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Hotel Cartagena

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
229 Seiten
Deutsch
Suhrkamp Verlag AGerschienen am29.09.2019Originalausgabe
Eine unterkühlte Hotelbar am Hamburger Hafen. Unten an den Docks glitzern die Lichter, oben sind die Tische eher dünn besetzt. Plötzlich gehen die Türen auf, zwölf schwerbewaffnete Männer kapern die Bar, nehmen Gäste und Personal in Geiselhaft. Mittendrin: Chastity Riley, die sich eigentlich auf ein schmerzhaftes Wiedersehen mit alten Freunden eingestellt hatte, jetzt aber gemeinsam mit allen anderen Geiseln lernen muss, dass es Verletzungen gibt, die sich einfach nicht mehr reparieren lassen ...

Der Kiez in den 80ern, ein junger Mann will raus. Er nimmt ein Schiff nach Kolumbien und lernt am Strand von Cartagena, was passiert, wenn man mit den falschen Leuten feiert. Auf die große Party folgt die Hölle. Erst das ganz große Drogengeschäft, dann Verrat, Flucht, Untertauchen. Später dann: die Chance auf Vergeltung. Der inzwischen gar nicht mehr so junge Mann beschließt, sie zu ergreifen.
Und so wird St. Pauli von einer spektakulären Geiselnahme erschüttert. Die Polizei steht draußen und scheint zum Zuschauen verdammt, während Staatsanwältin Chastity Riley ihren inneren John McClane aktivieren muss.



Simone Buchholz, geboren 1972 in Hanau, zog 1996 nach Hamburg, wegen des Wetters. Sie wurde auf der Henri-Nannen-Schule zur Journalistin ausgebildet und schreibt seit 2008 Kriminalromane. Ihre Reihe um die Staatsanwältin Chastity Riley wurde vielfach ausgezeichnet. Simone Buchholz wohnt auf St. Pauli und schreibt regelmäßig die Kolumne »Getränkemarkt« im SZ-Magazin sowie Texte für Die Zeit.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR15,95
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextEine unterkühlte Hotelbar am Hamburger Hafen. Unten an den Docks glitzern die Lichter, oben sind die Tische eher dünn besetzt. Plötzlich gehen die Türen auf, zwölf schwerbewaffnete Männer kapern die Bar, nehmen Gäste und Personal in Geiselhaft. Mittendrin: Chastity Riley, die sich eigentlich auf ein schmerzhaftes Wiedersehen mit alten Freunden eingestellt hatte, jetzt aber gemeinsam mit allen anderen Geiseln lernen muss, dass es Verletzungen gibt, die sich einfach nicht mehr reparieren lassen ...

Der Kiez in den 80ern, ein junger Mann will raus. Er nimmt ein Schiff nach Kolumbien und lernt am Strand von Cartagena, was passiert, wenn man mit den falschen Leuten feiert. Auf die große Party folgt die Hölle. Erst das ganz große Drogengeschäft, dann Verrat, Flucht, Untertauchen. Später dann: die Chance auf Vergeltung. Der inzwischen gar nicht mehr so junge Mann beschließt, sie zu ergreifen.
Und so wird St. Pauli von einer spektakulären Geiselnahme erschüttert. Die Polizei steht draußen und scheint zum Zuschauen verdammt, während Staatsanwältin Chastity Riley ihren inneren John McClane aktivieren muss.



Simone Buchholz, geboren 1972 in Hanau, zog 1996 nach Hamburg, wegen des Wetters. Sie wurde auf der Henri-Nannen-Schule zur Journalistin ausgebildet und schreibt seit 2008 Kriminalromane. Ihre Reihe um die Staatsanwältin Chastity Riley wurde vielfach ausgezeichnet. Simone Buchholz wohnt auf St. Pauli und schreibt regelmäßig die Kolumne »Getränkemarkt« im SZ-Magazin sowie Texte für Die Zeit.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783518763216
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum29.09.2019
AuflageOriginalausgabe
Reihen-Nr.9
Seiten229 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.4286067
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


MEIN HERZ MACHT EIN UNGESUNDES GERÄUSCH


Die Wände sind aus Glas, von der schwarzen Decke baumeln ein paar gedimmte Kugellampen, zu unseren Füßen liegt der Hamburger Hafen in seinem gleißenden Nachtlicht. Diese Bar hier macht so sehr einen auf Ausblick, dass ich eigentlich keinem Drink, den ich nicht selbst gemixt habe, über den Weg trauen sollte. Zu viel aufdringliche Schönheit, zu viele Sieh-mich-an-Sachen, zu viel Ablenkung. Da kann sich doch keiner auf seinen Alkohol konzentrieren.

Meine Leute sitzen im hinteren Teil an einem großen Tisch.

Davor sehr viele Stehtische und Barhocker, ein Gewirr aus Stelzen, daneben ein langer, eleganter Tresen. Eine dunkle Flucht, und an jedem Ende steht ein spektakuläres Bild dieser Stadt.

Es ist mir ein Rätsel, warum der Faller seinen Geburtstag ausgerechnet hier feiern muss, wir passen doch schlechter an so einen Ort als ein Rudel Straßenköter in eine Plastiktüte, warum stehen wir nicht im Silbersack am klebrigen Tresen und trinken Flaschenbier, warum sitzen wir nicht in einer dunklen Pizzeria und sind laut, und wo ist eigentlich die gottverdammte Jukebox, ach, gibt´s hier nicht, verstehe, hier gibt´s nur genau die beiden Männer, deren Anblick sofort etwas in mir zerdrückt, es reicht meistens schon, wenn ich sie aus dem Augenwinkel sehe.

Jetzt schaue ich sie für eine Sekunde jeweils frontal an, erst Klatsche, dann Inceman.

Mein Herz macht ein ungesundes Geräusch.

»Hallo«, sage ich in die Runde, auch um von diesem Geräusch abzulenken.

Und alle so: »Hallo?«

Ja, ich weiß, ich bin ein bisschen spät.

»Entschuldigung, Leute, ich bin zu spät.«

»Nicht der Rede wert, mein Mädchen«, sagt der Faller, greift nach meinen Händen und lächelt mich an.

Er sieht gut aus.

Er trägt einen schwarzen Rollkragenpullover, Hut und Mantel hat er an der Garderobe abgegeben, so wie auch alle anderen ihre Sachen an der Garderobe abgegeben haben. Faller lässt meine Hände los, und ich stecke sie in die Taschen meiner dunkelblauen Bomberjacke. Niemals würde ich eine Jacke oder einen Mantel an einer Garderobe abgeben. Das ist doch wie eine Rüstung an der Garderobe abgeben, das kann man doch nicht machen, da ist man dann doch komplett ohne Security.

»Suchen Sie sich einen schönen Platz«, sagt der Faller.

Das sagt der jetzt so.

Es ist nur noch ein Stuhl frei. Zwischen Brückner und Calabretta, also schon ein sehr schöner Platz, aber gleichzeitig schräg gegenüber von Klatsche, also auch ein sehr komplizierter Platz.

Ich setze mich trotzdem, versuche einfach, nirgendwohin zu sehen, und frage: »Wo ist denn Stepanovic, lassen die hier keine Cowboys rein oder was?«

»Dann wäre die Hälfte von uns nicht hier«, sagt Faller.

Und Carla sagt: »Wir dachten, dass du das vielleicht weißt.« Da ist dieser Unterton. »Wir dachten, ihr kommt vielleicht zusammen hier an.«

Ich weiß, was sie meint, und ich versuche, ihr mit einem unauffälligen Lächeln mitzuteilen, dass ich das weiß, und ja, ich hätte genau genommen auch damit gerechnet, zusammen mit ihm hier aufzutauchen, weil wir einfach ziemlich gut zusammen wo auftauchen können, aber in den letzten Monaten ist es in manchen Momenten etwas schwierig geworden zwischen uns.

Ich habe ihm in einer Bierlaune, okay, eher in einer Art Bierbad gesagt, dass ich immer noch und immer wieder mit Inceman ins Bett gehe, und das fand er nicht nur ein bisschen scheiße.

Es kam mir so vor, als würde es ihm richtig zu schaffen machen.

Aber ich kann ihm da nicht helfen. Ich bin nun mal der eher unübersichtliche Typ Frau.

Ich schüttele den Kopf und sage: »Seit Tagen nichts von ihm gehört. Er hat aber letzte Woche gesagt, dass er kommen wird.«

»Dann kommt er auch«, sagt der Faller, entschlossen, sich die Laune durch nichts und niemanden verderben zu lassen, schon gar nicht durch seine Freunde.

Vermutlich ist er der einzige im Raum, der mit jeder Faser seines Herzens weiß, wie unübersichtlich nicht nur ich bin, sondern wir alle sind, ja sogar alle Menschen auf der ganzen verdammten Welt. Der Faller weiß um den großen Knoten, den wir bilden und den ich manchmal nur erahnen kann, wenn ich an jemandem vorbeistolpere und dabei eine Hand zu fassen kriege und die kleinen Risse, die Beschädigungen in der Oberfläche spüre und denke: wow, du auch?

Stepanovics Hände sind voll davon, und wie ich so über seine Hände nachdenke, fällt mir auf, dass ein Stuhl für ihn fehlt, falls er wirklich noch kommen sollte, und das ist wohl auch Rocco aufgefallen, denn er sagt: »Leute, wir haben einen Stuhl zu wenig.«

Faller lächelt in die Runde.

»Ich hab nicht damit gerechnet, dass ihr tatsächlich alle aufkreuzt.«

»Ich hab da total mit gerechnet«, sagt Klatsche und schaut mich an, mit diesem gewissen Mhm-Blick, und vielleicht ist es erwähnenswert, dass der Inceman mich mit einem ähnlichen Ich-schau-dir-in-die-letzte-Ecke-Blick ansieht.

Nun.

Wir haben hier eine Situation.

Ich habe eine Situation mit meinem Ex-Lover und meinem Ab-und-an-Lover, aber alle anderen haben auch jede Menge Situationen miteinander. Calabretta, Carla und Rocco zum Beispiel, ja, jeder hier hat eine Vergangenheit mit jedem, und die Situation, die sich daraus ergibt, befindet sich vollständig und vollzählig genug an diesem Tisch. Vielleicht ist es ganz gut, dass Stepanovic nicht da ist, vielleicht wäre es sogar eine Erleichterung, wenn er gar nicht mehr kommt, denn schon jetzt scheint unsere Situation wie dafür gemacht, überzulaufen. Als müsste nur noch einer kommen und sich zu uns in die Wanne setzen und dann auch noch seine Hand da reintauchen, in all die Verflechtungen, die wir miteinander haben, und schon wäre es überall nass.

Ich wäre wahrscheinlich die Erste, die heult.

Warum, kann ich nicht sagen, ich fühle mich einfach etwas wackelig. Auch deshalb bin ich definitiv nicht die, die sich darum kümmern wird, dass Stepanovic zusteigt, da könnt ihr euch mal alle gehackt legen.

Ich versuche stattdessen, ein bisschen zu sortieren. Die Situation und mich.

Am einen Ende des Tischs sitzt der Faller und will seinen Geburtstag feiern.

Links von ihm sitzen Inceman, Schulle, Brückner, dann ich.

Dem Faller gegenüber sitzt der Calabretta.

Ums Eck daneben Anne Stanislawski, Klatsche, Rocco.

Dann Carla, die dem Faller gerade eine Hand auf den linken Unterarm legt und ihn fragt, ob es ihm gut geht.

Er nickt.

Frage und Nicken machen mir von einer Sekunde auf die andere klar, dass wir nicht unseretwegen hier sind, dass wir jetzt mal einfach scheißunwichtig sind. Freundschaft bedeutet ja auch, aus den jeweiligen egozentrischen Kreisen zu springen.

Wir sind wegen Faller hier, und es ist vollkommen irrelevant, was da in den letzten Jahren so alles zertrampelt wurde an Rasen und Blumen zwischen uns, und Carlas Frage ist die einzige, die zählt: Wie geht es dem alten Mann?

Wenn ich den Ausdruck auf seinem Gesicht richtig interpretiere, ist er ganz zufrieden. Nach allem, was er durch hat in seinem Leben. Da sind immerhin zwei tote Frauen, zwei tote Prostituierte, Frauen also, deren Leben sich sowieso nicht auf der Sonnenseite abgespielt hat, und dann kam der Faller. Die erste, Minou, hat er geliebt, und weil er das getan hat und dachte, es sei so einfach, weil er dachte, er dürfte lieben, wen er will, und er dürfte retten, wen er will, musste sie sterben. Die zweite kannte er gar nicht. Es war gar nicht nötig gewesen, sie kennenzulernen, um mit ihrem Tod zu tun zu haben. Es hatte gereicht, sich mit der albanischen Mafia anzulegen. Und schon war die Kleine tot. Lag in blutiger Unterwäsche neben dem ausgeknockten Faller im Bett. Manchmal frage ich mich heute noch, wie eine Männerseele sowas eigentlich überstehen kann. Na ja. Die Beschädigungen sind ja weithin sichtbar, zumindest für die Menschen, die sich ein bisschen mit Beschädigungen auskennen. Dann war da noch der glatte Durchschuss in der Schulter, der bestimmt auch ein paar Splitter im Gedächtnis hinterlassen hat und an dem ich die Schuld trage. Nach all dem hat er vor ein paar Jahren nochmal angefangen zu kämpfen, um Gerechtigkeit, um seine Seele, um Vergeltung für seine Toten. Und jetzt...

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Autor

Simone Buchholz, geboren 1972 in Hanau, zog 1996 nach Hamburg, wegen des Wetters. Sie wurde auf der Henri-Nannen-Schule zur Journalistin ausgebildet und schreibt seit 2008 Kriminalromane. Ihre Reihe um die Staatsanwältin Chastity Riley wurde vielfach ausgezeichnet. Simone Buchholz wohnt auf St. Pauli und schreibt regelmäßig die Kolumne »Getränkemarkt« im SZ-Magazin sowie Texte für Die Zeit.
Hotel Cartagena