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Das Haus der schönen Erinnerungen

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
318 Seiten
Deutsch
Bastei Lübbeerschienen am29.03.20191. Aufl. 2019
Im altehrwürdigen Gutshaus Brockscombe blickt der 80-jährige Francis im Kreise der Familie auf sein bewegtes Leben zurück, während die junge Mattie einem verheißungsvollen Sommer entgegensieht: Ihr guter Freund Tim, in den sie heimlich verliebt ist, hat seinen Besuch angekündigt. Doch Tim hütet ein Geheimnis, das er gerade Mattie nicht anvertrauen kann. Da erhält Tim eines Tages unverhofft Unterstützung von Francis ...


Marcia Willett, in Somerset geboren, studierte und unterrichtete klassischen Tanz, bevor sie ihr Talent für das Schreiben entdeckte. Ihre Bücher erscheinen in 18 Ländern. Sie lebt mit ihrem Ehemann in Devon, dem Schauplatz vieler ihrer Romane.
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Produkt

KlappentextIm altehrwürdigen Gutshaus Brockscombe blickt der 80-jährige Francis im Kreise der Familie auf sein bewegtes Leben zurück, während die junge Mattie einem verheißungsvollen Sommer entgegensieht: Ihr guter Freund Tim, in den sie heimlich verliebt ist, hat seinen Besuch angekündigt. Doch Tim hütet ein Geheimnis, das er gerade Mattie nicht anvertrauen kann. Da erhält Tim eines Tages unverhofft Unterstützung von Francis ...


Marcia Willett, in Somerset geboren, studierte und unterrichtete klassischen Tanz, bevor sie ihr Talent für das Schreiben entdeckte. Ihre Bücher erscheinen in 18 Ländern. Sie lebt mit ihrem Ehemann in Devon, dem Schauplatz vieler ihrer Romane.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783732561162
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum29.03.2019
Auflage1. Aufl. 2019
Seiten318 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.4278201
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1. Kapitel

Den ganzen Frühling hindurch singt in der Esche unterhalb des Cottages früh und spät die Drossel. Sie ist das Erste, was er hört, wenn er vorsichtig die schmale, steile Treppe hinunterkommt, um sich einen Kaffee aufzubrühen, und das Letzte, wenn er sich aus dem kleinen Fenster in den stillen, lichten Abend hinauslehnt und nicht in der Lage ist, sich von diesem Zauber loszureißen, der nicht von dieser Welt ist, und ins Bett zu gehen.

Noch tragen die Bäume keine Blätter. Vor einem blassen, schimmernden Himmel recken sie kahle, missgestaltete Arme und knochige, dürre Finger in die Höhe; und doch kann er nie erkennen, wo in diesen verschlungenen, fantastischen Mustern sich die Drossel versteckt. Er steht da und betrachtet den Garten, der zu den beiden Feldern hin abfällt, die mit Gerste eingesät und an den Rändern mit Boxdorn und Eschen bestanden sind; und er blickt über diese Felder hinweg zu dem Fahrweg, der sich zum alten Farmhaus hinaufschlängelt.

Tim bewohnt das letzte Cottage in der Reihe. In viktorianischer Zeit hatte man hier Ställe ausgebaut, um Unterkünfte für Dienstboten zu schaffen; und vor einigen Jahren sind sie noch einmal modernisiert worden. Der alte Stallhof, der von zwei offenen Scheunen flankiert wird, in denen Autos geparkt sind, ist von dem Hof hinter dem Haupthaus durch ein Gatter mit fünf Querstreben getrennt.

Seit vielen Jahren wird Brockscombe nicht mehr als Hof bewirtschaftet. Ein Kapitän zur See hatte es mit seinem Preisgeld aus den Napoleonischen Kriegen gekauft, und es hat sich zu einem eleganten Wohnhaus entwickelt. Mit weißem Stuck und hohen Schiebefenstern steht es am Ende der Auffahrt, umgeben von Feldern, die schon vor langer Zeit an benachbarte Farmen verkauft worden sind.

Manchmal, wenn er auf dem Gelände unterwegs ist, meint Tim, an den Fenstern im oberen Stockwerk geisterhafte Gestalten winken zu sehen - und dann macht sein Herz vor Schreck einen Satz. Aber bestimmt sind die Geister nur Spiegelbilder der schnell ziehenden Wolken und der Äste, die sich im Wind heftig wiegen, oder? Und warum sollte er sich vor Geistern fürchten? Liegt es daran, dass er Angst hat, er könnte bald zu ihnen zählen, verloren und allein und aus seiner freundlichen, vertrauten Welt gerissen?

Mattie war es, die ihn auf die Brockscombe-Farm geschickt hat. Die hübsche Mattie mit den honigbraunen Augen und dem dunklen, lockigen Haar.

»Nächsten Monat höre ich auf«, erklärte er ihr, während sie in der kleinen Küche des Londoner Verlags, in dem sie arbeiteten - sie als PR-Agentin und er in der Marketingabteilung -, Tee kochten. »Ich nehme mir eine Auszeit von sechs Monaten und überlege, was ich anschließend mache. Ich brauche etwas, wo ich mich eine Weile entspannen kann. Ein Cottage auf dem Land, aber nicht zu abgelegen. Hast du eine Idee?«

Nachdenklich sah sie ihn an, als könnte sie seine geheimsten Gedanken lesen; und mit einem Mal sehnte er sich danach, ihr die ganze Wahrheit zu sagen, doch sie stellte keine Fragen.

»Du musst nach Brockscombe«, sagte sie. »Zu Cousin Francis, William und Tante Kat und Charlotte. Der perfekte Ort für eine Auszeit. Knapp westlich von Exeter.«

Er lachte. Das klang so eigenartig. »Was ist Brockscombe? Und wer sind diese Leute? Cousin Francis, William und Tante Kat und Charlotte?«

Sie lachte ebenfalls. »Brockscombe ist ein wunderschönes altes Farmhaus aus georgianischer Zeit, das Francis Courtney gehört. Er ist weit über achtzig, lebt allein in dem Haus und schreibt seine Memoiren. Er war Parlamentsabgeordneter. Ich bin mir nicht ganz sicher, wie er mit William und Tante Kat verwandt ist, aber die beiden sind Cousin und Cousine und bewohnen zusammen eines der Cottages auf dem Gelände. Charlotte ist meine große Schwester. Sie ist mit Williams Sohn Andy verheiratet. Er ist bei der Marine und Oberleutnant auf einer Fregatte mit Heimathafen Plymouth. Charlotte war von den Dienstwohnungen nicht besonders beeindruckt. Deswegen sind sie letzten Herbst, kurz bevor der kleine Oliver geboren wurde, in das Cottage neben William und Tante Kat gezogen, was wirklich gut ist, weil Andys Schiff die nächsten paar Monate auf See sein wird und Charlotte so jede Menge Unterstützung hat. Kat ist nicht wirklich Andys Tante, sondern eine Art Cousine, doch er nennt sie immer Tante Kat , und inzwischen machen wir das alle. Das Ganze ist ein bisschen verrückt, aber sehr lustig. Du würdest sie mögen.«

»Es klingt jedenfalls ... ungewöhnlich.«

»Es gibt noch ein weiteres Cottage«, sagte sie. »Als ich letztes Mal dort war, stand es leer. Dort wärst du ganz für dich. Bis zu einem gewissen Punkt jedenfalls.« Wieder sah sie ihn aufmerksam und nachdenklich an. »Sie würden dir nicht lästig fallen oder neugierig sein«, versicherte sie ihm. »Jedenfalls nicht allzu sehr.«

Erneut lachten sie. Es war so gut zu lachen; es linderte die Angst.

»Ich würde sie gern kennenlernen«, erklärte er.

»Also, dafür kann ich sorgen. Möchtest du lieber allein fahren, oder sollen wir zusammen hinunterfahren, und ich stelle dich vor?«

Wieder durchlief ihn kalte Angst und lähmte ihn. »Das wäre vielleicht gut. Zusammen zu fahren, meine ich. Wenn du dir sicher bist?«

»Klar bin ich mir sicher«, antwortete sie beiläufig. »Es ist Zeit, dass ich wieder einen Besuch bei ihnen allen in Devon mache. Lass uns die Fahrt planen, falls du dich traust, in mein altes Auto zu steigen.«

Cousin Francis, William, Charlotte und Tante Kat: Auf der Fahrt von London nach Devon erzählte Mattie ihm alles. Mit ihren Worten schuf sie so lebhafte Bilder, dass er sie alle deutlich vor sich sehen konnte, während die M4 rasch hinter ihnen zurückblieb. William, der von seiner Frau Fiona getrennt lebt, ist Mitte fünfzig und Steuerberater, klein, fröhlich, mit einem lockigen, grau melierten Haarkranz und leuchtend blauen Augen. Tante Kat, Anfang sechzig, eine ehemalige, international bekannte Balletttänzerin und Choreografin, ist hochgewachsen, elegant und unkonventionell. Charlotte, gerade zweiunddreißig geworden, verdient ihr Geld als Webdesignerin; sie ist tatkräftig und kompetent und außerdem entschlossen, ihrem Baby, dem fünf Monate alten Oliver, eine perfekte Mutter zu sein und zudem ihren Golden Retriever Wooster zu versorgen. Cousin Francis, mager, knochig und zäh, taucht von Zeit zu Zeit aus seiner Höhle auf, um in der Sonne zu sitzen und zu plaudern. Während Mattie sich an vergangene Begegnungen erinnerte, Anekdoten erzählte und die Eigenarten der Bewohner von Brockscombe schilderte, erweckte sie sie so deutlich zum Leben, dass sie Tim schon wie alte Freunde vorkamen, als er sie endlich kennenlernte.

Wie leicht Mattie alles machte, wie einfach. Sie fuhr ihn hin, bestellte ihm ein Zimmer in einem Gasthaus im Dorf, als wüsste sie, dass er seinen Freiraum brauchte, und stellte ihn William und Charlotte und Tante Kat vor, die ihn herzlich und ungezwungen aufnahmen. Sie gingen mit ihm zu Cousin Francis, einem hochgewachsenen, gebrechlichen, aber unbezwingbaren alten Herrn mit durchdringendem Blick, der sich bereit erklärte, Tim das Cottage für sechs Monate zu vermieten. So kamen sie überein.

»Melde dich, Tim«, sagte Mattie an seinem letzten Tag im Verlag. Es war beinahe eine Frage. »Charlotte wird mir natürlich berichten, wie es dir ergeht, aber es wäre nett zu wissen, ob es für dich wirklich das Richtige ist.«

»Natürlich mache ich das«, antwortete er. »Ich maile dir.«

Eine E-Mail dann und wann war in Ordnung. Das brachte er fertig, ohne sich allzu sehr zu verpflichten.

Sechs Wochen später ist er hier in Brockscombe. Er liebt die Ruhe, die außerordentliche Schönheit des alten Hauses, den Stallhof und die Landschaft der Umgebung. Es ist, als wäre er endlich nach Hause gekommen. Bei dem Gedanken lächelt er ironisch: Ziemlich spät für ihn.

»Aber besser spät als nie«, sagt er sich.

In den letzten Wochen, seit bei ihm ein ganz frühes Stadium einer seltenen degenerativen Krankheit diagnostiziert worden ist, hat er ziemlich viel mit sich selbst geredet. Er hat versucht, negative Gedanken, Angst und Einsamkeit auf Abstand zu halten.

Jetzt hat er einen Plan. Er hat sich amtliche Landkarten besorgt und begonnen, diese wunderbare Grafschaft, in der er durch einen glücklichen Zufall gelandet ist, zu erkunden. Manchmal führt die Reise ihn über die Moore und dann wieder ans Meer; oft verirrt er sich auf den gewundenen, verborgenen Fahrwegen. Aber jetzt steht er jeden Morgen zielstrebig auf, mit einem Plan, der ihn von seiner Angst ablenkt. Und nun scheint er zum ersten Mal in seinem Leben die Familie zu haben, nach der er sich immer gesehnt hat - zweiunddreißig Jahre zu spät.

Charlotte nimmt ihr Smartphone zur Hand und liest Matties E-Mail:

Wie geht es euch allen? Süße Bilder von Ollie. Er ist umwerfend. Habe sie gerade allen gezeigt. Bin eine stolze Tante. Vergesst nicht, nett zu Tim zu sein. Alle hier lassen ihn ganz lieb grüßen.

Charlotte spürt einen kleinen Anflug von Verärgerung; sie braucht keine Erinnerung daran, nett zu sein - weder zu Tim noch zu sonst wem -, und besonders nicht von ihrer kleinen Schwester. Jedenfalls ist sie froh, dass Tim da ist. Es macht Spaß, manchmal einen Gleichaltrigen zum Reden zu haben, und er ist sehr lustig, obwohl er auch still und nachdenklich wirkt.

»Keine Ahnung, was bei Tim schiefgelaufen ist«, hat Mattie zu ihr gesagt, »nur, dass seine Beziehung zu seiner Freundin ziemlich plötzlich auseinandergegangen ist. Er sagt, er muss sich neu orientieren, wünscht sich aber Zeit, um darüber nachzudenken.«

Charlotte sieht nach...

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Marcia Willett, in Somerset geboren, studierte und unterrichtete klassischen Tanz, bevor sie ihr Talent für das Schreiben entdeckte. Ihre Bücher erscheinen in 18 Ländern. Sie lebt mit ihrem Ehemann in Devon, dem Schauplatz vieler ihrer Romane.
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