach Vorarlberg hinein eine einzige Faschingshochburg in sämtlichen Spielarten war, von der schrägen Guggamusik bis zu den rituellen Zusammenkünften mit dem obligatorischen »Narhallamarsch«, machte ihm jedes Mal den letzten Rest von Heimatgefühl zunichte, wenn er sich damit konfrontiert sah.

Ein zugegeben sentimentales Gefühl, das er zuweilen verspürte, wenn er mutterseelenallein bei magischer Föhnlage oder einer dramatisch aufziehenden Gewitterfront von der Aussichtsterrasse der Basilika Birnau seine Blicke über den Bodensee schweifen ließ.

So wie jetzt.

Er »glotzte romantisch«, wie Bertolt Brecht polemisiert hätte und er sich selbstkritisch in solchen Momenten eingestand.

Und zugestand.

Er machte das zuweilen, zu jeder Jahreszeit, am liebsten in der Morgendämmerung, wenn noch keine Touristen unterwegs waren. Weil er unter Schlaflosigkeit litt. Jedenfalls redete er sich das ein.

In Wirklichkeit steckte noch etwas anderes dahinter.

Die Sehnsucht nach einer heilen Welt.

Das genaue Gegenteil von der Welt, in der er sich berufs- und geburtsbedingt durchschlagen musste.

Das war naiv und kindisch, so viel war ihm klar. Deshalb wusste auch niemand davon, weil ihm das selbst ein wenig peinlich war.

Aber das war nun mal seine Art von Heimatgefühl.

Wenigstens für ein paar stille Minuten.

So lange, bis er durch seinen unvermeidlichen Handyton und die Worte seiner Sekretärin Frau Gallmann in die manchmal prosaische, manchmal raue Wirklichkeit zurückgeholt wurde.

Ein wichtiger Termin - welcher Termin war nicht wichtig! - mit dem Organisator des alljährlichen Seehasenfestes war vorgezogen worden. Madlener nahm es zur Kenntnis und legte auf.

Wenn er nicht seine Vorzimmerdame Frau Gallmann an seiner Seite gehabt hätte, die schon seinen Vorgängern als Chefsekretärin - jetzt: First Office Management Female Assistant - kompetent und zuverlässig durch sämtliche Untiefen geholfen hatte, er hätte nicht gewusst, wo ihm der Kopf stand. Immer wie aus dem Ei gepellt, immer gut gelaunt, immer da, wenn er sie brauchte. Ganz abgesehen davon, dass sie stets mit einer Tube Zovirax zur Hand war, wenn ihn wieder mal ein aufkeimender Herpes labialis in helle Panik versetzte - was stressbedingt immer öfter der Fall war - und er wie immer seine Tube in seinem Hotelzimmer vergessen hatte.

Von Anfang an war ihm sein Posten als Dienststellenleiter eher wie eine Strafversetzung vorgekommen, nicht wie eine Beförderung aufgrund seiner Verdienste.

Aber sobald er im Ministerium nachfragte, wann er denn nun endlich mit dem von Anfang an avisierten Nachfolger für die ehemalige Kriminaldirektorin Schwanitz-Terstegen rechnen konnte, erntete er nur Ausflüchte und wurde vertröstet, dass...
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