Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Zucker

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
336 Seiten
Deutsch
oekom verlagerschienen am05.05.2020
»Eine unterhaltsame, informative und zugleich erschreckende Globalgeschichte eines wichtigen Stoffes.« Sven Beckert, Autor von King Cotton Er versüßt unser Leben, macht kurzfristig glücklich, doch sein Nachgeschmack ist bitter: Zucker ist weit problematischer, als die Werbetafeln der Softdrink-Hersteller vermuten lassen - und das nicht nur wegen der gesundheitlichen Probleme, die sein übermäßiger Konsum hervorruft. Was früher Königen und Fürsten vorbehalten war, ist heute aus unserer Ernährung kaum noch wegzudenken. Um zu verstehen, wie der Stoff unseren Alltag so vollkommen erobern konnte, blickt James Walvin in die Vergangenheit - und präsentiert eine Geschichte von Macht und Versuchung, von Sklaverei und Umweltproblemen, aber auch von Zivilisationskrankheiten wie Adipositas und Karies.

James Walvin ist emerierter Professor an der University of York. Er ist Autor zahlreicher Bücher, die sich meist mit der Geschichte der Sklaverei und des Sklavenhandels auseinandersetzen. Mit seinem Buch »Black and White« gewann er den Martin Luther King Memorial Prize.
mehr
Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR29,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR22,99
E-BookPDF0 - No protectionE-Book
EUR22,99

Produkt

Klappentext»Eine unterhaltsame, informative und zugleich erschreckende Globalgeschichte eines wichtigen Stoffes.« Sven Beckert, Autor von King Cotton Er versüßt unser Leben, macht kurzfristig glücklich, doch sein Nachgeschmack ist bitter: Zucker ist weit problematischer, als die Werbetafeln der Softdrink-Hersteller vermuten lassen - und das nicht nur wegen der gesundheitlichen Probleme, die sein übermäßiger Konsum hervorruft. Was früher Königen und Fürsten vorbehalten war, ist heute aus unserer Ernährung kaum noch wegzudenken. Um zu verstehen, wie der Stoff unseren Alltag so vollkommen erobern konnte, blickt James Walvin in die Vergangenheit - und präsentiert eine Geschichte von Macht und Versuchung, von Sklaverei und Umweltproblemen, aber auch von Zivilisationskrankheiten wie Adipositas und Karies.

James Walvin ist emerierter Professor an der University of York. Er ist Autor zahlreicher Bücher, die sich meist mit der Geschichte der Sklaverei und des Sklavenhandels auseinandersetzen. Mit seinem Buch »Black and White« gewann er den Martin Luther King Memorial Prize.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783962386641
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum05.05.2020
Seiten336 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5124403
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Einführung
Zucker in unserer Zeit

Wie ist es so weit gekommen? Was hat Millionen Menschen in aller Welt getrieben, eine Ware, Zucker, zu mögen - ja zu brauchen -, die, wie die Medizin inzwischen weiß, schlecht für uns ist? Noch mehr Fragen wirft die Werbung auf, mit der wir im Sommer 2016 bombardiert werden und die ein Produkt empfiehlt, weil es keinen Zucker enthält. In jenem Sommer sahen Millionen Fernsehzuschauer einen ungewöhnlichen Werbespot für Coca-Cola. Bei den Spielen der Fußballeuropameisterschaft in Frankreich, die teilweise von Coca-Cola gesponsert wurden, erschien auf den Banden rund um das Spielfeld der Aufruf, ein neues Getränk zu probieren, das »Zero Sugar« enthielt. Jeder, der ein Spiel verfolgte, sah die Botschaft »Zero Sugar«. Dutzende Male.

Die Spiele waren natürlich eine hervorragende Werbeplattform. Neben den Olympischen Sommerspielen und dem FIFA World Cup waren die Endspiele der Fußballeuropameisterschaft ein Ereignis, das Hunderte Millionen Zuschauer vor den Bildschirm lockte. Auffallend war daran, dass ein Produkt mit einer Zutat beworben wurde, die es nicht enthielt; ein Getränk wurde angekündigt, dem etwas fehlte; eine Limonade, die keinen Zucker enthielt. Dieses Produkt auf den Markt zu bringen hatte eine Stange Geld gekostet - 10 Millionen Pfund allein in Großbritannien.1 Ein derartiger PR-Feldzug ist praktisch beispiellos - ein Produkt für das anzupreisen, was es nicht zu bieten hat.

Für englische Zuschauer kam die Werbung zur rechten Zeit, denn nur ein Jahr zuvor hatte ein großer Regierungsbericht den Zusammenhang zwischen Zuckerkonsum und Fettleibigkeit bei Millionen Engländern beleuchtet.2 Obwohl Zucker seit Jahrhunderten auf unserem Speiseplan steht, wurde er in den letzten Jahren Gegenstand heftiger gesellschaftlicher und politischer Debatten. In meiner Kindheit (der Zeit der Lebensmittelrationierung während und nach dem Krieg) beklagten meine Eltern oft, sie hätten nicht genügend Zucker bekommen. Heute wird Eltern von Ärzten, Medien und Politikern geraten, den Zuckerkonsum einzuschränken. Jahrhundertelang wurden Kinder mit Süßigkeiten verwöhnt und beschwichtigt, heute geht es darum, Kindern den Zugang zu Zucker und allem, was süß ist, zu verwehren. Zucker ist heutzutage praktisch geächtet. Doch solange man denken kann, galt er als Zutat, die das Notwendige mit dem Angenehmen verband, ein Erzeugnis, das Kraft gab und schmeckte. Wie kam es zu diesem tief greifenden Wandel unserer Wahrnehmung eines Produkts, das seit Jahrzehnten Teil unserer Ernährung ist?

***

Im Westen wird Zucker zwar schon seit vielen Jahrhunderten konsumiert, vor dem Jahr 1600 war er jedoch ein kostspieliges Luxusgut, das nur den Reichen und Mächtigen zur Verfügung stand. Das änderte sich grundlegend im Lauf des 17. Jahrhunderts, als Europäer auf dem amerikanischen Doppelkontinent Zuckerkolonien errichteten. In der Folge wurde Zucker billig, war überall zu haben und erfreute sich großer Beliebtheit. Was zuvor sündteuer gewesen war, wurde nun alltäglich. Zucker, der zuvor nur die Tafeln der Eliten geziert hatte, war um 1800 Grundnahrungsmittel für die ärmsten Gruppen der Bevölkerung geworden. Und dabei blieb es auch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts - Zucker gehörte ohne Frage zum Leben von Millionen von Menschen und war eine wichtige Zutat in zahlreichen Speisen und Getränken. Wenn heute hingegen in den Medien von Zucker die Rede ist, wird er als Gefahr für die Gesundheit dargestellt - ein Hauptfaktor nicht nur bei individuellen Gesundheitsproblemen, sondern auch Ursache einer globalen Adipositas-Epidemie. Die Folge ist, dass das Zuckerproblem Regierungen und internationale Gesundheitsorganisationen beschäftigt.

Heute konsumieren Menschen weltweit Zucker in beispiellosen Mengen, und am meisten wird in Zucker produzierenden Ländern verbraucht - zum Beispiel in Brasilien, Fidschi und Australien. Australier haben einen jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von 50 Kilogramm, wobei die Zahlen für Europa und Nordamerika - wo der Massenkonsum nach 1600 seinen Anfang nahm - nur unwesentlich niedriger sind. Doch im Lauf der letzten Generation hat sich die Lage dramatisch geändert, was vor allem modernem Fast Food und Erfrischungsgetränken zu verdanken ist, die meist extrem zuckerhaltig sind. Ihre Süße beruht heute jedoch größtenteils nicht mehr auf Rohrzucker, sondern auf Maissirup und chemischen Süßstoffen.

Die Vorliebe für Süßes ist universal, und Zucker wird in aller Welt produziert. Verschiedene Sorten Zuckerrohr gedeihen in den Tropen, während die Zuckerrübe in gemäßigten Regionen angebaut wird. Aber verantwortlich für die wachsende Beliebtheit von Zucker war der Rohrzucker. In seiner Frühzeit wurde er in Indonesien, Indien und China in kleinen Mengen für lokale Märkte erzeugt. Als aber Zuckerrohr im Mittelmeerraum und schließlich auf Inseln im Atlantik auf Plantagen kultiviert wurde, veränderte sich der Lauf der Geschichte - und nahm eine dramatische Wendung, als Zuckerrohr auch jenseits des Atlantiks in Amerika angebaut wurde. Dort wurde er von versklavten Afrikanerinnen und Afrikanern erzeugt (die ihrerseits über den Atlantik verschleppt worden waren). Dieser von Sklaven produzierte Zucker sorgte für drastische Veränderungen einerseits in der Landschaft der Zuckerkolonien, andererseits bei den Vorlieben der westlichen Welt.

Als Europäer und US-Amerikaner im Lauf des 19. Jahrhunderts weite Teile der Welt besiedelten und globalen Handel trieben, verpflanzten sie auch den kommerziellen Zuckeranbau an neue Standorte: auf Inseln im Indischen Ozean, nach Afrika und Indonesien, auf die Pazifischen Inseln und nach Australien. Doch wo immer der Zuckeranbau Fuß fasste, waren die ansässigen Plantagenbesitzer mit Arbeitskräftemangel konfrontiert. Sie lösten das Problem, indem sie Vertragsarbeiter aus fernen Ländern holten. In einer Zuckeranbauregion nach der anderen - von Brasilien bis Hawaii - beherbergten Zuckerplantagen Ausländer - entwurzelte Menschen, die über große Entfernungen angereist waren, um die Schinderei auf den Zuckerrohrplantagen zu erdulden.

Für die Besitzer und Investoren erwiesen sich die Plantagen hingegen als Goldgrube - eine Entwicklung, die ihren Preis forderte. Die Umwelt wurde durch die neu angelegten Plantagen schwer geschädigt. Von Barbados in den 1640er-Jahren bis zu den Everglades in Florida in jüngster Zeit war der ökologische Schaden enorm, der erst heute in vollem Ausmaß erkannt wird. Ganz offensichtlich und dramatisch sind jedoch die verheerenden Auswirkungen des Zuckeranbaus auf die Menschen. Sie trafen die Arbeitskräfte von den ersten Sklaven im Brasilien des 16. Jahrhunderts bis zu den indischen Vertragsarbeitern auf Fidschi, von den Japanern auf Hawaii bis zu den »Südseeinsulanern«, die Ende des 19. Jahrhunderts nach Australien verschleppt wurden. Der Anbau von Zuckerrohr war Knochenarbeit, und es war die Schinderei von Sklaven und Vertragsarbeitern, die dafür sorgte, dass aus dem Luxusartikel Zucker ein Alltagsprodukt wurde. Im Lauf von nur zwei Jahrhunderten - etwa zwischen 1700 und 1900 - wurde Zucker zu einem zentralen Lebensmittel für Menschen aller Stände weltweit.

Offensichtlich hatte Zucker etwas Spezielles an sich. Menschen mochten ihn und wurden schließlich von ihm abhängig. Konfrontiert mit dem Wachstum der Weltbevölkerung vor allem im 19. Jahrhundert und den Millionen Menschen, die nicht mehr auf Zucker verzichten wollten, begann man, Zucker überall dort zu produzieren, wo sich die Gelegenheit bot, um die Gier nach Süßem zu befriedigen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde dies auch in gemäßigten Zonen möglich. Der zunehmende Anbau von Zuckerrüben, zunächst in Europa, dann in den Weiten Nordamerikas, ergänzte die wachsende weltweite Zuckerproduktion. Ein Jahrhundert später folgte die Entwicklung chemischer Süßstoffe und die Produktion von Maissirup. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts stieg die Nachfrage nach Zucker um rund 2 Prozent pro Jahr, teilweise um die Zuckersucht einer wachsenden Bevölkerung zu befriedigen, aber auch wegen des steigenden Lebensstandards in den Schwellenländern. Der Rest der Welt verfiel gesüßten Speisen und Getränken so wie zuvor der Westen im 18. und 19. Jahrhundert. Mit dem wachsenden Wohlstand stieg auch das Verlangen nach Süßem.

Seit der Frühzeit seiner Produktion durch Sklavenarbeit auf dem amerikanischen Doppelkontinent spielte Zucker eine so wichtige, zentrale Rolle, dass er für politische, wirtschaftliche und internationale Konflikte sorgte. Noch heute ist Zucker ein Thema, das in außenpolitischen Beziehungen und bei internationalen Organisationen für heftige Debatten sorgt. Dabei stoßen die unterschiedlichen Interessen von Erzeugern und Verbrauchern und die Anliegen verschiedener internationaler Organisationen und Abkommen aufeinander, wobei sich alles um das weltweite Verlangen nach Zucker dreht und den Preis, der dafür zu entrichten ist. Für noch mehr Verwirrung sorgt die zentrale, mittlerweile allgemein akzeptierte Tatsache der schädlichen Folgen des Zuckerkonsums. Die Medizin erklärt uns jedenfalls unmissverständlich, dass Zucker schlecht für uns ist.

Doch die Aussagen über die Schädlichkeit von Zucker sind neueren Datums, und wenn er heute schlecht ist, wann war er dann gut? In vieler Hinsicht war Zucker schon seit Jahrhunderten schlecht; er war schlecht für die Arbeitskräfte (Sklaven und Vertragsarbeiter), und er war schädlich für die Ökologie der Zuckeranbaugebiete. Nun erfahren wir, dass Zucker weltweit die Hauptursache für wachsende Gesundheitsprobleme darstellt. Dennoch wird Zucker von immer mehr Menschen in gewaltigen...

mehr

Autor

James Walvin ist emerierter Professor an der University of York. Er ist Autor zahlreicher Bücher, die sich meist mit der Geschichte der Sklaverei und des Sklavenhandels auseinandersetzen. Mit seinem Buch »Black and White« gewann er den Martin Luther King Memorial Prize.